Die Darstellung von ethnischen Minderheiten in ausgesuchten

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Lehrforschungsprojekt
zum Seminar:
„Medien und Integration“
bei Herrn Prof. Dr. Geißler und Frau Dr. Sonja Weber-Menges
im Sommersemester 2006
„Die Darstellung von ethnischen Minderheiten
in ausgesuchten Unterhaltungsformaten und
deren Wahrnehmung durch Jugendliche.“
vorgelegt von:
Benjamin Klenke
Matrikel-Nr.: 672894
BA Social Science
[email protected]
Ramona Schmücker
Matrikel-Nr.: 661999
BA Social Science
[email protected]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung………………………………………………………… 4
2. Aktueller Forschungsstand zur Darstellung von Migranten
in Massenmedien………………………………...............…….… 5
2.1 Darstellung von ethnischen Minderheiten in Nachrichten………............ 5 - 6
2.2 Darstellung von ethnischen Minderheiten in pseudorealistischen
Unterhaltungsformaten…………………………………..........…............ 6 - 7
2.3 Medienwirkung der Darstellung von ethnischen Minderheiten................ 7 - 9
2.4 Zusammenfassung und Thesengenerierung…………...…..................…. 9
3. Die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in
pseudorealistischen Unterhaltungsformaten………………......…. 10
3.1 Aufbau und Methodik……………………………………............……... 10 - 11
3.2 Aufbau des Analysebogens…………………………………................... 11 - 12
3.3 Das Kategoriensystem…….…………………………………….............. 12
3.3.1 Positive Kategorien ......................................................................... 12 – 13
3.3.2 Neutrale Kategorien ........................................................................ 13
3.3.3 Negative Kategorien ....................................................................... 14
3.4 Ergebnisse des quantitativen Teils der Inhaltsanalyse…………….......... 15
3.4.1
3.4.2
3.4.3
3.4.4
3.4.5
TV-Präsenz von Ethnischen Minderheiten ...................................... 15
Dargestellte Ethnische Gruppen ...................................................... 16
Alter und Geschlecht ........................................................................ 17
Familienstand ................................................................................... 17 - 18
Sprachkenntnisse ............................................................................. 18 - 19
3.5 Ergebnisse des qualitativen Teils der Inhaltsanalyse……………............ 19
3.5.1 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten:
Gerichtsshows ................................................................................. 19 - 21
3.5.2 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten:
Talkshows ....................................................................................... 21 - 23
3.5.3 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten:
Daily-Soaps und Telenovelas ......................................................... 23
3.6 Zwischenfazit und Typenbildung……………………………….............. 23 - 25
2
4. Wahrnehmung von Ethnischen Minderheiten
in pseudorealistischen Unterhaltungsformaten
durch Jugendliche……………………………………….……...... 25
4.1 Aufbau des Fragebogens……………………………………............….. 25 - 27
4.2 Beschreibung der Untersuchung………………….…………….............. 28
4.3 Ergebnisse der Befragung zur Wahrnehmung…………….….…............ 28
4.3.1
4.3.2
4.3.3
4.3.4
4.3.5
4.3.6
4.3.7
Soziodemographische Angaben .....................................................
Fernsehverhalten ............................................................................
Wahrnehmung einzelner ethnischer Gruppen.................................
Medienpräsenz von Migranten .......................................................
Geschlechterwahrnehmung ............................................................
Wahrnehmung von Charaktereigenschaften in Gerichtsshows .....
Wahrnehmung von Charaktereigenschaften in Talkshows ...........
28 - 29
29
29 - 30
30 - 31
31
31 - 32
33
4.4 Das Experiment……………………….………………………............... 33 - 34
4.5 Zwischenfazit………………………………………………................... 34 - 35
5. Medienwirkung von pseudorealistischen Unterhaltungsformaten auf Jugendliche………………………………….…...… 35
5.1 Beschreibung der Umfrage………………………..........…….………… 35
5.2 Aufbau des Fragebogens...………………………...........….……....…… 36
5.3 Ergebnisse……..………..……………………………….............……… 37
5.3.1 Soziodemographische Daten ........................................................... 37
5.3.2 Einstellung zu Migranten in Abhängigkeit
vom Fernsehverhalten: Gerichtsshows ............................................ 37
5.3.3 Einstellung zu Ausländer in Abhängigkeit
vom Fernsehverhalten: Daily Talkshows ....................................... 38
6. Fazit und Ausblick……………………………………………..… 39
6.1 Fazit……………………………………………...………………........... 39 - 40
6.2 Ein Ausblick: Verbesserungsvorschläge…………………….….........… 40 - 41
6.2.1 Vom Klischee zur Korrektheit: Realistische
und Pluralistische Darstellungen .................................................... 41
6.2.2 Thematische Behandlung von Vorurteilen ..................................... 42
6.2.3 Positive Beispiele aufzeichnen und kulturelle
Hintergründe betonen ..................................................................... 42 - 43
7. Literaturhinweise……………………………………………..… 44
3
1. Einleitung
Das Thema Migration und Integration von Ethnischen Minderheiten hat in den letzten Jahren
in der Bundesrepublik Deutschland, sowohl innerhalb der politischen Kommunikation, als
auch innerhalb der medialen Aufarbeitung, stark an Bedeutung zugenommen. Damit
verbunden lässt sich auch in den Sozial- und Kommunikationswissenschaften eine verstärkte
Auseinandersetzung mit dem Thema feststellen.
So sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Studien erschienen, welche Aufschluss
über die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in Massenmedien, sowie die damit
verbundenen Konsequenzen für die Integration liefern. Diese Studien beziehen sich
größtenteils auf die Berichterstattung in deutschen Tageszeiten, sowie in den
Fernsehnachrichten größerer öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehsender.
Dabei zeichnen diese Studien ein eher negatives Bild im Zusammenhang mit der
Ausländerberichterstattung ab, wobei aktuelle Studien auf eine Verbesserung hinweisen.
Über die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in Unterhaltungsformaten gibt es
lediglich in Bezug auf Krimiserien fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse. Über DailyTalkshows, Daily-Soaps und Gerichtsshows gibt es jedoch nur sehr oberflächliche
Untersuchungen. Daher sind wir mit dieser Untersuchung eben jener Frage nachgegangen, in
welcher Weise Ethnische Minderheiten in diesen Unterhaltungsformaten dargestellt werden
und welche Auswirkungen diese Darstellung auf das wahrgenommene Ausländerbild von
Jugendlichen hat.
Diese drei Unterhaltungsformate möchten wir dabei im Folgenden als pseudorealistische
Formate zusammenfassen, da alle Formate entweder reale Personen thematisieren oder aber
reale Lebenssituationen nachstellen. Dabei haben wir, aufbauend auf aktuellen
Forschungsergebnissen, an Hand einer Inhaltsanalyse zunächst thesenartig Ergebnisse
zusammengetragen, welche wir dann anschließend an Hand von zwei halbstandardisierten
Fragebögen, sowie eines Experiments mit Forschungs- und Testgruppe überprüft haben und
im Folgenden präsentieren werden.
Dabei werden wir zunächst den aktuellen Forschungsstand zu dieser Thematik beschreiben
und anschließend den Aufbau und die Ergebnisse der Inhaltsanalyse, sowie der darauf
aufbauenden Befragungen und Experimente skizzieren und abschließend unsere Ergebnisse
kritisch im Hinblick auf ihre Bedeutung hinsichtlich Integration und Fremdenfeindlichkeit
bewerten.
4
2. Aktueller Forschungsstand zur Darstellung von Migranten in
Massenmedien
2.1 Darstellung von Ethnischen Minderheiten in Nachrichten
Der am dichtesten untersuchte Bereich im Hinblick auf die Darstellung von Ethnischen
Minderheiten in Massenmedien ist der der Zeitungs- und Fernsehnachrichten. Georg
Ruhrmann und Songül Demren, sowie Rainer Geißler haben hier für die Tageszeitungen
detaillierte Ergebnisse zusammengetragen und kommen zu dem übereinstimmenden
Ergebnis, dass die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in der deutschen Tagespresse
eher negativ behaftet ist.
Ruhrmann und Demren sprechen in dem Zusammenhang bei ihrer Analyse der Thüringer
Tageszeitungen von einem Negativsyndrom und verzeichnen in Bezug auf die
Ausländerthematik eine Themengewichtung im Bereich von Krisen, Konflikten und
negativen Ereignissen.28
Auch Rainer Geißler, der Ende der 90er Jahre die Siegener Tageszeitung und Die Frankfurter
Allgemeine Zeitung (FAZ) unter dem gleichen Aspekt untersuchte, konstatiert eine erhöhte
Darstellung von Migranten im Kontext eher negativ behafteter Themen.29
Vor allem das Thema Kriminalität spielt hierbei eine besonders wichtige Rolle. So werden
Ethnische Minderheiten überdurchschnittlich oft bedrohlich oder als kriminelle Täter
dargestellt. Ein Phänomen, welches Ruhrmann und Demren als Kriminalitätssyndrom
bezeichnen.30
Themen, die auf den kulturellen Hintergrund der Ethnischen Minderheiten eingehen finden
sich selten, was zu einer streng einseitigen Darstellung führt. Neben diesem auffälligen
Merkmal fassen Ruhrmann und Demren noch einige weitere Merkmale in Bezug auf die
Darstellung von Ethnischen Minderheiten in Massenmedien zusammen. So werden innerhalb
der Berichterstattung überwiegend ethnische Gruppen erwähnt, die in der deutschen
Bevölkerung eher als bedrohlich wahrgenommen und häufig in Verbindung mit Kriminalität
gebracht werden.31 Dies betrifft besonders die Gruppe der Türken, Asiaten und Afrikaner. In
Kombination mit der negativen Themengewichtung wird diese Wahrnehmung noch verstärkt.
Ferner ist anzumerken, dass überproportional viele Männer in der Berichterstattung
28
Vgl. Schatz/ Holtz-Bacha/ Nieland, S. 72
Vgl. Geißler(2000), S.134
30
Vgl. Schatz/ Holtz-Bacha/ Nieland, S. 71
31
Vgl. ebd., S. 72
29
5
vorkommen, während Frauen eine eher untergeordnete Rolle spielen und meist nur als Opfer
von Gewalttaten gezeigt werden. Darüber hinaus lässt sich im Bereich der
TV-Berichterstattung eine überhöhte Dramatisierung feststellen.
Wie eine Studie von Eckard und Horn aus dem Jahr 1995 zeigt, werden Beiträge über
aktuelle Konflikte, Krisen oder negative Ereignisse mit Ausländerbeteiligung oft dramatisch
inszeniert, um den Sensationseffekt zu verstärken.
Eckard und Horn kommen daher zu dem Schluss, dass eine Dramatisierung der
Ausländerdarstellung zu einer Verschlechterung der Integration führen kann.32 Ebenfalls
negative Auswirkungen auf die Einstellung der Deutschen gegenüber Ethnischen
Minderheiten hat die so genannte „Gefahrensemantik“33.
Sowohl im Bereich der Print- als auch im Bereich der Fernsehnachrichten lässt sich ein
überproportional hoher Anteil an Begriffen verzeichnen, die einen negativen und
bedrohlichen Wortgehalt besitzen.34 Es lässt sich also zusammenfassend festhalten, das
Ethnische Minderheiten innerhalb der Berichterstattung in den deutschen Massenmedien
überwiegend negativ, als Straftäter oder Bedrohung dargestellt werden, wobei der Fokus vor
allem auf ethnischen Gruppen zu liegen scheint, die innerhalb der deutschen Bevölkerung
negativ wahrgenommen werden. Darüber hinaus werden überproportional viele Männer in
den Nachrichten erwähnt, während Frauen eine untergeordnete Rolle spielen.
2.2 Darstellung von Ethnischen Minderheiten in Pseudorealistischen
Unterhaltungsformaten
Wie bereits erwähnt existieren derzeit nur sehr wenige wissenschaftliche Erkenntnisse über
die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in den von uns untersuchten
Unterhaltungsformaten.
Zu den Ausnahmen gehört eine Studie in den Landesmedienanstalten Schleswig-Holstein,
Bremen und Mecklenburg Vorpommern.
In der Studie ging es darum, herauszustellen mit welchen Bildern Ethnische Minderheiten
den Jugendlichen in populären Unterhaltungsmedien vermittelt werden. Dazu wurde eine
32
Vgl. Schatz/ Holtz-Bacha/ Nieland, S. 72
Vgl. ebd., S.72. z.22
34
Vgl. ebd., S. 72
33
6
Inhaltsanalyse zu Daily-Soaps, Daily-Talkshows, Gerichtsshows und Boulevardmagazinen
durchgeführt.35
Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein negatives Bild.
In Daily-Soaps kommen Migranten entweder gar nicht vor oder werden als komplett an die
deutsche Kultur angepasst dargestellt.
In Gerichtsshows und Talkshows hingegen, so zeigt die Studie, werden stereotype
Negativklischees bedient. Es werden überproportional viele Männer gezeigt, welche
überwiegend als frauenfeindlich und gewalttätig dargestellt werden.36 Dabei bedienen sich
die beiden Formate prägnanter optischer Wiedererkennungsmerkmale zur Erzeugung dieses
Bildes. So wird zum Beispiel das Bild des „frauenfeindlichen Machos“ in Talkshows über
extrem dominantes Auftreten und zurückgegelte Haare transportiert.37
2.3 Medienwirkungen der Darstellung von Ethnischen Minderheiten
Nachdem wir bisher auf den aktuellen Forschungsstand bezüglich der Darstellung von
Migranten in Massenmedien eingegangen sind, möchten wir uns im Folgenden auf die
Auswirkung dieser Darstellung im Integrationskontext widmen.
In der Wissenschaft sind die Einflussprozesse durch Massenmedien innerhalb der deutschen
Gesellschaft ungeklärt und es existiert kein hinreichender Beweis, wie sich die Darstellung
von Ethnischen Minderheiten auf die Wahrnehmung der Deutschen auswirkt.38
Grund dafür ist vor allem die Schwierigkeit, die zahlreichen Faktoren, welche die Einstellung
gegenüber Ethnischen Minderheiten beeinflussen, zu isolieren. Dennoch gibt es theoretische
Ansätze, die einen Zusammenhang zwischen medialer Darstellung und tatsächlicher
Wahrnehmung von Ethnischen Minderheiten implizieren.
So stellt Rainer Geißler die These auf, dass die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in
den Medien ein wichtiger Faktor für Integration ist.39 Dabei bezieht sich Geißler auf William
Isaac Thomas und Walter Lippmann. Isaac Thomas These zur Folge ist die Definition einer
Situation entscheidend für die Einstellung der Wahrnehmung selbiger.
35
Vgl. Schorb/Echtermeyer/Lauber/ Eggert, S.5
Vgl. ebd., S. 32
37
Vgl. ebd., S. 70
38
Vgl. ebd., S.131
39
Vgl. ebd., S.131
36
7
Lippmann wiederum unterscheidet bei der Entstehung von Wahrnehmung zwischen den
„pictures in our head“40, den Vorstellungen von der Welt in den Köpfen der Menschen und
den „features in the world outside“41, den tatsächlichen Gegebenheiten der Welt. Lippmanns
Ansicht nach verleihen Massenmedien der modernen Welt, die der einzelne nur sehr begrenzt
direkt erfahren kann, erst Form und Struktur und beeinflussen die Wahrnehmung in
besonderem Maße.42
Dem entsprechen auch Herbert Schatz und Jörg-Uwe Nieland, die betonen, das in einer
modernen Gesellschaft Medien, sowohl in der Identitätsbildung, als auch im Hinblick auf die
Wahrnehmung, eine große Rolle spielen.43 Geißler wendet diese Erkenntnisse auf die
Migrationsituation in Deutschland an und kommt zum Schluss, dass somit die Einstellung
der Deutschen gegenüber den Ethnischen Minderheiten nicht nur von deren Verhalten,
sondern überwiegend von dem Bild des Ausländers in den Köpfen der Deutschen abhängt,
wodurch den Massenmedien eine bedeutende Rolle zukommt.44
Dem entspricht auch Claudius, welcher Fernseh- und Printmedien im Hinblick auf ihre
Außenwirkung untersucht hat und darauf aufbauend die These aufstellt, dass sich viele
Deutsche durch die mediale Aufbereitung der Migrationsthematik von Ethnischen
Minderheiten bedroht fühlen und dass die Massenmedien durch Betonen von negativen
Themen und Weglassen von positiven Themen im Zusammenhang mit Ethnischen
Minderheiten somit eine Bedrohungssituation konstruiert haben.45
Doch nicht nur im Hinblick auf deutsche Mediennutzer werden Massenmedien derzeit
innerhalb der Forschung kritisiert, wie eine Studie im Auftrag der Bundesregierung aus dem
Jahr 2002 zeigt.
Im Zusammenhang der Studie wurden qualitative Interviews mit türkischen Migranten
geführt, welche überwiegend deutsche Medien in ihrem Alltag nutzen.46
Diese Gruppe stellt innerhalb der türkischen Migranten die größte Gruppe dar und
insbesondere junge türkische Menschen mit Migrationshintergrund nutzen überwiegend oder
ausschließlich deutsche Massenmedien.47
Die Studie zeigt, dass der Großteil der befragten Türken die Darstellung ihrer ethnischen
Gruppe nicht nur als negativ und einseitig empfinden48, sondern dass diese auch negative
40
Ebd., S.132 z.5
Ebd., S.132 z.6,
42
Vgl. ebd., S.132
43
Vgl. ebd.,S.13
44
Vgl. ebd., S.131
45
Vgl. ebd. S.196
46
Vgl. Hafez, S.68
47
Vgl. ebd., S.43
41
8
Auswirkungen zeigt. So fühlten sich die meisten der Befragten wegen der Berichterstattung
kulturell unverstanden und nicht akzeptiert.49
Es bleibt also zusammenfassend festzuhalten, dass, obwohl derzeit kein konkreter Beweis für
eine Korrelation von Mediendarstellung und Bewusstseinsveränderung innerhalb der
Wissenschaft existiert, dennoch aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen die starke
Vermutung zulassen, dass die Darstellung von Migranten einen Einfluss auf die
Integrationsbereitschaft, sowohl der Deutschen als auch der Migranten hat.
Ferner zeigen aktuelle Studien, dass dieser Einfluss in der Vergangenheit eher negativ
gewesen zu sein scheint und die Integration häufiger behindert als gefördert hat.
2.4 Zusammenfassung und Thesengenerierung
Aufbauend auf den eben skizzierten Forschungsergebnissen lassen sich für die Darstellung
von Ethnischen Minderheiten in den TV- und Printmedien folgende 4 Thesen generieren:

