Tatjana Ilarionova, Prof., Dr. phil. An der Russischen Akademie für öffentliche Verwaltung beim Präsidenten der Russischen Föderation, Generaldirektorin des Instituts Wissensenergie Erhaltung autochthoner Minderheiten unter Diasporabedingungen Zur Betrachtung des nicht einfachen Themas autochthoner Minderheiten ist es wichtig, zuerst die Termini zu definieren. Insgesamt gesehen existieren weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene einheitliche Herangehensweisen an die ethnokulturellen Probleme. Der Streit um Worte lässt gesetzgeberische Initiativen scheitern, er trägt auch Verwirrung in die Köpfe der Vertreter des Staates und der Bürgergesellschaft. Das gilt in vollem Maße für die Problematik der Autochthonen als auch für Fragen, die mit der Diaspora verbunden sind. Es ist verständlich, „Rundtischgesprächs“ dass – wir es autochthone beim Thema unseres Minderheiten unter Diasporabedingungen – mit einem „Problem im Quadrat“ zu tun haben. Doch zurück zu den Termini … Autochthonen, das sind Stammvölker, die sich in ihrem Staat befinden und ein untrennbarer Teil dieses Staates sind. Der Definition nach sind alle Titelvölker Autochthonen. Unter den Minderheiten eines Vielvölkerstaates werden jene als Autochthonen anerkannt, die bereits seit vorstaatlichen Zeiten auf dem Landesterritorium siedeln, und die im Ausland keine ihnen ethnisch verwandten Staatsgebilde besitzen. Doch unter den Bedingungen der ewigen Migration, die ein Attribut des Menschen und der Menschheit ist, ist es sehr schwer, festzustellen, ob die vor langer Zeit eingewanderten ethnisch konsolidierten Gemeinschaften Autochthonen sind oder nicht. In mehreren Ländern Mittel- und Südeuropas ist man den Weg gegangen, solche Gemeinschaften auf gesetzgeberischer Ebene zu definieren: in den staatlichen Rechtsakten Tschechiens und Rumäniens sind all jene Minderheiten aufgezählt, die man zu den Autochthonen rechnet. In der Regel sind das Minderheiten, die seinerzeit aus anderen Staaten hervorgingen, aber ihre Identität, ihre Sprache und Konsolidierung erhalten konnten. Nach den Gesetzen der Staaten, in denen sie jetzt ansässig sind, erhalten sie aus dem Etat (meistens auf Wettbewerbsbasis) zur Durchführung ihrer kulturellen und öffentlichen Veranstaltungen eine Unterstützung. Das übrige Europa (von Deutschland bis hin in den Westen) regelt diese Probleme nur hinsichtlich der kompakt siedelnden Minderheiten, und das erfolgt im Format der regionalen, nicht aber zentralen (föderalen) Politik. In dieser Richtung entwickeln sich auch die internationalen Akte: sie sind ausgerichtet auf die Förderung lokaler Kulturen, regionaler Sprachen. Dabei werden die Einwanderungsgemeinschaften nicht als Objekte dieser Politik betrachtet, und folglich auch nicht als Empfänger einer Hilfe. Diese Herangehensweise ist verankert in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitssprachen, welche am 5. November 1992 verabschiedet wurde, aber ebenso in der vom Europarat am 1. Februar 1995 verabschiedeten Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten. In diesem Sinne bleiben die Staaten des ehemaligen sozialistischen Blocks in größerem Maße als ihre westlichen Kollegen besorgt um die Erhaltung ihrer inneren ethnokulturellen Welt mittels staatlicher Instrumente zur Einwirkung. Aber hier wie dort gibt es auch Gemeinsames: In Europa wünscht man keinerlei territoriale Gebilde der Minderheiten, keine den Volksgruppen, nicht einmal den kompakt siedelnden, zugeordneten „eigenen“ Territorien. Seit Anfang der 90-er Jahre wurden keinerlei Autonomien gegründet. Und in diesem Sinne ist die Unabhängigkeit des Kosovo – der jugoslawischen Autonomie, die von Serbien abgetrennt wurde, ein Phänomen. Allerdings baut das Fehlen von Absichten, ethnokulturelle Probleme im Format von Territorien (nicht aber von Regionen) zu regeln, in einer Reihe von Ländern keineswegs die dort vorhandenen Spannungen ab. Wir sehen das an den Widersprüchen in Belgien und Spanien. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitssprachen umfasst mit ihren Bestimmungen alle wesentlichen und für die Existenz der Minderheiten „im Regime der kulturellen Autonomie“ bedeutsamen Sphären: „Bildung“, „Gerichtsbehörden“, „Verwaltungsorgane und öffentliche Dienste“, „kulturelle Veranstaltungen und Mittel zu ihrer Gewährleistung“, „Wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben“, „Zwischenstaatlicher Austausch“. Im Dokument wird ausführlich eingegangen auf gesellschaftlichen die Tätigkeit Organisationen solcher der Institute, wie Minderheiten, es die Schulen, Massenmedien und die Kirche sind. Diese Institute spielen die Schlüsselrolle bei der Erhaltung der Sprache, bei der Realisierung der Rechte in der kulturellen Sphäre, bei der Festigung der Zufriedenheit mit dem vom Staat betriebenen Kurs hinsichtlich der Minderheiten. Für eine aufsteigende Entwicklung der ethnischen Minderheiten sind solche „Parameter“ wichtig wie: die demographische Masse von Vertretern einer gegebenen Volksgruppe; der im Ergebnis der Enklave-Entwicklung erzielte sozial-berufliche Ausgleich der Bevölkerungsstruktur einer gegebenen Nationalität und deren Adäquatheit hinsichtlich der Natur- und Klimabedingungen einer Region; die Siedlungskompaktheit von Vertretern Volksgruppe und die im Zuge ihrer Entwicklung einer realisierte „Nationalisierung der Geografie“; die Legitimierung des nationalen Lebens einer Volksgruppe, gestützt auf eine verfassungsrechtliche Vereinbarung mit dem Titelvolk des Landes, das als Rezipient auftritt; die geschwächte Selbstgenügsamkeit von Vertretern einer Volksgruppe mit historischer Heimat, die sich dank der selbstgenügenden immanenten Entwicklung der Volksgruppe herausgebildet hat; günstige internationale Bedingungen für die politische Evolution einer Volksgruppe, zwischenstaatlicher Widersprüche welche die Akkumulierung durch die Volksgruppe schwächen. Nun einige Worte über die Diaspora. Sie sind entweder die Folge der Einwanderung, oder das Ergebnis des Zerfalls eines Staates, wenn neue Grenzen die seinerzeit geeinten Völker trennen. Für die eine wie die andere Entwicklung finden wir in der heutigen Welt viele Beispiele. Leider existieren keinerlei Herangehensweisen an die Ausarbeitung einheitlicher Regeln zur Lösung dieser Probleme. Aber dennoch sehe ich gewisse Gesetzmäßigkeiten bei der organisatorischen Gestaltung der Diaspora. Der Prozess der Sozialisierung von Volksgruppen in einer neuen Heimat besitzt mehrere Etappen, von denen eine jede auf die vorhergehende folgt: In der Anfangsetappe das von den Übersiedlern aus der Heimat mitgebrachte ausreichende kulturellen Potential und ihr Bestreben, es mittels intensiver Kontakte zu den dort gebliebenen Verwandten und Freunden, zu den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Vereinigungen zu erhalten; der Übergang zum Bikulturalismus durch das Erlernen der Amtssprache und durch die Integration in das gesellschaftliche Leben der neuen Heimat; das Bewusstwerden der eigenen ethnischen Werte als Merkmal der Gesondertheit, der Eigenständigkeit der Volksgruppe sowie das Bestreben, das Verwaschen der Traditionen in der neuen Heimat und ebenso den ganzen Verhaltensstereotyp zu verteidigen; die Herausbildung eigener gesellschaftlicher Organisationen auf diesem Stadium, die sich KulturträgerAufgaben und dann möglicherweise auch politische Aufgaben stellen; das Zusammenwirken oder sogar die Koordinierung der Tätigkeit der gesellschaftlichen Vereinigungen einer Diaspora zur Bestätigung der kulturellen Autonomie in der neuen Heimat; in einzelnen Fällen die Territorialisierung der Diaspora und die Herausbildung national-territorialer Strukturen als niedrigstes Niveau der Staatlichkeit; die Inkorporation von Selbstverwaltungsorganen einer Volksgruppe in die