Redepublikum gewinnen I. Planung 1. Grundsätzliches Ein bestimmtes Zielpublikum soll mit einer Rede bewegt und für Aktivitäten gewonnen werden. Wie? Neben der Qualität in Persönlichkeit, Thema und Inhalt bedarf es für eine erfolgreiche Rede wesentlicher Vorbereitungen: Zielgruppeninformationen Welche aussagekräftigen Informationen über das Zielpublikum liegen vor oder können ergänzt werden? Fakten wie Durchschnittsalter, Bildungsschicht, Kaufkraft, Lebensstil, Besonderheiten des Lebensraums sowie lokale oder regionale News gehören recherchiert, weil sie ein Eingehen auf Gewohnheit und Bedürfnisse des Publikums ermöglichen. Sie bilden einerseits den inhaltlichen Bezugsrahmen, und sind auch für Aufbau und Länge der Rede von Bedeutung. Andererseits sind diese Informationen die Basis für die Auswahl des bestmöglichen Raumes/Ortes, an dem die Rede stattfinden wird. Der Ort soll zum Thema, zum Publikum und zum Redner passen. Orte und Räume signalisieren mit ihrem Ambiente, ihrer Geschichte und ihrer Umgebung, sie sprechen an, erheben, sorgen für besondere Gemütlichkeit oder erschweren einen Erfolg, noch ehe die Rede gehalten wurde. Terminplanung Ebenso wichtig ist die Terminbestimmung. Es empfiehlt sich, den lokalen Veranstaltungskalender zu kennen sowie überregionale Ereignisse zu berücksichtigen, welche die Zielgruppe interessiert. Zum Beispiel den Termin für das nächste Bundesliga-Fußballspiel oder das Datum der heurigen Branchenmesse, des Opernballs oder des Jahrestages der ungarischen Revolution – je nachdem, welches Zielpublikum Sie erreichen wollen. Rahmenbedingungen Die gewonnenen Informationen bilden die Grundlage für die weitere inhaltliche Vorbereitung der Rede sowie aller damit zusammenhängender Begleitfaktoren wie Einladungsgestaltung bzw Artþder Bekanntmachung, technische Ausstattung, Kleidung und Styling, eventuell flankierende Event- Elemente wie Show- und Musikeinlagen oder Speisung. 2. Anlass/Impuls Nicht nur für Politiker ist es gut, das Rednerpublikum gewinnen zu wollen. Wenn ein Telefonie-Konzern einen Mitarbeiter-Kick-Off gestaltet, dann ist es von großer Bedeutung, was der Vorstandsdirektor in seiner Rede sagt, welchen persönlichen und professionellen Eindruck er dabei macht, welche Stimmung er erzeugt und ob es ihm gelingt, sein Publikum zu gewinnen. Denn er spricht zu den Mitgliedern des Managements, den versammelten Mitarbeitern und anwesenden Presse-Vertretern. In seiner Rolle und Verantwortung als oberste Führungspersönlichkeit des Unternehmens. Vertrauensbasis Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Führung und Mitarbeitern bringt die beste Motivation hervor. Hingegen ist Misstrauen die Grundlage für „Dienst nach Vorschrift“ und keinem Quäntchen darüber. Seinen Worten wird Gewicht verliehen, sie bleiben in Erinnerung und seine Taten werden an den Worten gemessen – auch noch lange nach der Rede. Wenn eine internationale Social-Welfare-Organisation zum Charity-Ball zugunsten von Minenopfern im ehemaligen Jugoslawien lädt, ist die Rede der anwesenden EU-Botschafterin von eminentem Einfluss auf das Spendeverhalten und den gesellschaftlichen Erfolg des Balles. Darüber hinaus ist sie auch für die Imagepflege, den Ausbau des gewonnenen Vertrauens und damit für zukünftige Aktivitäten der Organisation wichtig. Verantwortungsbewusstsein In persönlichen Zusammenkünften der Mitarbeiter eines Unternehmens – vom Meeting bis zur Jubilarfeier, der