Abstract The willingness handle conflicts in the work environment in a sophisticated way is not conditioned by the socialisation, initial education, or (self-assessed) cognitive abilities of the business executives in large German companies. It is much rather founded in company specific habits and certain personal dispositions. 10 upscale executive managers of 10 major German enterprises were questioned via a standardised questionnaire and a guideline interview about how they handle conflicts on horizontal and vertical hierarchy levels. Thus conflicts over facts and conflicts of values are discussed objectively by the probands. As to conflicts in the relationship, a clear ambivalence shows in the behaviour. The comparison of the descriptive analysis questionnaires and the extensive interview material showed that executives decide non-uniformly and independently of their sociodemographic attributes whether or not they want to call in help, be it an impartial third from the own company or an external counsellor, for a conflict they are involved in themselves. On the other hand they are willing to call in help from the inside or outside regarding conflicts they are not involved in. 1 1. EINLEITUNG 1.1 Problemstellung Große Unternehmen haben eine ausdifferenzierte formale Organisationsstruktur, wodurch es bei den strategischen und operativen Tätigkeiten zu zahlreichen Berührungen der Mitarbeiter untereinander kommt. Häufig sind diese Unternehmungen über lange Zeit gewachsen und vor allem in Deutschland stark hierarchisch und oft auch noch autoritär organisiert. Zwischen den Organisationseinheiten lauert ein großes Potenzial an Reibungspunkten und damit einhergehend auch an Reibungsverlusten durch Konflikte. Führungspersonen stehen somit häufig vor der Frage, wie gehe ich mit Konflikten in bzw. zwischen meinen untergeordneten Abteilungen um. Oder es kommt sogar zu der Frage, wie gehen wir mit Konflikten um, die auf der gleichen Hierarchieebene stattfinden. Führungspersonen haben verschiedenste Herkunftsqualifikationen (Wirtschaftler, Juristen, Ingenieure, Mathematiker, Soziologen bis hin zu eher künstlerisch ausgebildeten Personen wie Architekten und Designern). Sie werden aufgrund ihrer Qualifikation an eine Position gesetzt, an der sie das Fachliche beherrschen, das Zwischenmenschliche (das Führen) jedoch mehr oder weniger vorausgesetzt wird. Somit ist davon auszugehen, dass Führungspersonen Konflikte aus ihrer persönlichen Lebenserfahrung heraus unterschiedlich wahrnehmen und ebenso unterschiedlich damit umgehen. Des Weiteren spielt die Unternehmenskultur eine erhebliche Rolle. Gibt es Fortbildungsmaßnahmen? Gibt es extra Abteilungen für Personalfragen und Coaching? Wie sehen Führungspersonen Konflikte? Eher positiv oder eher negativ? Wie gehen Sie persönlich in Ihrem Arbeitsumfeld mit Konflikten um und was würden sie sich für einen besseren Umgang damit von Ihrem Unternehmen wünschen? Durch die Befragung von 10 Führungspersonen mit unterschiedlichen Herkunftsqualifikationen aus 10 großen deutschen Unternehmungen möchte ich herausfinden, wie Führungspersonen Konflikte wahrnehmen und wie sie dann damit in ihrem Wirkungsfeld umgehen. Denn Veränderungen im Umgang miteinander und somit auch im Konfliktmanagement eines Unternehmens werden nach Olfert und Steinbuch zumeist von der Führung nach unten in die Abteilungen (top – down) 2 weitergegeben1. Ziel meiner Untersuchung ist es herauszufinden, wie Führungspersonen mit Konflikten umgehen. Welche Unterschiede treten bei den einzelnen Führungspersonen auf und haben diese Unterschiede Auswirkungen auf deren Konfliktmanagement. Dazu verwende ich bei der Befragung zur persönlichen Merkmalsausprägung und zum Unternehmen zunächst einen standardisierten Fragebogen. Danach folgt ein Interview mit problemzentriertem Leitfaden. 1.2 Ausgangshypothese Je nach Merkmalsausprägung einer Führungsperson (abgeleitet aus der Sozialisation und Herkunftsqualifikation der einzelnen Probanden) in Kombination mit der Unternehmenskultur variiert die Sicht auf Konflikte und damit einhergehend der Umgang mit ihnen. Daraus leite ich folgende Arbeitshypothesen ab: − Bei einer eher positiven Einstellung zu Konflikten wird der Umgang mit ihnen bereitwilliger geführt − Sachkonflikte werden von allen Probanden mit für sie sinnfälligen Strategien bewältigt; bei Beziehungs-/Wertkonflikten findet hingegen eine Differenzierung je nach Merkmalsausprägung der Probanden statt − Je nach Unternehmenskultur unterscheidet sich die Bereitschaft mit Konflikten offen umzugehen − Bei einer direkten Beteiligung an einem Konflikt wird ein Mediator nicht gewünscht − Je nach Merkmalsausprägung der Führungskräfte wird eher ein externer oder interner Mediator mehr oder weniger gewünscht 1.3 Vorgehensweise Nach der Einleitung gliedert sich die Arbeit in drei Hauptteile und wird durch eine Zusammenfassung mit Ausblick beendet. Im ersten Hauptteil (Punkt 2) erfolgt die theoretische Aufarbeitung des Untersuchungsfeldes. Danach (Punkt 3) erläutere ich meinen methodischen Ansatz und beschreibe das Untersuchungsdesign sowie das Erhebungsinstrument. Der letzte Hauptteil (Punkt 4) enthält die Vorstellung der einzelnen Probanden und ihre Kernaussagen. In der daran anschließenden Deutungsmusteranalyse werden die Aussagen und Merkmalsausprägungen der 1 Vgl. Olfert/Steinbuch, 2003, S. 432f 3 Probanden miteinander verglichen, um so die Hypothesen zu validieren oder auch zu verifizieren, woraus dann Folgerungen abgeleitet werden, die Konsequenzen für die Mediation haben. 2. THEORETISCHE AUFARBEITUNG DES UNTERSUCHUNGSFELDES Das Untersuchungsfeld sind große Unternehmungen mit ihren meist ausdifferenzierten formalen Organisationsformen, die im Folgenden unter Punkt 2.1 näher definiert werden. Die befragten Personen sind hochqualifizierte Führungskräfte die in gehobener Stellung dort tätig sind. Da im Rahmen dieser Masterarbeit kein ausdifferenziertes Persönlichkeitsprofil der befragten Führungspersonen erstellt werden kann, wird unter Punkt 2.2 erläutert, wie aus der Sozialisation und Qualifikation der Probanden und deren selbst einzuschätzenden kognitiven Fähigkeiten ein Merkmalsprofil erstellt wird. Gegenstand der Untersuchung sind Konflikte und Konfliktfelder in und zwischen den Organisationseinheiten, die den Probanden unter- bzw. gleichgestellt sind. Hier gibt es verschiedene Ansätze zur Konfliktforschung und daraus resultierend zum Umgang mit Konflikten, was unter Punkt 2.3 theoretisch aufgearbeitet und vorgestellt wird. 2.1 Unternehmen und ihre Organisation 2.1.1 Unternehmensdefinition „Unternehmen sind planmäßig organisierte Einzelwirtschaften, die zu dem Zweck betrieben werden, Leistungen zu erstellen und zu verwerten. Dies geschieht durch die Kombination elementarer und dispositiver Produktionsfaktoren, die im Unternehmen zusammenwirken.“2 Die Kooperation der elementaren Produktionsfaktoren aus Arbeit, Betriebsmitteln und Werkstoffen im ausführenden Sinne bewirken im Unternehmen güterwirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und informationelle Prozesse. Diese meist umfangreichen betriebswirtschaftlichen Abläufe werden durch die dispositiven Produktionsfaktoren einer Unternehmung, also durch die Leitung, die Organisation und die Planung bzw. Kontrolle zweckentsprechend gestaltet. Das Zusammenwirken aller sechs Produktionsfaktoren ergibt die unternehmerische Leistung (siehe Abb.1). Je größer die Unternehmung, umso ausdifferenzierter und 2 Ebenda S. 25 4 umfangreicher werden die Produktionsfaktoren und damit einhergehend auch die Organisation, die im Fokus der vorliegenden Arbeit steht3. Abb.1 Kombination elementarer und dispositiver Produktionsfaktoren4 2.1.2 Kennzahlen zu Unternehmensgrößen Was genau sind nun große Organisationen bzw. Großunternehmungen? Je nach Branche und Land variieren die Begriffsdefinitionen. Das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) bezeichnet eine Kapitalgesellschaft nach § 267 als „Große Kapitalgesellschaft“, wenn sie einen organisierten Markt im Sinne § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihr ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs.1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nimmt oder die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt worden ist. Des Weiteren spricht man von Großunternehmen, wenn mindestens zwei der folgenden drei Kenngrößen überschritten werden: 1. 16 060 000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags (§ 268 Abs.3) 2. 32 120 000 Euro Umsatzerlös in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag 3. 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt (ohne Auszubildende) 5 In der betriebswirtschaftlichen Literatur differieren die drei Kenngrößen nur geringfügig, sodass die oben genannten Zahlen im Folgenden als Grundlage für die Bestimmung von Unternehmensgrößen gesetzt werden. 3 Vgl. Mertins, 1989, S. 621 Ebenda S. 25 5 Vgl. Handelsgesetzbuch, 2004, § 267 Abs. 2 und 3 4 5 2.1.3 Unternehmensorganisation In der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre wird eine Trennung zwischen Aufbau- und Ablauforganisation vorgenommen. „Die Aufbauorganisation erstreckt sich auf die Verknüpfung der organisatorischen Grundelemente (Stelle, Instanz und Abteilung) zu einer organisatorischen Struktur und auf den Beziehungszusammenhang zwischen diesen Elementen.“6 Hier wird die Struktur der Weisungsbefugnis geregelt. Durch die Vergabe von Weisungsrechten wird deutlich, wer wem hierarchisch unterstellt ist und somit Rechenschaft schuldet. Es ist die Antwort auf die Frage: An wen wendet man sich, wenn man ein Problem hat? „Bei der Ablauforganisation handelt es sich demgegenüber um die Ordnung von Handlungsvorgängen (Arbeitsprozessen). Anders formuliert: die Aufbauorganisation befasst sich mit Fragen der Institution, die Ablauforganisation mit den Arbeits- und Bewegungsabläufen innerhalb dieser Institution.“7 So weisen große Unternehmen in ihrer tief gegliederten Aufbauorganisation nach Robbins, „… normalerweise eine höhere Spezialisierung, eine stärkere Untergliederung, mehr vertikale Ebenen und eine größere Anzahl Regeln und Vorschriften auf, als kleine Organisationen.“8 Mittlere Unternehmen sind dagegen eher flach organisiert. Die Aufbau- und Ablauforganisation wird in der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre auch als Primärorganisation bezeichnet. Arbeitsformen, die zu Veränderungen der Primärorganisation führen, werden als Sekundärorganisation bezeichnet. Sie werden aus den grundlegenden Organisationsformen einer Unternehmung entwickelt, um Projekte besser bewältigen zu können. „Die Aufgaben der abgeleiteten Organisationsformen bestehen in der schnittstellen-übergreifenden Bearbeitung von innovativen oder selten auftretenden Spezialaufgaben, die hierarchieergänzend bzw. hierarchieübergreifend wirken.“9 Zusätzlich ist in den letzten zehn Jahren ein starker Trend zu beobachten, nach dem die starre, funktionale Abteilungsbildung zunehmend durch Teams ergänzt wird, die die traditionellen Abteilungsgrenzen überschreiten10. 2.1.4 Unternehmenskultur und Führungsstil 6 Wöhe, 2008, S. 156 Ebenda, S. 156 8 Robbins, 2001, S. 503 9 Olfert/Steinbuch, 1989, S. 280 10 Vgl. Robbins, 2001, S. 487 7 6 Wie durch die Wirkung von individuellem und gruppenorientiertem informellen Verhalten wird die soziale Organisation eines Unternehmens auch von Regeln, Vorschriften und Direktiven beeinflusst, die sich in Gebräuchen oder auch Prinzipien niederschlagen, welche sich aus der gewachsenen Struktur der gesamten Organisation herleiten lassen. Man spricht hierbei von der sogenannten Unternehmenskultur. Der Begriff etablierte sich in den 80er Jahren als „ein Gerüst und ein Vorrat an Sinnstrukturen und Handlungsmustern, aus welchen heraus Situationen, Handlungen und Entscheidungen des Unternehmensalltags einer bewerteten Interpretation hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Unternehmung als Ganzes zugänglich werden.“11 Dormayer/Kettern konzeptionalisieren das Phänomen Unternehmenskultur als einen integrierten Bestandteil eines soziokulturellen Systems, also als ein Moment der informalen Unternehmensstruktur, das den konnotativen Hintergrund liefert, auf dem sich jede formale Verhaltensstruktur abstützen muss. Zum anderen kann die Unternehmenskultur als Ideensystem analysiert werden, das in den Köpfen der Beteiligten Bedeutungsinhalte ausprägt12. Die Unternehmenskultur als integrierter Bestandteil der sozialen Struktur einer Unternehmung bildet somit, über die Ausprägung von bestimmten Werten und Normen, eine Art Verhaltensorientierung im realen betrieblichen Geschehen. So auch für Führungspersonen, die in spezifisch, historisch gewachsenen Strukturen eines Unternehmens, Aufgaben übernehmen, die im Führungsstil verglichen mit anderen Unternehmungen schon aus dem Gerüst der Unternehmenskultur heraus differenzieren. Daher ist, so Ziegler, nicht von einem richtigen Führungsverhalten zu sprechen, sondern es erweisen sich verschiedene Führungsstile als effizient, je nach Art der Tätigkeit, der Kenntnisse und Einstellungen sowie der vorgegebenen Machtstrukturen13. 2.2 Typologien von Führungspersonen Jede unternehmerische Organisation besteht aus Menschen, und es ist u. a. auch die Aufgabe von Führungskräften, diese Menschen anzuleiten, Ziele zu erreichen, ihnen Aufträge zu erteilen, zu delegieren, Sitzungen zu leiten, Organisationen und Strukturen aufzubauen oder zu verändern, Mitarbeiter zu motivieren und zu fördern, 11 Heinen, 1987, S.25 Vgl. Dormayer/Kettern, 1987, S. 58 13 Vgl. Ziegler, 1969, S. 1098 12 7 Teams zusammenzustellen, mit Finanzen, Terminen, Hierarchien und mit Konflikten zwischen Mitarbeitern in den verschiedensten Umfeldern umzugehen14. Ihr Erfolg hängt aber auch davon ab, wie sie es tun (soziale Kompetenz). Die jahrelange Suche nach universellen Eigenschaften von Führern verlief bisher weitestgehend erfolglos15. Lediglich sechs Eigenschaften, die Führer häufig von Geführten unterscheiden, haben sich in Untersuchungen herauskristallisiert. Kirkpatrick und Locke haben diese 1991 in ihrer Studie „Leadership: Do Traits Matter?“ veröffentlicht. Es sind: Ehrgeiz und Tatkraft, der Wunsch zu führen, Aufrichtigkeit und Integrität, Selbstvertrauen, Intelligenz und berufsrelevante Kenntnisse. Darüber hinaus werden Personen meist als erfolgreiche Führer angesehen, wenn sie als ehrlich, vertrauenswürdig und flexibel wahrgenommen werden16. Die genannten Eigenschaften sind Teile einer umfangreichen Persönlichkeitsstruktur, die so nicht im Rahmen dieser Arbeit über die Probanden zusammengetragen werden können. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich darum auf die soziodemographischen Angaben der Probanden und bildet dieses Personenprofil bestimmend ab. 2.2.1 Soziodemografische Angaben zu Personen Bei soziodemografischen Merkmalen zu Personen wird zwischen demografischen und sozioökonomischen Merkmalen differenziert. Zu den demografischen zählen Alter, Geschlecht, Familienstand sowie Zahl und Alter der Kinder. Die sozioökonomischen Merkmale sind u. a. Ausbildung, Beruf, Einkommen17. Zusammengefasst sind soziodemografische Angaben zu Personen quantitative Kriterien zur Beschreibung von Zielgruppen unter sozialen und/oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Diese Kriterien wirken Verhalten prägend. So hat Perkins 1993 herausgearbeitet, dass Mitglieder einer bestimmten Altersgruppe sich zwar in vielen Dingen unterscheiden, sie aber doch in der Regel Wertvorstellungen und kulturelle Erfahrungen teilen und diese ihr Leben hindurch beibehalten18. Alter, Familienstruktur und soziale Schicht, d. h. aus welcher Art Haushalt stammen sie und in welcher sozialen Schicht bewegen sie sich jetzt, sind weitere wichtige 14 Vgl. Thomann, 2007, S. 247 Vgl. Geier, 1967, S. 316-323 16 Vgl. Kirkpatrick/Locke, 5/1991, S. 48-60 17 Vgl. Meffert, 1998, S. 184f 18 Vgl. Perkins, 1993, S. 23 15 8 demografische Variablen, die großen Einfluss darauf haben, wie sich das Freizeitund auch das Sozialverhalten von Menschen gestaltet19. Gerade Personen, die derselben sozialen Schicht angehören, verfügen meist über ein ähnlich hohes Einkommen und haben den gleichen sozialen Status. Somit entsteht ein gemeinsamer kultureller und sozialer Referenzrahmen. Sie haben häufig ähnliche Einstellungen und lehnen andere Dinge gleichermaßen ab. Sie verbringen die meiste Zeit mit ihresgleichen und teilen somit häufig Meinungen und Wertvorstellungen20. Als weiteres soziodemografisches Merkmal wird die Zugehörigkeitsdauer zum Unternehmen gesehen. „Wenn wir die Beschäftigungsdauer als die an einem Arbeitsplatz verbrachte Zeit definieren, dann können wir sagen, dass die jüngsten Forschungsergebnisse eine positive Beziehung zwischen Beschäftigungsdauer und Produktivität ausweisen.