Es werden meist gesellschaftlich und sprachlich nicht integrierte
Ethnische Minderheiten dargestellt

Es wird meistens nur über kriminelle bzw. bedrohliche Ausländer
berichtet.

In den Nachrichten werden Ethnische Minderheiten meist nur in
Zusammenhang mit Problemen und Konflikten thematisiert.

Männer mit Migrationshintergrund tauchen in den Nachrichten
viel häufiger auf als Frauen.
48
49
Vgl. ebd., S.69
Vgl. ebd., S.69
9
3. Die Darstellung von Ethnischen Minderheiten in
Pseudorealistischen Unterhaltungsformaten
3.1 Aufbau und Methodik
Nachdem wir nun skizziert haben, welches Ausländerbild in den TV- und Printmedien
gezeichnet wird, wollen wir nun im Folgenden überprüfen, ob diese Thesen auch im Bereich
von pseudorealistischen Unterhaltungsformaten wieder zu finden sind, bzw. welches
Ausländerbild hier gezeigt wird. Hierzu haben wir im nächsten Schritt eine Inhaltsanalyse
durchgeführt.
Die Inhaltsanalyse ist ein Instrument, das in den Sozialwissenschaften große Anwendung
findet.25
Ziel der Inhaltsanalyse ist es, die vorhandene Komplexität des Untersuchungsmaterials zu
reduzieren und auf wichtige Untersuchungsmerkmale zu beschränken.26
Die für die Untersuchung benötigten Aspekte werden isoliert betrachtet.
Für unsere Untersuchung haben wir daher einen Analysebogen entworfen, welcher inhaltlich
auf den bereits erwähnten Thesen zur Migrantendarstellung beruht.
Danach haben wir aus den von uns ausgewählten Unterhaltungsformaten eine Stichprobe
gezogen, die es näher zu untersuchen galt.
Im nächsten Schritt haben wir Kategorien gebildet, denen die zu erkennenden Merkmale
eindeutig zuweisbar waren, um uns zu ermöglichen, die vorliegenden
Untersuchungsgegenstände einwandfrei auswerten zu können.
Unser Forschungsgegenstand bezieht sich auf die Darstellung ethnischer Minderheiten in den
deutschen pseudorealistischen Unterhaltungsformaten, die von Jugendlichen angeschaut
werden.
Um die Rolle ethnischer Minderheiten in diesen Formaten ausreichend erfassen zu können,
muss man sämtliche Serien einem Analyseraster unterziehen.
Zu den zu dieser Zeit wohl wichtigsten Fernsehformaten für Jugendliche gehören Dailysoaps
und Telenovelas genauso, wie Talk- und Gerichtsshows. Diese haben wir uns vorgenommen
und einer Inhaltsanalyse unterzogen.
25
Vgl. Schreiber, S.16
Früh, S. 23
26 Vgl.
10
Hier ging es auch darum, einen charakteristischen Typen des jeweiligen Formates
herauszufiltern, wenn vorhanden.
Dies sollte uns dabei helfen, vorher aufkommende Fragen eventuell schon zu beantworten.
Dazu zählten: Gibt es überhaupt ein typisches Ausländerbild in Unterhaltungsformaten?
Wenn ja, wie sieht dieses aus?
Zieht sich dieses Bild einheitlich durch alle Formate oder gibt es auch gegenteilige
Darstellungen?
Insgesamt haben wir je 20 Folgen von Gerichtsshows, Talkshows, DailySoaps und Telenovelas untersucht.
Zu den Gerichtsshows zählten hier Folgen von „Richter Alexander Hold“ und „Richterin
Barabara Salesch“, beide auf Sat.1.
Bei den Talkshows untersuchten wir Folgen von „Britt“ (Sat.1) und „Oliver Geißen“ (RTL).
„Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ (RTL) und „Verbotene Liebe“ (ARD) bildeten die
Grundlage zur Untersuchung der Dailysoaps; aus „Verliebt in Berlin“ ( Sat.1) und „Lotta in
Love“ (ProSieben) setzte sich der Untersuchungsbereich der Telenovelas zusammen.
Den Untersuchungszeitraum haben wir auf vier Wochen angelegt und zwar vom 10.05. 2006
– 10.06.2006.
3.2 Aufbau des Analysebogens
Serie:
Folge Nr. :
Figur:
Teil 1
Quantitativer Teil
Teil 2
Qualitativer Teil
a) Alter:
h) Wie wird die Figur dargestellt?
b) Geschlecht:
männlich
weiblich
c) Verheiratet:
Ja
Nein
d) Kinder:
Ja
Nein
d) Nationalität:
e) Berufstätig:
Ja
Nein
Ja
Nein
f) Beruf:
g) Kriminell:
h) Deutschkenntnisse:
Fließend
Mäßig
Nein
i) Aktive Bildpräsenz (Sekunden):
j) Rolle:
Hauptfigur
Nebenfigur
11
Unserer Inhaltsanalyse liegt ein Analysebogen zu Grunde, der sich in zwei Teile gliedert.
Den ersten Teil bildet eine quantitative Inhaltsanalyse. In diesem Teil untersuchen wir unter
anderem die soziodemographischen Angaben.
Hierzu zählen Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität und Berufsstand.
Des Weiteren haben wir hier Angaben zu kriminellem Verhalten und Deutschkenntnissen
festgehalten, um zu überprüfen, ob es eine Übereinstimmung mit Darstellungsmustern
innerhalb der Nachrichtenberichterstattung gibt.
Auch Angaben zur aktiven Bildpräsenz wurden betrachtet und welche Rolle die Person
innehat.
Den zweiten Teil des Fragebogens bildet ein qualitativer Teil.
Hier haben wir uns die Frage gestellt, wie die dargestellte Person sonst im Alltagsleben
dargestellt wird; also wie tritt sie auf, welche Charakterzüge sind erkennbar und prägnant, in
welchem Freundeskreis bewegt sich die untersuchte Person und welche Rolle spielt sie dort
usw..
3.3 Das Kategoriensystem
Da es derzeit kein umfangreiches Forschungsmaterial zu unserem speziellen
Forschungsgegenstand gibt, haben wir uns dafür entschieden, für die Beschreibung der
Charakterzüge im qualitativen Teil des Analysebogens explorativ vorzugehen.
Dies bedeutet, dass wir in diesem Teil zunächst einmal die Anzahl der vorkommenden
ethnischen Minderheiten festgehalten und die Darstellungen frei beschrieben haben.
Im Anschluss haben wir dann die jeweiligen Charakteranalysen zu prägnanten Kategorien
zusammengefasst, wobei wir nach Bildpräsenz zwischen Haupt- und Nebenfiguren
unterschieden haben. Dabei haben wir Hauptpersonen fünf und Nebenpersonen drei
Kategorien zugeteilt.
Insgesamt haben wir dabei die nachfolgenden Kategorien definiert, die wir grob, in positiv,
neutral und negativ eingeteilt haben:
3.3.1 Positive Kategorien:

freundlich ( d.h. die dargestellte Person tritt höflich und nett in Erscheinung,
wird nicht ausfallend während sie spricht, macht nicht von Schimpfwörtern
Gebrauch; lächelt und spricht in einer angemessenen Lautstärke)
12

hilfsbereit ( d.h. sie spricht für andere und unterstützt sie in ihrer
Argumentation; macht andere in positiver Hinsicht auf Missstände
aufmerksam; bietet ihre Hilfe und Unterstützung an; sie hat jemanden aus
einer negativen Situation herausgeholfen o.ä.)

tolerant ( d.h. sie akzeptiert andere wie sie sind ; kritisiert nicht;
kommuniziert mit jedem gleich und macht keine Unterschiede; sie hört
anderen zu)

humorvoll ( d.h. sie unterhält die Leute durch ihre Art; kann sowohl über
sich selbst, als auch über andere lachen, ohne dabei boshaft zu sein; tritt
allem mit einem Lächeln entgegen)
3.3.2 Neutrale Kategorien

extrovertiert (d.h. sie weiß sich darzustellen; sagt was sie denkt; redet sehr
viel; möchte sich mitteilen; ist offenherzig)

introvertiert (d.h. sie ist eher verschlossen und ruhig; in sich gekehrt; redet
nicht sehr viel)

hilfsbedürftig (d.h. sie macht den Eindruck das sie Unterstützung braucht;
ist eher zurückhaltend; weiß sich nicht zu wehren (weder sprachlich noch
körperlich)

selbstsicher (d.h. sie weiß was sie will und was sie kann; weiß sich
durchzusetzen; ist überzeugt von dem was sie tut)

schüchtern (d.h. sie ist sehr ruhig, traut sich nicht aus sich herauszukommen,
schaut oft zu Boden oder zur Seite; scheut den Kontakt zu anderen)
13
3.3.3 Negative Kategorien

arrogant (d.h. sie lässt andere Meinungen gar nicht zu ; ist sich selbst die
Nächste ; schaut auf andere herab ; denkt sie ist die Beste)

ungebildet (d.h. sie drückt sich ungeschickt und falsch aus; hat sprachliche
Defizite; weiß nicht was sie redet)

kriminell (d.h. ist vorbestraft; hat schon mal eine Straftat begangen)

bedrohlich (d.h. sie spricht sehr laut und unfreundlich; beschimpft den
Gegenüber; spricht Drohungen aus; hat eine starke, beängstigende
Erscheinung)

frauenfeindlich (d.h. sie hat vor Frauen keinen Respekt und zeigt dies auch;
reduziert die Frau auf Küche und Kind; tritt Frauen herablassend entgegen)

aggressiv (d.h. sie beschimpft andere; kann keine Kritik vertragen; wird
schnell laut und ausfallend)

unfreundlich (d.h. sie gibt nur widerwillig Antworten; lässt andere nicht
ausreden; ist lustlos; zeigt offen, wen sie nicht leiden kann)

verantwortungslos (d.h. sie denkt nicht darüber nach was sie tut; steht nicht
für ihre Taten gerade; denkt nur an sich; denkt nicht an die Folgen des
Handelns)