internen Produktpräsentation bis hin zur Staatspreis-Verleihung gilt: je höher der Erfolg der Stunde, desto größer die menschliche und unternehmerische Verantwortung des Redners für seine Zuhörerschaft über die Rede hinaus. Öffentlich Versprechungen zu machen und sie nicht einzuhalten, fügt der RednerIn, aber auch dem Unternehmen Imageschäden zu. Warum überhaupt eine Rede halten? Vielfältige Folgen Eine Rede ist, wie oben ausgeführt, als „ein“ Ereignis in einer langen Wirkungskette zu sehen. Gleichzeitig ist die Wirkung einer Rede selbst groß, denn sie stellt für sich allein einen bedeutenden Event dar. Eine erfolgreiche Rede kann eine neue Ära einleiten und Zugang zu neuen Wirkungskreisen eröffnen. Sie kann große Begeisterung, Interesse und Zustimmung auslösen. Ebenso kann sie den Niedergang beschleunigen: durch inhaltliche Fehler, aber auch durch persönliche Fehlleistungen des Redners. Steht eine erfolgreiche Rede im Einklang mit weiteren Führungs-Maßnahmen, die in Folge die Rede bestätigen, bekräftigen, ist ihr Wert ein enorm großer, der kaum auf eine andere Artþzu erzielen ist. Warum? Menschlichkeit Menschen haben das Bedürfnis, Menschen zu sehen, zu hören, sie zu beobachten, ihnen nahe zu sein, sie „zu spüren“ und „zu beschnuppern“. Menschen geben gerne Informationen weiter und lernen am liebsten von Menschen. Nichts berührt und interessiert den Menschen mehr als der Mensch – diese Bedürfnisse erfüllt eine Rede mit anschließender Dialogmöglichkeit besser als jedes andere PR- oder Imagetool es kann. Menschliches kann man nicht kaufen und gleichzeitig ist der finanzielle Aufwand für eine gelungene Rede ein vergleichsweise bestechend niedriger. Wie können Sie ein Publikum für sich gewinnen? Nehmen wir Anleihe bei Menschen, die Erfolg in der Öffentlichkeit haben. Wie schaffen sie es, was können wir von ihnen lernen? Von Barbara Streisand und Norbert Zimmermann? Barbara Streisand, Entertainerin der Top-Liga. Sie hat es nicht nötig, sich in ihrer Wichtigkeit und Bedeutung darzustellen, sondern leistet kraft ihres Könnens sehr feinfühlige Dienste am Publikum und damit natürlich auch für ihr weiterhin menschlich bleibendes Image des „perfekten Multitalent-Superstars über Jahrzehnte“, der sie ist. Image Das „menschliche“ Image ist wichtig, denn wir leben nicht in einer Zeit, in der wir gerne lange zu anderen aufschauen – wie es zum Beispiel in der Monarchie ganz selbstverständlich war. Heute sind wir alle selber gerne wichtig, und das bedeutet auch, dass wir keine allzu große Erhabenheit zu lange dulden. Das gilt durchaus auch auf anderen Ebenen des gesellschaftlichen und beruflichen Zusammenarbeitens, es gilt auch für Selbständige und Kunden und Lieferanten, die oftmals auch Selbständige sind. Ein Beispiel, wie der ruhmreiche und weltbekannte Filmstar, Regiestar und Gesangsstar Streisand ihr „menschliches“ Image clever und charmant pflegt: Die Eintrittskarten zu ihren Konzerten sind nicht billig und der Erwartungsdruck ihrer Fans, auch wegen des schon häufig gebotenen, traumhaft hohen künstlerischen Niveaus ist verständlicher Weise enorm hoch und tendenziell steigend. Nun, wie weiter überbieten, überraschen, wie noch besser unterhalten … ohne ein Marsmännchen zu präsentieren und ein Duett mit ihm zu singen?! Rechenbeispiel Streisand rechnete zwischen zwei Liedern dem Publikum vor, wie viele Tausende von Noten dieses Konzert so ungefähr enthielt. Manche Noten seien