Struktur der gesamtstaatlichen Leitung der neuen Heimat; unter bestimmte Bedingungen, vor allem unter Bedingungen, wenn ein intensives demographischen Wachstum einer Diaspora, ihr kompaktes Siedeln, ein Zunahme ihres wirtschaftlichen und politischen Einflusses zu verzeichnen sind, und wenn charismatische Führer die Abtrennung des Lebensraumes von der neuen Heimat, die Bildung eines eigenständigen Staates oder den Anschluss an einen Nachbarstaat fordern, der ihnen ethnisch gesehen verwandt ist. Auf einer jeden dieser Etappe offenbart sich die Selbstorganisation in verschiedenen Formen, wobei insgesamt ein Streben nach gewissen, früher deklarierten oder unbewusst gebliebenen gemeinsamen Ergebnissen an den Tag tritt. In dieser Bewegung kommen Regressionen vor, nach denen ein neues Aufleben der ethnischen Gefühle möglich ist, die die Minderheit noch mehr zusammenschließen und ihr helfen, ihre Mission in einem fremden Land zu erkennen. Aber auch die Assimilation, ein Verschmelzen mit dem Volk, das sie aufgenommen hat, ist nicht ausgeschlossen. Die ethnisch-kulturelle Politik der Staaten gegenüber ihren Minderheiten, Diaspora, den verstreut lebenden autochthonen Minderheiten hängt von vielen Besonderheiten, Rechtstraditionen und Bestimmungen ab, aber letztendlich auch von den „Empfängern“ dieser Politik – von den Minderheiten, vom Maß ihrer Integration in die Gesellschaft, von ihrer kulturellen Distanz zu anderen Völkern, von ihrer wirtschaftlichen Aktivität, von ihrer demographischen Masse, von ihrer Mobilität und anderem. Russland ist in Bezug auf seine Völker weiterhin auf der Suche nach einem eigenen Kurs. Nach den Jahrzehnten der „Völkerfreundschaft“, als unter der Flagge der in der Form nationalen und im Inhalt sozialistischen Staatspolitik massenhafte Repressionen gegen die einen Völker vorgenommen und gleichzeitig andere Völker fast als Verkörperung des Ideals dargestellt wurden und Kostgänger für das Land waren (so zum Beispiel die Georgier zu sowjetischen Zeiten), hat Russland nun den Weg beschritten, den auch Westeuropa geht. Unser Land versuchte nach Jahren der ernsthaften Zuspitzung der „nationalen Frage“, die die Integrität der UdSSR untergraben hatte, die Bürger nur als Bürger zu betrachten, ohne in der Masse der Bevölkerung Männer und Frauen, Russen und Deutsche, Gesunde und Behinderte, Reiche und Arme zu sehen. Es versuchte, seine innere Welt auf eine solche Weise aufzubauen, dass alle Unterschiede zwischen den Menschen, die die Sphäre des Lebens der Bürger ausmachen, in die Hände der Öffentlichkeit abgegeben werden, dass sie im Format der regionalen Entwicklung und nicht als Aufgabe des Staates betrachtet werden. Doch als Erbe waren viele Elemente des früher betriebenen Kurses geblieben, was mein Land bei der Bestimmung seines Verhältnisses gegenüber den Minderheiten zu einem besonderen Land macht. Bei uns werden meines Erachtens im Unterschied zu Rumänien, wo es ganze fünf nationale Politiken gibt, drei verschiedene Kurse betrieben. Der erste wird bestimmt durch die Verfassung der Russischen Föderation und den Föderationsvertrag. Er sieht die Existenz nationalterritorialer Gebilde verschiedener Ebene vor – von Republiken im Bestand der Russischen Föderation bis hin zu autonomen Gebieten. Hierbei hat es in den letzten Jahren allerdings wesentliche Vorgänge gegeben: etwa zehn Gebilde auf der Ebene von Nationalkreisen wurden mit den Gebieten „verschmolzen“, und die ethnischen Bezeichnungen dieser Gebilde verschwanden im Ergebnis derartiger administrativer Veränderungen von der Landkarte Russlands. Dagegen sträubten sich nur jene Nationalkreise, die eine starke Wirtschaft besaßen, welche in der Regel auf der Förderung von Bodenschätzen wie Erdöl und Erdgas beruht, an der die Urbevölkerung keinerlei Anteil nimmt. Und deshalb bleiben allein die ethnischen Bezeichnungen ein Symbol für die eigenständige Entwicklung