intolerant (d.h. sie akzeptiert keinen der anders ist als sie; lässt keine
anderen Meinungen zu)
14
3.4 Ergebnisse des quantitativen Teils der Inhaltsanalyse
3.4.1 TV-Präsenz von Ethnischen Minderheiten
9%
Talkshows
Gerichtsshows
Telenovelas
Daily Soaps
91%
Abb.2:Bildpräsenz Gesamt
0,0%
5,0%
10,0%
15,0%
20,0%
Abb.3: Verteilung der Bildpräsenz auf die einzelnen Formate
Gemessen an der gesamten untersuchten Sendezeit macht die TV-Präsenz der Ethnischen
Minderheiten in den Unterhaltungsformaten einen Anteil von nur 9% aus.
Diese Bildpräsenz entspricht in etwa dem Anteil der gesamten ausländischen Bevölkerung in
der Bundesrepublik Deutschland.
Betrachtet man die Verteilung der Präsenz ethnischer Minderheiten in den einzelnen
Formaten, fällt die Verteilung sehr unterschiedlich aus.
In Talkshows macht die Bildpräsenz 20% aus; dies ist gemessen am Gesamtwert ein großer
Anteil.
In Gerichtsshows beträgt dieser Anteil, entgegen mancher Erwartungen, 8%.
In Telenovelas und Daily Soaps ist die Präsenz sehr gering; sie liegt
bei 3% (Telenovelas) beziehungsweise 4% (Daily Soaps).
Wir können also festhalten, dass die Darstellung ethnischer Minderheiten in
pseudorealistischen Unterhaltungsformaten sehr gering ist.
Außerdem ist festzustellen, dass ihr Anteil bei „Konfliktformaten“, wie Gerichts- und
Talkshows deutlich höher ist, als bei den „Heile-Welt-Formaten“ der Daily Soaps und
Telenovelas.
15
3.4.2 Dargestellte Ethnische Gruppen
Türken
Italiener
Griechen
P o len
Thailänder
A frikaner
Keine A ngabe
0
1
2
3
4
5
Abb.4:Anteil der Rollen ethnischer Minderheiten
6
7
n=22
Betrachtet man die TV-Präsenz innerhalb der von uns untersuchten Formate unter dem
Aspekt einzelner dargestellter Gruppen, so fällt auf, dass die Türken mit Abstand den größten
Anteil ausmachen.
Insgesamt haben wir in den untersuchten Formaten 22 unterschiedlich besetzte ausländische
Rollen entdeckt.
Neun dieser dargestellten Charaktere waren türkische Darstellungen.
Die nächste Gruppe stellten die Italiener dar, die mit insgesamt vier Rollen vertreten waren.
Griechen und Polen waren jeweils zwei Mal zu sehen; Afrikaner und Thailänder lediglich ein
Mal.
Bei drei der dargestellten Charaktere waren keine Angaben zur Nationalität erkennbar. Dies
zeigt, dass die in der Bundesrepublik Deutschland befindliche größte ethnische
Minderheitengruppe, die Türken, auch in den Unterhaltungsformaten deutlich am stärksten
dargestellt wird.
Auch lässt sich festhalten, dass Südländer insgesamt sehr häufig dargstellte Charaktere sind.
Ansonsten herrscht ein weitgehend pluralistisches Bild unter den einzelnen Nationalitäten.
16
3.4.3 Alter und Geschlecht
1
2
männlich
6
13
18 bis 29 Jahre
weiblich
30 bis 39 Jahre
40 bis 49 Jahre
49 und mehr Jahre
0
4
Abb.5: Altersverteilung
8
12
16
Abb.6: Verteilung nach Geschlecht
Im Hinblick auf Alter und Geschlecht der gezeigten Migranten lässt sich festhalten, dass von
den zweiundzwanzig untersuchten Charakteren dreizehn der jüngsten Altersgruppe, den
18-29 jährigen, zuzuordnen sind.
Sechs sind zwischen 30 und 39 Jahren; zwei zwischen 40 – und 49 Jahren und nur einer ist
49 Jahre oder älter.
Hier lässt sich also formatübergreifend eine hohe Dominanz der jungen
Charakterdarstellungen aufzeigen.
Rentner oder ältere Menschen ethnischer Minderheiten werden gar nicht gezeigt.
Was die Geschlechterverteilung angeht, so fällt auf, dass die Männer hier klar dominierend
sind.
Sechzehn der zweiundzwanzig Darstellungen sind männlicher Natur; sechs sind weiblich.
3.4.4 Familienstand
männlich
nein
ja
w eiblich
0
2
4
6
8
10
12
14
Abb.7: Beziehungsstatus Verheiratet/feste Partnerschaft
17
Was die Betrachtung des Familienstands angeht, so fällt auf, dass es sich
bei den weiblichen Personen so verhält, dass von den sechs gezeigten Charakteren fünf
verheiratet sind oder in einer festen Partnerschaft leben; nur eine ist alleinstehend.
Bei den Männer hingegen verhält es sich gegenteilig; dreizehn der sechzehn Personen sind
alleinstehend; lediglich drei gaben an, sich in einer festen Partnerschaft zu befinden.
Dies zeigt ganz deutlich, dass Männer, ungebunden und alleinstehend dargestellt werden,
während die Frauen ethnischer Minderheiten sich in einer festen Bindung befinden.
Unterschiede innerhalb der einzelnen Formate waren hierbei nicht festzustellen.
3.4.5 Sprachkenntnisse
M ännlich
mäßig
fließend
Weiblich
0
2
4
6
8
10
12
Abb.8: Sprachkenntnisse
Ein weiterer Aspekt bei der Darstellung ethnischer Minderheiten in den von uns untersuchten
Unterhaltungsformaten ist die Betrachtung der deutschen Sprachkenntnisse. Hierbei haben
wir ebenso untersucht, ob es in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen Männern und Frauen
gibt.
Es lässt sich jedoch generell sagen, dass sich, sowohl bei den Männern, als auch bei den
Frauen, gute Deutschkenntnisse feststellen lassen.
Zwölf der sechzehn gezeigten Männer sprechen fließend, nur vier sprechen mäßig Deutsch.
Bei den Frauen verfügen vier der sechs über gute Sprachkenntnisse; zwei sprechen eher
mäßig Deutsch.
18
3.5 Ergebnisse des Qualitativen Teils der Inhaltsanalyse
Nachdem wir im ersten Schritt die quantitativen Ergebnisse unserer Analyse präsentiert
haben, werden wir nun die qualitativen Resultate skizzieren. Dabei werden wir die
Darstellungen, sowohl für jedes einzelne Format, als auch geschlechtsspezifisch betrachten,
da die Kategorien teilweise stark voneinander abweichen.
3.5.1 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten:
Gerichtsshows
In den nachfolgenden Grafiken lassen sich jeweils die fünf häufigsten Kategorien ablesen mit
denen Männer mit Migrationshintergrund in Gerichtsshows charakterisiert werden.
Da wir den Charakteren jeweils nicht nur eine Kategorie zugeordnet haben, bezieht sich n
hier auf die Gesamtzahl der fünf am häufigsten genannten Kategorien.
Insgesamt lässt sich sagen, dass sechs von achtzehn Personen mit der Kategorie „aggressiv“
zu charakterisieren sind.
Das heißt, sie fallen durch ihre laute und aufbrausende Art auf; werden ausfallend anderen
Gegenüber und drohen ihnen Gewalt an.
„Bedrohlich“ taucht als zweithäufigste Kategorie in vier von achtzehn Fällen auf.
„Extrovertiert“ ist der dritte Begriff in der Kette; diesen Begriff konnten wir insgesamt drei
von achtzehn Mal zuordnen.
Die gezeigte Person zeichnet sich dadurch aus, sehr offen für alles zu sein; sie zeigt sich
gesprächsbereit und gibt viel von sich preis.
Drei der achtzehn genannten Begriffe lassen sich auf Charaktere beziehen, die als „kriminell“
zu beschreiben sind. Das heißt, sie befinden sich in der Rolle des angeklagten Straftäters, der
entweder durch körperliche Gewalt oder Diebstahl aufgefallen ist.
Zwei Mal ist uns aufgefallen, dass der dargestellte Mann sich als sehr „selbstsicher“ erweist.
Das heißt, er weiß was er will und was er kann. Er weiß sich durchzusetzen und ist überzeugt
von dem was er tut.
19
Aggressiv
Bedrohlich
Extrov ertiert
Kriminell
Selbstsicher
0
1
2
3
4
5
6
Abb.9: Charakterliche Darstellung ethnischer Minderheiten in Gerichtsshows: Männer
n=18
Insgesamt lässt sich sagen, dass bei der charakterlichen Darstellung der Männer in
Gerichtsshows das negative Bild propagiert wird. Die negativen Kategorien aggressiv,
bedrohlich und kriminell dominieren mit insgesamt dreizehn Nennungen deutlich vor
neutralen und positiven Kategorien.
Doch wie verhält sich das bei der Darstellung der Frauen?
Wirft man hier einen Blick auf die grafische Auswertung der Inhaltsanalyse, so lässt sich
festhalten, dass unter den fünf am häufigsten auftauchenden Kategorien vier von zwölf Mal
der Charakterzug „introvertiert“ in Escheinung trat. Die dargestellte Person lässt sich somit
als eher verschlossen, ruhig und in sich gekehrt beschreiben.
„Kriminell“ ist auch bei den Frauen ein Begriff, der insgesamt drei Mal zu finden ist.
Ebenso wie bei den Männern scheinen auch die Frauen in Gerichtsshows oft die Schuldigen
und Angeklagten zu sein.
Auch treten die Frauen ethnischer Minderheiten dort „schüchtern“ auf.
Der Begriff „ungebildet“ findet sich auf dem vierten Rang; diesen konnten wir zweimal
zuordnen.
Das heißt sie drückt sich ungeschickt und falsch aus und weißt sprachliche Defizite auf.
20
Intro vertiert
Kriminell
Schüchtern
Ungebildet
Hilfsbedürftig
0
1
2
3
4
Abb.10: Charakterliche Darstellung ethnischer Minderheiten in Gerichtsshows: Frauen n=12
Zusammenfassend fällt auf, dass Frauen ethnischer Minderheiten in Gerichtsshows in die
„klassischen Frauenrollen“ zurückfallen.
Sie sind die hilfsbedürftigen und schüchternen Frauen, die ihrem Gegenüber meist nicht viel
entgegenzusetzen wissen.
Auch an den Begrifflichkeiten wird dies klar; lediglich ein Charakterzug fällt aus dieser
Rolle heraus: denn auch das kriminelle Frauenbild wird in Gerichtsshows oft dargestellt.
Vergleicht man die Männer und Frauenrollen hier, so sieht man, dass die Frauenrollen das
Gegenstück der Männerrollen bilden.
3.5.2 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten: Talkshows
Da ethnische Minderheiten in allen von uns untersuchten Unterhaltungsformaten am
