GudehusKommentierteWährungsv24 v 11Mai13

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Version 2.4 vom 27. Mai 2013
Entwurf ei ner Europäi schen W
ährungsverfassung
Erläuterungen und Begründungen
Timm Gudehus, Hamburg
Vorbemerkungen
Dieser Entwurf für eine Europäische Währungsverfassung beruht auf den Vorschlägen von
Joseph Huber zur Monetären Modernisierung und Einführung von Vollgeld (Huber 2011;
Binswanger 2012). Das Zustandekommen der Umstellungsgewinne und die dafür erforderliche Anpassung der Bilanzierung der Zentralbank sind in dem Bericht „Geldschöpfung und
Staatsfinanzierung“ dargestellt (Gudehus 2013)
Grundsätze des Textentwurfs und Ziele des Gesetzes sind:
• Beschränkung auf eine neue Geldordnung. Bereiche der übrigen Rechtsordnung, wie die
Finanz- und Wirtschaftsordnung, werden hier nur soweit neu geregelt, wie sie sie von der
Geldordnung betroffen sind.
• So allgemein, kurz und umfassend wie möglich, so speziell, ausführlich und detailliert wie
zum Erreichen der Gesetzesziele nötig.
• Sicherung des allgemeinen Vertrauens in die neue Geldordnung durch weitestgehende
Beibehaltung der bestehenden Gesetze und Verträglichkeit mit der gewohnten Praxis.
• Weitest mögliche Trennung der Geldpolitik der Zentralbank von der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Staaten.
• Verpflichtung der Zentralbank zu finanz- und wirtschaftspolitischer Neutralität gegenüber
den einzelnen Mitgliedstaaten
• Begrenzte und kontrollierte Geldschöpfung allein durch die Zentralbank
Ziele der Geldreform und Grundsätze der Umstellung sind:
• Geldwertsicherung und Wirtschaftsstabilisierung durch geregelte Geldmengensteuerung
• Staatsentschuldung durch Umstellungs- und Geldschöpfungsgewinne
• Vereinfachung, Allgemeinverständlichkeit, Transparenz und Beseitigung von Unklarheiten,
• Check and Balance der beteiligten Institutionen der Monetative und der Exekutive
• Keine Störung des Zahlungsverkehrs durch neue oder ungewohnte Abwicklungsformen,
durch Abschaffung geschäftsüblicher Zahlungsweisen oder durch hinderliche Vorschriften.
• Möglichst keine Mehrkosten im Zahlungsverkehr.
Die Textvorschläge für die neue Währungsverfassung sind in fetter Normalschrift geschrieben, die Erläuterungen und Begründungen in Kursivschrift.
Änderungs- und Ergänzungsvorschläge bitte in farbiger Schrift in den Text einfügen und an
[email protected] senden.
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Präambel
Das reibungslose Funktionieren der Geldordnung und das Vertrauen in das Geld sind
unerlässliche Bedingungen für eine prosperierende Wirtschaft und das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft. Die dafür erforderliche Regelung der Geldmenge und
die Sicherung des Geldwerts sind Aufgaben der europäischen Zentralbank (EZB). Die
aus der Geldschöpfung resultierenden Gewinne sollen dem Nutzen der gesamten Gesellschaft dienen. Um diese Ziele zu erreichen, haben die Mitgliedstaaten der Europäischen
Währungsunion zur Neuordnung des Geldwesens im gemeinsamen Währungsgebiet
diese Währungsverfassung beschlossen.
Aufzulisten sind hier noch die beteiligten Länder und die Beschlussgremien der neuen Währungsordnung. Dazu ist zu klären ist, auf welche Weise und durch welche Gremien die Währungsverfassung beschlossen werden kann (s. dazu Hahn/Häde 2010)
§1
Gel d und W
ährung
(1) Gesetzliches Geld und unbeschränkt gültige Währung ist das von der europäischen
Zentralbank in begrenzter Menge in den Verkehr gebrachte Zentralbankgeld.
Dieser und die folgenden Absätze der Währungsverfassung legen den bisher unterschiedlich
definierten Begriff “Geld“ rechtlich verbindlich fest (s. Hahn/Häde 2011; Huber 2011; Issing
2003 u.a.). Gesetzliches Geld, Zentralbankgeld und gültige Währung sind demnach synonyme
Begriffe. Im allgemeinen Sprachgebrauch genügt zur Bezeichnung des gesetzlichen Geldes
der gewohnte Begriff “Geld“ („Geld ist ein Geschöpf der Rechtsordnung“(Knapp 1905)).