dieser Völker. Die zweite Entwicklung betrifft die Völker im Diaspora-Zustand. Das sind jene Volksgruppen, die hauptsächlich dank der Migrationsprozesse – der äußeren wie der inneren – entstanden sind. Das Gesetz „Über die national-kulturelle Autonomie“, das 1996 verabschiedet wurde, legte fest, dass die national-kulturellen Autonomien eine Methode der Interessenvertretung dieser oder jener ethnokulturellen Gruppe ist, und dass die national-kulturelle Autonomie ein Teil der Bürgergesellschaft ist und den föderalen Gesetzen über gesellschaftliche Vereinigungen, über nicht kommerzielle Organisationen untergeordnet ist. Die national-kulturelle Autonomie – das ist eine Struktur, und nicht einfach eine ephemere Idee. Sie ist ein Partner der staatlichen Organe, aber kein unbedingter Klient des Staates, der garantiert die geforderte Unterstützung erhält. Und schließlich die dritte Politik - das ist der Kurs hinsichtlich der zahlenmäßig geringen Urvölker. Zum Schutz ihrer traditionellen Lebensweise, ihrer Wirtschaft, die auf Sammeln, auf der Rentierzucht oder dem Fischfang beruht, sowie zum Schutz ihres Lebensraumes wurde ein großes Paket föderaler Gesetze verabschiedet. Sie alle sind gemäß der internationalen Akte auf den Schutz dieser EingeborenenMinderheiten gerichtet. Russland überträgt in das Format seiner Regionalpolitik und der örtlichen Selbstverwaltung die Mehrheit der ethnokulturellen Probleme. Allerdings verfügt unsere örtliche Selbstverwaltung über wenig Geld zur Förderung der ethnischen Bedürfnisse der Bürger. Außerdem hängt hier vieles, wenn nicht sogar alles, von der Kultur jener konkreten Persönlichkeit ab, die eine Munizipalität leitet, die ihr Oberhaupt geworden ist. In Bezug auf die Russlanddeutschen – die eine autochthone Minderheit im Diaspora-Zustand sind – betreibt Russland einen Kurs gemäß dem Föderalen Gesetz „Über die national-kulturelle Autonomie“. Bei seiner Entwicklung hatte Deutschlands Hilfe eine wesentliche Rolle gespielt. Die Tätigkeit des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen war alle 20 Jahre lang auf die Unterstützung der Russlanddeutschen in der ehemaligen UdSSR gerichtet. Begegnungszentren, die Presse in deutscher Sprache, die Finanzierung von Konferenzen und Rundtischgesprächen, sozialer Projekte, des Bauwesens und des Kleinbusiness – das alles trug dazu bei, dass die Menschen einander kennenlernten, dass sie von gemeinsamen Zielen durchdrungen wurden und eine gemeinsame Sache verfolgten. Hier verlief und verläuft nicht alles so glatt. Aber ich denke, wenn es die Unterstützung eines solchen Instituts, wie es der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen ist, nicht gegeben hätte, so würde nicht nur die Lage der Russlanddeutschen, sondern auch insgesamt die russische ethnokulturelle Politik heute anders aussehen. Dank des Einflusses von außen wurde eine Infrastruktur des ethnokulturellen Lebens geschaffen, obwohl es keine echten Bedingungen für die Herausbildung einer nationalen Schule gab (denn die Schulpolitik ist ganz und gar eine Sphäre der Tätigkeit des Staates, und der russische Staat, so hieß es, hat heute andere Prioritäten als früher), ebenso gab es keine echten Bedingungen für die Herausbildung einer professionellen Kunst, einer Literatur und insgesamt für ein Leben in deutscher Sprache. Die Unterstützung der Russlanddeutschen wurde sozusagen ein „Territorium“ für die Zusammenarbeit Russlands und Deutschlands. Leider bleibt der Appell des ersten Beauftragten für Aussiedlerfragen Dr.Horst Waffenschmidt „Hilfe für die Selbsthilfe“ vorerst noch nicht realisiert. Die Russlanddeutschen verbinden den eigenen Geschäftserfolg (und viele von ihnen sind erfolgreiche Geschäftsleute) noch nicht mit der Unterstützung von Zirkeln der deutschen Sprache oder von Kochlehrgänge in deutscher Küche. Die regionalen Gesellschaften bauen ebenso wie vor 20 Jahren auf