“21 Ebenso positiv zueinander korrelieren Zugehörigkeitsdauer und Zufriedenheit22. Was wiederum einen hohen Grad an Identifikation mit der Unternehmenskultur abbildet. 2.2.2 Zur Ausbildungsqualifikation − kognitive Fähigkeiten Der Begriff Ausbildungsqualifikation wird im Folgenden als die Fähigkeit der Probanden verstanden, den unterschiedlichen Anforderungen an ihre Führungsqualifikation gerecht zu werden. Sämtliche befragten Führungspersonen in der vorliegenden Untersuchung sind Akademiker. Sie weisen alle einen hohen Grad an fachlichem Wissen auf, was sie u. a. dazu befähigt, ihre vorrangige Stellung im jeweiligen Unternehmen auszufüllen. Trotzdem verfügen, nach Tyler, alle Individuen über unterschiedliche Fähigkeiten, was nicht bedeutet, dass einige andere aus sich heraus unterlegen wären. Tyler beschreibt lediglich, dass jeder Stärken und Schwächen hat, die ihn hinsichtlich der Erfüllung bestimmter Aufgaben oder Tätigkeiten im Vergleich zu anderen überlegen oder unterlegen erscheinen lassen23. „Die Fähigkeiten eines Individuums setzen sich im Wesentlichen aus zwei Faktorengruppen zusammen. Diese Gruppen umfassen die kognitiven und die physischen Fähigkeiten.“24 Vorliegend werden nur die kognitiven Fähigkeiten näher betrachtet. Sie sind die Voraussetzung für geistige Tätigkeiten. 19 Vgl. Solomon/Bamossy/Askegaard, 2001, S. 26ff Vgl. Bürklin/Rebenstorf u.a. 1997, S. 101f 21 Robbins, a.a.O., S. 56 22 Vgl. Bedeian/Ferris/Kacmar, 1992, S. 40 23 Vgl. Tyler, 1974, S. 27f 24 Robbins, a.a.O., S. 57 20 9 Um allgemeine kognitive Fähigkeiten zu erfassen, wurden bspw. Tests zur Erfassung des Intelligenzquotienten (IQ) entwickelt. Die sieben am häufigsten aufgeführten Dimensionen zur Erfassung der kognitiven Fähigkeiten sind Fragen zur numerischen und verbalen Intelligenz, zur Wahrnehmungsgeschwindigkeit, zum induktiven und deduktiven Denken, zum räumlichen Vorstellungsvermögen und zum Gedächtnis25. Unterschiedliche Aufgabenbereiche am Arbeitsplatz erfordern unterschiedliche kognitive Fähigkeiten. So wird bspw. ein Justiziar nur selten mit der Neugestaltung eines Büros beauftragt. Insofern wird sein räumliches Vorstellungsvermögen nur wenig in seinem Arbeitsumfeld auf die Probe gestellt werden. 2.3 Der Konflikt − eine soziale Interaktion Der Begriff Konflikt ist abgeleitet aus dem lateinischen „confligere“: zusammenschlagen, zusammenprallen. Da sich die vorliegende Arbeit mit Konflikten zwischen Menschen in Unternehmungen beschäftigt, muss der Begriff um die soziale Komponente erweitert werden und im Folgenden als sozialer Konflikt verstanden werden. Begriffsdefinitionen des sozialen Konflikts sind in der Literatur in großer Zahl zu finden und wie Glasl formuliert „unterscheiden sie sich durch die Vielfalt der Aspekte sowie durch ihre Weite und Schärfe.“26 Weil Konflikte in Unternehmungen als soziale Interaktionen zu sehen sind, soll für die vorliegende Arbeit die Definition von Glasl als Grundlage dienen: „Der soziale Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will, eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die andern Aktoren) erfolgt.“27 2.3.1 Ansätze der Konfliktforschung aus betriebswirtschaftlicher Sicht Konflikte in Gruppen und allgemein in Organisationen, werden durch verantwortliche Personen unterschiedlich gesehen. Wenn man sich verdeutlicht, dass Führungskräfte etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit investieren, um Maßnahmen und 25 Vgl. Dunnette, 1976, S. 480f Glasl, 2004, S. 15 27 Ebenda, S. 17 26 10 Handlungen in Zusammenhang mit Konflikten durchzuführen, wird deutlich, warum Konfliktforschung betrieben wird28. Bereits Mitte der vierziger Jahre entwickelte sich der traditionelle Ansatz der Konfliktforschung. Verfechter dieses Ansatzes vertraten die Auffassung, dass der Konflikt in Unternehmen ein dysfunktionales Produkt schlechter Kommunikation, mangelnder Offenheit und mangelnden Vertrauens sowie des fehlenden Eingehens von Managern auf die Bedürfnisse und Bestrebungen ihrer Mitarbeiter sei, und damit jeglicher Konflikt schlecht sei. „Die Annahme, dass Konfliktreduktion zu erhöhter Gruppenleistung führe, ist in neueren Studien durch umfassende empirische Gegenbeweise widerlegt worden. Dennoch ist dieser veraltete Maßstab zur Beurteilung von Konfliktsituationen in Unternehmungen nach wie vor sehr gebräuchlich. Selbst zahlreiche leitende Angestellte und Konzernvorstände wenden ihn an.“29 Im Human-Relations-Ansatz zur Konfliktforschung, bei dem die sozialen Bedürfnisse des Menschen wie Kommunikation, Anerkennung und Gruppengefühl betont und auch soziale Normen und Werte, die außerhalb der jeweiligen Betriebsorganisation entstanden sind, berücksichtigt werden30, lautet die Auffassung: Man könne Konflikte nicht abschaffen, und in manchen Fällen könnten sie der Gruppenleistung sogar auch dienlich sein. „So besteht ein Team, das dauerhaft völlig konfliktfrei zusammenarbeitet, in der Regel aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihre innere Kündigung bereits vollzogen haben: ‚wem nicht egal ist, wie es weitergeht und was passiert’, der tritt mit hohem Engagement für seine Ansichten und Interessen ein. Und da wir oft eine unterschiedliche Mentalität, verschiedene Temperamente und abweichende Ansichten haben, sind Konflikte vorprogrammiert.“31 Noch einen Schritt weiter geht der interaktionistische Ansatz. Hier werden Konflikte gefördert. „Ohne sie gäbe es keine Veränderungen und keinen Fortschritt. Dies fällt besonders auf, wenn hierarchische Strukturen sich in flache und flexible Einheiten verändern, in denen multiprofessionelle oder internationale Teams für einen befristeten Zeitraum zusammenarbeiten.“32 Der wichtigste Beitrag des interaktionistischen Ansatzes besteht also darin, ein ständiges Mindestkonfliktniveau 28 Vgl. Wittrock/Jennessen/Kastirke, 2007, S. 7 Robbins, a.a.O., S. 451 30 Vgl. www.organisation-sanierung.de/Handout_Human_Relations..doc, Zugriff am 8.4.2008 31 Jiranek/Edmüller, 2003, S. 10 32 Höher/Höher, 2004, S. 7 29 11 in Gruppen aufrechtzuerhalten. Das Niveau sollte genau so hoch sein, dass die Gruppe lebensfähig, selbstkritisch und kreativ bleibt33. 2.3.2 Konflikttypologie Bei der Einteilung von Konflikten in unterschiedliche Konfliktarten besteht bei den verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen zunächst einmal Einigkeit darüber, dass sie grundsätzlich in zwei Bereiche zu unterteilen sind. Es sind dies die intrapersonellen, also inneren oder seelischen Konflikte sowie die interpersonellen, also äußeren oder zwischenmenschlichen Konflikte. Bei intrapersonellen Konflikten ist kein Konfliktlösungsprozess mit mediativen Methoden angezeigt. Hier sollte die Entscheidung zur Unterstützung der Person eher in Richtung Beratung, Coaching oder Therapie gehen. Jedoch haben intrapersonelle Konflikte gleichwohl einen erheblichen Einfluss auf andere Konfliktarten34. So zeichnen sich Konflikte dadurch aus, dass sie immer eine Innen- und eine Außenseite (eine seelische und eine zwischenmenschliche) haben, die sich gegenseitig beeinflussen. Jedem zwischenmenschlichen Verhalten und Geschehen folgt eine innerliche Verarbeitung der Situation35. Bei den interpersonellen Konflikten findet man eine Vielzahl von unterschiedlichen Strukturierungen in der Literatur. Hier seien nur zwei erwähnt, auf die immer wieder Bezug genommen wird. Das sind zunächst einmal Duve, Eidenmüller und Hacke, die interpersonelle Konflikte nach ihrem Anlass im Wirtschaftsleben in vier Kategorien einteilen: „Differenzen über Sachfragen (Sachkonflikte), Auseinandersetzungen über Werte und Grundsatzfragen (Wert- und Grundsatzkonflikte), Streitigkeiten über die Verteilung von Ressourcen, Ansehen oder Macht (Strategiekonflikte) sowie Störungen des Verhältnisses zwischen Personen (Beziehungskonflikte).“36 Glasl strukturiert Konflikte noch weiter aus, nach Streitgegenstand, Erscheinungsform der Auseinandersetzung und Eigenschaften der Konfliktparteien und ordnet dieser Struktur dann auch einzelne Konfliktarten und Konfliktverläufe zu37. Für die vorliegende Arbeit soll jedoch ein recht überschaubares Modell innerbetrieblicher Subsysteme aus betriebswirtschaftlicher Sicht, wie die Abbildung 2 zeigt, als 33 Vgl. Robbins, a.a.O., S. 451 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, 2003, S. 25 35 Vgl. Crisand/Reinhard, 2002, S. 17 36 Duve/Eidenmüller/Hacke, 2003, S. 16 37 Vgl. Glasl, 2004, S. 54ff 34 12 Grundlage dienen. Aus der Abbildung werden die Wirklichkeitsebenen in ihren gegenseitigen Wechselwirkungen deutlich. Im Zentrum steht das Individuum, das intrapersonelle Konflikte ausprägen kann. Der Mensch als Mittelpunkt nimmt Einfluss auf Ressourcen oder Verfahren, um ein Ziel zu erreichen. Sind sich Parteien oder Individuen nicht einig über die Auswahl der Mittel oder das Vorgehen, so entstehen häufig Sachkonflikte, die wiederum Auswirkungen auf das Individuum haben. Auf der personalen Ebene entstehen meist aus dem zwischenmenschlichen Bereich heraus Beziehungskonflikte. Diese ergeben sich häufig auch aus umgelenkten Sachoder Wertkonflikten. Die Wertkonflikte entstehen durch Uneinigkeiten über generelle Ziele, Prinzipien oder Grundsätze. Die verschiedenen Konfliktarten können vielfältige Wechselwirkungen miteinander aufweisen. Es treten auch Mischformen auf oder die Konfliktarten überlagern sich38. Abb. 2: Innerbetriebliche Konfliktarten und ihre Wechselwirkungen39 2.3.3 Die innere Haltung zu Konfliktlösungsprozessen „Wenn sich Organisationen mit Konflikten befassen müssen, dann kommen Führungskräfte in die Lage, Konflikte ‚lösen’ zu müssen. Sie werden also zu einer Art Schiedsrichter und müssen schließlich meist eine Entscheidung treffen. Das versuchen 38 39 Führungskräfte aus verschiedenen Gründen, Ebenda Fh. Nordostniedersachsen, www.sozioweb.de, Zugriff am 14.4.2008 13 beispielsweise Überforderung, in der Regel zu umgehen oder zu vermeiden.“40 Müssen sie dann doch agieren, weil der Konflikt sich weiter zugespitzt hat, ist die Frage, wollen oder können sie selbst tätig werden oder holen sie sich Hilfe von intern oder von extern des Hauses? Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Zusammenarbeit mit der PricewaterhouseCoopers Europa-Universität Viadrina eine hat 2005 Studie in über ‚Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich’41 und daran anschließend 2007 ‚Praxis des Konfliktmanagement deutscher Unternehmen’42 veröffentlicht. Gegenstand der Studie von 2005 war die Frage, wie Unternehmen in Deutschland Konflikte mit anderen Unternehmen bearbeiten. Ein herausgearbeitetes Ergebnis zeigte dabei, dass die Verhandlung bei der Verfahrenswahl mit Abstand die meistpreferierte Auswahl darstellt. Mediation rangiert erst an vierter oder fünfter Stelle, hinter Schiedsgerichtsverfahren, Schiedsgutachten oder bei hohem Streitwert auch noch hinter Gerichtsverfahren. In der Einschätzung in Bezug auf Verfahrensvorteile befindet sich Mediation meist auf Platz zwei der Zuordnungsauswertung hinter der Verhandlung43. Die von den Befragten eingeschätzten Vor- und Nachteile der einzelnen Konfliktbearbeitungsverfahren führt jedoch nicht zu dem entsprechenden Verfahrenseinsatz in der Praxis, was laut der Studie von 2007 auch auf Praxis -und Theorielücken, fehlenden Leidensdruck, Systemwiderstände und optimierungsbedürftiges Prozessmanagement zurückzuführen ist44. Die in der Studie aufgezeigten Diskrepanzen und Ergebnisse beziehen sich zwar auf Konflikte zwischen Unternehmungen, die Folgerungen können aber sicherlich auch auf das Konfliktverhalten bei internen Streitigkeiten übertragen werden. 3. METHODISCHER ANSATZ DER UNTERSUCHUNG Als Grundlage für die Datenerhebung sind zwei unterschiedliche Instrumente gewählt worden. Erstellt wurde zum einen ein standardisierten Fragebogen45 und für den zweiter Teil ein Interviewleitfaden46. Die Untersuchung ist mit 10 Führungskräften aus 10 deutschen Großunternehmen durchgeführt worden und dann 40 Proksch/Königswieser, 2004, S. 168 Breidenbach/Gläßer/Kirchhoff, 2005 42 Wellmann/Kraus/Kampherm, 2007 41 43 Vgl. Breidenbach/Gläßer/Kirchhoff, 2005, S. 15ff Vgl. Wellmann/Kraus/Kampherm, 2007, S. 9 45 Aufbau und Auswertung des standardisierten Fragebogens orientierten sich an Atteslander, 1984 46 Vorgehen und Auswertung des Leitfadeninterviews orientierten sich an Mayring, 2003 44 14 zur Auswertung gekommen. Der standardisierte Fragebogen, der Interviewleitfaden und sämtliche Interviewtranskribierungen befinden sich im Anlagenband der Arbeit. 3.1 Untersuchungsdesign Bei der Auswahl der Stichprobe ist insbesondere auf die Verteilung der Interviewpartner (IP) nach bestimmten Kriterien geachtet worden. Selbstverständlich kann man bei einer Stichprobengröße von n = 10 nicht von einer Quotenauswahl sprechen47, dennoch wurde hiermit eine gewisse Aussagenbreite für die spätere Auswertung angestrebt. Die Auswahl der IPs ist nach folgenden Strukturkriterien erfolgt: − Die IPs sollen Führungspersonen im gehobenen Management sein und sowohl Vorgesetzte wie auch Mitarbeiter haben − Es soll eine Heterogenität in Alter und Geschlecht sowie im soziodemografischen Erhebungsspektrum bestehen − Die IPs sollen aus Großunternehmen kommen, welche sich in der Branche differenzieren Bei der Auswahl nach dem Geschlecht der IPs wurde berücksichtigt, dass in deutschen Großunternehmen der Privatwirtschaft mit mehr als 250 Beschäftigten in der zweiten Führungsebene im Durchschnitt nicht mehr als 12 % Frauen tätig sind (Tendenz leicht ansteigend)48. So wurde nur eine weibliche Führungskraft als IP ausgewählt (zusätzlich fand der Pre-Test mit einer weiblichen Führungskraft statt). Für die Rekrutierung der IPs war es eine unerlässliche Bedingung, dass zwischen dem Interviewer und der oder dem Befragten ein Vertrauensverhältnis besteht, da die Personen zahlreiche Interna vom eigenen Verhalten, den Unternehmensbedingungen und der Kombination von beidem preisgeben sollten. Daher konnte die Auswahl nur aus dem persönlichen geschäftlichen Netzwerk heraus geschehen. Der potenzielle Personenkreis wurde erweitert durch die Hinzunahme von Agenten, welche wiederum Vertrauenspersonen angesprochen haben und somit ihr Vertrauen auf den Interviewer übertragen konnten. Die Stichprobe setzt sich aus 7 direkt und 3 über Agenten angesprochenen IPs aus 10 großen deutschen Unternehmen zusammen, welche alle in einem oder mehreren wirtschaftlichen Indexen geführt werden. Die Kontaktaufnahme erfolgte telefonisch. Ich schilderte kurz mein Anliegen: 47 48 Vgl. Hüttner, 2002, S. 93ff Vgl. Brader/Lewerenz, 2006, S. 2 15 − Masterarbeit in dem noch jungen wissenschaftlichen Bereich Mediation an der Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) − Befragung (standardisierter Fragebogen und Leitfadeninterview) von Führungskräften über deren Sicht auf Konflikte und deren Bewältigung in und zwischen Organisationseinheiten in ihrem Unternehmen Alle 10 willigten ein, mir als Interviewpartner zur Verfügung zu stehen. Es wurde vereinbart, dass die Gespräche im privaten Umfeld der IPs stattfinden. Hierdurch erwartete ich eine größere Offenheit der Probanden aufgrund des entspannteren Umfeldes und der Gewissheit, nicht vom Tagesgeschäft der IPs unterbrochen zu werden. Die Interviews sollen mit einem digitalen Aufnahmegerät mitgeschnitten und anschließend transkribiert werden. Auf Wunsch der IPs sind sämtliche schriftlichen Unterlagen zu anonymisieren. Die entsprechende Zuordnung liegt bei der Verfasserin. Die Treffen dauerten durchschnittlich 58 Minuten, wobei die Interviews ca. 25 Minuten Zeit in Anspruch nahmen. Zur Vorbereitung der Treffen wurde ein Pre-Test durchgeführt. Es zeigte sich dabei, dass der Fragebogen, in dem die IPs eine Selbsteinschätzung ihrer kognitiven Fähigkeiten vornehmen sollten, in den Formulierungen nachzuschärfen war. Des Weiteren wurde beim Pre-Test deutlich, dass es beim Interview für die IPs einfacher ist, über Konflikte aus der Vergangenheit zu sprechen als über aktuelle Konflikte. Den Erfahrungen aus dem Pre-Test entsprechend, sind die Fragen im Leitfaden modifiziert bzw. ergänzt worden. Außerdem wurde offensichtlich, dass vor dem Gespräch die von mir gewählte Konflikttypologie kurz erläutert werden musste, um Irritationen zu vermeiden49. Die Auswertung erfolgt in mehreren Schritten. Aus dem Fragebogenteil wird eine Klassifizierung der Gesamtgruppe dargestellt. Das umfangreiche Tonmaterial wird wortwörtlich transkribiert, wobei Tonfall, Satzmelodie oder Dauer von Pausen nicht erscheinen. Die IPs werden dann einzeln charakterisiert und ihre Kernaussagen werden herausgestellt. Danach sind die Aussagen auf Gemeinsamkeiten zu untersuchen, um so generelle Konfliktphänomene abzubilden. Alsdann erfolgt die Differenzierung nach den Unterschieden von Herkunftsqualifikation in Kombination mit den personenbezogenen Merkmalen und dem Konfliktverhalten. So gelange ich zu Parametern, die dann in Relation zum Konfliktverhalten der Probanden gestellt werden. 