Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Teil 6: Elementares Zählen, Teilmengen Zählen und Partitionen Zählen Tina Janne Schmidt Technische Universität München Wintersemester 2012/2013 Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 1 Übersicht 1 Elementares Zählen Summen- und Produktregel Zählen durch Bijektion Doppeltes Abzählen Inklusions-Exklusions-Formel 2 Teilmengen Zählen Fallende Faktorielle und Binomialkoeffizient Teilmengen Zählen 3 Partitionen Zählen k-Partitionen von Mengen k-Partitionen von Zahlen 4 Zusammenfassung: Bälle auf Körbe verteilen Bälle und Körbe Fixpunktfreie Permutationen Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 2 Summen- und Produktregel Proposition Summenregel · 2 ∪· . . . ∪M · k. M1 , . . . , Mk endliche Mengen, paarweise disjunkt und M = M1 ∪M ⇒ |M | = k X |Mi | . i=1 Proposition Produktregel M1 , . . . , Mk endliche Mengen, M = M1 × M2 × . . . × Mk . ⇒ |M | = k Y |Mi | . i=1 Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 4 Funktionen Definition Urbild Sei f : A → B eine Funktion. Dann definieren wir f −1 (b) = {a ∈ A : f (a) = b} als das Urbild von b ∈ B, S f −1 (C) = c∈C f −1 (c) als das Urbild von C ⊂ B. Proposition Sei f : A → B eine Funktion. Dann gilt A= Tina Janne Schmidt [ ˙ b∈B f −1 (b) = f −1 (B). Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 5 Eigenschaften von Funktionen Definition Sei f : A → B eine Funktion. f heißt injektiv, falls für alle b ∈ B gilt f −1 (b) ≤ 1, surjektiv, falls für alle b ∈ B gilt f −1 (b) ≥ 1, bijektiv, falls für alle b ∈ B gilt f −1 (b) = 1. Definition Alternative Definition Sei f : A → B eine Funktion. f heißt injektiv, falls für alle a1 , a2 ∈ A gilt f (a1 ) = f (a2 ) ⇒ a1 = a2 , surjektiv, falls ∀ b ∈ B ∃ a ∈ A : f (a) = b, bijektiv, falls f injektiv und surjektiv. Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 6 Zählen durch Bijektion Satz Sei f : A → B eine Funktion und seien A, B 6= ∅ endlich. Dann gilt f bijektiv ⇒ |A| = |B|, wenn |A| = |B|, dann sind injektiv, surjektiv und bijektiv äquivalent. Proposition Sei M eine endliche Menge mit |M | = k. Dann ist |P(M )| = 2k . Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 7 Frage Wie viele Graphen mit der Knotenmenge [n] gibt es? Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 8 Doppeltes Abzählen Proposition Doppeltes Abzählen Sei R ⊂ A × B eine binäre Relation. Dann X X |{b ∈ B : (a, b) ∈ R}| = |R| = |{a ∈ A : (a, b) ∈ R}| . a∈A Tina Janne Schmidt b∈B Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 9 Frage Sei G = (V, E) ein Graph und M ⊂ V × E eine binäre Relation mit (v, e) ∈ M ⇔ v ∈ e. Wenden Sie doppeltes Abzählen an und vereinfachen Sie. Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 10 Inklusions-Exklusions-Formel Satz Für endliche Mengen M1 , M2 , . . . , Mn gilt: n n [ X X \ r−1 Mj Mi = (−1) j∈I r=1 i=1 I∈([n] r ) Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 11 Frage Was ergibt die Inklusions-Exklusions-Formel für paarweise disjunkte Mengen M1 , M2 , . . . , Mn ? Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 12 Notation Definition fallende Faktorielle Für x ∈ R, k ∈ N heißt x → xk = x · (x − 1) · . . . · (x − k + 1) fallende (k-) Faktorielle von x. Vereinbarung: n0 = 1. Definition Fakultät n Für n ∈ N heißt n! = n Fakultät von n. Es gilt: 0! = 1. Definition Binomialkoeffizient Für k, n ∈ N mit k ≤ n ist Tina Janne Schmidt nk n = . k! k Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 14 Eigenschaften des Binomialkoeffizients Lemma Sei n, k ∈ N0 und k ≤ n. Dann n n! = k k!(n − k)! n n und = =1 0 n n n = k n−k Pascal-Identität n−1 n−1 n + = k−1 k k für n, k ≥ 1 und k ≤ n − 1. Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 15 Eigenschaften der fallenden Faktoriellen – 1 Lemma Sei m, n, k ∈ N0 und x, y ∈ R. Dann (x + y)n = n X n k=0 insbesondere n X k=0 n k = 2n k xk y n−k , und n X n k=0 k (−1)k = 0 xn+k = xn (x − n)k (x + y)n = n X n k=0 Tina Janne Schmidt k xk y n−k . Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 16 Eigenschaften der fallenden Faktoriellen – 2 Lemma Sei m, n, k ∈ N0 mit k ≤ m, k ≤ n und x, y ∈ R. Dann k X n m n+m = l k−l k l=0 n n n+1 ≤ wenn k ≤ . k−1 k 2 Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 17 Frage Wahr oder Falsch? Für n ∈ N gilt nn−1 = n! Frage Berechnen Sie: 5! 