häufigsten in Talkshows zu sehen sind, konnten wir hier jeweils 33 Kategorien der
Charaktere den fünf am häufigsten genannten Kategorien zuordnen.
An der Spitze steht bei den Männern hier der „selbstsichere“ Typ; ihn fanden wir insgesamt
acht Mal wieder.
Gefolgt wird dieser vom „arroganten“ und „frauenfeindlichen“ Typen, der jeweils sieben Mal
aufgetreten ist.
Auch „extrovertiert“ ist mit insgesamt 6 Nennungen bei den meistgenannten Begriffen mit
dabei.
Was ebenso auffiel, ist die „verantwortungslose“ Darstellung der Männer ethnischer
Minderheiten in Talkshows. Sie stehen oft in der Position desjenigen, der sich über die
21
Folgen seines Tuns keine Gedanken macht und die Verantwortung für sich und seine Taten
nicht übernehmen kann.
Selbstsicher
A rrogant
Frauenfeindlich
Extrovertiert
Verantwortungslos
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Abb.11: Charakterliche Darstellung ethnischer Minderheiten in Gerichtsshows:
Männer n=33
Zusammenfassend lässt sich hier sagen, dass Männer ethnischer Minderheiten in Talkshows
als klassische „Machos“ dargestellt werden und oft durch ihr frauenfeindliches, respektloses
und arrogantes Verhalten in Erscheinung treten.
Die Unterschiedlichkeit der Männerdarstellung in Talk- und in Gerichtsshows ist nicht von
der Hand zu weisen.
Tritt der männliche Gerichtsshowausländer kriminell und bedrohlich auf, so zieht sich durch
die Talkshowdarstellung ein anderer Faden und zwar die des Machos.
Vergleichend ist jedoch auch deutlich geworden, dass Begrifflichkeiten der negativen
Kategorie in beiden Formaten stark überwiegen und positiv besetzte Begriffe überhaupt nicht
auszumachen sind.
Haben wir bei den Frauen in den Gerichtsshows noch das ruhige, unsichere Bild der Frau zu
sehen bekommen, verhält es sich in den Talkshows eher gegenteilig.
In sechs von sechzehn Fällen treten die Frauen ethnischer Minderheiten hier durch ihr
„extrovertiertes“ Auftreten in Erscheinung.
Sie geben sich „selbstsicher“ (vier von sechzehn), „humorvoll ( zwei von sechzehn) und
„freundlich“ (eine von sechzehn).
22
Extro vertiert
Selbstsicher
A ggressiv
Humo rvo ll
Freundlich
0
1
2
3
4
5
6
Abb.12: Charakterliche Darstellung ethnischer Minderheiten in Gerichtsshows: Frauen
n=16
Sie besetzen also die Begrifflichkeiten der positiven Kategorie und bilden das Pendant zum
gezeigten Männerbild.
Bei den Frauendarstellungen fallen negativ besetzte Begriffe fast gar nicht auf; doch auch in
den Talkshows muss gesagt werden, dass auch hier drei von sechzehn als „aggressiv“ zu
bezeichnen sind. Ähnlich wie in den Gerichtsshows ist dies der einzig negativ besetzte
Begriff, um die Frauen ethnischer Minderheiten zu beschreiben.
3.5.3 Charakterliche Darstellung in den Unterhaltungsformaten: Daily-Soaps und
Telenovelas
In Daily Soaps und Telenovelas sind ethnische Minderheiten nahezu nicht existent. Falls
jedoch eine ausländische Rolle besetzt ist, erscheint sie nicht auf den ersten Blick als solche.
Hier sind sie als „exotische Deutsche“ dargestellt, die 100% integriert und an Deutschland
angepasst leben.
Hier muss man schon genau hinschauen, um einen Hinweis auf eine andere Nationalität zu
entdecken.
3.6 Zwischenfazit und Typenbildung
Aufgrund der Ergebnisse der Inhaltsanalyse lässt sich folgendes Zwischenfazit ziehen.
Ethnische Minderheiten sind in den untersuchten Unterhaltungsformaten verhältnismäßig
wenig zu sehen.
Wenn sie dann doch eine Rolle spielen und miteinbezogen werden geschieht dies vor allem
in Gerichts- und Talkshows.
23
Die dargestellten Personen sind meistens junge, alleinstehende Männer, die generell über
gute Deutschkenntnisse verfügen.
Auch wenn sie in Talk- und Gerichtsshows am häufigsten auftreten, gibt es in deren
Darstellung in den Formaten auch Unterschiede.
In den Talkshows werden die Männer meist als frauenfeindliche und arrogante Machos
gezeigt; Frauen hingegen erscheinen angepasst und selbstbewusst. In Gerichtsshows
dominiert das kriminelle, aggressive und bedrohliche Bild des ausländischen Mannes,
während die Frauen hilfsbedürftig und schüchtern auftreten.
Aufgrund dieser Ergebnisse lassen sich schon folgende Thesen formulieren:
Ausländer werden wahrgenommen als:
Der typische „Talkshowausländer“ ist ein Mann der eine südländische Nationalität hat;
meist gehört er zur Gruppe der Türken oder Italiener.
Er ist Single und im Schnitt achtzehn bis neunundzwanzig Jahre alt.
Er gibt sich während der Show als Macho, frauenfeindlich, arrogant und von sich
eingenommen.
Sprachlich verfügt er meist über gute Deutschkenntnisse.
Der typische „Gerichtsshowausländer“ ist kriminell beziehungsweise hat eine kriminelle
Vergangenheit; d.h. er ist vorbestraft oder ist der Angeklagte. Falls er als Zeuge auftritt,
findet oftmals eine Wendung der Story statt und er wird vom Zeugen zum Täter.
Wie im Format der Talkshows tritt auch hier ein Mann in Erscheinung, der sich ebenso in der
Altersgruppe der 18 – 29 jährigen bewegt.
Darüber hinaus ist er arbeitslos oder steht im niederen Arbeits- oder Angestelltenverhältnis.
Der typische „Telenovela- und Dailysoapausländer“ ist im Grunde genommen gar nicht
vorhanden.
Falls doch mal jemand in Erscheinung tritt ist er 100% an Deutschland angepasst und als
ethnische Minderheit nicht klar zu erkennen.
Darüber hinaus ist er dann nur in einer Nebenrolle zu finden und hat eine
Angestelltenfunktion inne.
24
Dies sind nun die Bilder, die wir uns über die Darstellung ethnischer Minderheiten in
Unterhaltungsformaten gemacht haben.
In unserer Untersuchung soll es jedoch darum gehen, wie diese Darstellungen von
Jugendlichen wahrgenommen werden und ob sich deren Aussagen mit unseren decken.
Also mussten wir nun daran gehen, unsere Hypothesen zu überprüfen.
4. Wahrnehmung von Ethnischen Minderheiten in
pseudorealistischen Unterhaltungsformaten durch Jugendliche
4.1 Aufbau des Fragebogens
Um zu überprüfen, ob unsere Ergebnisse der Inhaltsanalyse auch mit dem übereinstimmen,
wie jugendliche Zuschauer diese Formate wirklich wahrnehmen, haben wir uns für eine
Befragung an Hand eines halb-standardisierten Fragebogens entschieden. Der Fragebogen,
den wir dafür verwendet haben, enthält Fragen zu den einzelnen von uns festgestellten
Ergebnissen und ist folgendermaßen aufgebaut:
Der erste Teil beinhaltet Fragen zu soziodemografischen Angaben.
Angegeben werden müssen hier Alter, Herkunft, Klasse, Schulform und Herkunft der Eltern.
Darüber hinaus wird erfragt, ob sich im Freundeskreis der befragten Jugendlichen Ausländer
befinden und wenn ja, welcher Nationalität sie angehören.
Im zweiten Teil finden sich Fragen zum Fernsehverhalten der Befragten. Hier ging es vor
allem darum herauszufinden, welche Sendung überhaupt und wie oft angeschaut wird und
welche ethnischen Minderheiten wahrgenommen werden.
Im dritten Teil erfragten wir schließlich serienspezifische Aspekte:
Also werden Migranten überhaupt wahrgenommen und wenn ja wie oft; Werden Sie
realistisch dargestellt; Treten eher Frauen oder Männer ethnischer Minderheiten auf und
wie oft.
Zum Abschluss des Fragebogens wollten wir von den Jugendlichen eine Beschreibung und
eine Einschätzung darüber, wie Ausländer dargestellt werden. Dadurch wollten wir
herausfinden, welche Wortwahl die Jugendlichen benutzen, um ausländische Darstellungen
zu beschreiben. Hier sollten die Befragten zwischen Talk- und Gerichtsshows unterscheiden.
25
Teil 1
Soziodemographische Angaben
a) Alter:
b) Geschlecht:
männlich
weiblich
c) Nationalität:
d) Hast du Migranten /Ausländer in deinem Freundeskreis? Ja
Nein
Wenn ja, welcher Nationalität gehören sie an?
Teil 2
Allgemein
e) Wie oft schaust du folgende Unterhaltungssendungen?
1. Daily Soaps und Telenovelas
täglich
mehrmals wöchentlich
mehrmals im Monat
gar nicht
mehrmals wöchentlich
mehrmals im Monat
gar nicht
mehrmals wöchentlich
mehrmals im Monat
gar nicht
2. Gerichtsshows
täglich
3. Talkshows
täglich
f) Welche Ausländer/Migranten werden am häufigsten dargestellt?
Südländer/Türken
Amerikaner
Teil 3
Osteuropäer
Europäer
Asiaten
Afrikaner
Serienspezifische Fragen
g) Werden deiner Meinung nach in den folgenden Fernsehformaten Migranten dargestellt
und wie oft?
Daily Soaps und Telenovelas:
Ja
oft
Nein
selten
gar nicht
Abb.13: Fragebogen zur Medienwahrnehmung (Seite 1)
26
Gerichtsshows:
Talkshows:
Ja
oft
Nein
selten
gar nicht
Ja
oft
Nein
selten
gar nicht
h) Werden deiner Meinung nach Migranten/Ausländer realistisch dargestellt?
Daily Soaps und Telenovelas:
Ja
Nein
Gerichtsshows:
Ja
Nein
Talkshows:
Ja
Nein
i) Werden eher Männer oder Frauen dargestellt?
Daily Soaps und Telenovelas:
Männer
Frauen
gleich
Gerichtsshows:
Männer
Frauen
gleich
Talkshows:
Männer
Frauen
gleich
j) Wie werden deiner Meinung nach in Gerichts- und Talkshows Migranten/Ausländer
dargestellt?
Beschreibe kurz in Stichworten!
Gerichtsshows:
Talkshows:
Vielen Dank für Eure Teilnahme!
Abb.13: Fragebogen zur Medienwahrnehmung (Seite 2)
27
4.2 Beschreibung der Untersuchung
Insgesamt haben wir 120 Schüler befragt. Dabei setzt sich unsere Stichprobe