49 Pre-Test siehe Anlagenband S. 6ff 16 3.2 Untersuchungsinstrument 3.2.1 Standardisierter Fragebogen50 Zur Beschreibung der zu befragenden Personen wurde zunächst ein Fragebogen erstellt, bei dem ihre jeweiligen demografischen und sozioökonomischen Daten zur Erhebung kommen. Dies sind Fragen zu Geschlecht, Alter, Familienstand, Kindern, mit jeweiligem Alter, sowie Fragen zur eigenen Aus- und Weiterbildung und zu den Berufen der Eltern. Daran anschließend folgen Fragen zu Kennzahlen über das Unternehmen, in dem die Probanden tätig sind. So wird gefragt nach Branche, Anzahl der Beschäftigten, Jahresumsatz und Bilanzsumme. Es folgen Fragen zur persönlichen organisatorischen Stellung im Unternehmen, in der Aufbauorganisation, der Ablauforganisation und der Projektorganisation, wodurch bei jedem Probanden dokumentiert wird, dass er a) in einem Großunternehmen tätig ist, b) Führungsverantwortung trägt und c) im täglichen Arbeitsablauf Kontakte zu Personen seiner Hierarchieebene hat. Um eine individuellere Profilbildung der zu befragenden Personen zu erlangen, ist dann ein weiterer Fragebogen zusammengestellt worden, bei dem die Probanden durch Selbsteinschätzung ihre kognitiven Fähigkeiten einstufen sollen in den Bereichen: − numerische Intelligenz − verbale Intelligenz − Wahrnehmungsgeschwindigkeit − induktives Denken − deduktives Denken − räumliches Vorstellungsvermögen − Gedächtnis Anzukreuzen ist hier in vier Kategorien: ‚sehr ausgeprägt’, ‚ausgeprägt’, ‚weniger ausgeprägt’, ‚nicht ausgeprägt’. Die Probanden werden an dieser Stelle aufgefordert, möglichst schnell und somit intuitiv die entsprechende Antwort anzukreuzen. 3.2.2 Interviewleitfaden51 Der zusammengestellte Interviewleitfaden dient als Gerüst für die Befragungen. Zunächst soll mit Hilfe der ersten Frage − Welche Einstellung haben Sie grundsätzlich zu Konflikten? 50 51 Standardisierter Fragebogen siehe Anlagenband S. 1ff Interviewleitfaden siehe Anlagenband S. 4f 17 die grundsätzliche Haltung der Probanden zu Konflikten herausgearbeitet werden. Zur Hilfestellung für den Einstieg in die Befragung wird eher positiv – fördert den Output der Gruppe oder eher negativ – führt zu Reibungsverlusten als Antwortenspektrum vorgegeben. Mit Hilfe der nächsten Fragen − Erinnern Sie sich doch bitte einmal an den letzten von Ihnen wahrgenommenen Konflikt − Zwischen wem fand er statt? − Können Sie ihn kurz zusammenfassen? − Auf welcher organisatorischen Ebene war das? kommt es dann zu einer Einordnung eines wahrgenommenen Konflikts in eine bestimmte Konfliktart, in eine hierarchische Ebene und die Frage nach der Eigenbeteiligung. Der folgende Fragenkomplex umfasst den Umgang mit dem Konflikt und die persönlichen Wahrnehmungen: Wie war Ihre Herangehensweise? Was war Ihnen wichtig, hilfreich, nützlich? Was war Ihnen besonders gut gelungen? Was würden Sie wieder tun? Und warum? Wie war das Resultat? Was war hinderlich? Was würden Sie in Zukunft vermeiden, anders machen? Da in der vorliegenden Ausarbeitung grundsätzlich von drei Konfliktarten in horizontaler wie auch vertikaler Konfliktebene ausgegangen wird und zusätzlich die Frage mit oder ohne Eigenbeteiligung zum Tragen kommt, entsteht die unten abgebildete Matrix (Abb. 3), die als Befragungsrahmen dient. vertikal horizontal vertikal beteiligt horizontal beteiligt Sachkonflikte sachbezogener Bereich Aufgaben und Mittel Beziehungskonflikte zwischenmenschl. Bereich Rollen und Beziehungen Wertkonflikte organisatorischer Bereich Zweck, Visionen, Kultur Abb. 3 Untersuchungsmatrix Beschreibt ein IP einen Konflikt, so wird dieser von der Interviewerin in der Matrix eingetragen. Häufig wird es zu Überschneidungen bei den Konfliktarten kommen, was bedeutet, dass vonseiten der Interviewerin eine Festlegung vorgenommen wird. 18 Alsdann wird der oben genannte Fragenkomplex weitestgehend nach allen in der Matrix abgebildeten Feldern wiederholt, wenn der Interviewverlauf es zulässt. Am Ende des Interviews stehen noch vier Fragen: Was würden Sie sich in Bezug auf Konfliktbewältigung in Ihrem Unternehmen wünschen? Und die Frage nach der Einschätzung des Unternehmens auf einer Skala von 1 bis 10: Sehen Sie Ihr Unternehmen als eher konservativ oder eher jung/dynamisch in der Unternehmenskultur? Sind Sie dadurch in Ihrem Konfliktverhalten mit geprägt worden? Und die letzte Frage: Wie ist Ihr Konfliktverhalten im privaten Umfeld? Verhalten Sie sich dort anders als im Unternehmen? 3.3 Auswertung 3.3.1 Klassifizierung der Untersuchungsgruppe Zunächst findet eine deskriptive Beschreibung der Gesamtgruppe nach ihren soziodemografischen und -ökonomischen Daten statt. Hiermit wird die Stichprobe in ihren eingrenzenden Parametern detailliert. Die Qualifizierung und teilweise Quantifizierung der erhobenen Merkmale ergibt dann die Merkmalsausprägungen der Stichprobe. Der Verfasserin ist bewusst, dass die Untersuchung nicht als repräsentativ gesehen werden kann, da die Stichprobe nur 10 Personen umfasst. Gleichwohl kann die Gesamtuntersuchung als valide und reliabel betrachtet werden, da sie nicht etwa hypothetische Annahmen, sondern persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen der IPs entstammt. „Der Befragte wird also im offenen Interview dazu gebracht, selber anzuzeigen, was für ihn in welcher Weise relevant ist.“52 3.3.2 Fallbeschreibungen und Konfliktverhalten Der erste Schritt zur Bearbeitung der Interviews ist ihre vollständige Transkription. Die Interviews IP I bis IP X werden in der Beschreibung der Population einzeln vorgestellt. Hierbei werden die Probanden mit ihren für sie charakteristischen Merkmalen dargestellt zusammengefasst und hervorgehoben. jeweils Um anschließend bereits eine ihre Kernaussagen Vergleichbarkeit der Interviewpartner zu gewährleisten, sind jeweils zu den spezifischen Fragestellungen die Aussagen verkürzt und gebündelt wiedergegeben worden. So wird jeder Proband 52 Mayerhofer, 2008, S. 4, Zugriff am 14.6.2008 19 individuell erkennbar und die jeweilig spezifische Konflikteinstellung deutlich. Die vereinheitlichte und kompakte Darstellungsform ermöglicht somit die unmittelbare Vergleichbarkeit der Probanden. Auf eine Interpretation der Ergebnisse wird hierbei verzichtet, um an dieser Stelle nur die Einzelaussagen herauszustellen. So wird der erste Schritt zur systematisierten Komplexitätsreduktion der Interviews vollzogen. Sie bildet die Ausgangsbasis für eine tabellarische Zusammenfassung. Die interpretative Zusammenführung geschieht unter dem darauf folgenden Punkt. 3.3.3 Interdependenz zwischen Merkmalsausprägungen und Konfliktverhalten Die Aussagen der Einzelinterviews werden in der Deutungsmusteranalyse miteinander verglichen und auf Überschneidungen hin untersucht, um gemeinsame Schnittmengen zu ermitteln. Dabei werden zunächst die Einstellungen und die Herangehensweise an Konflikte aus der Sicht der Probanden verglichen. Es werden die Aussagen der Interviewpartner auf ihre positive bzw. negative Einstellung zu Konflikten und ihr personenbezogener Umgang mit den unterschiedlichen Konfliktarten überprüft. Alsdann folgt die Analyse auf Zustimmung oder Ablehnung, allparteiliche Dritte ins Konfliktmanagement zu integrieren. Hierbei werden erneut die Merkmalsausprägungen der Interviewpartner und ihre Aussagen aus den Interviews auf Gemeinsamkeiten hin betrachtet. Mittels einer tabellarischen Konsolidierung der Merkmalsausprägungen und Einzelaussagen aller IPs können dann die Arbeitshypothesen validiert bzw. verifiziert werden. Abschließend erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung auf Sinnfälligkeit der Ausgangshypothese. 3.3.4 Aussagen zur Mediation Der Fragenkatalog des Interviewleitfadens ist so konzipiert, dass Aussagen der Probanden Hinweise für Wirtschaftsmediatoren geben können, die neben der Hypothesenprüfung Handlungsempfehlungen enthalten. Diese Hinweise werden in der Auswertung in einem eigenständigen Punkt betrachtet. Es erfolgt eine Auswertung der Ergebnisse um − neue Untersuchungsfelder für die Mediationsforschung, − Kritik an Unternehmungen und deren Organisationen und − Wünsche von Führungspersonen aufzuzeigen. 4. ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNG 20 4.1 Beschreibung der Population Die Stichprobe rekrutiert sich aus 10 Personen: 9 Männern und 1 Frau. Zwischen 40 und 50 Jahren = 3 ♂ Zwischen 50 und 60 Jahren = 6 ♂ und 1 ♀ Verheiratet bzw. verwitwet sind 9 Probanden und nur ein IP ist ledig. 7 von ihnen haben Kinder. Alle haben einen Hochschulabschluss, wobei 3 IPs über den zweiten Bildungsweg bzw. eine Lehre in ihre heutige Position gekommen sind. Sie alle arbeiten in 10 unterschiedlichen deutschen Großunternehmen, die folgenden Branchen zuzurechnen sind: 1 x Energie53 2 x Versicherung54 2 x Automobil55 1 x Chemie56 1 x Bau57 1x Automotive58 1x Maschinenbau59 1x Elektrotechnik60 4 der 10 Probanden haben gleich nach ihrer Hochschulausbildung in dem Unternehmen angefangen, in dem sie auch heute noch tätig sind. So ist die Betriebszugehörigkeit im heutigen Beschäftigungsverhältnis: 7 IPs = 16 bis 38 Jahre 3 IPs = 2 bis 9 Jahre Alle IPs arbeiten in der Hierarchie an mindestens dritter Ebene unter dem Vorstand. Vorstand 1 IP 1. Ebene 2 IPs 2. Ebene 2 IPs 3. Ebene 5 IPs 53 Kennzahlen im Anlagenband S. 19 Kennzahlen im Anlagenband S. 133 und 146 55 Kennzahlen im Anlagenband S. 32 und 60 56 Kennzahlen im Anlagenband S. 82 57 Kennzahlen im Anlagenband S. 100 54 58 Kennzahlen im Anlagenband S. 157 Kennzahlen im Anlagenband S. 117 60 Kennzahlen im Anlagenband S. 100 59 21 Alle haben Führungsverantwortung, ob für Abteilungen, Gruppen oder Teams, was von der jeweiligen betrieblichen Organisationsstruktur abhängig ist. < 10 ständige Mitarbeiter = 2 IPs > 10 ständige Mitarbeiter = 8 IPs In der Ablauforganisation haben alle IPs Kontakt zu Führungspersonen auf gleicher Hierarchieebene. Während partiell auftretender Projektarbeiten sind 4 Probanden in der Regel einfaches Mitglied der Gruppe; 3 agieren generell als Projektleitung und bei 3 IPs kommt es sowohl vor, dass sie als Projektleitung als auch im Projektteam tätig sind. Bei der Selbsteinschätzung der kognitiven Fähigkeiten ist grundsätzlich sehr ausgeprägt - ausgeprägt 5 wenig ausgeprägt 4 nicht ausgeprägt 1 verbale Intelligenz 2 8 - - Wahrnehmungsgeschwindigkeit 4 4 2 - induktives Denken 3 6 1 - deduktives Denken 3 5 2 - räumliches Vorstellungsvermögen 4 2 2 2 Gedächtnis 2 6 1 1 numerische Intelligenz Abb. 4: Ergebnisübersicht der Selbsteinschätzung kognitiver Fähigkeiten der Interviewpartner eine hohe homogene Einstufung aller IPs in der Kategorie „ausgeprägt“ zu sehen. Nur bei der numerischen Intelligenz und dem räumlichen Vorstellungsvermögen ist die Selbsteinschätzung der Probanden nicht gleichmäßig hoch verteilt (siehe Abb.4). 4.2 Beschreibung der einzelnen Interviewpartner IP I bis IP X Die wörtlichen Auszüge bzw. Zusammenfassungen aus den Interviews werden zur übersichtlicheren Darstellung im weiteren Text in kursiver Schrift hervorgehoben. Bei der verkürzten Wiedergabe der Interviewinhalte wird auf ein wörtliches Zitieren in vollständigen Sätzen verzichtet, da einzelne Satzpassagen themengebunden zusammengefasst werden, um eine einheitlich gegliederte und miteinander vergleichbare Wiedergabe zu erhalten. 4.2.1 Interviewpartner I 22 IP I61 ist männlich, 44 Jahre alt, verheiratet und lebt in einer Patchworkfamilie mit drei Kindern im Alter von 14, 24 und 27 Jahren. Er stammt aus einem kaufmännisch geprägten Elternhaus. Nach einem geisteswissenschaftlichen Studium machte er noch einen zusätzlichen Akademieabschluss als PR-Berater. Nach kurzer freier Mitarbeit bei zwei Tageszeitungen kam er zu einem großen deutschen Energieunternehmen. Hier arbeitet er seit 16 Jahren und hat inzwischen die Position des Pressesprechers und Leiters Kommunikation. Seine aufbauorganisatorische Stellung im Unternehmen ist dem Vorstand direkt untergeordnet. Zu seiner Abteilung gehören 15 ständige Mitarbeiter. Zusätzlich ist er weisungsbefugt gegenüber zwei Teams, bei denen die Mitarbeiterzahlen, je nach Aufgabe, variieren. IP I hat im laufenden Arbeitsprozess ständig Kontakt zu Führungspersonen auf gleicher Hierarchieebene und ist während einzelner Projektarbeiten einfaches Mitglied im Team. Die Leitung der Teams übernimmt in der Regel ein Mitglied des Vorstands. Bei der Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten sieht IP I durchaus eigene Schwächen. Seine Fähigkeiten in Bezug auf „numerischer Intelligenz“ und „Gedächtnis“ stuft er nur als „nicht ausgeprägt“ bzw. „wenig ausgeprägt“ ein, was für seinen Tätigkeitsbereich, seiner Meinung nach, auch nicht von besonderer Relevanz ist. Er zeigt damit ein differenziertes Bild von Selbsteinschätzung und Arbeitseinsatz. Kernaussagen des Interviews IP I62 Einstellung zu Konflikten? − keine positive Beziehung zu Konflikten / etwas steckt quer, kostet Zeit und Ressourcen und ist somit nicht förderlich / Dissensen oder Diskurse sind eher förderlich. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Sachkonflikt in vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung von IP I geschildert: − In diesen Konflikt musste ich ganz persönlich eingreifen, der löste sich nicht von allein zwischen uns. − Ich habe das Gespräch mit dem Mitarbeiter gesucht und ihm mit reinen Sachargumenten meinen Vorschlag begründet. Was war gut gelungen? − Ich habe es geschafft, ihn auf der Sachebene zu überzeugen 61 62 Vollständige Profilangaben zu IP I siehe Anlagenband S. 19f Vollständige Transkription des Interviews IP I siehe Anlagenband S. 21ff 23 − Das Resultat war dann aber doch nicht so, wie ich es gern gehabt hätte und ich habe dann nur noch sichergestellt, dass ich nicht für das Gezeigte verantwortlich war. Was in Zukunft ändern? – Ich fand es gut so. Ein Beziehungskonflikt in horizontaler Hierarchieebene: − Der wurmt mich sehr, ich will da aber nichts machen. − Ich hab den anderen nicht angesprochen − Auf der reinen Sachebene kommen wir ja prima zurecht. Was ist mit Hilfe eines allparteilichen Dritten von außen? – Ich würde immer versuchen, das ohne Externe oder Dritte bilateral zu regeln versuchen, das ist ja ganz persönlich. Auf die Frage nach einem Mediator von intern: − Nein, da muss man selber Manns sein, das Thema bilateral anzusprechen. Auf die Frage nach externer Hilfe, wenn er nicht selbst beteiligt ist: – Auf jeden Fall. − Das hab ich auch schon gemacht. − Ich habe einen Coach bestellt (von extern), um die Interaktion im Team zu verbessern. − Ob intern oder extern, ob Coach oder Mediator ist mir egal, ich muss denjenigen kennen lernen, die Beziehung muss stimmen. − Gibt es im Unternehmen Mediatoren? – Ja, mittlerweile. Das sind Leute, die unser Unternehmen nach außen vertreten. Sie arbeiten bei unserer Ingenieursgesellschaft (Stichwort Kraftwerkneubaupläne). Auf die Frage nach einem Wertkonflikt aus der Vergangenheit: − Konflikt zwischen Vorgesetztem und mir. − Konnte nicht versachlicht werden. − Habe ich nicht angesprochen. − Schlussendlich haben sich unsere Wege getrennt. Auf die Frage nach einem Wertkonflikt zwischen seinen Mitarbeitern: − Zunächst Einzelgespräche, nicht in großer Runde, da ich nicht Schiedsrichter sein will, und sehen ob man sachlich reden kann. − Wenn es nichts bringt, würde ich auch Hilfe von außen annehmen Mischt du dich bei Konflikten auf deiner Hierarchieebene ein, bei Nichtbeteiligung? – Nein, keine Motivation. 24 Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Wir bräuchten alle ein wenig mehr Zeit. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: − Stockkonservativ Auswirkungen auf das Konfliktverhalten: − Was sich auch auf das Konfliktverhalten aller niederschlägt. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: – Da bin ich unüberlegter und noch emotionaler als in der Arbeit. 4.2.2 Interviewpartner II IP II63 ist männlich, 54 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 20 und 26 Jahren. Er stammt aus einem kaufmännisch, handwerklich geprägten Elternhaus. Nach dem Abschluss einer Ausbildung zum Elektroinstallateur kam der Proband über den zweiten Bildungsweg zu dem technisch, künstlerisch ausgerichteten Studium zum Industrie-Designer. Nach freiberuflicher Tätigkeit übernahm IP II die Leitung eines kleinen Industriebetriebes, bis er dann zu einem großen deutschen Autobauer wechselte. Hier arbeitet er seit 20 Jahren und ist inzwischen Leiter Teileentwicklung und Fertigungsumsetzung. Seine Abteilung befindet sich in der dritten Ebene unter dem Vorstand und hat 6 ständige Mitarbeiter. Weiterhin leitet er zwei Teams, bei denen die Personenzahl variiert. In der Ablauforganisation hat IP II ständig Kontakt zu wenigstens einer weiteren Führungsperson auf seiner Hierarchieebene. Bei Projektarbeiten ist er vorwiegend als Leiter tätig. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten zeigt sich der Proband sehr selbstbewusst in Relation zur Gesamtpopulation, da er sich über alle Items gleichmäßig bei „sehr ausgeprägt“ (3 x) und bei „ausgeprägt“ (4 x) einstuft. Kernaussagen des Interviews IP II64 Einstellung zu Konflikten? − Sowohl als auch. Konflikte können sehr förderlich sein und im Projekt geht es nicht ohne. Es darf nur nicht zu einer völligen Disharmonie führen. Dissensen sind erwünscht / gewollt. 63 64 Vollständige Profilangaben zu IP II siehe Anlagenband S. 32f Vollständige Transkription des Interviews IP II siehe Anlagenband S. 34ff 25 Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Beziehungskonflikt (auch Wertkonflikt) in horizontaler Ebene mit indirekter Eigenbeteiligung von IP II geschildert: − In den Konflikt musste ich eingreifen, weil Mitarbeiter von mir an mich heran getreten waren. − Ich habe persönlich eingegriffen, indem ich den Mitarbeiter zu einem Gespräch gebeten habe und ihm Wege aufgezeigt habe, wie er es besser machen könnte. Aber es hat doch Jahre gedauert, bis es besser wurde. Was war gut gelungen? – Dass ich ihm gesagt habe, wie er mit den Mitarbeitern umgehen sollte. Dass er bereit war, was zu ändern. Was in Zukunft ändern? – Eigentlich würde ich es immer wieder so machen. Ich sollte vielleicht noch etwas direkter und fordernder sein. − Schwierig ist auch, dass der Kollege schon älter ist, der lässt sich nicht gern was sagen – bei jüngeren Kollegen ist das einfacher. Ein Sachkonflikt in horizontaler Hierarchieebene: − Hier kann ich mit Daten, Fakten und Zahlen kommen, dann wissen eigentlich alle, wo wir hin müssen. − Ein reiner Sachkonflikt ist da schon einfacher. Und einen Wertkonflikt? – Ich habe keinen parat. Ein Konflikt zwischen seinen Mitarbeitern ohne direkte Eigenbeteiligung: − Ein Beziehungskonflikt, den ich mir länger angeschaut habe, weil ich dachte, das sich das im Grunde genommen selber regeln müsste. − Dann habe ich Einzelgespräche geführt – die Einsicht war da, aber… − Alle an einen Tisch − habe ich nicht gemacht. − Die Lösung kam später – er hat die Abteilung gewechselt. Was in Zukunft ändern? − Es gibt verschiedene Varianten, die wir alle schon genutzt haben: mit dem Vorgesetzten absprechen, ein Coach aus dem Unternehmen oder ein Psychologenpaar von extern. Vorteil Letztere – sie sind unabhängiger. Bei einem Beziehungskonflikt auf horizontaler Ebene, auf was zurückgreifen? – Als Erstes versuchen, selber zu regeln, dann auf innerbetriebliche Abteilung für solche Fälle zugehen. Die ist 100 % verschwiegen, sonst würde es sie nicht mehr geben. Bei einem Sachkonflikt auf horizontaler Ebene? – Das ist Tagesgeschäft, das regeln wir in der Diskussion. 26 Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Eigentlich keine. Es gibt bei uns Seminarangebote zur Konfliktbewältigung. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: – 8, aber mit rückläufiger Tendenz seit etwa vier Jahren. Das Konventionelle oder auch Traditionelle tritt wieder in den Vordergrund. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten? – Auf jeden Fall Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld? – Ich versuche es so zu machen wie in der Firma, aber die Konflikte sind mir näher und sie sind anderer Natur, und somit gelingt es mir nicht, sie so zu behandeln. Im Unternehmen ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass solche Konflikte abgestellt werden. 4.2.3 Interviewpartner III IP III65 ist männlich, 49 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 13, 17 und 19 Jahren. Er stammt aus einem eher technisch geprägten Elternhaus. Nach dem Studium zum Dipl.- Ing. Maschinenbau promovierte er und kam dann zu einem großen deutschen Unternehmen aus dem Bereich Elektrotechnik. Hier arbeitet er seit 18 Jahren und leitet eine innerbetriebliche Consultingabteilung. Seine Position in der betrieblichen Aufbauorganisation ist auf dritter Ebene unter dem Vorstand. IP III ist weisungsbefugt gegenüber 10 Mitarbeitern. Er hat im laufenden Arbeitsprozess ständig Kontakt zu 3 weiteren Abteilungsleitern. Bei Projektarbeiten wird er sowohl als Leiter wie auch als einfaches Teammitglied eingesetzt. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten zeigt sich der Proband recht selbstbewusst in Relation zur Gesamtpopulation. Er hat sich bei „induktivem Denken“ und „Gedächtnis“ als „sehr ausgeprägt“ eingestuft und alle weiteren Items mit „ausgeprägt“ vermerkt. Kernaussagen des Interviews IP III66 Einstellung zu Konflikten? – Es gibt kein Gut und kein Schlecht bei einem Konflikt. − Die Frage ist, wie schnell man eine Lösung finden will. − Es ist abhängig von der Kompromissbereitschaft des anderen – wenn man die nicht findet, kann das Projekt gegen die Wand fahren. 65 66 Vollständige Profilangaben zu IP III siehe Anlagenband S. 44f Vollständige Transkription des Interviews IP III siehe Anlagenband S. 46ff 27 Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Sach-/Beziehungskonflikt in vertikaler Hierarchieebene mit Eigenbeteiligung geschildert: − Das war ein längerer Prozess mit einem Minderleister. Da hab ich im Einzelgespräch gesagt, er solle die Arbeit so und so machen – hat aber nicht funktioniert. − Dann habe ich Fakten gesammelt und mir die Möglichkeiten von der Personalabteilung mitteilen lassen, welchen Spielraum ich habe. Was war dienlich / gut gelungen? – Dass alle Sachinformationen vorlagen und ich sie offenlegen konnte. − Dass ich auf die Sachebene gehen konnte. − So würde ich immer versuchen vorzugehen: Fakten sammeln, dann vorlegen. Was war hinderlich, was in Zukunft ändern? – Die teilweise Inkompetenz der Personalabteilung. Ein reiner Sachkonflikt in vertikaler Hierarchieebene: – Fakten sammeln und ausdiskutieren. − Ggf. einen halben Tag Zeit nehmen und mit allen diskutieren. − Da ist es auch egal, ob Gleichgestellte oder Mitarbeiter. − Es kommt dann irgendwann der Zeitpunkt, wenn ich, ich sage mal, im Prinzip in der Vorgesetztenrolle bin, dann wird das auch irgendwann beendet nach dem Motto: Und jetzt machen wir es mal bitte so, wie ich es möchte. Ich übernehme dann aber auch die Verantwortung, das ist der Nachsatz. Weil, man kann viel diskutieren, aber wir diskutieren es nicht bis zum Sanktnimmerleinstag. Ein Wertkonflikt in vertikaler Hierarchieebene: – Hier kann man schlecht Fakten sammeln, also erst einmal Einzelgespräche, dann alle an einen Tisch, aber die Entscheidung liegt dann doch bei mir. Einmischen bei Konflikten auf gleicher Ebene ohne Eigenbeteiligung? – Ja, ansprechen, wenn die Arbeit leidet. − Einmischen auf der Sachebene. Beziehungskonflikt auf gleicher Hierarchieebene: – Über die Arbeit sich annähern. − Beziehungshürde über die Sachebene versuchen zu umgehen. Hilfe von einem allparteilichen Dritten? – Nein, weder von innerbetrieblich noch von außen. − Ich will es wenn möglich selber regeln. 28 − Was vielleicht noch geht, ist, dass ein Vorgesetzter regelt und dann dafür geradesteht. − Wenn ich wirklich Hilfe bräuchte, dann aber doch lieber von außen Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Mehr Sozialkompetenz bei den Führungskräften vor allem im operativen Geschäft. − Sollte vom Unternehmen stärker gefördert werden (auch Mediation). Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: − Abteilungsabhängig. Das Unternehmen bei 4; meine Abteilung bei 7. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Bei Konflikten wird dann in so einem Ingenieursladen auch immer sachorientiert damit umgegangen, oder sie werden beiseite geschoben. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: − Ähnlich, aber teilweise ungeduldiger und kurzatmiger. − Die Kinder werden schon mal eher angeschnauzt, so nach dem Motto „Jetzt mach’s endlich!“ 4.2.4 Interviewpartner IV IP IV67 ist männlich, 56 Jahre alt, verheiratet und hat keine Kinder. Er stammt aus einer rein kaufmännischen Familie. Nach dem Studium der BWL studierte er zusätzlich Maschinenbau und promovierte dann an der Universität zum Dr.-Ing. Danach ging IP IV zu einem großen deutschen Automobilbauer, bei dem er nun bereits seit 22 Jahren tätig ist. Er hat zweimal den Arbeitsstandort gewechselt und ist jetzt Leiter Entwicklungsplanung, zugeordnet dem Bereich Personal und Sozialwesen. Er arbeitet zurzeit auf der zweiten Ebene unter dem Vorstand und ist weisungsbefugt gegenüber 40 Mitarbeitern. Im Wochenrhythmus hat der Proband Kontakt zu drei weiteren Abteilungsdirektoren. Während Projektarbeiten übernimmt er die Leitung. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten zeigt sich der Proband in Anbetracht seiner Ausbildungsqualifikation und Stellung im Unternehmen eher bescheiden, indem er eine recht heterogene Einschätzung dokumentiert und sich in Relation zur Gesamtpopulation eher zurücknimmt. So wertet IP IV sein „räumliches Vorstellungsvermögen“ mit „nicht ausgeprägt“, seine „mathematische Intelligenz“ mit „wenig ausgeprägt“ und schätzt sich nur bei der „Wahrnehmungsgeschwindigkeit“ als „sehr ausgeprägt“ ein. 67 Vollständige Profilangaben zu IP IV siehe Anlagenband S. 60f 29 Kernaussagen des Interviews IP IV68 Einstellung zu Konflikten? – Wenn sie auf im Wesendlichen Befindlichkeiten beruhen, sind sie definitiv überflüssig. Sach- und Wertthematiken sind eher positiv zu werten, Konflikte systemischer Art halte ich für positiv und förderungswürdig. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Wert-/Sachkonflikt in vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung geschildert: − Bei diesem Konflikt musste ich persönlich klar sagen, was ich erwarte. − Ich habe das Gespräch mehr zufällig gesucht und geführt. Was war gut gelungen? – Durch meine klare Formulierung hat er nachgedacht und mir noch am Abend telefonisch mitgeteilt, wie es zu der Situation gekommen ist, und die muss ich akzeptieren und mich auch noch darum kümmern. Was in Zukunft ändern? − Meine Botschaften insbesondere bei Einzeladressaten, die aber in dem Moment in einer Gruppe sind, vielleicht etwas überlegter auszusprechen. Ein Beziehungskonflikt in vertikaler Richtung: − Zunächst habe ich ihn nur wahrgenommen und ihn mir angeschaut. − Durchaus auch mal auf das Thema angesprochen, aber nicht wirklich angegangen. − Die Lösung war, dass ich nach XXXXX gegangen bin und dann keinen Kontakt mehr hatte. Was wäre mit Hilfe von Dritten gewesen? − Wenn ich geblieben wäre, hätte ich einen Dritten dazugeholt (Werkleiter). − Also erst allein angehen, dann einen von intern und dann einen Externen. Wie ist das mit einem Konflikt zwischen Mitarbeitern? – Ich habe zu viele Türen und eine Sekretärin zwischen mir und meinen Mitarbeitern. − An meinem letzten Standort war das anders, da gab es keine Einzelbüros. Aber als Konfliktlöser für Beziehungsprobleme bin ich nie gefordert gewesen. − Sach- und Wertkonflikte ständig. Wie darangegangen? − Da setzen wir uns in Runden, auch großen Runden zusammen und es wird diskutiert oder sogar Workshops durchgeführt. 68 Vollständige Transkription des Interviews IP IV siehe Anlagenband S. 62ff 30 − Wenn es gar nicht mehr mit Diskussion geht, sage ich als Chef klar, was ich will und das wird dann auch so gemacht. Irgendwann ist Schluss mit lustig. Wie bei Konflikten mit Eigenbeteiligung vertikal? − ebenso. Grundsätzliche Bereitschaft, allparteilichen Dritten dazuzuholen? – Ja, bei Beziehungskonflikten. Ich neige doch dazu, mich zu positionieren. Gibt es so etwas im Unternehmen? − Nein. − Wir können aber auf Externe zugreifen. Es gibt da Erfahrungen. − Aber immer über die Personalabteilung gehen, das ist auch eine Budgetfrage und ein Weg der Instanzen. Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Eine Möglichkeit finden, wie man auch mit älteren Mitarbeitern Wertkonflikte nachhaltig lösen kann.. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: – Range von 7 bis 9. Nach außen geben wir uns gern als 10. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Im Konfliktverhalten sind wir viel zu viel abstimmungsorientiert und viel zu konsensbedürftig. − Neu ist der Begriff Dissens. Kontrolliert Konflikte angehen und einer Lösung zuführen. Ein Großteil der Mitarbeiter kann damit noch nichts anfangen. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten in privaten Umfeld: − Inzwischen anders, nicht mit der geschäftsmäßigen Härte. 4.2.4 Interviewpartner V IP V69 ist männlich, 52 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder von 19 und 21 Jahren. Er stammt aus einem technisch, handwerklichen Elternhaus. Nachdem der Proband sein Studium zum Chemiker abgeschlossen hatte, promovierte er zum Dr.Ing. und ging dann zu einem großen deutschen Pharmakonzern, bei dem er seit 28 Jahren tätig ist. Nebenberuflich machte er ein Weiterbildungsstudium im Bereich Organisationsentwicklung, Arbeit und Beratung sowie Arbeit und Gesundheit. Zusätzlich durchlief er eine Ausbildung zum Mediator. Als Leiter Laborentwicklung arbeitet der Proband in der dritten Ebene unter dem Vorstand und ist weisungsbefugt 69 Vollständige Profilangaben zu IP V siehe Anlagenband S. 82f 31 gegenüber 42 Personen in drei Abteilungen. In der Ablauforganisation hat er Kontakt zu drei weiteren Abteilungsdirektoren in zwei europäischen Ländern. Bei Projekten ist IP V nicht als Leiter tätig. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten hat sich der Proband gleichmäßig bei „sehr ausgeprägt“ und „ausgeprägt“ eingestuft, nur seine „Wahrnehmungsgeschwindigkeit“ hält er für „weniger ausgeprägt“. Der Proband entspricht somit genau dem durchschnittlichen Bild der persönlichen Selbsteinschätzung der Gesamtpopulation. Kernaussagen des Interviews IP V70 Einstellung zu Konflikten? – Es kommt auf die Einstellung an, wie man letztendlich damit umgeht. − Häufig lang unter den Teppich gekehrt, wird es schwierig, sie anzugehen. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Wertkonflikt vermischt mit Beziehungskonflikt auf der Mitarbeiterebene ohne Eigenbeteiligung geschildert: − Da die Mitarbeiterin unter Tränen mit mir telefonierte, war klar: ich muss mich einschalten. − Zunächst ein Vier-Augen-Gespräch dann zu dritt an einem Tisch. Was war gut gelungen? – Die Tatsache, für einen Naturwissenschaftler eine hehre Erfahrung zu schaffen: Mensch, das geht ja doch. − Nicht zu sagen ich mache eine Mediation, dann wäre keiner mehr bereit mitzumachen. Ich mache Flipchartprotokolle, statt Mediationsvereinbarungen und lade nach ca. 2 bis 3Monaten beide noch mal zu einem Gespräch ein. − Sie machen jetzt regelmäßige Teambesprechungen. Was in Zukunft ändern? – Ganz am Anfang hab ich versucht es als Mediation zu verkaufen, da stieß ich auf Ablehnung. Ein Beziehungskonflikt auf der Mitarbeiterebene: – Hatten wir hier auch schon. Da muss erst geklärt werden, ob die Abneigungen tatsächlich unüberwindbar sind, und dann würde man letztendlich in klassischen Organisationen sagen, eine Trennung und damit Versetzung von Petroleum und Feuerzeug ist nötig. Ein reiner Sachkonflikt in vertikaler Linie mit Eigenbeteiligung: – Den gibt es ja eigentlich nicht, da ist ja immer eine Beziehungskomponente mit enthalten. 70 Vollständige Transkription des Interviews IP V siehe Anlagenband S. 84ff 32 − Mein Vorschlag war: lasst uns die Gespräche gemeinsam mit einem Coach machen, dann wird es nicht so konfliktiv. Was ist mit Hilfe von neutralen Dritten? – Der Coach war ein Externer. Was ist mit Hilfe aus dem Unternehmen? – Das Problem ist dabei der länderübergreifende Prozess. Ist ein XXXX wirklich neutral für die Kollegen aus den anderen Ländern? − Grundsätzlich ist es aber bei Konflikten am besten einen von intern und einen Externen zu haben. Ein Sachkonflikt in horizontaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Ich habe versucht die Probleme anzusprechen, was erfolglos war. − Es war ein älterer Kollege, der schon seit 25 Jahren so arbeitet. − Ich war zu stark involviert mit zu viel Eigenverantwortung. Hilfe durch einen allparteilichen Dritten? – Wäre nicht gewährt worden, war bei dem Leiter nicht vorstellbar. Grundsätzliches zu Konflikten: – Im naturwissenschaftlichen Umfeld hat Konfliktmanagement eine untergeordnete Rolle, sowohl vonseiten der Beteiligten wie auch der Vorgesetzten, denn dort ist die Werkzeugbox leer. − Naturwissenschaftler kriegen den Perspektivwechsel schlecht hin. – Es wird in den großen Unternehmen immer mehr interkulturelle Konflikte geben – da muss etwas getan werden. Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Einen gut ausgebildeten hauptamtlichen Mediator pro Standort, an den sich jeder wenden kann. − Der sollte nicht zur Rechts- oder Personalabteilung gehören, sondern vielleicht zum Bereich Weiterentwicklung, Bildung, dann hätte er nicht gleich einen Makel. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: − Wertekonservativ, aber sehr offen und dynamisch im Umgang mit modernen Überlegungen zu neuen Konzepten für Mitarbeiter und Kompetenzentwicklungen. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Somit hat sich auch das Konfliktverhalten verändert – zum Positiven. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: 33 bei – Da habe ich z. B. Vereinbarungen mit meiner Frau, an die wir uns auch halten, und wenn es längere Zeit bei uns Unstimmigkeiten gibt, gehen wir zu einer Beratungsstelle. 4.2.6 Interviewpartner VI IP VI71 ist männlich, 56 Jahre alt, verheiratet und hat keine Kinder. Er stammt aus einem technisch, handwerklichen Elternhaus. Der Proband absolvierte ein Studium zum Dipl.-Ing. Architektur und war seit seiner Ausbildung in zwei Unternehmen international tätig. Seit zwei Jahren ist er nun Leiter Baubüro Nord eines großen Unternehmens im Bereich Bauindustrie. Er ist weisungsbefugt gegenüber 15 Personen und hat in der Ablauforganisation Kontakt zu seinem Vorgesetzten in der Hauptverwaltung. Projektgruppen werden von IP IV geleitet. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten hat sich der Proband dreimal bei „ausgeprägt“ und viermal bei „weniger ausgeprägt“ eingestuft. In Anbetracht seiner langjährigen Tätigkeit als Dipl.-Ing. Architekt eine vergleichsweise bescheidene Einstufung seiner kognitiven Fähigkeiten. Kernaussagen des Interviews IP VI72 Einstellung zu Konflikten? – Grundsätzlich positiv, da man unterschiedliche Meinungen gezeigt bekommt. Gehen die Konflikte an die Substanz, also sind sie grundlegend und werden nicht gelöst, sind sie eher störend. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Sachkonflikt in vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung von IP VI geschildert. − Sehr sachliche Vier-Augen-Gespräche bei denen ich etwas lauter wurde. Was in Zukunft ändern? – Gar nichts. Was war gelungen? – Wir waren immer sachlich und das würde ich auch bleiben. Ein Beziehungskonflikt in vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Es gab ein VierAugen-Gespräch, in dem ich sehr emotional wurde. − Das Ergebnis war so, dass es gemacht wurde wie mein Gegenüber es wollte. Was wäre mit der Hilfe eines allparteilichen Dritten gewesen? – Ich hätte in der Situation an so etwas nicht gedacht. − Dazu wäre mein Chef auch nicht bereit gewesen. 71 72 Vollständige Profilangaben zu IP VI siehe Anlagenband S. 100f Vollständige Transkription des Interviews IP VI siehe Anlagenband S. 102ff 34 Ein Beziehungskonflikt zwischen zwei Mitarbeiterinnen ohne Eigenbeteiligung: − Den hab ich wahrgenommen. Der hat sich ganz langsam aufgeschaukelt. − Da wollte ich mich nicht einmischen, das war ein Zickenkrieg, das müssen die auch untereinander geregelt kriegen. − Die sind dann zur Geschäftsleitung gegangen. In heutiger Position? – Erst mal beobachten. − Dann sehen ob das auch quasi per Ordre de Mufti geht. − Sonst würde ich erst Einzelgespräche führen, mir die Argumente anhören, mir ein Bild machen, wo eigentlich der Konflikt ist und dann mit denen gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden. Was ist mit Hilfe eines allparteilichen Dritten von extern? – Könnte ich mir vorstellen, habe ich noch nie gemacht. Und von intern? – Das habe ich schon mal gemacht. − Ich suche dann jemanden, der von vielen Mitarbeitern anerkannt ist. Gibt es im Unternehmen Konfliktmanager? – Ja, bei uns gibt es Seminare für alle bis runter zur Bauleitung, die dann Konflikte zwischen dem Unternehmen und anderen Unternehmen vermitteln. Und auch zwischen Berufsgruppen intern. − Konfliktmanagement zwischen Unternehmen und Externen gab es aber schon in allen Firmen, in denen ich gearbeitet habe. Ein Beziehungskonflikt auf gleicher Hierarchieebene mit Eigenbeteiligung: – Zwei unterschiedliche Charaktere, die auch nicht im Gespräch zusammenkommen. − Hilfe eines allparteilichen Dritten hätte nichts bewirkt Ein reiner Sachkonflikt zwischen Mitarbeitern: – Das regele ich mit den Beteiligten auf der Sachebene. Wünsche an das Unternehmen in Bezug auf Konfliktmanagement? – Wir können uns da nicht viel leisten, wir sind zu klein. − Die Findungsseminare, die die Hauptverwaltung macht, sind da schon gut, da gibt es auch Konfliktmanagement. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: – Die Branche ist konservativ, wir sind da etwas dynamischer, also 5. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Die Firmenkultur prägt das Konfliktverhalten. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: − Ganz ähnlich. 35 4.2.7 Interviewpartner VII IP VII73 ist männlich, 54 Jahre alt, verheiratet und hat 4 Kinder im Alter von 11, 21, 25 und 33 Jahren. Der Vater war Schlosser, die Mutter Sekretärin. IP VII machte zunächst eine Lehre zum Industriekaufmann, wurde danach im Unternehmen weiterbeschäftigt und absolvierte berufsbegleitend ein Betriebswirtschaftsstudium an einer Akademie. Der Maschinenbauunternehmen Proband tätig ist und seit hat 38 Jahren inzwischen die in demselben Position des Kaufmännischen Leiters. Er hat 8 Mitarbeiter und ist in seiner organisatorischen Stellung auf der dritten Ebene unter dem Vorstand. In der Ablauforganisation hat IP VII ständig Kontakt zu vier Abteilungsleitern auf gleicher Hierarchieebene. Bei Projekten arbeitet er zum Teil im Team, zum Teil auch als Leitung. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten ist auffallend, dass er sein „räumliches Vorstellungsvermögen“ als „nicht ausgeprägt“ sieht, alle anderen Items stuft er zwischen „sehr ausgeprägt“ und „ausgeprägt“ ein und entspricht insoweit genau dem Durchschnitt der Selbsteinschätzung der Gesamtpopulation. Kernaussagen des Interviews IP VII74 Einstellung zu Konflikten? − Sie führen im Ansatz zu Reibungsverlusten und gehören gelöst, um gestärkt herauszugehen. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Sachkonflikt zwischen Mitarbeitern geschildert: – Erst schau ich ihn mir aus der Distanz an. − Dann führe ich grundsätzlich Einzelgespräche. − Dann setzten sich alle an einen Tisch, um Ross und Reiter zu nennen. Eine Besonderheit: − Wenn Frauen untereinander oder mit mir einen Sachkonflikt haben, dann wird er auch immer ein wenig emotional und geht leicht in die Beziehungsebene. Da muss man vorsichtig sein, die interpretieren häufig zwischen den Zeilen. − Die Vorgehensweise bleibt aber gleich. Was war gut gelungen? – Ehrlichkeit und klare Aussagen Was in Zukunft ändern? – Mehr Gelassenheit und Sachlichkeit und besser vorbereitet in das Gespräch gehen. 73 74 Vollständige Profilangaben zu IP VII siehe Anlagenband S. 117f Vollständige Transkription des Interviews IP VII siehe Anlagenband S. 119ff 36 Sachbezogene Konflikte auf gleicher Hierarchieebene mit Eigenbeteiligung? – Hier argumentieren wir immer sachlich kontrovers, aber immer zum Wohle des Unternehmens und finden dann auch einen Konsens. Ein Beziehungskonflikt auf gleicher Ebene mit Eigenbeteiligung? – Schwierig, weil man zum einen das Unternehmen sehen muss, zum anderen den Menschen. Was wäre mit Hilfe eines allparteilichen Dritten: – Das wäre wohl gut gewesen. Ein Sach- bzw. Wertkonflikt in horizontaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Die Sache habe ich selbst in die Hand genommen und auf ein Gespräch unter vier Augen bestanden. Was wäre mit Hilfe eines allparteilichen Dritten? – Nein, das musste ich alleine machen, da hätte ich mich sonst schlecht gefühlt. Grundsätzliche Bereitschaft einen allparteilichen Dritten einzuschalten? – Ja, durchaus, sowohl bei sachbezogenen wie auch bei Beziehungsproblemen. Auf die Frage lieber externe oder interne Mediatoren: – Von extern wäre schon besser. Bei internen müsste man doch schon recht viel Vertrauen haben. Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Mehr Fortbildungen und Weiterbildungen in allen Bereichen. Einschätzung des Unternehmens, ob eher konservativ oder dynamisch: − 5, es gibt dynamische Alte und konservative Junge. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Sicherlich von meinen Chefs geprägt. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld? – Auch immer mit Ehrlichkeit. − Da gibt es keinen Unterschied, aber zu Hause sind sie schon emotionaler und dichter an mir dran. 4.2.8 Interviewpartner VIII IP VIII75 ist weiblich, 53 Jahre alt, unverheiratet und hat keine Kinder. Die Probandin stammt aus einem bäuerlich, ländlichen Elternhaus. Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau in einem Bauunternehmen machte sie ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und studierte Politik und Anglistik auf Lehramt. Nach 75 Vollständige Profilangaben zu IP VIII siehe Anlagenband S. 133f 37 dem ersten Staatsexamen wechselte sie zur Journalistik. Ihre Etappen nach Beendigung des Studiums waren Stadt, Ministerium, Unternehmerverband und Bank. Seit zwei Jahren arbeitet IP VIII als Abteilungsdirektorin Unternehmenskommunikation in der Ebene direkt unter dem Vorstand in einer Versicherung. Sie ist weisungsbefugt gegenüber 9 Mitarbeitern. In der Ablauforganisation hat die Probandin Kontakt zum Vorstand und allen Abteilungsdirektoren des Hauses. Während Projektarbeiten ist sie als Teammitglied tätig. Bei der persönlichen Einschätzung ihrer kognitiven Fähigkeiten nimmt sich IP VIII sehr zurück. Ihre eher bescheidene Einstufung liegt zwischen „ausgeprägt“ und weniger ausgeprägt“, was deutlich unter dem Schnitt der Gesamtpopulation liegt. Kernaussagen des Interviews IP VIII 76 Einstellung zu Konflikten? – Gruppe ohne Konflikte ist sicher sehr effektiv. − Wenn es Konflikte gibt, positiv reagieren und darüber sprechen. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Beziehungskonflikt in vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung geschildert: − Da habe ich recht schnell eingegriffen und zahlreiche Einzelgespräche mit dem Mitarbeiter geführt. Was war gut gelungen? – Dass ich immer die Initiative ergriffen habe und das Gespräch gesucht habe. Was in Zukunft ändern? – Die Ziele klarer und unmissverständlicher definieren. Was ist mit Hilfe eines Dritten? – Ich habe meinen Vorgesetzten eingeschaltet, dass hat nichts gebracht. − Dann Hilfe von einem allparteilichen Dritten aus dem Unternehmen. Erst gab es Einzelgespräche, dann Gruppengespräche – das war sehr gut. Auf die Frage nach einem Beziehungskonflikt zwischen Mitarbeitern? – Da führe ich dann immer Einzelgespräche und schaffe es auf meine mütterliche oder schwesterliche Art, dass sie immer recht gestärkt aus den Gesprächen wieder in die Gruppe gehen. − Ich gehe immer auf die Beziehungsebene, wenn das nicht klappt, dann habe ich ein Problem. Auf die Frage nach Konflikt in horizontaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Kommt als Frau hier häufig vor, dass man mit den Männern aneckt. 76 Vollständige Transkription des Interviews IP VIII siehe Anlagenband S. 135ff 38 − Da suche ich immer das persönliche Gespräch; wenn ich arbeitsmäßig zu belastet bin, schaffe ich es allerdings nicht. − Als Frau fahre ich immer gut, wenn ich lieb, freundlich und nett bin, also irgendwie auf der Beziehungsebene bleibe. Auf die Frage nach Hilfe von allparteilichen Dritten: – Ja klar, gern. − Traumhaft schön wäre jemand von Extern. − Im letzten Unternehmen waren das immer Interne – das war schon schwierig. Mischen Sie sich bei Konflikten auf gleicher Ebene ein, wenn nicht betroffen? – Nein. Auf die Frage nach Wünschen an das Unternehmen: – Hier findet jetzt viel statt. − Man kann auch Wünsche in Bezug auf Konfliktmanagement äußern. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: – Im ersten Drittel konservativ. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Das färbt auf das Verhalten ab. − Aber auch die Größe spielt eine Rolle. Hier kann man sich eher mal einigeln, und man schickt einen Mitarbeiter zur schwierigen Person. − Aber es ist auch eine Sache der persönlichen Erfahrungen (auch des Alters). Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: – Da ist es ja noch emotionaler. − Da bin ich nachgiebiger und habe keine Lust auf Konflikte. 4.2.9 Interviewpartner IX IP IX77 ist männlich, 54 Jahre alt, verwitwet und hat drei Kinder im Alter von 21, 25 und 28 Jahren. Der Proband stammt aus einer kaufmännischen Akademikerfamilie. Nachdem er sein Studium zum Diplom-Ökonom absolviert hatte, promovierte er an der Hochschule. Danach arbeitete er in drei verschiedenen Bankhäusern und wurde dann zum Professor an einer FH berufen. Nach einigen Jahren wechselte er als Vorstand Finanzen zu einer Versicherung, wo er seit 9 Jahren arbeitet. Direkt weisungsbefugt ist IP IX gegenüber drei Abteilungsleitern und deren Mitarbeiter. In der Ablauforganisation hat er ständig Kontakt zu allen. Bei neuen Projekten arbeitet er mit seinen Vorstandskollegen zusammen. Die Leitung übernimmt in der Regel der Vorstandsvorsitzende. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven 77 Vollständige Profilangaben zu IP IX siehe Anlagenband S. 146f 39 Fähigkeiten hat der Proband seine Gedächtnisleistung als „nicht ausgeprägt“ eingestuft, sein deduktives Denken als „wenig ausgeprägt“, alle weiteren Items mit „ausgeprägt“ eingeschätzt, was man in Anbetracht seines beruflichen Werdegangs in Relation zur Gesamtpopulation eher als bescheidene Selbsteinschätzung werten muss. Kernaussagen des Interviews IP IX78 Einstellung zu Konflikten? – Sachliche Konflikte sind eher positiv. − Andere brauche ich nicht. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Sachkonflikt in horizontaler Ebene mit Eigenbeteiligung geschildert: − Da diskutieren wir alles aus, das klappt. Ein Beziehungskonflikt gepaart mit einem Sachkonflikt auf vertikaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Da wollten welche in mein Ressort hineinfunken - das geht nicht, da muss ich eingreifen. − Ich habe das Gespräch dann mit allen gesucht. Was war gut gelungen? – Ich weiß es nicht. Vielleicht, dass ich dadurch mehr Respekt bekommen habe. Was in Zukunft ändern? – Nicht mehr so lange warten, ehe ich einschreite. Was ist mit Hilfe eines allparteilichen Dritten? – Nein, kann ich mir nicht vorstellen. − Weder von intern noch von extern. − Das muss ich selber schaffen, auch wenn ich dabei zurückstecke. Was ist mit Konflikten auf Mitarbeiterebene ohne Eigenbeteiligung? – Da mische ich mich möglichst nicht ein, denen geht es ja so wie mir, die wollen das regeln. − Allerdings wäre ich eingeschritten, wenn es die sachliche Ebene verlässt. − Dann hätte ich Einzelgespräche geführt. − Wenn es dann immer noch nicht geht, dann würde ich mich auch noch dazusetzen. Was wäre mit Hilfe eines allparteilichen Dritten? – Das kann ich mir vorstellen. Was käme eher in Frage – ein Externer oder ein Interner? – Keine Erfahrung. − Ich würde mich an die Personalabteilung wenden, denn da sollte die Kompetenz liegen. 78 Vollständige Transkription des Interviews IP IX siehe Anlagenband S. 148ff 40 − Wenn dem Unternehmen an beiden gelegen ist, sollte ein Dritter helfen. Ansonsten enden Beziehungskonflikte meiner Erfahrung nach so, dass einer der beiden Kontrahenten das Unternehmen verlässt. Mischt du dich bei Konflikten auf deiner Hierarchieebene ein, wenn du nicht beteiligt bist? – Erst mal raushalten, es sei denn das Unternehmen nimmt Schaden, dann würde ich meine Hilfe anbieten. − Nicht vorschlagen, nehmt euch jemanden von extern, dass wäre anmaßend, das könnte nur der Vorstandsvorsitzende oder der Aufsichtsrat tun. Wie siehst du das Konfliktmanagement bei Wertkonflikten? – Wertkonflikte sollten gar nicht stattfinden. − Da muss schon im Ansatz gegen vorgegangen werden. − Alle Mitarbeiter sollten die gleichen ethischen und moralischen Grundsätze vertreten. Wie ist grundsätzlich die Einstellung zu Mediatoren im Unternehmen? − Wir haben keine. – Als nebenbei ausgebildete Mediatoren z. B. in der Personalabteilung wäre das gut. Die müssten aber auch noch andere Dinge tun. Wie sieht es insgesamt bei euch mit Konfliktbewältigung aus? – Wir haben relativ wenige offensichtliche Konflikte. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch? − 3. − Ich habe das Unternehmen gewählt, das die gleiche Kultur hat wie ich. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: − Emotionaler, das heißt achtsamer, vorsichtiger, dass man nichts kaputtmacht auf dem Weg dieser Konflikte - mit noch mehr Zugeständnissen. 