länger, andere kürzer, und sie berechnet den akzeptablen „Durchschnitts-Dollarpreis für eine Note“! Das Publikum lachte, erfreute sich an ihrem Charme und feierte „seine “, die wie immer hervorragend sang und unterhielt. Nörglern war einfach der Wind aus den Segeln genommen, da gab es nichts mehr zu meckern! Abgesehen von dieser Genialität kann man von Frau Superstar durchaus noch mehr lernen, ihr beispielhafter Auftritt für den Umgang mit schwelenden Emotionen im Publikum ist bei weitem nicht ihr einziges Meisterstück. Ihre kaum zu überbietende Professionalität und Kreativität beruhen auf viel Talent, Intelligenz, schweineharter Arbeit, einer gepfefferten Portion Humor und noch tausend anderen Erfolgsfaktoren, die heiter aus ihr heraus und um sie herum ranken. Norbert Zimmermann, Chef der Berndorf-Gruppe, ist weder Entertainer, noch Sänger oder Schauspieler. Er ist vielmehr ein hervorragender und ruhmreicher Manager und ein bescheidener, liebenswürdiger Mann. Durch seine mutige, unkonventionelle, vor allem aber erfolgreiche Sanierung der maroden Berndorf-AG über Leveraged Buy-out machte er um die Jahrtausendwende weltweit von sich und der Berndorf-AG reden: Aus dem einstigen Besteckhersteller wurde unter der Leitung von Mag. Norbert Zimmermann binnen eines Jahrzehntes ein High-Tech-Unternehmen, das international technologische Führerschaft vorweist (in Oberflächentechnik, Ölfeldtechnik, Thermotechnik, Großbäderbau und Seiletechnik; die ursprüngliche Bestecksparte wurde verkauft). Im November 2000 ernannte die Wirtschaftsuniversität Wien ihren einstigen Absolventen zum „Manager des Jahres“, im Mai 2002 erhielt er den HERMES für sein Lebenswerk. Ich zitiere aus dem österreichischen „WirtschaftsBlatt“ vom 31.05.2002 anlässlich der HERMES-Verleihung: „Den von Jens Tschebull „erfundenen“ Preis erhält nur, wer mit Charisma, Originalität, persönlichem Einsatz und großer Risikobereitschaft beeindruckt und eigenständige Konzepte und Strategien, die vom Üblichen abweichen, erfolgreich zu realisieren versteht.“ Bei dieser Aufzählung von Tugenden fehlt allerdings mindestens eine: Norbert Zimmermann erzählt von seinen Erfolgen wie jemand, der über die vielen Wunder staunt, die ihm geschehen. Aus seinem eigenen Mund weiß ich, dass er selbst in den finstersten Zeiten – zum Beispiel als sich 1987 an die 1.500 Demonstranten vor dem Werk versammelten, um zu protestieren – der Belegschaft keine Versprechen machte, die er nicht halten konnte. Der Weg der Umstrukturierung und Neudefinition von Berndorf war nicht einfach, und nicht alle, die am Anfang dabei waren, gingen ihn mit. Jedoch; die Erfolgsbilanz der Berndorf-Gruppe, zu der an die 50 Töchter und Enkeln zählen, ist bis heute erfreulich. Mit seiner gesamten Artþgewinnt er sein Rednerpublikum sofort und nachhaltig. Wie? Mit der ihm oftmals nachgesagten Bescheidenheit, einem sanften Humor und einem persönlichen Wertesystem, in das er blicken lässt und das einen labt. Norbert Zimmermann spricht bedacht, eher leise und mit kleiner lokaler Färbung. Selbstverständlich hat der Mann, um den sich zu Lebzeiten Legenden ranken, auch inhaltlich viel Spannendes und Lehrreiches zu sagen! Zum Beispiel, wie sehr ihn das Saxophon spielen begeistert, und dass er sich trotz übervollem Terminkalender die Zeit zum Erlernen und Spielen dieses Instrumentes gönnt. Das ist ein Punkt, der Sympathie nicht nur bei Norbert Zimmermann geradezu initialisiert: wenn ein Mensch, der auf einem Sektor Großes leistet, sich auf völlig neues Terrain begibt, um Schüler zu sein. Wenn ein kluger und gebildeter Mensch darüber spricht, dass er etwas nicht weiß/kann/hat. Es ist wiederum die Pflege des „menschlich“ bleibenden Images eines Menschen, der herausragt. Gleichzeitig bewahrt das Erlernen von neuem vor drohender Heldenpose, die keiner leiden kann. Ganz ohne Pose ist Norbert Zimmermann ein „Held“! Haben Streisand und Norbert Zimmermann auch das Glück auf ihrer Seite? Das ist sowohl anzunehmen wie auch zu wünschen! 3. Analyse der Rahmenbedingungen Welche Besonderheiten gilt es zu beachten? Kontinuität Ein Menschenleben dauert länger als nur ein paar Jahre. Erfolg darf sich entwickeln, „Aufs und Abs“ und Plateaus dazwischen haben. Bleiben Sie sich treu, gehen Sie liebevoll mit sich um, seien Sie fleißig und lassen Sie auch den Faktor Zeit für sich arbeiten. Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit mehr als nur eine Rede im Leben halten – erlauben Sie sich zu lernen, gönnen Sie sich kleine Schritte, viel Übung und gute Lehrmeister. Stress Jede Rede, jeder Vortrag ist auch eine Stress-Situation. Es kann unendlich viel daneben gehen, es kann ein Desaster werden, es kann eine Blockade oder sogar ein Knick in der Karriere werden. Selbst wenn Sie persönlich ähnlich Hartes zu ertragen haben, denken Sie sich: Es ist definitiv noch nicht aller Tage Abend! Publikum Worin liegen denn nun diese Schwierigkeiten einer Rede, eines Vortrages? In gewisser Weise ist ein Publikum wie ein Röntgenapparat oder ein Scanner, der blitzschnell unterschiedlichste Informationen erfasst und zusammenfügt. Viele Augen sehen manches, das man lieber verstecken möchte. Damit ziele ich nicht auf körperliche Schönheit, wobei ein gut aussehender Mensch – zugegeben – öfter Vorschußlorbeeren erhält als andere. Die werden aber dafür auch wieder sehr schnell entzogen. Charakterschwächen Ich meine vielmehr Unausgeglichenheit mit sich selbst, eine Artþdes Selbst-Boykotts, der Unzufriedenheit oder der Unreife. Schlechte Manieren, eine Oberflächlichkeit des Umgangs mit sich und anderen, fehlende Demut. Diverse Charakterschwächen wie Arroganz und Unsicherheit, unkontrolliertes oder fehlendes Temperament, aber auch „Klugscheißerei“, Bluff bis Aufgesetztheit oder Gefallsucht drücken sich nicht nur nonverbal aus. Die inhaltlichen Schwächen, die es an einem Vortrag oder einer eitlen Rede zu bemängeln gibt, haben „Ur-sachen“. Ist der Inhalt einer Rede an und für sich astrein und sogar besser als das, kann es sein, dass der Redner nicht das Vertrauen der ZuhörerInnen gewinnen konnte und damit auch nicht ihre Anerkennung. Planbarer Erfolg Es gibt nicht „das“ pauschale Erfolgsrezept für gute Reden – ebenso wenig wie für die Marktführerpositionierung eines Produktes oder den Sieg einer Bürgermeisterwahl. Gleichzeitig kann man sehr viel dafür tun – es bleibt aber ein nicht kontrollierbarer und steuerbarer „Rest“, den Sie „Gnade“, „Glück“, „Zufall“, „Wunder“, „Schicksal“ (oder ganz anders) nennen können. Nur wenn dieses Irgendwas dazukommt, erleben wir einen großen Erfolg. Und weil es so ist, empfehle ich, neben, vor, zwischen und nach den Reden die Führung eines unterhaltsamen, vielseitigen, erfüllenden Lebens entsprechend dem eigenen Wesen – genau das erhöht die Strahlkraft und Durchsetzungsfähigkeit eines Menschen. So gesehen gibt es sehr wohl ein allgemein