(2) Gesetzliche Währungseinheit und Recheneinheit für monetäre Vorgänge und Vermögenswerte ist der Euro (€) mit der Unterteilung in 100 Cent.
Damit wird die Funktion der Währungseinheit als verbindliche Recheneinheit und als Wertmaßstab festgelegt. Geldmengen, Guthaben, Forderungen, Kredite, Preise und monetäre Verträge sowie Staatshaushalte, Bilanzen und monetäre Vermögenswerte sind grundsätzlich in
Euro zu bemessen.
(3) Zentralbankgeld ist das Bargeld in Form von Euro-Banknoten und Euro-Münzen
und das Buchgeld auf zugelassenen Euro-Geldkonten und mobilen Geldspeichern.
Hiermit werden die Begriffe “Bargeld“ und “Buchgeld“ rechtsverbindlich definiert. Außerdem wird das bereits existierende elektronische Geld (e-Geld) einbezogen.
(4) Die EZB garantiert den Umtausch von Euro-Buchgeld in Euro-Bargeld und von Euro-Bargeld in Euro-Buchgeld.
Zu klären sind die Ausführungsbedingungen und die praktische Durchführung der Umtauschgarantie über die nationalen Zentralbanken (NZB) und die Geldbanken (s. §6 (3)).
(5) Die Euro-Gesamtgeldmenge besteht aus der Verkehrsgeldmenge, die alle EuroBargeld- und Buchgeldbestände außerhalb der Zentralbank umfasst, und einer Vorratsgeldmenge bei der EZB, die zur Geldmengenregelung benötigt wird.
Diese Regelung definiert die wichtigsten Stellgrößen der zukünftigen Geldpolitik einer Zentralbank: Verkehrsgeldmenge und Vorratsgeldmenge. Das im Verkehr befindliche liquide
Zentralbankgeld wird hier kurz als Verkehrsgeld bezeichnet. Notwendigkeit und Einsatz der
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Vorratsgeldmenge für die Geldmengensteuerung durch die EZB werden unter §6 erläutert (s.
auch Gudehus 2013, S.20).
Die gesetzliche Definition der relevanten Geldmengen beendet die Diskussionen über die
“richtige Geldmenge“, wie M0, M1, M2, M3 usw. (s. z.B. Issing 2003). Missverständliche und
irreführende Begriffe wie “umlaufende Geldmenge“ oder “Umlaufsmittel“ sollten zukünftig
vermieden werden, um die Verwendung von Geld als Wertspeicher für liquides Vermögen
nicht zu diskriminieren (wie z.B. bei von Mises 1924 oder Sivio Gesell 192?)
§2
Zahl ungsmittel und Zahl ungsverkehr
(1) Gesetzliches Zahlungsmittel im gesamten Währungsgebiet ist das Zentralbankgeld.
(2) Verkäufer und Zahlungsempfänger sind verpflichtet, zum Begleichen einer Zahlungsverpflichtung Zentralbankgeld anzunehmen.
(3) Nach freier Vereinbarung können Zahlungen durch Übergabe oder Einzahlung von
Bargeld auf ein Geldkonto oder durch direkte Übertragung von Buchgeld von einem
Geldkonto auf ein anderes Geldkonto erfolgen.
Mit diesen Regelungen wird der bisherige Annahmezwang für Bargeld auf eine Annahmepflicht für Buchgeld erweitert und eine freie Vereinbarung der Zahlungsart ermöglicht.
Dazu müssen die bestehenden Zahlungssysteme und Clearingstellen zwischen den Banken
entsprechend angepasst werden. Übertragungen von einem Geldkonto auf ein anderes Geldkonto müssen tagesgleich ausgeführt werden. Wegen der Unverzinslichkeit aller Bestände auf
den Geldkonten entfällt das Interesse der Banken an einer verzögerten Wertstellung.
(4) Gemäß den dafür geltenden gesetzlichen Regelungen ist zum Begleichen einer Zahlungsverpflichtung die Übergabe eines Schecks oder Wechsels zulässig. Ausgegebene
Schecks, Wechsel und andere Schuldverschreibungen dürfen nicht als anstelle der gesetzlichen Zahlungsmittel verwendet werden.
Die bestehenden Scheck- und Wechselgesetze sind entsprechend anzupassen (Zahlungen mit
Scheck sind in der Praxis ohnehin rückläufig).
(5) Die Bezahlung eines Kaufpreises oder eines anderen Leistungsanspruchs muss rechtlich getrennt von einer damit zusammenhängenden Kreditaufnahme erfolgen.