folgendermaßen zusammen: Eine 10. Klasse einer Hauptschule, eine 10. Klasse einer
Realschule, und zwei Kurse einer Stufe 11 eines Gymnasiums.
Alle der von uns untersuchten Schulen liegen im Hochsauerlandkreis.
Den Jugendlichen haben wir jeweils einzeln einen Fragebogen ausgehändigt, den sie
ausfüllen sollten.
Den beiden 11-er Kursen des Gymnasiums kam hier eine besondere Rolle zu Teil; dem
ersten Kurs händigten wir nur den Fragebogen aus; im zweiten Kurs führten wir ein kleines
Experiment durch.
Wir zeigten ihnen drei ausgewählte prägnante Szenen aus Talk- und Gerichtsshows und
ließen sie den jeweils gezeigten Charakter eigenständig beschreiben.
Sie sollten der gezeigten Person lediglich Schlagwörter zuteilen, die ihrer Meinung nach die
gezeigte Person ausmachte.
Erst danach ließen wir sie den Fragebogen ausfüllen, um zu sehen, ob das vorher Gezeigte
eventuell die Angaben im Fragebogen beeinflussen würde, und ob sich somit dieser Kurs in
seinen Angaben vom anderen 11-er Kurs unterschied.
Dies brachte uns eine große Spannweite an zu untersuchendem Material.
4.3. Ergebnisse der Befragung zur Wahrnehmung
4.3.1 Soziodemographische Angaben
57% der Befragten sind weiblich; 43% sind männlich.
Das Alter der Befragten liegt zwischen vierzehn und achtzehn Jahren. Die Altergruppe mit
den höchsten Anteilen liegt hier bei den fünfzehn (41%) und siebzehn-jährigen (37%).
6%
2%
14 Jahre
41%
37%
15 Jahre
16 Jahre
17 Jahre
18 Jahre
14%
Abb.15: Alter in %
28
Die Angaben die uns zur Nationalität der Jugendlichen gemacht worden sind lassen sich
leicht zusammenfassen. Und zwar sind 97% der Befragten Deutsche; 2% sind polnischer
Herkunft; 1% sind Spanier.
Auffällig hieran ist der sehr geringe Teil ausländisch befragter Jugendlicher; d.h. wir können
also lediglich Aussagen dazu machen, wie deutsche Jugendliche ethnische Minderheiten im
Unterhaltungsfernsehen wahrnehmen.
Die von uns befragten Jugendlichen kommen jedoch oft in Berührung mit Menschen anderer
Nationalitäten:
47% der befragten Mädchen haben Anhänger ethnischer Minderheiten in ihrem
Freundeskreis; auf 46% der Jungen trifft dieses ebenfalls zu.
4.3.2 Fernsehverhalten
Ebenso haben wir untersucht, wie oft sich die Jugendlichen überhaupt die von uns genannten
Unterhaltungsformate anschauen. Wichtig hierbei war es zu beobachten, ob es
unterschiedliche Wahrnehmung gibt zwischen denen, die regelmäßig diese Formate schauen
und zwischen denen die sie gar nicht ansehen.
Hier lässt sich jedoch sagen, dass keine Unterschiede festzustellen sind.
Das Bild das von den Jugendlichen wahrgenommen wurde zieht sich nahezu stringent durch
alle Befragungen. Egal ob jemand häufig oder selten diese Unterhaltungsformate verfolgt ,
sind keine prägnanten Unterschiede in der Wahrnehmung feststellbar.
4.3.3 Wahrnehmung einzelner ethnischer Gruppen
Die nächste Frage die es auszuwerten galt, war die der Wahrnehmung der Jugendlichen.
Welche ethnische Minderheit wird in den Augen der Jugendlichen am meisten
wahrgenommen? Wir haben insgesamt sechs Gruppen zur Wahl gestellt von denen jeweils
nur eine angekreuzt werden sollte: Europäer, Osteuropäer, Südländer/Türken, Asiaten,
Afrikaner und Amerikaner. Zur Auswertung der Ergebnisse lässt sich sagen, dass die Gruppe
der Südländer/Türken am meisten wahrgenommen wird; 70% der Befragten machten diese
Angabe. Die zweite Gruppe, die Afrikaner, liegen mit 12% auf dem zweiten Rang, gefolgt
von den Amerikaner mit 8%, den Europäern mit 6% und den Asiaten mit 4%.Die Gruppe der
Osteuropäer wurde überhaupt nicht genannt.
29
Südländer/Türken
A frikaner
A merikaner
Euro päer
A siaten
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Abb.16: Welche Ausländer / Migranten werden am häufigsten wahrgenommen?
4.3.4 Medienpräsenz von Migranten
Des Weiteren wollten wir wissen, wie häufig ethnische Minderheiten in den einzelnen
Formaten nach Meinung der Jugendlichen gezeigt werden.
Oft
Selten
nie
Gerichtsho ws
Talksho ws
Dailys und
Teleno velas
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Abb.17: Häufigkeit der Darstellung ethnischer Minderheiten in den einzelnen Formaten.
n=120
Auffällig ist hier, dass 50% der Befragten angeben, dass Ausländer in Gerichtsshows oft
vorkommen; 35% beschreiben deren Auftreten als eher selten und nur 8% sind der
Auffassung, dass ethnische Minderheiten in Gerichtsshows nie vorkommen. 7% der
Befragten konnten hierzu keine Angaben machen, da sie sich keine Gerichtsshows ansehen.
30
Betrachtet man sich die Verteilung bei den Talkshows so bietet sich ein ähnliches Bild: Hier
sagen sogar 60% der Befragten das Ausländer oft dargestellt werden; 33% stufen diese eher
als selten ein und nur 3% sind der Meinung, das keine ausländischen Charaktere zu finden
sind.
Im Format der Daily Soaps und Telenovelas bietet sich ein gegenteiliges Bild: 13% der
Jugendlichen geben an, dass hier ethnische Minderheiten oft zu sehen sind; 49% sehen sie
eher selten und 31% sagen das ausländische Charaktere dort nie zu sehen sind.
Aus diesen Angaben geht klar hervor, dass die Jugendlichen die Präsenz ausländischer
Charakterdarstellungen deutlich in den Gerichts- und Talkshows wahrnehmen. In der TVRealität der Daily Soaps und Telenovelas werden diese jedoch nicht bemerkt.
4.3.5 Geschlechterwahrnehmung
Kommen wir nun zur Auswertung der Frage, ob eher Männer oder Frauen gezeigt werden.
Hier muss man auch wieder klar zwischen den einzelnen Formaten unterscheiden. In den
Gerichtsshows und Talkshows werden eher die Männer wahrgenommen. 65%/58% der
befragten sind dieser Meinung; 17%/22% sind der Meinung Frauen werden eher dargestellt
und 18%/20% gaben an, dort keine Unterschiede festzustellen.
Hier gab es keine prägnanten Unterschiede zwischen der Meinung der Mädchen und der der
Jungen.
Lediglich bei den Daily Soaps sind wieder unterschiedliche Ausprägungen zu verzeichnen.
94% von allen empfinden die Darstellung als gleichwertig; d.h. nach Meinung der
Jugendlichen werden in Daily Soaps und Telenovelas ebenso viele Männer wie Frauen
dargestellt; lediglich 3% waren der Meinung, Männer wären hier öfter zu sehen; 3% nehmen
eher Frauen wahr.
4.3.6 Wahrnehmung von Charaktereigenschaften in Gerichtsshows
Am Ende unseres Fragebogens haben wir den Befragten Platz gelassen, um in ihren Worten
zu beschreiben, wie Ausländerdarstellungen wahrgenommen werden. Diese Begrifflichkeiten
konnten wir dann unseren Kategorien klar zuordnen.
Hier wurde auch wieder zwischen Talk- und Gerichtsshows unterschieden.
Zuerst betrachten wir die Ergebnisse, die uns für die Gerichtsshows geliefert wurden.
31
Kriminell/Verbrecher
A ggressiv/A ufbrausend/Gewaltbereit
Selbstsicher, Do minant
Frauenfeindlich
Respektlo s
0%
5%
10%
15%
20% 25% 30% 35%
Abb.18: Wie werden Ausländer in Gerichtsshows dargestellt? n=217
Insgesamt haben wir 217 Nennungen ausgewertet und die meistgenannten Antworten haben
wir hier grafisch dargestellt.
Der typische Gerichtsshowausländer lässt sich in den Augen der Jugendlichen durch
folgende Begriffe beschreiben:
34% der Jugendlichen beschreiben ihn als kriminell und nehmen ihn als Verbrecher wahr.
24% empfinden sein Verhalten als aufbrausend, aggressiv und gewaltbereit; 15% sind der
Meinung, das er selbstsicher und dominant auftritt; 12% finden das Verhalten
frauenverachtend und 6% bewerten sein Auftreten als respektlos.
Daraus geht hervor, dass Jugendliche den typischen Gerichtsshowausländer durchweg
negativ aufnehmen.
Bei ihnen ist das Bild des „Kriminellen Ausländer“ stark zugegen.
Kommen wir nun zur Darstellung ethnischer Minderheiten in Talkshow und deren
Wahrnehmung von den Jugendlichen.
Hier haben wir insgesamt 225 Begriffe zugeordnet.
In diesem Fall zeigt sich im Bezug auf die Begrifflichkeiten, ein anderes Bild.
36% der Jugendlichen gaben an, dass Ausländer in Talkshows sich wie Machos verhalten;
24% empfinden sie als frauenfeindlich und 16% betrachten sie als ungebildet und dumm.
Des Weiteren zeichnet sich das Bild des arroganten (7%) und des unreifen (5%) Ausländers
ab.
32
4.3.7 Wahrnehmung von Charaktereigenschaften in Talkshows
Der typische Talkshowausländer wird also in den Augen der Jugendlichen als
„frauenverachtender Macho“ empfunden. Ähnlich wie bei der Auswertung der
Gerichtsshows ist festzuhalten, dass sich unter den meistgenannten Kategorien nur negativ
behaftete befinden.
Das Bild das Jugendliche also von Ausländern in Unterhaltungsmedien haben ist durchweg
negativ besetzt.
"A ls M acho "
Frauenfeindlich
Ungebildet/Dumm
A rro gant
Unreif
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
Abb.19: Wie werden Ausländer in Talkshows dargestellt? n=225
Was in diesem Zusammenhang deutlich gesagt werden muss ist, dass es in der Bewertung
der Charaktere keine Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Befragten gibt;
ebenso sind keine Unterschiede in der Schulform zu verzeichnen oder ob jemand Migranten
im Freundes- und Bekanntenkreis hat oder nicht. Das Negativbild zieht sich quer durch alle
Gruppen.
4.4 Das Experiment
Zusätzlich zur normalen Umfrage haben wir zur Überprüfung unserer Thesen in einem Kurs
