Dörner, Andreas: Medienkultur und politische Öffentlichkeit: Perspektiven und Probleme der Cultural Studies aus politikwissenschaftlicher Sicht. In : Andreas Hepp, Rainer Winter (Hg.): Kultur - Medien - Macht. Cultural Studies und Medienanalyse. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 1999. Abstract: Andreas Dörners Artikel „Medienkultur und politische Öffentlichkeit“, gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen der Cultural Studies; diese Skizzierung erfolgt aus politikwissenschaftlicher Sicht. Vor diesem Hintergrund werden die Thesen des amerikanischen Philosophen Douglas Kellner - der Film und Fernsehen als entscheidende Faktoren politischer Ideologiebildung definiert – genauer betrachtet, erklärt und letztendlich auch kritisiert. Schlagwörter: Andreas Dörner, Cultural Studies, Politik, Kultur, Douglas Kellner, Ideologiebildung, Ideologiekritik, Eingereicht von: Andreas Krasser Matr.nr.: 0204708 Stud.kennzahl: 033 / 641 696511 VO Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur Univ.-Prof. Dr. Thomas A. Bauer, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien, , WS 2004/2005 Zusammenfassung des Textes: Laut Andreas Dörner, finden Prozesse der Inszenierung von Identitäten und der Vermittlung von sozialem und politischem Sinn weitgehend in der Sphäre medienvermittelnder Kommunikation statt.1 Dies stellt den Grund für den großen Erfolg der Cultural Studies dar, welche einen Fokus auf Massenmedien und Unterhaltung richten. Andreas Dörners Artikel, gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen der Cultural Studies; diese Skizzierung erfolgt aus politikwissenschaftlicher Sicht. Vor diesem Hintergrund werden die Thesen des amerikanischen Philosophen Douglas Kellner - der Film und Fernsehen als entscheidende Faktoren politischer Ideologiebildung definiert – genauer betrachtet, erklärt und letztendlich auch kritisiert. Hierfür werden zunächst überblicksartige Ausführungen zur Genese und zu den wichtigsten Charakteristika der Cultural Studies getätigt. Das Zeitalter der Moderne, gekennzeichnet durch mehr Offenheit und mehr Ungewissheit, erzeugt einen erhöhten Bedarf an Orientierung , der unter anderem durch Medienbilder bedient wird.2 Hier etablieren sich die Cultural Studies als Erweiterung unadäquater und tradierter Wissenschaftszugänge. Die Logik der Alltagswelt soll vordergründig sein. In den 90er Jahren hatten sich viele Ansätze und methodische Vorgehensweisen der Cultural Studies herausgebildet, wobei zwei Pole eine besondere Beachtung verdienen: 1. Der Pol der Medienmacht. Er betont die ideologischen Einflussmöglichkeiten, wie politische Ökonomie und soziale Strukturen. 2. Der Pol der Fluidität der Machtverhältnisse in einer Medienkultur. Er zeigt auf, dass neue Technologien nicht nur Werkzeuge von ökonomischen Ausbeutungsprozessen sein müssen, sondern auch Instrumente des Widerstandes sein können. Anhand dieser Pole lassen sich Gemeinsamkeiten der Cultural Studies benennen, welche politikwissenschaftlich gesehen eine hohe Relevanz besitzen: 1 Vgl. Dörner, Andreas: Medienkultur und politische Öffentlichkeit: Perspektiven und Probleme der Cultural Studies aus politikwissenschaftlicher Sicht. In: Andreas Hepp, Rainer Winter (Hg.): Kultur - Medien - Macht. Cultural Studies und Medienanalyse. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 1999. S. 319. 2 Vgl. Dörner 1999: S.320. Der Kulturbegriff der Cultural Studies ist grundlegend politisch dimensioniert. Es handelt sich also um eine politische Perspektivierung jeglicher kultureller Praxis. Hierbei wird Kultur als ein Forum des Kampfes und Konfliktes verstanden, während kulturelle Praxis immer im Hinblick auf Machtrelationen beleuchtet wird. Die populäre Unterhaltungskultur wird als ein zentraler Bestandteil der Gegenwartsgesellschaft ernst genommen. Zur empirischen Erfassung dieser Prozesse werden hermeneutische und semiotische Verfahren eingesetzt. Medien und Unterhaltungskultur sind zentrale Schaltstationen und relevante Bezugsgrößen für politische Akteure3 Die populäre Medienkultur steht im Zentrum der Untersuchungen von Douglas Kellner, einem amerikanischem Professor für Philosophie. Für ihn, stellen Film und Fernsehen mit ihren eindringlichen Bildwelten einen starken Faktor gegenwärtiger Ideologiebildung dar. Kellner fordert eine „Rehabilitierung und Reformulierung der Ideologiekritik auf einem theoretischen Niveau, das den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte gerecht wird.“ 4 Diese Ideologiekritik muss außerdem eine multikulturelle Optik erarbeiten. 5 Douglas Kellner geht dabei vom Standpunkt aus, dass sich ideologische Fronten in stabilen Formationen institutionalisieren und sich nicht in einem ständigen Fluss befinden. Weil Bilder, Mythen und Narrationen konstituive Bestandteile von Ideologien sind, muss Ideologiekritik in der Lage sein, die Logik der Bilder zu decodieren. Dies bezeichnet Kellner als „figurative ideology critique“. Besonderes Augenmerk muss hier der visuellen Repräsentation von Ideologien gelten, die sich sehr intensiv entfalten können und eine starke Wirkung auf den Mediennutzer besitzen. „Ein zentraler Mechanismus der Medienkultur besteht aus der Konstruktion attraktiver Subjektpositionen in den Bildwelten. Die meisten Filme bieten deutlich konturierte, positiv besetzte Heldenfiguren an, in die hinein wir uns imaginieren können.