4.2.10 Interviewpartner X IP X79 ist männlich, 46 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren. Er stammt aus einem von der Bundeswehr geprägten Elternhaus. Er machte zunächst eine Feinmechanikerlehre bei der Marine und kam dann über den zweiten Bildungsweg zum Dipl. Feinwerktechnik (FH). Seit 18 Jahren arbeitet der Proband in einem Automotive-Unternehmen. Nebenberuflich machte er ein Weiterbildungsstudium zum Projektmanager sowie eine Ausbildung zum NLP79 Vollständige Profilangaben zu IP X siehe Anlagenband S. 157f 41 Master. IP X arbeitet in der dritten Ebene unter dem Vorstand, hat vier Teams mit wechselnden Mitarbeiterzahlen unter sich und während der Arbeitsabläufe ständig Kontakt zu mehreren Teamleitern. Bei Projekten agiert der Proband sowohl als Leitung wie auch im Team. Bei der persönlichen Einschätzung seiner kognitiven Fähigkeiten hat er sich bei der „numerischen Intelligenz“ und dem „deduktiven Denken“ mit „weniger ausgeprägt“ eingeschätzt. Alle weiteren Items hat er für sich mit „sehr ausgeprägt“ und „ausgeprägt“ bewertet, was ganzheitlich betrachtet der durchschnittlichen Ausprägung der Gesamtpopulation der befragten Führungskräfte entspricht. IP X ist dabei aber klar der visuelle Typ. Kernaussagen des Interviews IP X80 Einstellung zu Konflikten? – Auf jeden Fall führen Konflikte zu Reibungsverlusten. Als erster wahrgenommener Konflikt wird ein Beziehungskonflikt zwischen zwei Mitarbeitern geschildert: – Zunächst beobachtet und ignoriert, dann nur noch einzeln mit beiden gearbeitet, quasi den Konflikt umgangen. Was in Zukunft ändern? – Wenn möglich, würde ich es wieder so machen, da es keine extra Zeit und Energie kostet. Ein Beziehungskonflikt zwischen Mitarbeitern: – Da hab ich alle an einen Tisch gesetzt. − Wir haben dann sachlich diskutiert und eine Strategie festgelegt. Was war gut gelungen? – Schwer zu sagen. Ich habe einen guten Ruf in der Firma, komme gut mit allen aus, und so kann ich gut vermitteln. − Die Diskussion auf rein sachlicher Ebene geführt zu haben. Was in Zukunft vermeiden? – Möglichst keinen Vorgesetzten dazu holen, der schafft dann eine Lösung auf der Lösung und dann geht das gar nicht. Auf die Frage nach einem allparteilichen Dritten von intern oder extern: – Ja, eigentlich eine gute Idee. − Kann aber gut kommen, durch Umstrukturierung mag es sein, dass das Management so eine Situation heraufbeschwören will, um Schwachstellen zu ermitteln. Ein Beziehungskonflikt in horizontaler Ebene mit Eigenbeteiligung: – Ich hab die Auseinandersetzung nicht gesucht. − Da hab ich dann zurückgesteckt. 80 Vollständige Transkription des Interviews IP X siehe Anlagenband S. 159ff 42 Wie wäre es da mit Hilfe von außen? – Das wäre wirklich gut, da der Konflikt weiter besteht. Wäre es besser, jemanden von extern oder intern zu holen? – Externer wäre gut. − Ein Interner müsste auf einer entsprechend hohen Hierarchieebene sein, sonst wäre er nicht anerkannt. Wertkonflikt auf gleicher Hierarchieebene mit Eigenbeteiligung: – Mehrere Gesprächsrunden waren da in wechselnder Zusammensetzung nötig. Was in Zukunft vermeiden? – Dass immer wieder andere nach ihrer Meinung gefragt wurden und keiner die Verantwortung übernommen hat. Was wäre dienlich? – Einen Moderator haben, der alles protokollarisch festhält. − Der sollte so neutral wie möglich sein. Also auch gut von extern möglich. Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen: – Wir bräuchten Kommunikationsmanager, die auch gut bei Konflikten vermitteln können. Einschätzung des Unternehmens, ob konservativ oder dynamisch: – Die Struktur ist eher fortschrittlich, das greift aber bei den älteren Mitarbeitern nicht. Hat das Auswirkungen auf das Konfliktverhalten im Unternehmen? − Die Kultur hat mein Konfliktverhalten wenig beeinflusst. Auch nicht, wie ich mit anderen Leuten umgehe. Auf die Frage nach dem persönlichen Konfliktverhalten im privaten Umfeld: − Ähnlich, wie im Unternehmen. Erst mal sachlich hinterfragen, bin ich schuld, und dann möglichst einfach lösen. 4.3 Deutungsmusteranalyse Im Folgenden werden aus den zehn Interviews die Aussagen miteinander verglichen und gegenübergestellt, um die Validierung bzw. Verifizierung der Ausgangshypothese durchzuführen. Sie lautete: Sind die Wahrnehmung und der Umgang mit Konflikten abhängig von der Merkmalsausprägung und Herkunftsqualifikation einer Führungsperson und beeinflusst von der Unternehmenskultur ihres Betriebes? Hierzu werden zunächst die Arbeitshypothesen überprüft: 1. Wird der Umgang mit Konflikten bereitwilliger geführt, wenn die Einstellung dazu eher positiv ist? 43 2. Findet ein für die Probanden sinnfälliger Umgang mit Sachkonflikten statt und ist der Umgang mit Wert- und Beziehungskonflikten abhängig von der Merkmalsausprägung der Probanden? 3. Wird der Umgang mit Konflikten von der jeweiligen Unternehmenskultur mitgeprägt? 4. Wird ein Mediator bei direkter Beteiligung an einem Konflikt nicht gewünscht? 5. Ist der Einsatz von Konfliktbewältigung Mediatoren abhängig (ob von externe der oder interne) zur Sozialisation bzw. Merkmalsausprägung des Probanden? Da die Aussagen der Arbeitshypothesen z. T. voneinander abhängig bzw. strukturell miteinander verknüpft sind, werden die Hypothesen 1, 2 und 3 unter dem Aspekt der Einstellung zu Konflikten und der Herangehensweise der Probanden gemeinsam überprüft und abgebildet. Alsdann folgt die Behandlung der Hypothesen 4 und 5 unter der Überschrift Konfliktbewältigung mit Mediatoreneinsatz. Abschließend wird die Ausgangshypothese thematisiert. 4.3.1 Einstellung zu Konflikten und die Herangehensweise der Probanden Für die Auswertung der Interviews im Hinblick auf die grundsätzliche Einstellung der Probanden zu Konflikten und deren Art und Weise des Umgangs damit, muss zunächst grundsätzlich festgehalten werden, dass sämtliche Probanden als Führungspersonen mit Personalverantwortung immer mit Konflikten konfrontiert sind, da es in den Bereich ihrer Führungsverantwortung fällt. Dennoch wird bei der Auswertung der Interviews schnell deutlich, dass diejenigen Probanden, die eine eher negative Einstellung zu Konflikten haben, im Umgang mit den Konflikten dann auch zurückhaltender agieren, wie in der ersten Arbeitshypothese angenommen. Probanden mit der Einstellung, dass man auf Konflikte, wenn sie auftreten, positiv reagieren sollte, indem man darüber spricht, treten sehr viel bereitwilliger an das Problem heran. Die dritte Gruppe, die sofort zwischen sachlicher und emotionaler Ebene trennt, hat kaum Probleme auf sachlicher Ebene und agiert dort bereitwillig. Bei emotionaler Beteiligung wird die Bereitschaft zum Umgang mit Konflikten zurückhaltender. Die Abbildung 5 zeigt die Verteilung. 44 a) Eher negative Einstellung zu Konflikten (IP I, X) 2 Probanden b) Konflikte sind etwas ganz Normales. Man muss auf sie eingehen 3 Probanden (IP V, VII, VIII) c) Trennung zwischen sachlicher und emotionaler Ebene beim Konflikt 5 Probanden (IP II, III, IV, VI, IX) Abb. 5: Grundsätzliche Einstellung der Interviewpartner zu Konflikten Damit muss die zweite Arbeitshypothese dahingehend korrigiert werden, dass nicht nur Sach-, sondern auch Wertkonflikte mit für die Probanden sinnfälligen Strategien bearbeitet werden, da sie aus Sicht der IPs meist gut auf sachlicher bzw. fachlicher Ebene zu bearbeiten sind. Die Sachebene bildet für die 9 männlichen Probanden unmittelbare Handlungssicherheit aus, nicht aber für die weibliche Führungskraft. Bei Beziehungskonflikten spielt dagegen tatsächlich die persönliche Merkmalsausprägung und vor allem die Unternehmenskultur eine Rolle, auf welche Weise mit Konflikten umgegangen wird. So kann auch die dritte Arbeithypothese bestätigt werden. IP X, mit einer eher negativen Einstellung zu Konflikten, antwortete im Interview folgendermaßen: „Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass es zu Reibungsverlusten führt und Geld kostet.“81 Bei der Beschreibung seines ersten wahrgenommenen Konflikts wird dann schnell deutlich, dass IP X die Auseinandersetzung mit den Konfliktinhalten eher vermeidet. „… da hatte ich die Aufgabe, so ein paar abteilungsübergreifende Leute zusammenzuführen, … es gab da zwischen zwei Personen so einen Beziehungskonflikt, worin auch immer das begründet lag, das weiß ich nicht. … Es war also eine eiskalte Atmosphäre, man kam nicht richtig zur Diskussion, wenn beide zusammen waren in einem Raum. Mit beiden alleine ging es, kein Problem.“82 Beide arbeiteten in unterschiedlichen Unternehmensbereichen, die sich wenig überschnitten. Von daher habe er Glück gehabt. Dann fragst du halt beide getrennt, führte IP X weiter aus83. Auf die Frage, ob er den Konflikt nicht gelöst habe, antwortete der Proband: „Nein, ich bin ihn umgangen in dem Fall.“84 Auf rein sachlicher Ebene fällt es IP X dann im Konflikt leichter. Hier kann er sachlich 81 IP X, Anlagenband S. 159 Ebenda S. 159 83 Vgl. IP X, Anlagenband S. 160 84 IP X, Anlagenband S.160 82 45 einwirken, neutral beurteilen und ein Ranking machen85. Ähnlich sieht er das auch bei einem Wertkonflikt. Jedoch werden dabei zahlreiche Positionen verteidigt, für deren Umgang er sich gut einen allparteilichen Dritten als Helfer vorstellen kann86. IP X, als technisch strukturierte, eher visuell ausgerichtete Führungsperson in einem konservativen Arbeitsumfeld, bestätigt somit die erste Arbeitshypothese weitgehend. Der eher geisteswissenschaftlich, rein verbal orientierte IP I, der ebenfalls Konflikte eher negativ beurteilt, führt aus: „Also im Grunde habe ich keine positive Beziehung zu Konflikten, … der Begriff ist schon so besetzt, dass es da um etwas nicht Konstruktives geht, dass es eher zu Reibungsverlusten führt. … Sobald es ein Konflikt ist, ist es etwas was quer steckt und Zeit kostet und Ressourcen verschlingt und insofern nicht förderlich ist.“87 Die vom Probanden beschriebenen Konflikte, in denen er selbst beteiligt war, hat er immer versucht, selbst zu regeln. Letztendlich hat es aber in keinem seiner beschriebenen Konfliktfälle eine nachhaltige Lösung gegeben. Hilfe von außen kommt für ihn in solchen Fällen aber nicht in Frage. „Ich würde immer versuchen, das bilateral zu regeln, weil ich der Ansicht bin, dass so etwas unter vier Augen hinhauen muss und dass das Ganze ohne Beteiligung anderer und Externer oder Dritter leichter geht. Weil es auch eine sehr … persönliche und absolut bilaterale Angelegenheit ist.“88 IP I macht dabei keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Konfliktarten. In dem in seinen Augen sehr konservativen Unternehmen ist „das Konfliktverhalten sehr starr, ist sehr auf Zuständigkeit abhebend, auf hierarchische Verortung, ist nicht flexibel, ist nicht proaktiv, ist nicht überraschend oder mal anders, so über den Tellerrand hinaus denkend.“89 Die drei Probanden, die Konflikte von vornherein als normale Erscheinungen des Arbeitsalltages betrachten, antworteten bspw. folgendermaßen (IP V): „Es kommt auf die Art und Weise an, wie man letztendlich damit umgeht. … Wenn man sie lange unter den Teppich kehrt und nicht auf den Tisch packt, dann führt das zu einer Kultur, die letztendlich keinem nutzt. Wenn man sie dann versucht zu bearbeiten, ist das manchmal vielleicht schmerzlich ... Wenn sie bearbeitet sind, machen alle die Erfahrung, dass es tragfähige Kompromisse gibt und, ja, man dann besser weiterhin 85 Vgl. IP X, Anlagenband S. 163 Vgl. IP X, Anlagenband S. 166ff 87 IP I, Anlagenband S. 21 88 Ebenda S. 25 89 Ebenda S. 31 86 46 zusammenarbeiten kann.“90 Hier wird nicht nach der Konfliktausprägung oder Konfliktart gefragt, sondern zielorientiert der Lösungsweg in den Fokus genommen. Eine Herangehensweise an Konflikte, die sich sicherlich auch aufgrund der Mediatorenausbildung des Probanden erklären lässt. Wird IP V nach einer bestimmten Konfliktart befragt, lautet seine Antwort: „Reine Sachkonflikte … das wird schwierig sein, die zu finden. Weil, mit der Verteilung von Aufgaben und Verantwortung ist auch immer die Frage nach Macht und Einfluss verbunden, und dann ist man schon wieder bei Beziehungen.91 Oder auch: „Also es hat erstmal was zu tun mit Arbeitskultur hier im Hause, weil Naturwissenschaftler auf der Beziehungsebene irgendwie blind sind … sie kriegen einfach den Perspektivwechsel sehr schlecht hin, was das für den anderen bedeutet oder wie es bei ihm ankommt, wenn ich mich so oder so verhalte. Aber es hat auch natürlich was mit Werten zu tun … ein Aufschrei nach Wertschätzung und Respekt.“92 In den Augen von IP V ist auch klar, dass das Konfliktverhalten aller Mitarbeiter von der Firmenkultur geprägt wird und die wiederum wird von den Führungspersonen an der Spitze mit vorgegeben. Er äußerte sich dazu folgendermaßen: „ Also mit der Übernahme dieser Abteilung durch mich, hat sich hier was verändert, das war vorher ganz anders. Und ich hatte einen Vorgänger, der war halt älter und stand, denke ich auch, für andere Werte.“93 Und wenn die Führung einen bestimmten Stil vorgibt, dann prägt das eben auch die Mitarbeiter, führt der Proband weiter aus und ergänzt: „…Wenn man eben die Historie im Blick hat, wie es dann in früheren Zeiten so war, glaube ich auch nicht, dass es den großen Befreiungsschlag seitens der unteren Ebenen geben kann. Die wollen einfach nicht die Pyramide umdrehen. Und wenn man denen erzählt, dass Führung eigentlich auch einen Dienstleistungsaspekt hat, … dann haben das viele noch so nicht im Blick.“94 Die einzige weibliche Führungskraft in der Befragung (IP VIII) äußert sich wie folgt: „Ich versuche die Sachebene einzuhalten, … aber da bin ich dann nicht ganz so locker und easy, sondern dann versuche ich mich selbst in den Griff zu nehmen, versuche, freundlich zu sein. Ich denke mir nur manchmal, dass der dann nicht ganz so viel Spaß mit mir haben könnte. ... Dann bin ich einfach in der Rolle der 90 IP V, Anlagenband S. 84 IP V, Anlagenband S. 88 92 Ebenda S. 86 93 Ebenda S. 98 94 Ebenda S. 98 91 47 Beraterin.“95 Für sie haben Konflikte immer auch eine emotionale Ebene, in der sie sich besonders sicher fühlt. So scheut sie sich auch nicht, die Konfliktparteien mit dieser Ebene zu konfrontieren. Ob das nun eine besonders weibliche Art ist, mit Konflikten umzugehen, kann mit Hilfe der vorliegenden Aussagen nicht sicher festgestellt werden, da in der Untersuchung nur eine weibliche Führungskraft befragt wurde. Und der Pre-Test, der ebenfalls mit einer Frau durchgeführt wurde, kann diese Aussage nicht grundsätzlich bestätigen, sondern nur aufzeigen, dass auch diese weibliche Führungskraft bereitwillig mit Konflikten umgeht. Auch die Pre-TestPerson hält Konflikte für Erscheinungen, die in einer Gruppe normal sind, dass sie stattfinden. Für sie ist entscheidend, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt und versucht, zu einer Lösung zu kommen.96 Die Probandin macht keine Unterschiede zwischen den einzelnen Konfliktarten und der Herangehensweise 97 . Der Weg der Bearbeitung und das Ziel stehen auch bei ihr im Fokus, jedoch geht sie nicht wie IP VIII direkt auf die emotionale Ebene, sondern führt ihre Gespräche über die Erläuterung der gegenseitigen Interessen98. Bei der Analyse der dritten Gruppe Interviews wird sehr rasch deutlich, dass die IPs keine nennenswerten Unterschiede in der Bearbeitung von Sach- und Wertkonflikten machen, wenn sie überhaupt Wertkonflikte wahrnehmen. In den Augen der Probanden lassen sich grundsätzlich beide recht gut versachlichen und so auch ausdiskutieren bzw. als „top Chefsache down“ zur Lösung bringen. Beziehungskonflikte werden dagegen sofort mit Emotionen gleichgesetzt. Hierbei fällt dann der Umgang damit eher schwer. IP IV bspw. antwortet im Interview: „Es gibt Konflikte, die sind meines Erachtens nach definitiv überflüssig, wenn sie weder eine konkrete Wertthematik …, … Sachthematik oder … Problemstellung ansprechen, sondern einfach auf im Wesentlichen Befindlichkeiten beruhen.“99 So schildert IP IV einen Beziehungskonflikt, den er mit einem Mitarbeiter hatte: „In einer ganzen Reihe von fachlichen Punkten … haben wir richtig gut zusammengearbeitet, gute Gespräche geführt. Und das hat mich dann auch immer wieder in eine gewisse Spannungssituation gebracht. ... Ich habe ihn durchaus auch mal auf das Thema 95 IP VIII, Anlagenband S. 141 Vgl. Pre-Test, Anlagenband S. 8 97 Vgl. Pre-Test, Anlagenband S. 11ff 98 Vgl. Pre-Test, Anlagenband S. 10 99 IP IV, Anlagenband S. 62 96 48 angesprochen und wir sind uns eigentlich beide darüber im Klaren gewesen, dass wir offensichtlich Probleme in der gegenseitigen Chemie haben.