gültiges Rezept für Erfolg auch bei Reden: Kommen und bleiben Sie in Ihrer Kraft, akzeptieren Sie keine zwei Zentimeter zwischen sich und dem „In-Ihrervollen- Stärke-sein“ – was immer das auf Ihrem Weg auch bedeuten mag. Ausstrahlung Man sieht es einem Menschen an, ob er entspannt oder verkrampft ist. Man hört an seiner Stimme und Modulation, ob er die Möglichkeiten der Selbsterfahrung ausschöpft. Man erlebt es an der Wendigkeit seines Geistes, ob und wie er an Neues herangeht. Genauigkeit, Toleranz, Durchsetzungskraft, Hingabe und Verantwortungsvermögen kann auf vielen Gebieten gelernt, geübt und vertieft werden. Wichtig ist nicht wo, sondern dass es geschieht. Als Prof. Dr. Viktor Mayer-Schönberger 1997 in den österreichischen Medienkreisen noch beinahe unter der Hand als Experte für Recht auf dem Info-Highway kolportiert wurde, war er faktisch ein kleiner Fisch in der heimischen Universitäts-Szene. Als einstiger Jungunternehmer hatte er bereits gute Erfolge verbucht, seine Studienleistungen im Inund Ausland waren hervorragend, er publizierte fleißig – und seine wissenschaftliche Karriere in Österreich verlief langsam. Seine Vorträge glänzten bereits damals durch eine auffallende Freundlichkeit, einen feinen Humor und einer Lebensbejahung, die er auf andere übertrug: Mitten in der Erklärung von komplizierten urheberrechtlichen Sachverhalten fand er – oder schuf er?! – einen passenden Augenblick, um ein heiteres Lächeln an die Zuhörerschaft zu senden. Als wollte er sagen: „Hey, diese Hirnleistung macht ab einem gewissen Level wirklich Spaß. Bleib dran, dann wirst du ihn auch erfahren! Abgesehen davon ist es fein, dass wir das jetzt gemeinsam erleben.“ Er war stets zu allen Menschen höflich und an Erfahrungsaustausch rege interessiert, für den er auch internationale Beziehungen pflegte. Es verwundert überhaupt nicht, dass er seit einigen Jahren schon, derzeit als einziger Österreicher, bei seinen Studenten und Kollegen an der Haward University in Boston sehr geschätzt wird und darüber hinaus international erfolgreich ist. Zusammenfassung der Tipps aus den Beispielen Wenn Sie eine Rede halten, tun Sie es bitte aus Liebe zu Ihrem Beruf, dem Menschsein und dem Dasein schlechthin. Diese Liebe gehört nicht in Worte gepackt, das mutet leicht seltsam an, sondern sie und die Freude, die sie dabei gewinnen, dürfen durch Ihre Worte und Taten „durchschimmern“! Ihre Rede richten Sie bitte an die definitiv Anwesenden. Schauen Sie die Menschen an, lassen Sie sich auf sie ein, sprechen Sie Aktuelles, das die Gemüter bewegt oder erregt, bitte an. Sagen Sie Ihre Meinung dazu und nennen Sie Ihren Standpunkt. Konzentrieren Sie sich auf den gemeinsamen menschlichen Nenner aller Anwesenden und schaffen Sie Momente, in der dieser wirken darf. Erklären Sie Ihre Gedankengänge und Entscheidungen so, dass sie nachvollziehbar sind. Verwenden Sie eine einfache, aber Ihnen entsprechende Sprache. Anders ausgedrückt: Hüten Sie sich vor Halbwahrheiten oder Lügen, die vielleicht momentan die Gunst des Publikums bringen, aber nicht mit Ihnen im Einklang stehen. Wenn Sie eine Rede im fremdsprachigen Ausland halten, lernen Sie die Begrüßung oder wenigstens das Dankeswort am Ende Ihrer Rede in der jeweiligen Landessprache. Ganz pragmatisch: Wenn Ihnen jemand auf der Bühne ein Glas Wasser bringt, oder Sie sonst irgendwie unterstützt, bedanken Sie sich dafür. Das kann vorher und nachher reichlich geübt