die Mittel beider Länder, um ihre sozialen und kulturellen Vorhaben zu verwirklichen. Übrigens ist das Institut des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, wie das Leben zeigte, ein recht flexibles Instrument der zwischenstaatlichen Politik. In diesen zwei Jahrzehnten ist die Welt, in der wir leben, völlig anders geworden. Damit veränderten sich auch die Arbeitsformen des Beauftragten. Nun besitzt er eine ihm gebührende Internetseite - http://www.ornis-press.ru. Sie beleuchtet die Tätigkeit des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, sie ist informativ, gut gestaltet und ist auch die Basis für neue Netzverbindungen bei der Aufrechterhaltung der ethnischen Kultur. Interessant ist auch die Internetseite der Russlanddeutschen – des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur – http:www.rusdeutsch.ru. Schade, dass diese Ressourcen vorerst noch keine Online-Deutschkurse anbieten, es fehlt auch die Werbung für Waren und Dienstleistungen von Betrieben Russlanddeutscher, es gibt ebenso keine Heiratsannoncen oder andere private Anzeigen. Aber hoffen wir, dass auch diese Sphäre eine Weiterentwicklung erfährt. Das ist eine wichtige Erfahrung für die Definition, wie die effektive Politik hinsichtlich der autochthonen Minderheiten im Diaspora-Zustand aussehen muss. Meiner Ansicht nach sollten darin mehrere Richtungen vertreten sein: ein bewusster, zielgerichteter Kurs des Staates; der Wille von Vertretern der Minderheit, sich zu erhalten, eigenständig zu handeln; die Mithilfe der umgebenden Bürgergesellschaft. Die Bemühungen des Staates müssen auf die Schaffung rechtlicher Bedingungen für die vollwertige ethnokulturelle Entwicklung gerichtet sein, ebenso auf die gerechte Verteilung der Mittel unter allen Empfängern einer staatlichen Unterstützung, auf die Festlegung der Prioritäten, darunter – auf die Unterstützung der Menschen dort, wo sie wohnen. Es muss auf erzwungene Umsiedlungen verzichtet werden. Der Wille der Vertreter der Minderheiten ist der wichtigste Faktor dieser Politik. Die Menschen müssen es selbst wollen, das ihrem Volk Eigene zu erhalten, sie müssen ein stetiges, tätiges Interesse an der Sprache und Kultur und an wirtschaftlicher Aktivität offenbaren, die es ihnen ermöglicht eine vom Staat unabhängige Basis für ihre Selbstorganisation und Entwicklung zu schaffen. Schließlich muss die sie umgebende Bürgergesellschaft auch vom Staat und von den Vertretern der Minderheit über die Bestrebungen der Vertreter der Minderheit informiert sein. Das wird erlangt durch jahrzehntelange gemeinsame Bemühungen, die auf die die Erzielung der Toleranz gerichtet sind. Und wie die Entwicklung in Russland zeigt, gilt es hier noch viel zu arbeiten, denn das Toleranzniveau ist nicht sehr hoch. Für die autochthonen Minderheiten unter den Bedingungen der Diaspora-Entwicklung spielen einzelne Komponenten der ethnokulturellen Politik eine prinzipielle Rolle. Der Sinn besteht darin, dass eine Netzstruktur zur Befriedigung der spezifischen Bedürfnisse geschaffen und aufrechterhalten wird. Und deshalb müssen im Netzregime folgende Dinge funktionieren: Kulturherde mit einheitlicher methodischer Sicherstellung; ein System zur Sprachausbildung mit dem Ziel, eine hinreichende Qualität der Schriftsprache und mündlichen Rede unter Vertretern der Minderheit zu erlangen und die Sprache auch im Weiteren zu erhalten; Jugend-, Familien- und Heiratsannoncen-Projekte für jene, die einander finden wollen zur Befriedigung ihrer nicht geschäftlichen, privaten Interessen, zur Gründung einer Familie; Zugang zu Kulturdepots, wo die Literatur zu den verschiedensten Fragen die Wissensquelle über die ethnische Kultur sein wird. Das alles setzt eine qualitativ neue informationstechnische Sicherstellung der ethnokulturellen Politik voraus. Für die Autochthonen im Diaspora-Zustand bedeutet „in Verbindung stehen“ einfach zu sein.