“100 Eine wirkliche Lösung des Konflikts hat IP IV jedoch nicht herbeigeführt. Das Problem löste sich dadurch, dass der Proband andere Aufgaben übernommen hat101. Bei allen anderen Arten von Konflikten geht der Proband direkt auf die Menschen zu und redet sich dann wie er sagt, „den Mund fusselig“102, auf der sachlich, fachlichen Ebene. Wertkonflikte erkennt der Proband als „Mindset-Thema“ oder „Einstellungsprozess“, in denen es um grundlegende Strukturen geht. Hier kann nicht von oben herab bestimmt werden103. Aber auch für ihn gibt es „allerdings sehr wohl natürlich Konflikte oder ich sage mal Situationen, wo mir auch dann der Geduldsfaden reißt“104 und es dann so gemacht wird, wie er es will, denn er ist der Chef105. Also durchaus eine gewisse Härte, die er nach eigenen Angaben im privaten Umfeld nicht hervorbringt106. Die Firmenkultur prägt auch ganz klar sein Konfliktverhalten, gerade, wenn man so wie er, ein langjähriger Mitarbeiter ist107. Ein Vorgesetzter sagte ihm: „Wir sind viel zu viel abstimmungsorientiert und wir sind viel zu konsensbedürftig. Und irgendwo hat er Recht. … Vielleicht, weil wir mit harten Konflikten nicht so gut umgehen können, weil wir Sorge haben, das geht relativ schnell ins Persönliche rein.“108 IP IX hält „grundsätzlich auf sachlicher Ebene Konflikte für unterstützend, problemlösend, wenn man konstruktiv rangeht. … andere brauche ich nicht.“109 So erzählt der Proband von häufigen konfliktiven Sitzungen auf gleicher Hierarchieebene, in die er involviert ist, die sachlich ausdiskutiert werden und für ihn im Umgang unproblematisch sind110. Anders ist es bei einem Konflikt zwischen seinen Mitarbeitern. Hier sagt er, habe er sich nicht eingemischt „ich habe die gewähren lassen. Die denken ja genau wie ich, für sich selber das Richtige zu machen. Ich wäre allerdings eingeschritten, wenn es die sachliche Ebene verlassen hätte. … ich hätte sie mir einzeln vorgeknöpft … appelliert… beobachtet. Also erst 100 Ebenda S. 66 Vgl. IP IV, Anlagenband S. 66 102 Vgl. Anlagenband S. 71 103 Ebenda S. 72 104 IP IV, Anlagenband S. 73 105 Vgl. IP IV, Anlagenband S.73 106 Vgl. IP IV, Anlagenband S. 81 107 Ebenda S. 115 108 IP IV, Anlagenband S. 80 109 IP IX, Anlagenband S. 148 110 Vgl. IP IX, Anlagenband S. 148 101 49 zurück und wenn das nicht geht, hätte ich mich irgendwann dazugesetzt.“111 Bei Wertkonflikten geht IP IX dann noch einen Schritt weiter: „Wertekonflikte dürfen… bei uns im Unternehmen nicht groß auftreten. Da müssen wir vorher einschreiten. Also ich kenne den Fall jetzt nicht, weil ich die Leute, mit denen ich zu tun habe, … nicht einnorde, aber darauf vorbereite, was ich erwarte und wie wir denken. Und dass man halt erwartet, dass dieses Denken mit übernommen wird, die Kultur.“112 Dieser sehr strukturierte Proband mit seinem geradlinigen Werdegang hat klare Vorstellungen von Unternehmenskultur und den Umgang mit Mitarbeitern. Er kann auf zahlreiche Erfahrungen in anderen Arbeitsumfeldern zurückblicken und sagt deshalb, nicht die Firmenkultur habe ihn geprägt, sondern er habe sich das Unternehmen danach ausgesucht. In anderen Unternehmen wird „ein Drittel der Zeit damit verwendet, irgendwelche Tretminen … Minen unterm Stuhl zu beseitigen. … Und das ist bei uns nicht der Fall, das lassen wir nicht zu.“113 Im privaten Umfeld hingegen zeigt sich IP IX emotionaler und eher zu Zugeständnissen bereit114. Auch Proband III mit seinem technisch orientierten Hintergrund findet einen Konflikt positiv, „wenn man ihn ausdiskutieren kann, wenn man auch die Kompromissbereitschaft des anderen findet. Und wenn man die nicht hat, dann kann ein ganzes Projekt gegen die Wand fahren.“115 Mit seinem hohen technischen und organisatorischen Wissen und seiner auch daraus resultierenden selbstbewussten Art agiert er bei den unterschiedlichen Konfliktarten immer sehr ähnlich. So sammelt er bei einem reinen Sachkonflikt Fakten, um dann auf der Faktenebene den Konflikt auszudiskutieren116. Allerdings „kommt dann irgendwann der Zeitpunkt, wenn ich … im Prinzip in der Vorgesetztenrolle bin, dann wird das auch irgendwann beendet nach dem Motto: Und jetzt machen wir es mal bitte so, wie ich es möchte. Ich übernehme dann aber auch die Verantwortung, das ist der Nachsatz. Weil, man kann viel diskutieren, aber wir diskutieren es nicht bis zum Sanktnimmerleinstag.“117 Bei einem Wertkonflikt geht der Proband folgendermaßen vor: „…da kann man im Prinzip dann die Fakten nicht so gut sammeln. Der Weg wäre dann zu sagen, mit jedem sich einzeln hinsetzen und sich mal anhören, wo die Positionen sind, und dann versuchen, was weiß ich, in einer Dreierrunde zu vermitteln. … am Ende muss ich 111 IP IX, Anlagenband S. 151f IP IX, Anlagenband S. 153 113 IP IX, Anlagenband S. 155f 114 Ebenda S. 156 115 IP III, Anlagenband S 46 116 Ebenda S. 50f 117 IP III, Anlagenband S. 51 112 50 dann auch entscheiden, wenn ich die Verantwortung für das Gesamtthema habe.“118 Bei einem Beziehungskonflikt würde IP III dann auch „über die gemeinsame Erarbeitung von Inhalten, den Versuch unternehmen, die Beziehungshürden abzubauen.“119 Bei einem konkret von ihm geschilderten Fall empfand er es als hilfreich, dass er ruhig bleiben konnte. „Ich konnte das Ganze von einer emotionalen Ebene weghalten, so dass wir uns also nie angeschrien haben, sondern immer auf der Sachebene halten.“120 Noch extremer reagiert IP VI, der aus einem technisch, handwerklichen Umfeld stammt, bei Beziehungskonflikten unter Mitarbeitern. Auf die Frage, wie er vorgegangen sei, als er den Konflikt bemerkte, antwortete er: „Gar nicht. Das Ganze ist dann richtig ausgeufert und führte dann zu … mehreren riesigen Beschwerden von beiden Seiten. … Dann wurde ich auch einfach überrollt und dann ging das an die Geschäftsleitung.“121 Und auf die Frage, wie er in Zukunft reagieren würde, führte er aus: „Ich würde mir das erstmal angucken, weil man kann sicherlich das nicht verallgemeinern. … Man muss schon immer sehen, worum geht es denn eigentlich. Und häufig ist es ja auch so, dass man dann quasi per Ordre de Mufti Ruhe reinbringen kann.“122 Bei allen anderen Konfliktfeldern sieht der Proband immer die Chance frühzeitig in den gegenseitigen Austausch zu gehen. „Dazu können irgendwelche Jour Fixe dienen, die man dann einberuft und dann den Leuten sagt ganz klar: Was passt euch nicht? Was ist in Ordnung?... Das würde ich gerne so machen.“123 4.3.2 Mediatoreneinsatz Die vierte Arbeitshypothese besagt, dass bei direkter Beteiligung der IPs an einem Konflikt ein Mediator nicht gewünscht wird. Wertet man die Interviews mit dem Blick auf diese Hypothese aus, so kann sie nicht vollständig bestätigt werden. Es ergibt sich ein zweigeteiltes Bild. Fünf Probanden sprechen sich klar gegen Hilfe durch einen allparteilichen Dritten aus. Im Gegensatz dazu können sich die anderen fünf vorstellen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Abbildung 6 zeigt noch ergänzend, dass sich neun der zehn Probanden gut vorstellen können, Hilfe in 118 Ebenda S. 52 Ebenda S. 52 120 Ebenda S. 49 121 IP VI, Anlagenband S. 107 122 Ebenda S. 108 123 Ebenda S. 114 119 51 Anspruch zu nehmen, wenn sie einen Konflikt unter Mitarbeitern zu bearbeiten haben, an dem sie nicht direkt beteiligt sind. Nur ein Proband sagt klar, dass er keine Hilfe annehmen möchte. Er löse seine Probleme lieber für sich, als dass er damit ‚durch die Dörfer gehe’124. Wunsch nach Hilfe durch allparteilichen Dritten bei: Konflikten mit Eigenbeteiligung einen Konflikten ohne Eigenbeteiligung ja nein II, IV, V, VIII, X I, III, VI, VII, IX I, II, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X III Abb. 6: Wünschen Führungspersonen Hilfe bei Konflikten? Um aufzuzeigen, wie die Probanden mit Konflikten umgehen und wie sich ihre Einstellung begründet, seien hier einige Beispiele aufgeführt. IP II bspw. sieht bei sich und in seinem Wirkungsbereich im Unternehmen folgende Vorgehensweise als gegeben. „Die normale Stufe ist die: Ich setze mich mit diesem Thema mit meinem Vorgesetzten auseinander und beratschlage gemeinsam, was wir machen. ... Die zweite Möglichkeit, auch schon passiert: Ich habe mich mit meinem Vorgesetzten abgestimmt und habe gesagt, ich gehe auf die Abteilung bei uns zu, die genau für so was da ist, die solche Sachen coacht. … Und wir haben noch eine dritte Möglichkeit: … Psychologen, die uns in Workshops unterstützt haben. ... Und zu denen habe ich auch schon mal Kontakt aufgenommen. Das ist auch eine Sache, die funktioniert.“125 Eine Herangehensweise an Konflikte, die einigen Probanden als sinnfällig erscheint: „Ich, sagen wir mal so, nicht wir, ich bin eigentlich so gepolt, ich versuche das immer erst mal mit Bordmitteln zu machen, also erst im kleinen Kreis. Und dann versuche ich sukzessive, den Kreis zu erweitern.“126 Proband V, der selbst Mediator ist, schildert im Interview ein länderübergreifendes Meeting, zur Festlegung der Budgets für das nächste Jahr, zwischen ihm und zwei Kollegen aus anderen Standorten in zwei anderen europäischen Ländern. Ihm war aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Gegebenheiten und Wertvorstellungen der Beteiligten von vornherein klar, dass bei dem Zusammentreffen ein enormes Konfliktpotenzial im Raum sein würde und hat in dem Zusammenhang vorgeschlagen: „Wenn wir uns begegnen und solche Dinge klären, dann lass es uns 124 Vgl. IP III, Anlagenband S. 53 IP II, Anlagenband S. 40 126 IP IV, Anlagenband S. 69 125 52 in der Anwesenheit eines Coaches tun. ... Er ist ein Israeli, der ein Unternehmen in Kanada und Amerika betreut und der dann eben als Coach als extern gebucht wird.“127 Auch die Probandin ist sehr offen für die Hilfe eines ausgebildeten allparteilichen Dritten: „Also, es gab Einzelgespräche mit uns und es gab Gruppengespräche mit uns. Und die waren schon viel besser, weil das da wirklich - man merkte, dass da ein Profi sitzt und der das Gespräch lenkt, der auch versucht, irgendwie einen Weg nach vorn zu gehen.“128 Demgegenüber steht die Einstellung derjenigen Probanden, die Hilfe nicht in Anspruch nehmen möchten. So ist für IP VI klar, dass wenn zwei Meinungen aufeinandertreffen und es dazu noch ein Machtgefälle gibt, auch eine neutrale Person nichts ausrichten kann129. Proband VII schildert einen Konflikt zwischen ihm und einem Vorgesetzten, zu dessen Regelung er klar sagt: „Das musste ich alleine machen. Ja. Also wenn mir da einer Hilfe hätte geben müssen, hätte ich mich schlecht gefühlt.“130 Ebenso käme Hilfe, egal ob von intern oder extern, für IP IX ebenfalls nicht in Frage: „Das muss ich so lösen. Also das könnte, wenn es eskaliert, nötig sein, aber das müsste mir quasi aufgedrungen werden, … also es müsste quasi empfohlen… Ich würde es nicht machen. … der Konflikt wird gelöst. … Und auch mit der Bereitschaft etwas zurückzustecken, also nicht nur zu gewinnen.“131 Die fünfte Arbeitshypothese, die ursächlich mit der vorangehenden verwoben ist, fragt danach, ob die Merkmalsausprägungen der Probanden eine Begründung dafür geben, ob Mediatoren zur Hilfe herangezogen werden. Hier hat die Analyse der erhobenen Daten ergeben, dass die Hypothese anhand der Stichprobe nicht verifiziert werden kann. Betrachtet man die beiden Probanden, die Konflikte eher als negativ ansehen (IP I und IP X), sind kaum Überschneidungen sichtbar (siehe Abb. 7). Ergänzt man die Gegenüberstellung um den Probanden, der gar keine Hilfe wünscht (IP III), erklärt sich seine Haltung ebenfalls nicht aus seinen persönlichen Merkmalausprägungen, wenn man sie zu den zwei anderen in Relation sieht. Die einzige, die eine 127 Ebenda, S. 89f IP VIII, Anlagenband S. 137f 129 Vgl. IP VI, Anlagenband S. 106 130 IP VII, Anlagenband S. 127 131 IP IX, Anlagenband S. 151 128 53 etwas hervorstechende Sozialisation und Merkmalsausprägung hat, ist die weibliche Führungskraft (IP VIII). Ihre Merkmalsausprägung ist signifikant anders als die der anderen Probanden. Sie nimmt gern Hilfe in jeder Situation an. Stellt man sie jedoch in Relation zu der Person, die auch gern Hilfe annimmt und dazu noch eine Mediatorenausbildung hat (IP V), so sind die Unterschiede in ihren Ausprägungen wieder so groß, dass man auch hier nicht von sinnfälligen Überschneidungen sprechen kann. Ähnlich setzt sich das Bild mit den anderen Interviewpartnern fort. Betrachtet man die fünf Probanden, welche auf die Frage nach Einstellung zu Konflikten sofort mit der Trennung zwischen sachbezogenen Konflikten und Beziehungskonflikten oder 54 IP I IP II IP III IP IV IP V IP VI IP VII IP VIII Sozialisationshintergrund kaufmännisch nicht akadem. kaufmännisch nicht akadem. technisch akademisch kaufmännisch nicht akadem. handwerklich nicht akadem. handwerklich nicht akadem. handwerklich nicht akadem. landwirtschaftl. kaufmännisch nicht akadem. akademisch militärisch nicht akadem. Geschlecht männlich männlich männlich männlich männlich männlich männlich weiblich männlich männlich Familienstand verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet ledig verwitwet verheiratet Kinder 3 2 3 keine 2 keine 3 keine 3 2 Ausbildung Zusatzausbildungen Geisteswiss. PR-Berater Ind.-Designer Ingenieur Ingenieur Naturwiss. Mediator Architekt Kaufmann Geisteswiss. Kaufmann Ingenieur NLP-Master Numerische Inteligenz Verbale Inteligenz Wahrnehmungsgeschw. Induktives Denken Deduktives Denken Räuml. Vorstellungsv. Gedächtnis 4* 2 1 2 1 1 2 1 1 2 1 1 2 2 * 4 = nicht ausgeprägt 2 2 2 1 2 2 1 3 2 1 2 2 4 2 2 1 3 2 1 1 2 3 2 3 2 2 3 2 2 2 2 1 1 4 2 3 2 2 3 2 3 2 2 2 2 2 3 2 4 3 2 1 2 3 1 1 3 = wenig ausgeprägt Branche Energie Automobil Elektronik Automobil Pharma Bau Maschinenb. Versicherung Versicherung Automotive Firmeneinschätzung konservativ dynamisch dynamisch dynamisch mittig mittig mittig konservativ konservativ konservativ Konflikteinstellung negativ trennend trennend trennend normal/ganzheit trennend normal/ganzheit normal/ganzheit trennend negativ Hilfe bei Eigenbeteiligung Hilfe bei Mitarb.konflikten Interne Hilfe Externe Hilfe nein ja ja ja ja ja ja ja nein nein nein nein ja ja ja ja ja ja ja ja nein ja ja - nein ja ja ja ja ja ja nein ja ja ja ja ja ja - Bei privaten Konflikten unüberlegter, emotionaler ähnlich ähnlich aber ungeduldiger gelassener, weniger Härte gleich gleich ähnlich, noch emotionaler nachgiebiger, emotionaler emotionaler Konflikte lösen, nicht umgehen 2 = ausgeprägt Abb. 7: Merkmalsausprägungen der Interviewpartner IP I bis IP X 55 IP IX IP X 1 = sehr ausgeprägt emotional bestimmten Konflikten geantwortet haben, ist auch hier keine nennenswerte Signifikanz von Überschneidungen zu erkennen (IP II, III, IV, VI, IX). Blickt man dann noch auf die angekreuzten Items der kognitiven Selbsteinschätzung und hier insbesondere auf die „verbale Intelligenz“, das „induktive Denken“ und das „deduktive Denken“, da diese am ehesten beim Konfliktmanagement hilfreich sind, setzt sich das uneinheitliche Bild ohne nennenswerte Überschneidungen fort. Es ist somit anzunehmen, dass andere Faktoren, wie etwa psychologische Merkmale zu der vorliegenden Diskriminierung der Probanden beitragen. Die letzte Betrachtung ist die nach der Präferenz für interne oder externe Hilfe durch allparteiliche Dritte, abgeleitet durch die Merkmalsausprägungen der Probanden. Auch hier ist kein eindeutiges Bild zu erkennen. Interessant sind hierzu aber einzelne Aussagen der Probanden. So ist es IP I egal, ob er unternehmensinterne oder -externe Hilfe bekommt. Er würde sich in beiden Fällen vorab eine Meinung zu der Person bilden und die Person auf jeden Fall vorher kennen lernen wollen132. IP II fände einen externen allparteilichen Helfer eher unabhängiger, würde aber auch die interne Abteilung zur Hilfe heranziehen133. Proband IV sagt, dass er beginnt mit „Bordmitteln, ... also erst im kleinen Kreis. Und dann versuche ich sukzessive, den Kreis zu erweitern.“134 Ganz anders sieht IP VI bei Konflikten unter Mitarbeitern da seine Möglichkeiten. Er würde nach einer Person unter den Kollegen Ausschau halten, die „von einer großen Menge der Mitarbeiterschaft anerkannt ist als Kollege.“135 Ähnlich sieht es Proband X. Er präferiert auch interne Hilfe, sieht diese aber in jedem Fall auf einer vergleichsweise hohen Hierarchieebene, da er sonst bezweifelt, dass sich Kollegen an diese Person wenden würden136. Für eher externe Hilfe spricht sich die Probandin VIII aus: „ Ich glaube, dass es von extern schöner wäre, weil, wenn das Leute sind aus dem Unternehmen – das war ja in der XXXX der Fall – da hat man dann schon gewusst, dass die auch Lieblinge haben.“137 Interviewpartner V sieht dagegen als optimale Lösung, „wenn es einen Internen und einen Externen gäbe, weil man dann beide Blicke hat.“138 132 Vgl. IP I, Anlagenband S. 30 Vgl. IP II, Anlagenband S. 40 134 IP IV, Anlagenband S. 68 135 IP VI, Anlagenband S. 109 136 Vgl. IP X, Anlagenband S. 165 137 IP VIII, Anlagenband S. 142 138 IP V, Anlagenband S. 90 133 56 4.3.3 Führungspersonen und ihr Umgang mit Konflikten Die Ausganghypothese der vorliegenden Arbeit fragt, ob die Merkmalsausprägungen von Führungspersonen (abgeleitet aus der Sozialisation und Qualifikation der einzelnen Probanden) in Kombination mit der Unternehmenskultur die Wahrnehmung und damit einhergehend den Umgang mit Konflikten beeinflusst. Wahrgenommen werden Konflikte von allen befragten Probanden, wenn auch ein Proband erst überlegen musste, wann er das letzte Mal einen Konflikt erkannt hat. „Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass es mir schwer fällt, mich an einen bleibenden Konflikt zu erinnern.