werden. Seien Sie weder überheblich, noch arrogant oder betulich – es ist so grausam peinlich, wenn Menschen jene, die sie bedienen, schlecht behandeln. Auch wenn es häufig zu beobachten ist, ist es doch jedes Mal Ausdruck von schlechtem Benehmen! Wenn jemand Sie aus dem Publikum unterbrechen will, bleiben Sie freundlich und bestimmt am Wort und stellen Sie einen späteren Zeitpunkt für Fragen in Aussicht. Wenn ein Zwischenruf spürbares Pulver trägt, ignorieren Sie ihn nicht, aber gehen Sie zu einem Zeitpunkt darauf ein, der Ihnen ins Konzept passt. Wer sind die Zuhörer? Erwartungshaltungen Darüber informieren Sie sich so gut wie möglich in der Vorbereitung auf die Rede. Es wird gemeinsame berufliche, wirtschaftliche und kulturelle Interessen zwischen Ihnen und der Zuhörerschaft geben, die Neuigkeiten aufzuweisen haben. Nehmen Sie aus der Vielfalt der Möglichkeiten jene, die Sie unter den angebrachten Kriterien eines Weltbürgers, der lokal handelt, am besten finden. Wenn Sie vor Hochseefischern reden, selbst aber leicht seekrank werden, was tun Sie, falls die Rede darauf kommt? Hochseefischer sind keine „Windelkinder“, sie sind stolz auf die Männlichkeit ihres Berufs. Es gibt unter allen verbalen Erscheinungen noch eine tiefere, in dem Fall eben „Mann sein“. Dazu gehören rein männliche Muskelvergleiche, Mut und Zeugungskraft und was-weiß-ich-Frau noch alles. Daher lautet meine innige Empfehlung: Sollten Sie zu Seekrankheit neigen und öfters vor Hochseefischern reden müssen, schauen Sie zu, Ihre Seekrankheit quitt zu kriegen! Auch, wenn Sie eine Frau sind. Wie können Sie Übereinstimmung gewinnen? Körpersprache Neben allen Worten und Taten zählen natürlich auch visuelle Signale. Die Körpersprache ist wie die Musik zu den Bildern. Üben Sie vor dem Spiegel, üben Sie vor Freunden im ganz normalen Alltag. Welche Gestik verwenden Sie, wenn Sie einem Menschen, den Sie lieben, etwas erklären? Wie klingt Ihre Stimme dabei? Hören Sie sich zu, wenn Sie „echt“ sind, ohne darüber nachzudenken, wie „echt“ jetzt klingen könnte. Merken Sie sich das innere Gefühl und den Klang der Stimme. Tipp: Zwei kleine Übungen: 1. Sagen Sie den Satz: „Eine Wiese voll blühender Blumen erstrahlt im Sonnenlicht.“ Sagen Sie ihn mal heiter, mal bedrückt, mal drohend, mal fragend, mal nüchtern. Und dann sagen Sie ihn so, dass kein Zweifel über die Richtigkeit Ihrer Worte aufkommt und sie gleichzeitig mit Ihrer Stimme und Art, ihn zu sagen, sich und andere berühren. Merken Sie den Unterschied der „hörbaren Echtheit“? Wenn ich persönlich Lesungen oder Vorträge vorbereite, ist mir mein Hund immer ein hilfreicher Geist. Wenn ich echt bin – dabei kann ich auch ganz leise sprechen – kommt mein Hund zuhören, sogar aus einem anderen Raum kommt er herbei und setzt sich zu meinen Füßen. Legt den Kopf schief und wartet, was geschieht. Handelt es sich um schwere, traurige Gedichte, seufzt er und legt sich nieder. Wenn er zu bellen und herum tänzeln beginnt und mich auffordernd in die Wade beißt, weiß ich, dass ich die fröhliche, freie Schwingung in der Stimme glaubhaft transportiere. 