Damit soll eine Ausweitung der Kunden- und Lieferantenkredite und eine Verlängerung der
Zahlungsziele verhindert werden. Eine solche Kreditgeldschöpfung würde ebenso wie die
Verrechnung von wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen über längere Zeiträume die Verwendung von Zentralbankgeld im Zahlungsverkehr zunehmend überflüssig machen (s
Gudehus 2017, S. 57 und Abschnitt 16.6, Gelddisposition).
(6) Im Zuge der Übertragung großer Eigentumswerte ist anstelle einer Bezahlung mit
Zentralbankgeld ein Tausch gegen Wertpapiere, Sacheigentum und Besitzanteile zulässig.
Diese Regelung betrifft Immobilienübertragungen, Fusionen, Unternehmensbeteiligungen,
Firmengründungen, Erbschaft, Schenkungen u.a. Einzelheiten und notwendige Einschränkungen sind noch festzulegen.
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§3
Kredi te und Anl ei hen
Dieser Paragraph regelt die Beziehung zwischen Geld und Kredit. Er schreibt die Verwendung von Zentralbankgeld auch für den Handel mit Finanzgütern vor und soll den Missbrauch des Geldes auf den Finanzmärkten verhindern.
(1) Zentralbankgeld kann als Kredit oder Anleihe zu frei vereinbarten Konditionen verliehen werden.
(2) Verbriefte Kredite und Anleihen dürfen weiterverkauft und an einer Börse gehandelt werden. Bei Kaufabschluss muss der Verkäufer im Besitz der gehandelten Wertpapiere und der Käufer im Besitz der fälligen Zentralbankgeldmenge sein.
(3) Kaufpreise, Zinsen, Ausschüttungen und Rückzahlungen für in Euro ausgegebene
Wertpapiere sind bei Fälligkeit in Euro-Geld zu leisten.
Die letzten beiden Regelungen verhindern den Leerverkauf, den Handel mit geliehenen Wertpapieren und den Handel auf Kredit, der nicht durch aktuell verfügbares Zentralbankgeld
gedeckt ist. Sie tragen damit zur Verstetigung der Finanzmärkte bei und verhindern die Bezahlung mit Kredit ohne Gelddeckung, d.h. mit dem Versprechen auf Geld von Morgen.
(4) Für den Handel mit Anleihen, Aktien und anderen Wertpapieren kann die Zentralbank Mindesthaltezeiten vorschreiben oder längere Haltezeiten durch eine haltezeitabhängige Transferabgabe attraktiv machen.
Mindesthaltezeiten dämpfen den Hochfrequenzhandel. Eine haltezeitabhängige Transferabgabe trägt zur Beruhigung der Finanzmärkte bei und vermindert den Abfluss von liquidem
Geld aus der Realwirtschaft in die Finanzwirtschaft (Gudehus 2009).
§4
W
ährungsgebi et und Gel tungsberei ch
(1) Das Währungsgebiet umfasst die Hoheitsgebiete aller Mitgliedstaaten der europäischen Währungsunion.
(2) Soweit nicht durch Außenhandelsgesetze abweichend geregelt, gelten die Regelungen
der Währungsverfassung für alle Bürger und Besucher der Mitgliedstaaten sowie für
alle juristischen Personen, die im Währungsgebiet ansässig oder tätig sind.
Offen ist noch der Abgleich mit dem internationalen Währungsrecht, den Außenhandelsgesetzen und den Verträgen mit IMF, BIZ, WTO und anderen Institutionen (s. Hahn/Häde 2010
und Hilf/Oeter 2004).
§5
Fäl schungsverbot und unzul ässi ge Zahl ungsformen
(1) Die Herstellung, das in Verkehrbringen und die Weitergabe gefälschter oder
unautorisierter Banknoten und Münzen ebenso wie das Verfälschen und Verändern
gültiger Banknoten und Münzen sind verboten.
(2) Unbare Zahlungen sind nur mit Zentralbankgeld über offiziell gemeldete Geldkonten zulässig. Eine direkte Geldübertragung von und auf andere Konten ist verboten.
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Damit soll die Umgehung der Regelungen von § 2 und eine erneute Schöpfung von Kreditgeld
durch Banken verhindert werden (s. Fisher 1935 S. 107).
(3) Mit Ausnahme von Devisen für Außenhandelsgeschäfte sowie von begrenzt zulässigen Komplementärwährungen mit gemeinnütziger Zweckbindung ist die Verwendung
anderer als der gesetzlichen Zahlungsmittel für Zahlungszwecke unzulässig.