“139 Klar wird auch durch die Untersuchung, dass tiefe Organisationsstrukturen dazu führen, dass Führungskräfte in den oberen Hierarchieebenen kaum noch Einblicke in den operativen Geschäftsablauf haben und somit vieles, was zwischenmenschlich stattfindet, nicht mehr wahrnehmen. IP IV sagt, dass er einfach zu weit weg sei, seine Sekretärin ihn abschotte und er zwei, drei, vier Türen bis zum ersten Mitarbeiter überwinden müsse, um zu ihm zu gelangen. Ein anderer Unternehmensstandort, von dem er auch berichtet, hätte dieses Phänomen nicht, da gäbe es keine Einzelbüros, auch nicht für die Werkleitung. Da bekäme man Konflikte eher mit140. Im Unternehmen von IP V wurden Probleme, die er wegen seiner räumlichen Position so im Alltag auch nicht wahrnehmen konnte, an ihm vorbei über den Betriebsrat ausgetragen. Um das zu verändern, führte er monatliche, wie er sie nennt, Laborbesprechungen ein, an denen auch IP V versucht, regelmäßig teilzunehmen141. IP IX dagegen, der auf Vorstandsebene tätig ist, hat aufgrund der Organisation in seinem Unternehmen „ständig Kontakt zu allen“142, wodurch er beim Interview keine Schwierigkeiten hatte, sich sofort Konfliktsituationen aus seinem Arbeitsalltag ins Gedächtnis zu rufen143. So wird deutlich, dass eine eher flache Unternehmensorganisation gepaart mit einer kommunikativen Unternehmenskultur die Konfliktwahrnehmung bei Führungskräften positiv unterstützt. Wie Führungskräfte dann letztendlich mit Konflikten umgehen, ist nicht, wie in der Ausgangshypothese angenommen, abhängig von ihren soziodemografischen Lebensumständen oder ihrer Ausbildungsqualifikation. Auch wie konservativ oder 139 IP VI, Anlagenband S. 119 Vgl. IP IV, Anlagenband S. 69 141 Vgl. IP V, Anlagenband S. 87 142 IP IX, Anlagenband S. 146 143 Vgl. IP IX, Anlagenband S. 148ff 140 57 dynamisch sich ein Unternehmen für seine Mitarbeiter gibt, zeigt bei der Gegenüberstellung aller abgefragten Items der 10 Interviewpartner keine signifikant ablesbaren Auswirkungen auf deren Umgang mit Konflikten (siehe Abb. 7). Ebenso erkennt man aus der Abbildung, dass der Vergleich der selbst eingeschätzten kognitiven Fähigkeiten der Probanden in Relation zu allen anderen soziodemografischen Angaben im Hinblick auf das Konfliktverhalten keine Generalisierungen zulässt. Auch auf die Frage zum Umgang mit Konflikten im privaten Umfeld lässt sich keine Clusterung feststellen. Es ergeben sich keine übereinstimmenden Merkmale bei den fünf IPs (I, IV, VIII, IX, X), die sich privat anders, im Wesentlichen emotionaler verhalten. Proband I erlaubt sich, unüberlegter zu sein als bei der Arbeit und eigentlich noch emotionaler144. IP IX sagt: „Vor allen Dingen emotionaler, das heißt also achtsamer, vorsichtiger, dass man nichts kaputt macht auf dem Weg dieser Konflikte.“145 Selbst die weibliche Führungskraft, die schon im Unternehmen recht emotional mit Konflikten umgeht, sagt, dass sie im privaten Umfeld, noch mal emotionaler sei, und sie außerdem noch nachgiebiger sei, weil sie keine Lust mehr auf Konflikte habe146. Auch die fünf Probanden, die sich privat ähnlich oder gleich verhalten wie im Unternehmen, bilden keine signifikanten Übereinstimmungen aus. IP VII verhält sich nach eigenen Angaben privat wie geschäftlich. Bei ihm zählt nicht Drum rum reden, sondern die Ehrlichkeit147. Proband V, der auch im Unternehmen in jedem Bereich gern Hilfe in Anspruch nimmt, macht das Gleiche auch im privaten Bereich. Hier wendet er sich ggf. auch an eine Beratungsstelle148. 4.4 Folgerungen für die Mediation Die Folgerungen für die Mediation im vorliegenden Handlungsfeld erstrecken sich über drei Erkenntnisbereiche. Die wissenschaftliche Forschung sollte sich intensiv mit den psychologischen Merkmalen von Personen auseinandersetzen, die mit Konflikten umgehen müssen, um daraus neue Erkenntnisse für den gezielten Einsatz von Mediation zu gewinnen. Zweitens ist das Image des Begriffs „Mediation“ offensichtlich nicht so, wie wir Mediatoren es uns wünschen, und zum Dritten sollten noch mehr Wünsche und Vorstellungen von Führungspersonen zusammengetragen 144 Vgl. IP I, Anlagenband S. 31 IP IX, Anlagenband S. 156 146 Vgl. IP VIII, Anlagenband S, 144 147 Vgl. IP VII, Anlagenband S. 132 148 Vgl. IP V, Anlagenband S. 99 145 58 werden, wodurch man das Angebot an unterstützenden Maßnahmen für Unternehmen und deren Mitarbeiter noch attraktiver erweitern könnte. 4.4.1 Mediationsforschung mit Führungskräften Weder die beruflichen Muster des Elternhauses noch die Herkunftsqualifikation der Führungskräfte, ebenso wenig ihre privaten Lebensumstände scheinen die vorrangigen Prägungen für den Umgang mit Konflikten darzustellen, wie die vorliegende Untersuchung Führungspersonen und ihr zeigt. Um differenziertere Konfliktverhalten zu erlangen, Aussagen sollten über gezielt psychologische Untersuchungen mit ihnen durchgeführt werden. So sollten bspw. von möglichst vielen Führungspersonen in gleicher hierarchischer Stellung Persönlichkeitsstrukturen abgebildet werden und diese gemeinsam mit den Handlungsmustern bei Konfliktfällen untereinander verglichen werden. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse könnten dann Aufschluss darüber geben, was genau das Konfliktverhalten von Personen beeinflusst. Im Weiteren sollte der Fokus auf die individuellen Konfliktmanagementstile bei Führungskräften gerichtet werden, denn ähnlich wie es keinen allgemeinen, sondern lediglich einen personenspezifischen, adäquaten Führungsstil gibt149, wird es vielleicht auch bei der Bewältigung von Konflikten solch bestimmte Muster geben. Ob sich konsistente Stile tatsächlich definieren lassen, ist ebenfalls nur anhand weiterer empirischer Untersuchungen zu ermitteln. Hätte die Forschung verlässliche Daten über die Handelnden und ihre Handlungen, so bestünde die Möglichkeit, gezielt Angebote für Schulungen im Bereich Mediation oder mediative Gesprächsführung anzubieten. Weiterhin könnte eine spezielle Dienstleistung Mediation für Unternehmen und ihre Führungskräfte entwickelt werden, die dann individuell maßgeschneidert sicherlich auf eine größere Akzeptanz bei der Zielgruppe treffen würden. 4.4.2 Imageverbesserung für Mediation Immer wieder musste ich zu Beginn der Untersuchung entweder den Begriff Mediation genauer erläutern oder gezielt den Unterschied zwischen Schlichtung und Mediation erklären. Obwohl diese in Deutschland noch junge Wissenschaft von der Mediation immer mehr Verbreitung findet und in einigen Bundesländern 149 Vgl. Wöhe, a.a.O, S. 163f 59 Mediationsgesetze etabliert werden sollen, hat der Begriff wie auch die Umsetzung in den Führungsebenen deutscher Unternehmen noch nicht überall Einzug gehalten. IP V, selbst Mediator und in einem von Naturwissenschaftlern bestimmten Umfeld tätig, erklärte im Interview, dass er bei einem Konflikt unter Mitarbeitern von der „hehren Lehre der Mediation“ abweiche und die Beteiligten einfach nur zu einem Gespräch einlädt, denn wenn er sagen würde: „Hier, wir machen eine Mediation, dann wäre keiner mehr bereit dazu. Das hat was mit diesem naturwissenschaftlichen Denken zu tun.“150 Und weiter führt er aus: „Ganz am Anfang habe ich mal wirklich versucht, das als Mediation zu verkaufen und das ist also auf Ablehnung gestoßen.“151 Bei der Aussage wird deutlich, dass noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Ein Anfang könnte an den Hochschulen in Deutschland gemacht werden. So hat sich an den juristischen Fakultäten Mediation bereits weitgehend etabliert. Workshops oder Seminare vermitteln hier erstes Grundhandwerkszeug und ein Bewusstsein für die Möglichkeiten sowie die Sinnhaftigkeit der Konfliktbewältigung durch Mediation152. Ähnliches muss aber auch noch an anderen Fakultäten eingeführt werden. So wäre durchaus ein Wahlfach „Konfliktmanagement für angehende Führungskräfte“ an den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten im Bereich Personalführung denkbar. Ebenso sollten bspw. auch die technischen Fakultäten, wie etwa die Architektur, der Maschinenbau, die Elektrotechnik oder die naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer, ein Bildungsangebot über dieses Gebiet bereithalten. Nur so kann das Wissen über Mediation langsam in die Führungsetagen der Unternehmen hineinwachsen. 4.4.3 Wünsche der Führungspersonen an das Unternehmen Gegen Ende der einzelnen Interviews sollten die IPs Wünsche äußern, die sie in Bezug auf den Umgang mit Konflikten an ihr Unternehmen hätten. Fünf Probanden sind mit dem Stand in ihrem Betrieb soweit zufrieden (IP II, IV, VI, VIII, IX). Um die Bandbreite der Wünsche der anderen Interviewpartner zu verdeutlichen, hier einige Auszüge aus den Interviews: 150 IP V, Anlagenband S. 87 Ebenda, S. 88 152 Vgl. Bargen/Knorr/Engel/Montada/Borgen, 2007, Zugriff am 11.6.2008; Matheis, 2008, Zugriff am 11.6.2008 151 60 IP I wünscht sich zunächst einmal mehr Zeit. So würde der Druck abgebaut werden, alle hätten die Möglichkeit zur Reflektion. Hier sieht er zwar keinen Handlungsspielraum, denkt aber, dass besser qualifizierte Mitarbeiter souveräner mit dem Zeitdruck und etwaigen Angriffen auf ihr Arbeitsfeld umgehen. Er sieht beide Faktoren als häufige Auslöser für Konflikte153. IP III wünscht sich mehr Sozialkompetenz auf der Seite der Führungskräfte im Unternehmen154. Der Proband aus dem Maschinenbauunternehmen (IP VIII) sagt: „Also, ich glaube, dass bei uns im Unternehmen Weiterbildung noch nicht den richtigen … den ausreichenden Stellenwert hat.“155 Und Möglichkeiten zur Veränderung, auch wenn sie vermittelt würden, lange bräuchten, ehe sie umgesetzt werden156. IP X wünscht sich ganz praktische Hilfe. Er hätte gern eine Steuerung der Kommunikation in arbeitsorganisatorischen Bereichen, da dort ein ganz großes Konfliktpotenzial der Abteilungen untereinander lauert157. Proband V sieht klar, wie ein Wunsch an sein Unternehmen umzusetzen wäre. „Ich würde mir wünschen, dass es einen Ansprechpartner gibt, der geschulter Mediator ist, der von allen Menschen,… die an diesem Standort arbeiten, eben eingeschaltet werden kann, wenn es zu Konflikten kommt.“158 Auf die Frage an den Probanden, wo er so eine Person ansiedeln würde: „… eigentlich, je nachdem, wo man ihn parkt, hat er gleich einen Makel weg. Es müsste ein charismatischer Mensch sein, der also sehr deutlich machen würde, selbst wenn er beim Betriebsrat oder bei der Personalabteilung oder beim Rechtswesen aufgehangen wird, dass das also nicht gleichbedeutend ist, den entsprechenden Stempel oder das Image zu haben. ... am ehesten so im Bereich Weiterentwicklung, Bildung vielleicht, das wäre am unverfänglichsten und am neutralsten.“159 In der Aussage des Probanden lassen sich sofort auch bekannte Probleme bei der Etablierung von Konfliktmanagementsystemen in Unternehmen oder Organisationen erkennen. Was aber deutlich wird, ist, dass Bedarf an Schulungen und geschulten Führungskräften besteht, und dass sich 5 Führungspersonen dafür aussprechen, dass sie Veränderungen wenigstens im Bereich der Kommunikation in ihrem Unternehmen gern sehen würden. Mediation und/oder 153 Vgl. IP I, Anlagenband S. 29 Vgl. IP III, Anlagenband S. 56 155 IP VII, Anlagenband S. 130 156 Ebenda S. 130 157 Vgl. IP X, Anlagenband S. 169f 158 IP V, Anlagenband S. 96 159 Ebenda S. 96 154 61 mediative Gesprächsführung für Führungskräfte könnte dabei als Angebotspaket für Unternehmungen interessant sein. 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Große Unternehmen haben eine ausdifferenzierte formale Organisationsstruktur, wodurch es bei den strategischen und operativen Tätigkeiten zu zahlreichen Berührungen der Mitarbeiter untereinander kommt. Sowohl in vertikaler als auch horizontaler Hierarchieebene treten dabei Konflikte auf, mit denen Führungspersonen umgehen müssen. Mithilfe der vorliegenden Untersuchung wird herausgearbeitet, wie Führungspersonen in gehobener Hierarchieebene mit Konflikten umgehen. Dazu wurde folgende Ausgangshypothese formuliert: Je nach Merkmalsausprägung einer Führungsperson (abgeleitet aus der Sozialisation und Herkunftsqualifikation der einzelnen Probanden) in Kombination mit der Unternehmenskultur variiert die Sicht auf Konflikte und damit einhergehend der Umgang mit ihnen. In der theoretischen Aufarbeitung und Eingrenzung des Untersuchungsfeldes zeigt sich, dass Führungskräfte in vertikaler und horizontaler Richtung mittelbar wie auch unmittelbar an Konflikten partizipieren. So ergibt sich durch die Einteilung von Konflikten in die drei Kategorien, Sach-, Wert- und Beziehungskonflikte, eine 12Felder-Matrix für ihren Handlungsrahmen, in dem sie dann selbst tätig werden und/oder sich Hilfe aus dem Unternehmen bzw. von extern dazuholen können. Für die Untersuchung sind 10 Führungspersonen aus 10 deutschen Großunternehmen jeweils zunächst per standardisierten Fragebogen in ihren soziodemografischen Daten und ihren Herkunftsdisziplinen erfasst worden. Alle 10 Probanden haben dann einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung ihrer kognitiven Fähigkeiten ausgefüllt und sind danach in einem Interview mit Leitfaden zu ihren Wahrnehmungen und ihrem Umgang mit Konflikten befragt worden. Die deskriptiven Auswertungen der erhobenen Daten und ihre Gegenüberstellung mit den Aussagen aus den Interviews führen zu Ergebnissen, die in Relation zueinander keine Generalisierungen über die befragten Personen und ihre Handlungsschemata nahelegen. Einzig die in der Ausgangshypothese angenommene Prägung der Probanden durch die Unternehmenskultur in Bezug auf ihren Umgang mit Konflikten kann anhand der Ergebnisse weitestgehend bestätigt werden. 62 Trotz der heterogenen Ergebnisse hat die Untersuchung durchaus interessante Erkenntnisse hervorgebracht. So unterscheiden 5 der 10 Probanden auf die Frage nach ihrer Einstellung zu Konflikten sofort nach sachlicher und emotionaler Ebene. Im Umgang mit Konflikten begegnen 7 Interviewpartnern sowohl Sach- wie auch Wertkonflikten auf der Faktenebene und diskutieren sie sachlich aus. Ein Proband versucht, generell Konflikte zu umgehen. Der einzige Proband mit Mediationshintergrund sieht bei Konflikten, egal welcher Art, eine häufige Kombination mit der Beziehungsebene, und die Probandin bewegt sich weitestgehend auf der emotionalen Ebene. Auf die Frage nach Hilfe bei Konflikten durch einen allparteilichen Dritten zeigt sich bei einer Eigenbeteiligung am Konflikt ein zweigeteiltes Bild: 5 IPs lehnen Hilfe ab, die anderen würden gern Hilfe in Anspruch nehmen. Bei Nichtbeteiligung würden sogar 9 Führungspersonen durchaus Hilfe annehmen, wenn sie mit einem Konflikt konfrontiert würden. Jenseits des Untersuchungsdesigns geben die Interviews noch vielschichtige Einblicke in die Gesamtproblematik der Mediation in Unternehmen. So werden einige Problemfelder thematisiert, deren weitere Bearbeitung für die befragten Führungspersonen und somit auch für Unternehmen von Bedeutung sind. Ein Interviewpartner erzählt von einer schwierigen Wertproblematik im Umgang der Mitarbeiter untereinander, da sich sein Unternehmen seit Kurzem multinational aufgestellt hat. Dies sollte als Herausforderung für Wirtschaftsmediatoren gesehen werden, sich verstärkt mit dem Bereich interkulturelle Mediation auseinanderzusetzen, da vermehrt deutsche Unternehmen Dependancen im Ausland haben. Vier Probanden sprechen über wiederkehrende Konflikte, mit denen sie im Hinblick auf die Generationsproblematik konfrontiert werden. Auch die Geschlechterproblematik in und zwischen firmeninternen Organisationseinheiten taucht in den Interviews häufig auf. Und immer wieder kommt es zu der Vermischung der Begriffe Mediation, Moderation und Coaching, was erneut auf die noch immer nicht ausreichende Verbreitung der jungen Wissenschaft von der Mediation verweist. Als Fazit der vorliegenden Untersuchung gilt es festzuhalten: Weder die beruflichen Muster des Elternhauses noch die Herkunftsqualifikationen der Probanden oder auch ihre Lebensumstände korrelieren mit ihrem Konfliktumgang. Dennoch unterscheiden sich ihre Handlungsmuster beim Konfliktmanagement. Es wäre sicherlich lohnend, weitere Feldforschungen zu betreiben, um die Parameter zu finden, welche diese 63 Differenzierungen begründen. Vermutlich liegen sie nicht in der soziodemografischen, sondern eher in der psychologischen Struktur der Probanden. Eine Typologisierung dieser Struktur ist nicht nur in der Wirtschaftsmediation, sondern auch in allen anderen Feldern der Mediation von Relevanz. 64