einer Stufe 11 eines Gymnasiums ein kleines TV-Experiment durchgeführt.
Dies dient zum einen, wie schon gesagt, zur Überprüfung unserer Ergebnisse, als auch zur
Überprüfung, wie und ob sich die Angaben im Fragebogen ändern, wenn vorher kurze
Ausschnitte gesehen werden.
33
Insgesamt bestand der Kurs aus 20 Jugendlichen, denen wir drei unterschiedliche Szenen
einer Talk- und Gerichtsshow vorführten. Die drei dort dargestellten Charaktere sollten sie
auf einem Zettel einzeln bewerten und beschreiben.
Zu beobachten war, dass sich die Jugendlichen schon während des laufenden Videos über die
dargestellten Personen sehr zu amüsieren schienen und sie teilweise nachahmten.
Die Auswertung der Charakterisierung fiel alles andere als positiv aus.
Auch hier wurden die Ausländer sehr vorurteilbehaftet beschrieben.
Diese Beschreibungen weichen nicht von den Ergebnissen ab, die uns der Hauptfragebogen
auch geliefert hat.
Die Ausländer wurden auch hier beschrieben als gewalttätige Verbrecher, frauenfeindliche
Machos, ungebildet und arrogant.
Auch hier war keine unterschiedliche Meinung bei den Befragten Jungen zu den Mädchen zu
beobachten. Alle beschrieben die Dargestellten gleich.
4.5 Zwischenfazit
Vergleicht man die von uns erlangten Ergebnisse der Befragung mit den Thesen der
Inhaltsanalyse, so lässt sich feststellen, dass fast alle unsere Thesen bestätigt worden sind.
Lediglich im Hinblick auf Medienpräsenz fällt auf, dass Ethnische Minderheiten in
pseudorealistischen Formaten deutlich stärker wahrgenommen werden, als sie nach unserer
Inhaltsanalyse tatsächlich sind.
Ethnische Minderheiten werden in Unterhaltungsformaten negativ dargestellt und werden
auch so von Jugendlichen wahrgenommen.
Soziodemografisch betrachtet entspricht das wahrgenommene typische Ausländerbild im
Fernsehen einem jungen, meist südländischen Typ, der folgende Charaktereigenschaften in
sich vereint: aggressiv, bedrohlich, arrogant und frauenfeindlich. Interessant ist hierbei, dass
weibliche Charakterdarstellungen innerhalb der Wahrnehmungsmuster von Jugendlichen
keinen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Alle genannten Merkmale beziehen sich auf
männliche Darstellungen. Ferner fällt auf, das Jugendliche die in Deutschland am häufigsten
vorkommende Migrantengruppe, nämlich die Türken, am stärksten wahrnehmen.
Demografisch entspricht das dargestellte Bild nicht den realen Gegebenheiten; es treten nur
junge Menschen auf, deutlich mehr Männer als Frauen und viele Singles.
Auch lässt sich sagen, dass sie der Meinung sind, dass Ausländer in Talk- und Gerichtsshows
am häufigsten auftreten.
34
Das Bild das sich die Jugendlichen in diesen Formaten jedoch von Migranten machen, ist
alles andere als positiv.
Im Großen und Ganzen hat sich eine einheitliche Meinung zusammengefunden; unabhängig
von Alter und Bildungsstand.
Auf das Format der Daily Soaps und Telenovelas kann hier nicht ausreichend eingegangen
werden, da es das typische Bild des Ausländers in diesen Formaten nicht gibt.
Hier sind sie angepasst und fallen nicht aus dem Rahmen.
5. Medienwirkung von Pseudorealistischen
Unterhaltungsformaten auf Jugendliche
5.1 Beschreibung der Umfrage
Nachdem wir nun festgestellt haben, dass Ethnische Minderheiten in Daily-Talkshows und
Gerichtsshows meistens mit stereotypen Negativklischees dargestellt werden und das diese
Klischees auch von Jugendlichen wahrgenommen werden, blieb nun noch zu überprüfen, ob
das regelmäßige Anschauen dieser Sendungen auch die Einstellung von Jugendlichen
gegenüber Ethnischen Minderheiten beeinflusst.
Dabei ist diese Frage schwierig zu untersuchen.
Grund dafür sind die zahlreichen anderen Einflüsse, welche auf die Einstellung gegenüber
Migranten einwirken.
Dabei stellt die Peer-Group einen der stärksten Einflüsse dar.
Haben deutsche Jugendliche Freunde mit Migrationshintergund, so ist anzunehmen, dass die
Erfahrungen mit eben jenen Freunden einen entscheidenden Einfluss auf das allgemeine
Migrantenbild dieser Jugendlichen haben. Daher gilt es, diesen äußeren Einfluss für unsere
Untersuchung der Medienwirkung zu isolieren und im Anschluss zu überprüfen, ob
Jugendliche, die diese Shows häufiger sehen ein negativeres Bild haben als Jugendliche, die
diese Sendungen seltener sehen.
Da die Stichprobe bei unserer ersten Befragung zu klein war, um eine selektierte
Untersuchung zuzulassen, entschieden wir uns dafür, eine zweite Straßenumfrage unter 300
deutschen Jugendlichen durchzuführen, die keine Migranten im Freundeskreis haben.
35
5.2 Aufbau des Fragebogens
Bei dem Fragebogen, den wir für diese Untersuchung verwendet haben, handelt es sich im
Wesentlichen um eine verkürzte Version des Fragebogens zur Wahrnehmung.
Auch hier haben wir zunächst einen Teil mit soziodemographischen Angaben zu Alter,
Geschlecht, sowie der Frage, ob sich Migranten im Freundeskreis befinden. Als nächstes
haben wir erneut abgefragt, wie häufig die einzelnen Formate angeschaut werden, um zu
überprüfen, ob mit steigendem Konsum des jeweiligen Formates auch die Ansichten über
Migranten beeinflusst werden. Im dritten und letzten Teil haben wir schließlich die
tatsächliche Einschätzung des Realitätsgrad der Darstellungen abgefragt:
Teil 1
Soziodemographische Angaben
a) Alter:
b) Geschlecht:
männlich
weiblich
c) Nationalität:
d) Hast du Migranten /Ausländer in deinem Freundeskreis?
Teil 2
Ja
Nein
(Befragung beenden)
Allgemein
e) Wie oft schaust du folgende Unterhaltungssendungen?
1. Daily Soaps und Telenovelas
täglich
mehrmals wöchentlich
mehrmals im Monat
gar nicht
mehrmals im Monat
gar nicht
2. Gerichtsshows
täglich
mehrmals wöchentlich
3. Talkshows
täglich
mehrmals wöchentlich
mehrmals im Monat
gar nicht
Teil 3 Darstellung
h) Werden deiner Meinung nach Migranten/Ausländer realistisch dargestellt?
Daily Soaps und Telenovelas:
Ja
Nein
Gerichtsshows:
Ja
Nein
Talkshows:
Ja
Nein
Abb. 20 :Fragebogen zur Medienwirkung
36
5.3 Ergebnisse
5.3.1 Soziodemographische Daten
Insgesamt waren 57 Prozent der Befragten männlich und 43 Prozent weiblich. Das Alter der
Befragten lag, wie bei der ersten Befragung, zwischen 14 und 18 Jahren, wobei hier ein
Schwerpunkt bei den 15 Jährigen (32%) und 16 Jährigen (29 %) lag. 14 Prozent der
Befragten waren 14 Jahre alt, 12 Prozent waren 18 Jahre alt und 13 Prozent waren 17 Jahre
alt.
5.3.2 Einstellung zu Migranten in Abhängigkeit vom Fernsehverhalten:
Gerichtsshows
Ja
Mehrmals im
Monat & Nie
Nein
Mehrmals pro
Woche & täglich
Weiß Nicht
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Abb.21: Realismusempfinden der Darstellungen in Gerichtsshows n=300
Vergleicht man die Einstellungen der Befragten, die sich mehrmals pro Woche oder täglich
Gerichtsshows ansehen, mit den Einstellungen der Befragten, die nicht so regelmäßig dieses
Format anschauen, so fällt auf, dass Erstere ein deutlich schlechtere Einstellung gegenüber
Migranten vorweisen. Während bei den Jugendlichen, die sich nicht so häufig dieses Format
ansehen, lediglich eine geringe Mehrheit (48 Prozent) die hier gezeigten Darstellungen für
realistisch halten und immerhin noch 46 Prozent dies nicht tun, denken bei den häufigen
Konsumenten mit 57 Prozent beinahe doppelt so viele Befragte, dass die Darstellungen
realistisch sind. Lediglich 29 Prozent sind hier anderer Meinung.
37
5.3.3 Einstellung zu Migranten in Abhängigkeit vom Fernsehverhalten: Daily
Talkshows
Ja
Mehrmals im Monat & Nie
Mehrmals pro Woche & täglich
Nein
Weiß Nicht
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Abb.22: Realismusempfinden der Darstellungen in Daily-Talkshows n=300
Ein ähnliches Bild lässt sich bei dem Format der Daily-Talkshows verzeichnen. Auch hier
steigt der Anteil der negativen Einstellungen mit der Häufigkeit des Konsums an. Auffallend
bei diesem Format ist jedoch, dass sowohl bei regelmäßigen als auch bei
Gelegenheitskonsumenten der prozentuale Anteil derjenigen, die glauben, die Darstellungen
entsprächen der Realität, noch mal deutlich höher ist, als bei den Gerichtsshows.
Man kann also zusammenfassend sagen, dass unsere Ergebnisse die Tendenz erkennen
lassen, dass bei deutschen Jugendlichen, die wenig direkten Kontakt zu Migranten
vorweisen, die Einstellung gegenüber diesen bei steigendem Konsum von
pseudorealistischen Unterhaltungsformaten negativ beeinflusst wird. Allerdings darf man
auch nicht vergessen, dass wir bei unserer Untersuchung nicht alle Einflussfaktoren trennen
konnten. Ob die von uns befragten Jugendlichen persönliche prägnante Negativerfahrungen
mit Migranten gemacht haben, konnten wir nicht feststellen. Trotzdem können wir
festhalten, dass unsere Untersuchung zur Medienwirkung die bereits erwähnte These
Geißlers zum starken Einfluss der Massenmedien auf die Einstellungen gegenüber Migranten
bestätigt.
38
6. Fazit und Ausblick
6.1 Fazit
Abschließend lässt sich festhalten, dass unsere Untersuchung gezeigt hat, dass in Daily
Soaps, Daily Talkshows und Gerichtshows innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ein
einseitiges und negatives Bild von Migranten gezeigt wird. Ähnlich wie in der