“6 Die dann eingenommenen Subjektspositionen, sind im Stande unsere Sicht der Dinge zu ändern. Douglas Kellner macht deutlich, dass er die Wirkungs- und Manipulationspotentiale der Unterhaltungsprodukte sehr hoch einschätzt. 3 Vgl. Dörner 1999: S.324. Dörner 1999: S.325. 5 Vgl. Dörner 1999: S.325. 6 Dörner 1999: S.327. 4 Es geht ihm letztendlich um eine Reintegration der interpretativen und politischökonomischen Ansätze in den Cultural Studies. Dafür ruft er in Erinnerung, dass die Produktion von populärer Kultur zunächst immer den Marktmechanismen und den Rahmenbedingungen der staatlichen Politik gerecht werden muss. Die oberste Maxime jedoch lautet, dass „Produktionen, die auf breite Popularität zielen, im Rahmen des ideologischen bzw. politisch - kulturellen Mainstream platziert sein müssen.“7 Das bedeutet in weiterer Folge, dass populäre Serien den Werthorizont einer Gesellschaft aufzeigen. An Kellners Ansatz kritisiert Andreas Dörner, dass primär nur die medialen Identitätsangebote und nicht deren Wirkung auf den Mediennutzer, untersucht werden. Der schwerwiegendste Kritikpunkt an Kellner und den meisten anderen Vertretern der Cultural Studies ist aber, dass Interdisziplinarität nicht wirklich praktiziert wird. Weiters werden laut Dörner sozialwissenschaftliche Debatten nahezu ausgeklammert, was simplifizierte Bilder vom politischen Prozess als Konsequenz haben8 Auswertung und Besprechung des Artikels: Die Medienpädagogik hat sich laut Roland Burkart folgendes Ziel auf die Fahnen geschrieben: Nämlich Menschen in die Lage zu versetzen , vernünftig mit den Angeboten der Massenmedien umzugehen, selektiven Gebrauch vom reichhaltigen Angebot zu machen und Manipulation zu durchschauen.9 Diese allgemeine Definition bildet eine gute Überleitung zur medienpädagogischen Relevanz des Artikels von Andreas Dörner. Denn in Kellners Ansatz wurde der starke Einfluss der audiovisuellen Medien auf die menschliche Ideologiebildung sehr deutlich: Filme können attraktive Subjektpositionen schaffen – „Rambo 2“ beispielsweise bot eine symbolische Kompensation für die amerikanische Niederlage in Vietnam und gewährte der niedergeschlagenen männlichen Identität, Unterstützung.10 Kellner stellte aber auch klar, dass es in einer pluralistischen Gesellschaft zu den manipulatorischen Kräften auch immer Gegenprojekte und Gegenkulturen gibt. In dieser These sind Kommunikationsmodells 7 entscheidende zu Anhaltspunkte erkennen: Erst eines die medienpädagogischen Entähnlichung von Dörner 1999: S.329. Vgl. Dörner 1999: S.331. 9 Vgl. Burkart, Roland: Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag. (4.Auflage) 2002. S. 476. 10 Vgl. Dörner 1999: S.326. 8 Kommunikationsprozessen kann Kommunikation auf einer synthesischen Ebene weiterführen. Denn erst durch Brechen mit der Routine – also durch einen intelligenten Regelbruch – geschieht ein Umdenken des Kommunikationsbegriffs.11 Generell gesehen, zeigt sich der medienpädagogische Bezug Dörners Artikel am deutlichsten in der allgemeinen Thematik die behandelt wird – den Perspektiven und Problemen der Cultural Studies. Medienpädagogik ist natürlich nicht getrennt vom Sektor der Medien zu betrachten, während diesem wiederum das Hauptaugenmerk der Cultural Studies gilt. Der Terminus Medienkultur impliziert den Terminus „Kultur“; Kultur ist aus medienpädagogischer Sichtweise kommunikationsentscheidend, weil Kulturen nämlich mit dem Moment der Kreation arbeiten, was uns erneut zur Vielfältigkeit und dem Regelbruch führt. Andreas Dörners Text „Medienkultur und politische Öffentlichkeit: Perspektiven und Probleme der Cultural Studies aus politikwissenschaftlicher Sicht“, ist verständlich geschrieben und gut gegliedert. Die medienpädagogische Relevanz des Artikels ist erkenntlich und seine abrundende Kritik an Douglas Kellner und den Cultural Studies im Allgemeinen ist nachvollziehbar. Besonders interessant fand ich Kellners praktische Beispiele zu den Auswirkungen medialer Texte auf die Rezipienten; trotz fehlender empirischer Beweisführung regen sie zu einer weiteren Vertiefung zu diesem Themenkomplex an. Vgl. Bauer, Thomas: „ Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur“, Vorlesung im Wintersemester 2004/05 an der Universität Wien am 20. 10. 2004. 11 Bibliografie: Dörner, Andreas: Medienkultur und politische Öffentlichkeit: Perspektiven und Probleme der Cultural Studies aus politikwissenschaftlicher Sicht. In : Andreas Hepp, Rainer Winter (Hg.): Kultur - Medien - Macht. Cultural Studies und Medienanalyse. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 1999. Burkart, Roland: Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag. (4.Auflage) 2002. S. Weiterführende Literatur: Kellner, Douglas: Cultural Studies. Identity and Politics Between the Modern and the Postmodern. London. 1995. http://www.gseis.ucla.edu/faculty/kellner/index.html