Damit soll die Verwendung von Gold und Edelmetallen sowie von Kreditgeld und anderen
Geldsurrogaten als Zahlungsmittel verhindert werden.
(4) Das Nichteinhalten der Zahlungsregelungen von § 2, Absatz (3) bis (5), der Verbote
von § 5, Absatz (1) und (2), und eine Umgehung dieser Regelungen durch unzulässige
Zahlungsformen, Zahlungswege oder Zahlungsmittel sind strafbar.
Hier ist eine Verbindung zum Strafgesetz herzustellen, in dem auch die Höhe der Strafen festgelegt wird (s. Hahn/Häde 2010).
§6
Europäi sche Zentral bank und Nati onal e Zentral banken
(1) Die Europäische Zentralbank (EZB) ist eine von den Regierungen der Mitgliedstaaten rechtlich unabhängige Institution. Die Besetzung der Führung, die Organisation, die
Einzelheiten der Geschäftsführung, die rechtliche Stellung zu anderen staatlichen Institutionen, die Abstimmung mit der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten,
die Beziehungen zu den Kredit- und Geldbanken sowie die externe Kontrolle der EZB
sind in der Satzung der europäischen Zentralbank geregelt.
Erforderlich ist ein Abgleich mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV) und eine Anpassung der Satzungen der NZB und der EZB.
(2) Der Anteil der Mitgliedstaaten am Kapital und an den Gewinnen der EZB bestimmt
sich zu 50 % aus dem Anteil der Bevölkerung und zu 50 % aus dem Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der einzelnen Mitgliedstaaten. Die Anteile werden alle fünf Jahre
überprüft und entsprechend angepasst.
Diese Regelung entspricht den Bestimmungen von Artikel 29 der EZB-Satzung (s. Görgens
et.al. 2008, S.93).
(3) Die rechtlich selbständigen nationalen Zentralbanken (NZB) und die regionalen
Landesbanken verwalten die Geldkonten, Anlagedepots, Devisen und Goldbestände der
Mitgliedsländer. Sie gewährleisten in wirtschaftlich erforderlichem Umfang die Bereitstellung, den Umtausch und die Rücknahme von Münzen und Banknoten. Für alle bargeldlosen Zahlungsvorgänge im Binnen- und Außenverkehr betreiben sie ein allgemeines elektronisches Zahlungssystem. Aufgelaufene Salden zwischen den NZB sind binnen
einer Woche auszugleichen.
Hiermit sollen die bestehenden Regelungen übernommen und fortgeschrieben werden, soweit
sie mit der neuen Geldordnung verträglich (s. Görgens et.al. 2008, S.88). Das neue allgemeine elektronische Zahlungssystem ist aus den heute bestehenden übernationalen Systemen wie
TARGET2 zu entwickeln (Gudehus 2013b; Sinn 2013).
(4) Die EZB sichert in enger Abstimmung mit den NZB das Vertrauen in das gesetzliche
Geld und gewährleistet das störungsfreie Funktionieren der Währungsordnung. Sie und
garantiert die jederzeitige Verfügbarkeit der Guthaben auf den Geldkonten und kon-
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trolliert in Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Aufsichtsbehörden den ordnungsgemäßen Bankbetrieb bei allen berichtspflichtigen Banken.
Dieser Abschnitt ist ein vertrauensbildendes Argument für die neue Geldordnung. EZB und
NZB müssen dafür über ausreichend bemessene Geldvorräte verfügen.
(5) Zentrale Aufgabe der EZB ist das Bereithalten und Inverkehrbringen von Zentralbankgeld in einer für den Zahlungsverkehr im Währungsgebiet notwendigen Gesamtmenge ohne den Geldwert zu gefährden.
(6) Vorrangiges Ziel der EZB ist die Sicherung des Geldwerts. Die Inflationsrate der
privaten Lebenshaltungskosten soll im 5-Jahresmittelwert für das gesamte Währungsgebiet einen Zielwert von 2,0 % p.a. und für jedes einzelne Mitgliedsland einen Zielwert
von 3,0 % nicht überschreiten.
Diese Regelung ist eine notwendige Bedingung für das Vertrauen in die neue Geldordnung.
Definition und Messung der Inflationsrate sind in einer Durchführungsverordnung genau
festzulegen. Die vorgeschlagenen Zielwerte sind Anfangswerte, die unter Umständen verändert werden können (s. § 9 (3)).
(7) Die EZB hat das Monopol der Geldschöpfung. Sie kann Zentralbankgeld auf verschiedene Weise in den Verkehr bringen oder einziehen und damit die Verkehrsgeldmenge verändern.