103 7 2 11 8 Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 18 Zählen Satz Zählen, Teil a-c Sei n, k ∈ N0 , M Menge mit |M | = n a geordnet, mit Zurücklegen: k M = |{(c1 , c2 , . . . , ck ) : ci ∈ M ∀i ∈ [k]}| = nk . b geordnet, ohne Zurücklegen (k ≤ n): k M = |{(c1 , . . . , ck ) : ci ∈ M ∀i ∈ [k], ci 6= cj ∀i 6= j ∈ [k]}| = nk . c ungeordnet, ohne Zurücklegen (k ≤ n): k M = |{{c1 , . . . , ck } : ci ∈ M ∀i ∈ [k], ci 6= cj ∀i 6= j ∈ [k]}| = n = n . k k k! Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 19 Multimengen Multimengen Eine Multimenge besteht aus einer Grundmenge M und einer Funktion ϕ : M → N0 , die angibt wie oft ein Element in Pder Multimenge enthalten ist. Die Anzahl der Elemente der Multimenge ist m∈M ϕ(m). Satz Zählen, Teil d Sei n, k ∈ N0 , M Menge mit |M | = n. d ungeordnet, mit Zurücklegen: X M ϕ(m) = k} k = {(M, ϕ) | ϕ : M → N0 mit m∈M n+k−1 n = = . k k (Menge der k-elementigen Multimengen aus M ) Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 20 Frage In einer Urne befinden sich 5 rote und 3 blaue Kugeln. Wir gehen davon aus, dass die roten Kugeln die Nummern 1 bis 5 und die blauen Kugeln die Nummern 1 bis 3 haben. Wie viele Möglichkeiten gibt es vier Mal mit Zurücklegen mit Beachtung der Reihenfolge zu ziehen? Wie viele Möglichkeiten gibt es vier Mal ohne Zurücklegen mit Beachtung der Reihenfolge zu ziehen? Wie viele Möglichkeiten gibt es vier Mal ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge zu ziehen? Wie viele Möglichkeiten gibt es vier Mal mit Zurücklegen ohne Beachtung der Reihenfolge zu ziehen? Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 21 k-Partitionen von Mengen k-Partition einer Menge Definition Sei k, n ∈ N0 , M Menge mit |M | = n. Eine k-Partition ist eine Zerlegung · 2 ∪· . . . ∪M · k. von M in k disjunkte, nicht leere Teilmengen: M = M1 ∪M n Sn,k = = Anzahl der k-Partitionen einer n-elementigen Menge; k S0,0 := 1. Sn,k heißt Stirling-Zahl zweiter Art. Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 23 k-Partitionen von Mengen – Eigenschaften Satz Sei k, n ∈ N0 . für k > n: Sn,k = 0 für n ≥ 1: Sn,0 = 0 für 1 ≤ k ≤ n: Sn,k = Sn−1,k−1 + k · Sn−1,k . Satz Für alle 1 ≤ k ≤ n gilt Sn,k Tina Janne Schmidt k X (k − r)n = (−1)r . r!(k − r)! r=0 Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 24 k-Partitionen von Zahlen k-Partition einer Zahl Definition Eine k-Partition der Zahl n ist eine Zerlegung von n in k natürliche Summanden: n = n1 + n2 + . . . + nk mit ni ∈ N ∀i ∈ [k]. Bei einer geordneten Partition ist die Reihenfolge der Summanden wichtig, bei einer ungeordneten Partition ist die Reihenfolge der Summanden egal. Pn,k := Anzahl der ungeordneten k-Partitionen von n P0,0 := 1. Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 25 k-Partitionen von Zahlen – Eigenschaften Satz Sei k, n ∈ N0 . für k > n: Pn,k = 0 für n ≥ 1: Pn,0 = 0 für n, k ≥ 1: Pn+k,k = k−1 X Pn,k−i i=0 für 1 ≤ k ≤ n: Es gibt genau Tina Janne Schmidt n−1 k−1 geordnete k-Partitionen der Zahl n. Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 26 Frage Ein Lehrer möchte 24 Schüler für 6 (unterscheidbare) Aufgaben einteilen. Dabei soll jeder Schüler für genau eine Aufgabe eingeteilt sein und für jede Aufgabe mindestens ein Schüler. Wie viele Möglichkeiten hat der Lehrer, wenn er die Schüler unterscheiden kann? Wie viele Möglichkeiten hat der Lehrer, wenn er die Schüler nicht unterscheiden kann? Jetzt sollen die 6 Aufgaben gleich sein. Wie viele Möglichkeiten hat der Lehrer, wenn er die Schüler unterscheiden kann? Wie viele Möglichkeiten hat der Lehrer, wenn er die Schüler nicht unterscheiden kann? Wie viele Möglichkeiten hat der Lehrer, wenn er die Schüler nicht unterscheiden kann und jedes Team aus mindestens 3 Schülern bestehen soll? Tina Janne Schmidt Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 27 Bälle auf Körbe verteilen Satz Werfe n Bälle in k Körbe. Für die Anzahl der Verteilungsmöglichkeiten gilt beliebig injektiv surjektiv bijektiv (n ≤ k) (n ≥ k) (n = k) Bälle unt. bar kn kn k!Sn,k n! Körbe unt.bar n+k−1 k n−1 Bälle nicht unt. bar 1 Körbe unt.bar n n k−1 k X Bälle unt. bar, 1 Sn,k 1 Sn,i Körbe nicht unt.bar i=1 Bälle nicht unt. bar, Körbe nicht unt.bar Tina Janne Schmidt k X Pn,i 1 Pn,k 1 i=1 Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 29 Fixpunktfreie Permutationen Definition fixpunktfreie Permutationen S = Menge aller Permutationen/Bijektionen f : [n] → [n] D n = {f ∈ S : f (x) 6= x ∀x ∈ [n]} fixpunktfreie Funktionen oder Derangements. n Es gilt mit n = |A|: |D n | = n! n X (−1)r r=0 und Tina Janne Schmidt |D n | 1 → n |S | e r! für n → ∞. Ferienkurs Propädeutikum Diskrete Mathematik Seite 30