Nachrichtenberichterstattung wird in den Formaten kaum auf kulturelle Hintergründe der
Akteure eingegangen.
Stattdessen werden Klischees bedient, die auch schon innerhalb der Printmedien, sowie der
TV-Nachrichten gezeichnet wurden und sich innerhalb der deutschen Bevölkerung
mittlerweile verbreitet haben. Anstelle eines integrierten gemeinschaftlichen Lebens
miteinander zeichnen die Formate ein Bild, das den Migranten nach wie vor einen Platz am
Rande der Gesellschaft zuspricht. So werden Menschen mit Migrationshintergrund eher als
sozial schwach und kriminell bzw. bedrohlich dargestellt. Dabei werden vor allem die
Nationalitäten erwähnt, denen bereits innerhalb der bundesdeutschen Bevölkerung ein
Negativimage anhaftet. Im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis ließ sich ein
antagonistisches Bild verzeichnen.
Zum einen werden auch klassische Klischees bedient. So tauchen Frauen mit
Migrationshintergund viel seltener auf und werden oft in der Opferrolle bzw. als schwach
dargestellt.
Jedoch werden Frauen auf der anderen Seite als extrem selbstbewusst und souverän
dargestellt. Nichtsdestotrotz fällt im Hinblick auf die viel öfter auftauchenden Männer die
Betonung von klischeehaften Eigenschaften auf. So sind Männer mit Migrationshintergrund
in den von uns untersuchten Formaten oftmals frauenfeindlich und beziehungsunfähig.
Im Hinblick auf Wahrnehmung und Medienwirkung innerhalb der Zielgruppe der 13- bis 17Jährigen hat unsere Untersuchung gezeigt, dass das von uns analysierte Bild der Migranten
auch von Jugendlichen wahrgenommen wird.
So fielen dem Großteil der Befragten die gleichen Merkmale auf, die auch wir festgestellt
hatten. Dabei betonten die Befragten vor allem den Aspekt der schlechten Bildung und das
frauenfeindliche Verhalten der in den Formaten dargestellten Migranten. Auch die
Unterrepräsentation von Frauen wurde vor allem von den weiblichen Befragten
wahrgenommen. Darüber hinaus hat unsere Untersuchung gezeigt, dass weibliche
39
Darstellungen von Migranten von Jugendlichen nicht so stark wahrgenommen werden, wie
männliche Darstellungen.
Im Hinblick auf Medienwirkung lässt sich kein absolut klarer Zusammenhang ausmachen.
Jedoch hat unsere Untersuchung gezeigt, dass innerhalb unserer Gruppe bei den
Jugendlichen, die keine Migranten in ihrem Freundeskreis besitzen und diese Formate
gucken ein schlechteres Ausländerbild zu verzeichnen ist, als bei jugendlichen Zuschauern,
die Migranten in ihrem Freundeskreis haben.
Man kann also, ausgehend von unserer Untersuchung, behaupten, dass eine deutlich negative
Darstellung von Migranten in pseudorealistischen Formaten vorherrscht, welche formell und
teilweise inhaltlich den negativen Darstellungsmustern von Migranten in der Tagespresse
ähnelt.
Ferner kann man davon ausgehen, dass diese Darstellungsmuster auch von deutschen
Jugendlichen wahrgenommen werden und teilweise auch die Wahrnehmung von Migranten
in Deutschland beeinflussen. Bedenkt man dazu die bereits erwähnten Thesen von Schatz,
Nieland, Lippmann und Thomas, welche der medialen Wahrnehmung einen großen Einfluss
auf die tatsächliche Wahrnehmung eines Phänomens zusprechen, so bestätigt unsere
Untersuchung die Annahme, dass pseudorealistische Unterhaltungsformate in ihrer
gegenwärtigen Form einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung von Migranten bei
Jugendlichen haben.
Dies ist besonders unter dem Aspekt brisant, weil Formate dieses Typs nach wie vor das
tägliche Nachmittagsprogramm der größten privaten Sender nahezu ausfüllen. Daher wollen
wir abschließend an Hand von bereits existierenden Formaten einige Anregungen
zusammentragen, welche zu einer Verbesserung der gegenwärtigen Situation beitragen
könnten.
6.2 Ausblick: Verbesserungsvorschläge
Die Frage, inwiefern TV-Medien positiv zur Integration beitragen können wird
derzeit sowohl innerhalb der Wissenschaft, als auch innerhalb der Medien diskutiert,
und es sind bereits in der Praxis einige Versuche gestartet worden, die positiv zu
dieser Thematik beitragen sollten. Dabei gilt es zunächst sehr dezidiert zwischen
öffentlich rechtlichen TV-Sendern, die einen Integrationsauftrag gewissermaßen
40
innehaben und Privatsendern, welche in erster Linie nur wirtschaftlich arbeiten, zu
unterscheiden. Denn, wie Georg Ruhrmann bei einer Podiumsdiskussion im Jahr
2004 zurecht betonte, müssen Konzeptvorschläge innerhalb der Privatsender auch
immer unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit bedacht werden.27
Trotzdem können gewisse Grundgedanken und Konzepte der öffentlich rechtlichen
Sender auch innerhalb der pseudorealistischen Unterhaltungsformate umgesetzt
werden, wie wir im Folgenden darlegen wollen.
6.2.1 Vom Klischee zur Korrektheit: realistische und pluralistische
Darstellungen
Die offensichtlichste und vorrangigste Maßnahme besteht darin, einen Wandel zu vollziehen,
der von der stereotypen Negativdarstellungen zu einer realistischen Darstellung von
Migranten führt. Damit ist gemeint, dass sowohl beim Casting für Talkshows, als auch bei
der Drehbuchkonzeption von Gerichtsshows und DailySoaps auf eine den realen
Verhältnissen in Deutschland angepassten Verteilung von Migranten zu achten ist.
Dies bedeutet nicht, dass frauenfeindliche Talkshowkandidaten oder kriminelle Menschen
mit Migrationshintergrund gänzlich aus den Programmen entfernt werden müssten. Denn
beides sind Aspekte, die auch in unserer realen Gesellschaft vorzufinden sind.
Jedoch sollen zusätzlich auch Migranten aus besseren sozialen Schichten vorkommen, die
sozusagen als positiver Gegenpol präsentiert werden und zeigen, dass man Migranten nicht
einheitlich abstempeln sollte.
Für die Privatsender hätte dies den Vorteil, dass sie in ihren Gerichts- und Talkshows, die
von Konflikten und Sensationen leben, nicht plötzlich „Heile-Welt-Szenarien“ präsentieren
müssten, und im Hinblick auf Integration hätte diese Veränderung den Vorteil, dass dem
Zuschauer gezeigt würde, dass man Migranten nicht einseitig klischeehaft wahrnehmen
sollte, da sie genauso vielseitig sind, wie Menschen ohne Migrationshintergrund.
Das ZDF verwendet diese pluralisierte Darstellungsweise bereits erfolgreich in fiktiven
Fernsehproduktionen, wie zum Beispiel dem mehrfach ausgezeichneten Film „Ich Chef, du
Turnschuh“ von Hussi Kutlucan.28
27
28
Vgl. Geißler/Pöttker (2006), S. 267
Vgl. Geißler/Pöttker(2006), S. 265
41
6.2.2 Thematische Behandlung von Vorurteilen
Konflikte im Zusammenhang mit Integration und Vorurteile gehören zum alltäglichen
gesellschaftlichen Leben in Deutschland dazu, und genau wie Dr. Himmler denken wir nicht,
dass es Aufgabe des Fernsehens ist, diese auszublenden.29
Jedoch besteht bei der derzeit noch recht einseitigen Behandlung dieses Themas
Veränderungsbedarf. In den von uns untersuchten Formaten wird das Thema immer nur aus
extremen Positionen betrachtet. Entweder sind die Migranten gewalttätige Kriminelle, wo
die Vorurteile bestätigt werden oder sie sind Opfer von neonazistischen Übergriffen. Die
alltägliche leichte und indirekte Diskriminierung wird so gut wie gar nicht behandelt. Hier
bieten gerade die auf Konflikte und deren Lösung spezialisierten pseudorealistischen
Formate eine ideale Möglichkeit. Der deutsche Vater, der Bedenken gegenüber dem
türkischen Freund seiner Tochter äußert oder der Chef, der keine Russen einstellt, weil er sie
für faul und unzuverlässig hält, sind nur zwei Beispiele, wie man Integrationsthemen mit
Streitpotenzial aufziehen könnte, die unterhaltsam wären und gleichzeitig jeden zum
Nachdenken anregen, der selbst vielleicht insgeheim diese typischen Vorurteile in sich trägt.
6.2.3 Positive Beispiele aufzeichnen und kulturelle Hintergründe betonen
Das Genre der Daily-Soaps ist thematisch spezialisiert auf die Darstellung von Alltagsleben,
sowie dem Aufzeichnen einer heilen Welt. Jedoch tauchen, wie unsere Untersuchung
gezeigt hat, Migranten in diesen Szenarien bisher, zumindest in den Daily-Soaps der
Privatsender, kaum auf und werden dann auch nur als kulturell assimiliert dargestellt. Dabei
sind diese Formate geradezu prädestiniert, um deutschen Jugendlichen die Kultur, den Alltag
und auch positive Beispiele des interkulturellen Zusammenlebens aufzuzeigen.
Die öffentlich rechtlichen Sender haben mit der Lindenstraße bereits ein gutes Beispiel
geliefert, wie dies aussehen könnte. Hier wird explizit auf kulturelle Aspekte von Migranten
eingegangen und gleichzeitig ein positives Zusammenleben als etwas Normales gezeigt.
29
Vgl. Geißler/Pöttker(2006), S. 267
42
Hier könnten die Privatsender nachziehen und Migranten stärker und bewusster in die
einzelnen Formate einbauen.
Dabei müssen ethnische Konflikte oder sozialkritische Themen gar nicht so sehr im
Vordergrund stehen. Vielmehr könnten solche Formate den Jugendlichen zeigen, dass
Deutsche und Migranten gar nicht so verschieden sind und dass ein vorurteilsfreies Leben
miteinander möglich ist.
.
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Literaturverzeichnis:

Früh, Werner (2004): Inhaltsanalyse, UVK- Verlagsgesellschaft, 5. Auflage, Konstanz

Geißler, Rainer/ Pöttker Horst (Hrsg.) (2006): Integration durch Massenmedien.
Medien und Integration im Internationalen Vergleich, transcript, Bielefeld

Hafez, Kai (2004): Türkische Mediennutzung in Deutschland - Hemmnis oder Chance
der gesellschaftlichen Integration?, Dt. Orient-Inst., Hamburg

Geißler, Rainer (2000): Bessere Präsentation durch bessere Repräsentation. In:Schatz,
Heribert/Holtz-Bacha, Christina/Nieland, Jörg-Uwe (Hrsg.) (2000): Migranten und
Medien. Neue Herausforderungen an die Integrationsfunktion von Presse und
Rundfunk, Westdt. Verlag, Wiesbaden, S. 129 - 146

Schorb, Bernd/Echtermeyer, Karin/ Lauber, Achim/Eggert, Susanne (2003): Was
guckst du, was denkst du? Der Einfluss des Fernsehens auf das Ausländerbild von
Kindern im Alter von 9 bis 14 Jahren, Schmidt & Klaunig, Kiel

Schreiber, Norbert (1979): Wie mache ich Inhaltsanalysen? Fischer Verlag, Frankfurt
am Main
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