Um das vorrangige Ziel der Geldwertsicherung und das allgemeine Vertrauen in das Geld
nicht zu gefährden, darf die Verkehrsgeldmenge nur synchron zum Wirtschaftswachstum ansteigen und unter normalen Umständen nicht sprunghaft verändert werden.
(8) Die Ausgabe und das Einziehen von Bargeld und Buchgeld werden als Verkauf und
Kauf bilanziert. Durch Hinzufügen von neuem Bargeld oder Hinzubuchen von neuem
Buchgeld zur Vorratsgeldmenge ergeben sich Geldschöpfungsgewinne, über deren Ausschüttung die EZB beschließt. Die Gewinnausschüttung der EZB an die einzelnen Staaten ist abhängig von der Einhaltung der vereinbarten Verschuldungsgrenzen.
Bedingungen, Zeitpunkte und Höhe einer Geldschöpfung mit Gewinn sowie die Ausschüttung
und Verwendung des Geldschöpfungsgewinns müssen von der EZB mit den Mitgliedstaaten
abgestimmt werden. Zur Größenordnung der jährlich im Eurosystem möglichen Geldschöpfungsgewinne s. J. Huber 2011 und Gudehus 2013.
Um den Geldwert nicht zu gefährden ist eine strenge Obergrenze für die Erzeugung und Ausschüttung von Geldschöpfungsgewinnen erforderlich. Die Gewinnverteilungsquote ist gleich
den Anteilen der Mitgliedstaaten am Kapital der EZB.
(9) Die Geldmengenpolitik der EZB soll sich an den Möglichkeiten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientieren und monetäre Störungen ausgleichen. Durch eine
adaptive Geldpolitik trägt die EZB zur Verstetigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bei.
Bezüglich der Möglichkeiten und Grenzen der zukünftigen Geldmengenpolitik besteht noch
Klärungs- und Diskussionsbedarf. Für die Durchführung einer adaptiven Geldpolitik, d.h.
einer von der Wirtschaftslage abhängigen pro- oder antizyklischen Geldpolitik, bestehen viele
Möglichkeiten, deren Auswirkungen auf die angestrebten Zielgrößen sehr unterschiedlich
sind. Daraus leiten sich Vorgaben, Leitlinien und Einschränkungen der zulässigen Geldpolitik
der EZB ab. Um die Möglichkeiten und Grenzen des zulässigen Handelns der EZB festlegen
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zu können, sind die Wirkungsbereiche und Zielgrößen sowie die Handlungsoptionen und Vorgehensmöglichkeiten der Geldpolitik im Rahmen der neuen Geldordnung genauer zu analysieren (Görgens et.al. 2008; Huber 2011; Issing 2003).
Weitere Zielvorgaben, wie eine Förderung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums oder eine
potentialorientierte Steuerung der Geldmenge, sollten zunächst nicht in die Währungsverfassung aufgenommen werden. Es ist strittig, ob diese Ziele überhaupt erstrebenswert sind, und
offen, welche Ziele mit den Handlungsmöglichkeiten einer Zentralbank erreichbar sind. Außerdem besteht die Gefahr von Zielkonflikten zwischen der Geldpolitik der EZB und der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Staaten. Das soll die folgende Regelung verhindern:
(10) Die Zentralbank ist gegenüber den einzelnen Mitgliedstaaten zu finanz- und wirtschaftspolitischer Neutralität verpflichtet. Sie muss sich bezüglich der absehbaren Auswirkungen geldpolitischer Maßnahmen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten abstimmen und sich an die von diesen vorgegebenen Leitlinien halten.
(11) Der Kauf und Verkauf von ausländischen Währungen ist mit der Außenhandelspolitik der Mitgliedsländer abzustimmen.
(12) Längerfristige Kredite der Zentralbank an die Mitgliedstaaten sowie der Erwerb
von Anleihen und anderer Schuldtitel der Mitgliedstaaten sind verboten.
Zur Begründung s. Gudehus 2013 s. 19ff. Eventuelle Ausnahmen sind noch festzulegen. Außerdem sind die Informations- und Berichtspflichten sowie die Beaufsichtigung und Kontrolle
der EZB und NZB zu regeln (s. Hahn/Häde 2010)
§7
Gel dbanken
(1) Die als Geldbanken zugelassenen Institutionen verwalten treuhändlerisch die Geldkonten ihrer Kunden. Sie können gesondert Geldkonten für den eigenen Bedarf, für
andere Banken und Finanzinstitutionen und für staatliche Institutionen führen.
