Fremde Herzen, kalte Gedanken 35 Jahre nach ihrer Uraufführung spielt Botho Strauß' schwarze Komödie “Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle” auf einer Düsseldorfer Bühne von Frederik Römgens Die sieben Personen, die sich auf den Brettern des Kleinen Hauses in Düsseldorf versammelt haben, sind als solche kaum zu erkennen. Faltenverklebt, mit skurrilen Perücken sowie 70er-Jahre Mode behangen und von Kunstschnee berieselt, wirken sie beinahe wie zuweilen vortrefflich dirigierte Puppen. Es ist eine triste Bühnenatmosphäre, die den Zuschauer an den Schauplatz von “Stefans Hof” in Königswinter zur Weihnachtszeit versetzen soll. Und nicht nur der Zeitrahmen des Stückes weist eine Parallele zur wirklichen Welt auf. Botho Strauß erzählt von zerstörten Utopien, gescheiterten Idealen, Ohnmacht und Verfall des Kleinbürgertums. Die Gruppe, die sich um den Hotelbesitzer Stefan versammelt hat, lebt ein abgeschlossenes Kommunendasein, welches durch den Bankrott des Hauptakteurs in seiner Existenz bedroht ist. Erst diese Erschütterung ihres liebgewonnen Alltags, reißt die Figuren aus ihrem Trott heraus und verhilft fast einem Jeden zu einem emotionalen Ausbruch, z.B. in Form eines Liedes, dass die sonst so gehemmte Hedda zum Besten gibt. Die Protagonisten, zurückgezogen in ihre ganz persönliche Welt, reden allerdings so konsequent aneinander vorbei, dass sich die wahre Struktur ihrer Beziehung fast erst zum Ende komplett offenbart. Jeder in diesem wirren Septette war schon mal irgendwie mit dem Partner einer der anderen liiert und die Grenzen sind keinesfalls klar gezogen. Auch das zusätzliche Verwirrspiel durch Stefans Frau Doris, welche scheinbar kurzerhand durch einen optimierten Doppelgänger der Regierung ausgetauscht wird, verhindert nicht, dass die übrigen Beteiligten wieder in ihren alten Trott zurück fallen, nachdem der Verkauf ihres geliebten Hotels in ihren Augen abgewandt wurde. Lediglich Stefan, der nach der Enttarnung der falschen Doris und der Rückkehr der Echten von ihrer überraschenden Schwangerschaft erfährt, flüchtet sich wortwörtlich in die kalte Umarmung des Todes. “Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle” mag mit seinem nahe Bonn angesiedelten Schauplatz politisch nicht mehr so aktuell brisant sein wie um 1975, jedoch bietet das von Stephan Rottkamp neu inszenierte, normkritische Stück genug Diskussionsmaterial um Wirtschaftsideale und bürgerliche Wertvorstellungen, welches gerade in der heutigen Zeit wieder stark an Bedeutung gewonnen hat. Für interessierte Theatergänger ist dieses skurrile Spektakel noch bis zum 27.01.2011 im Düsseldorfer Kleinen Haus zu besuchen.