Damit wird festgelegt, daß nur dafür zugelassene Geldinstitute, wie Geschäftsbanken, Privatbanken, Sparkassen, Volksbanken und Genossenschaftsbanken, die hier unter dem Oberbegriff Geldbanken zusammengefasst werden, zur Führung von Geldkonten und zur Abwicklung
des Zahlungsverkehrs berechtigt sind. Andere Finanzinstitutionen und Banken ohne Kundengeldkonten, wie reine Kreditbanken, Investitionsbanken, Spezialbanken, Kreditkartengesellschaften und Finanzmakler, sind keine Geldbanken und nicht zur Führung von Geldkonten
und Zahlungsabwicklung berechtigt.
Eine als Geldbank zugelassene Finanzinstitution kann neben der Verwaltung von Geldkonten
und dem Zahlungsverkehr andere Bankgeschäfte betreiben, wie Kreditgeschäfte oder Investmentbanking, und andere Finanzdienstleistungen erbringen, wie Vermögensverwaltung, Depotverwaltung oder Gelddisposition.
(2) Über die Geldkonten werden von der Geldbank alle ein- und ausgehenden Zahlungen der Kontoinhaber abgewickelt.
(3) Die Bestände der Geldkonten der Kunden sind getrennt von der Bankbilanz zu führen. Über den Bestand eines Geldkontos kann nur der Kontoinhaber oder dessen Kontobevollmächtigter verfügen.
Analog zum Bargelddepot, in dem Bargeld lagert, ist ein Geldkonto ein Buchgelddepot, auf
eine Buchgeldmenge gespeichert ist. Es ist rechtlich vergleichbar mit einem Wertpapierdepot.
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(4) Ein Geldkonto kann nicht überzogen werden. Um Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, muss der Kontoinhaber oder die damit beauftragte Geldbank für die erforderliche
Liquidität sorgen.
Die dafür benötigte Gelddisposition ist keineswegs trivial, da es viele Möglichkeiten gibt, die
zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit erforderliche Liquidität eines Geldkontos zu bewirken (s.
Gudehus 2007, Abschnitt 16.6 Gelddisposition).
(5) Unabhängig von den Geldkonten der Kunden kann eine Bank oder eine dafür zugelassene Finanzinstitution Anlagekonten, wie Sparkonten und Terminkonten führen, auf
denen das von einem Kunden der Bank geliehene Zentralbankgeld verbucht wird, und
Kreditkonten, auf denen das von einem Kunden bei der Bank ausgeliehene Zentralbankgeld verbucht wird.
Auch wenn dieser Passus das normale Bankgeschäft betrifft, sollte er zu Verdeutlichung der
Besonderheit der Geldkonten gegenüber anderen Bankkonten in die Währungsverfassung
aufgenommen werden. Spareinlagen und Termingelder sind auch in der neuen Geldordnung
Kredite der Kunden an die Banken mit begrenzter Sicherheit.
Da die Zentralbank die Auszahlung der Guthaben auf den Geldkonten gewährleistet, können
die bestehenden Einlagensicherungsfonds von der Sicherung der Geldkontenbestände befreit
und auf die Sicherung der Spar- und Termineinlagen beschränkt werden. Das führt zu einer
Kostenentlastung der Banken.
(6) Neu eingerichtete und aufgelöste Geldkonten sind der EZB von der Geldbank unverzüglich zu melden. Die Summe der aktuellen Bestände aller verwalteten Geldkonten ist
von der Geldbank täglich der EZB elektronisch zu übermitteln.
Solange keine Kontobewegungen und Kontostände einzelner Kontoinhaber gemeldet werden,
erwachsen daraus keine Konflikte mit Datenschutz und Bankgeheimnis.
§8
Inkrafttreten und Umstel l ung
(1) Die europäische Währungsverfassung tritt am 1. Januar 20?? im gesamten Währungsgebiet in Kraft. Am Stichtag erfolgt die Umstellung der Girokonten in Geldkonten.
Münzgeld, Banknoten und Buchgeld werden von der EZB einheitlich bilanziert.
Eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr ab Bekanntgabe der Währungsverfassung ist
unbedingt erforderlich, damit die Zentralbank, die Geldbanken und andere betroffene Institutionen die Zahlungssysteme, Programme und organisatorischen Abläufe anpassen und sich
die Bürger mit den Konsequenzen vertraut machen können.
Zur einheitlichen Bilanzierung von Buchgeld und Bargeld und dessen Konsequenzen s.
Gudehus 2013.
(2) Bis zum Inkrafttreten müssen alle Geldbanken die unverzinslichen Girokonten mit
positivem Kontostand erfassen und der EZB melden. Für den Stichtag wird der EZB die
Summe der Girokontoguthaben elektronisch übermittelt.
Girokonten mit verzinslichem Bestand ebenso wie Sparkonten und Termingeldkonten sind und
bleiben Anlagekonten. Sie werden nicht in Geldkonten mit Zentralbankgeld umgewandelt.
Girokonten mit negativem Kontostand, die zu Geldkonten umgewandelt werden sollen, müssen bis zum Stichtag ausgeglichen werden. Dazu muss der Kontoinhaber eventuell bei der
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Bank ein Kreditkonto mit ausreichendem Limit eröffnen und aus diesem einen Ausgleichsbetrag an das umzustellende Girokonto auszahlen lassen. Zur Gelddisposition siehe die Anmerkungen zu § 7, Abs. (5)
(3) Die Summe der jederzeit fälligen Verbindlichkeiten für die umgestellten Konten wird
am Stichtag aus der Bankbilanz ausgebucht und in einen Umstellungskredit der EZB an
die betreffende Bank umgewandelt. Die Mindestreserven bei EZB und NZB werden
freigegeben.
Zu Einzelheiten und Wirkungsweise der Umstellung s. Gudehus 2013 s. 14ff
(5) Der Umstellungskredit der Zentralbank ist von den Geldbanken in monatlichen Raten von 1/24 des Anfangsbestands innerhalb einer Frist von 2 Jahren zu tilgen. Eine vorzeitige Tilgung des Umstellungskredits ist zulässig.
Zur Begründung s. Gudehus 2013 S. 15. Die Tilgungsraten und Fristen sind begründete Vorschläge, die zur Diskussion stehen. Im Interesse der Kalkulierbarkeit für die Banken sollte
eine präzise Regelung angestrebt werden.
(6) Bis zum Ablauf der Tilgungsfristen bleibt der Umstellungskredit zinsfrei. Der nach
Fristablauf nicht getilgte Restkredit wird in einen normalen Kredit der Zentralbank
umgewandelt und ist mit dem aktuell gültigen Leitzinssatz der EZB zu verzinsen.
Die anfängliche Zinsfreiheit der Umstellungskredite ist notwendig, um die Geldbanken vor
hohen Zinslasten zu bewahren, die sie zunächst nicht weitergeben können und in Konkurs
treiben könnten. Die Verzinsung der ungetilgten Restkredite bewirkt das Eigeninteresse der
Banken an einer rechtzeitigen Tilgung (s. Gudehus 2013 S. 14ff.)
(7) Die aus der Umstellung der Girokonten und der Bilanzierung resultierenden Bilanzgewinne werden anteilig den Gewinnkonten der Mitgliedsländer gutgeschrieben. Sie
werden von der EZB synchron zu den eingehenden Tilgungszahlungen für die Umstellungskredite freigegeben. Bedingungen und Verwendung des Umstellungsgewinns werden von der EZB in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten festgelegt.
Bei der Verwendung des ausgeschütteten Umstellungsgewinns muss darauf geachtet werden,
daß das Geld rasch wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückließt. Vorzugsweise sollten
Staatsanleihen aufgekauft, Staatsschulden getilgt und die aufgelaufenen Targetkredite ausgeglichen werden (s. auch hierzu Huber 2012; Gudehus 2013; Gudehus 2013b; Sinn 2012).
Im Endzustand haben die Banken bei der EZB keine oder nur geringe Einlagen, da diese von
der EZB in der Regel nicht verzinst werden. Für die Mitgliedstaaten sollten bei der EZB nur
noch Gewinnrückstellungskonten geführt werden.
§9
Bei tri tt und Ausschei den aus der europäi schen W
ährungsuni on
Die Regeln für den Beitritt eines neuen Mitgliedstaats zur europäischen Währungsunion und
des Austrittseines Mitgliedstaats aus der EWU müssen noch erarbeitet werden.
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§ 10 Anpassung bestehender Gesetze und Änderungsvorbehal t
(1) Die Währungsverfassung ergänzt und ersetzt alle bestehenden Gesetze und Verordnungen der Mitgliedstaaten soweit diese Punkte der Währungs-, Kredit-, Banken- und
Finanzordnung betreffen, die in dieser Währungsverfassung neu geregelt sind.
(2) Von der neuen Währungsverfassung abweichende Regelungen müssen innerhalb
eines Jahres ab Inkrafttreten gestrichen oder angepasst werden. Fehlende Regelungen
sind in der gleichen Zeit passend zu ergänzen. Alle übrigen Regelungen bestehender
Gesetze und Verordnungen bleiben nach Inkrafttreten der Währungsverfassung gültig.
Eine systematische Überprüfung aller einschlägigen Gesetze, Regelungen, Verträge und Verordnungen, die von der neuen Währungsverfassung betroffenen sind, steht noch aus.
(3) Die Mitgliedstaaten behalten sich vor, bei unvorhergesehenen Umständen oder aufgrund neuer Erkenntnisse nach Vorschlag der EZB oder eines Mitgliedstaates einzelne
Regelungen der Währungsverfassung zu ändern oder neue Regelungen zu ergänzen.
(4) Änderungen oder Ergänzungen der Währungsordnung erfordern die Zustimmung
von mindestens 2/3 aller Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 2/3 der Gesamtbevölkerung im Währungsgebiet repräsentieren.
Hier sind auch andere Mehrheitsregelungen möglich.
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Li teraturhi nwei se
Allais M. (1987); The Credit Mechanism and its Implications, in Feiwel G.R. (Hrg): Arrow
and the Foundations of the Theory of Economic Policy, Essay in honor of kenethz J. Arrow,
NYU Press, p. 491ff.
Binswanger H.C., Huber J., Mastronardi P. (2012); Die Vollgeld-Reform, Wie Staatsschulden
abgebaut und Finanzkrisen verhindert werden können, Edition ZE!TPUNKT, Die nächste
Schweiz, Solothurn
Fisher I. (1935); 100%-Money, übersetzt von Klaus Karwart (2007), 100%-Geld, Verlag für
Sozialökonomie, Kiel
Görgens E., Ruckriegel K., Seitz F. (2008); Europäische Geldpolitik, 5. Auflage, UTB Lucius
& Lucius, Stuttgart
Gudehus T. (2007); Dynamische Märkte, Praxis, Strategie und Nutzen für Staat und Gesellschaft, Springer, Berlin Heidelberg New York
Gudehus T. (2009); Ein differenzierte, haltezeitabhängige Finanztransferabgabe, s.
www.TimmGudehus.de
Gudehus T. (2013); Geldschöpfung und Staatsfinanzierung, Überlegungen zur Realisierung
einer neuen Geldordnung, anzufordern bei [email protected]
Gudehus T. (2013b); Rezension und Anmerkungen zum Buch “Die Targetfalle“ von H.W.Sinn, anzufordern bei [email protected]
Huber J. (2011); Monetäre Modernisierung, 2. Aufl., Metropolis-Verlag, Marburg
Hahn H. u. Häde U. (2010); Währungsrecht, 2. Aufl., Beck-Verlag, München
Hilf M. u. Oeter S. (2004); WTO-Recht, Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
Issing O. (2003), Einführung in die Geldtheorie, Vahlen, München
Knapp G.F. (1905), Staatliche Theorie des Geldes, Duncker & Humblot, Leipzig
Sinn Hans-Werner (2012), Die Targetfalle, Gefahren für unser Geld und unsere Kinder, Hanser Verlag, München, 2012
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Von der Gel dreformbetroffene Gesetze
Lissabon Vertrag (AEUV)
Satzung der europäischen Zentralbank
Gesetz über die deutsche Bundesbank
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Artikel 73 Absatz 4, Artikel 88 Bundesbank, Artikel 109)
BGB (z.B. §§ 244, 245)
EStG
StGB (z.B. §§ 146 bis 152)
Kreditwesengesetz (KWG §3 Absatz 3)
HGB (§ 361)
Außenhandelsgesetze
VSKS Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, vom 9.12.2011
ESM-Vertrag, Europäischer Stabilitäts-Mechanismus, vom 27.9.2012
WTO-Gesetzgebung
…….
s. Hahn/Häde 2010, Hilf/Oeter 2004 u.a.
Entwurfsverfasser
Timm Gudehus, Hamburg
Korrekturvorschläge
Joseph Huber, Berlin, Andreas Mosler, Hans-Georg Koppensteiner, Dieter Tetzen, Erik Wittern, Lorenz Schomerus
Weitere Prüfung:
Juristen (speziell für Währungs-, Finanz- und Wirtschaftsrecht z.B. Ulrich Häde)
Banker
Wirtschaftswissenschaftler (speziell für Geld- und Finanzpolitik)
Fachleute aus Ministerien, EZB, NZB u.a. Institutionen (z.B. Klaus Regling Geschäftsführender Direktor ESM)
Politiker (verschiedener Parteien mit einschlägigen Kenntnissen und Interessen)
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