2. Kinder sind wunderbar „unverdorbene“ Zuhörer. Es geht mit Vier- bis Achtjährigen in der Übung darum, herauszufinden, wie sie überhaupt bereit sind, länger als dreißig Sekunden einem Erwachsenen zuzuhören. Weil Kinder nicht unbegrenzt Chancen verteilen, rate ich Ihnen, gleich echt und pur zu beginnen: Wenn Sie ein Märchen erzählen, distanzieren Sie sich nicht vom Inhalt. Ganz im Gegenteil, gehen Sie voll in die Geschichte hinein, als würden Sie diese gerade erleben (müssen). Bei den gruseligen Passagen seien Sie bitte ein wenig vorsichtig und nehmen zurück – Kinder haben eine empfindsame Seele und eine sehr lebhafte Fantasie! Wenn Ihnen Kinder gerne freiwillig zuhören, dann können Sie sicher sein, dass Sie mit Ihrer Artþzu sprechen, bewegen, berühren und gewinnen können. Visuelle Signale Visuelle Signale sendet natürlich die Kleidung. Die Frisur. Die Schuhe. Der Schmuck und andere „Insignien des Standes“. Es gibt Dress-Codes, die Sie nicht missachten sollten, außer Sie wollen Missachtung ausdrücken. Schauspieler und Musiker tragen häufig schwarz, Sportmoderatoren kleiden sich leger, Bürgermeister tragen gerne Anzüge und Tracht, Banker sind cool gestylt, Intellektuelle führen Hornbrillen aus, Friseusen sind gerne modisch, Trendforscher haben einen ganz eigenen Stil und Wirtschaftskammerfunktionäre erinnern gerne ein wenig an Aristokraten. Was passt zu Ihnen, dem Anlass, dem Ort und der Zuhörerschaft? In der Qual der Wahl gilt die Faustregel: Edle Qualität und unauffälliger Schnitt im jeweiligen Dress-Code. Tragen Sie keine „nigelnagelneuen“ Kleider oder gar Schuhe zu besonderen Anlässen, verkleiden Sie sich nicht, sondern entscheiden Sie sich für Vertrautheit und Funktionalität. Das gilt besonders für die Schuhe meiner geschätzten weiblichen Leserschaft: Gut gehen und stehen können ist besonders in Stress-Situationen von Bedeutung. Schöne Beine sind nur dann ein Zusatznutzen, wenn sie sicher bewegt werden. Farben: Dunkle Farben signalisieren Ernsthaftigkeit, Führungskompetenz und überraschen fast nie. Pastellfarben signalisieren Weichheit, Fraulichkeit bis Verspieltheit. Für kräftiges Gelb, Grün, Lila, Blau oder Rot müssen viele gute Gründe und ein wirklich selbstsicheres Auftreten sprechen, damit die Farben nicht mit Ihnen spazieren gehen. Wenn Sie einen Sieg gewiss nur mehr abholen müssen, können Sie kräftiges Rot tragen. Als Frau im Kostüm, Kleid oder auch Hosenanzug, als Mann in der Krawatte. Und bitte nur dann, denn Verlierer in Rot fallen noch deutlicher auf und bleiben lange in Erinnerung. Erdfarben sind wunderbar, wenn sie Ihnen stehen, können aber auch schnell fad wirken. Wann forcieren Sie Ihre Bemühungen? Einstimmung Sie beginnen eine Rede dann, wenn Sie konzentriert und bereit sind. Wenn Sie am Rednerpult angekommen sind, richten Sie sich in Ruhe alle Unterlagen her, die Sie brauchen. Danach schauen Sie das Publikum erwartungsvoll und freundlich an, signalisieren also die Bereitschaft, zu beginnen. Und erst, wenn Sie merken, dass die Erwartung „großflächig“ erwidert wird, erheben Sie das Wort. Pausen Bitte gönnen Sie sich und Ihrer Zuhörerschaft immer wieder kleine Pausen für die Sammlung und Verarbeitung. Als Sprechende/r haben Sie ohnehin einen gewaltigen „Informationsvorsprung“. Sie wissen, was Sie sagen wollen, für alle anderen ist es neu, kommt im spezifischen Gedanken vielleicht unerwartet, überraschend oder sehr eindrucksvoll. Pausen helfen den anderen zu verarbeiten, Ihnen helfen Sie, die Stimmung im Saal wahrzunehmen, sich zu zentrieren und die Aufmerksamkeit zu halten. Nervosität Sollten Sie nervös sein, lautet die Grundregel: langsamer werden, bewusst sprechen, und sich die Standflächen der Fußsohlen vergegenwärtigen. Atmen Sie ruhig, loben Sie sich innerlich, seien Sie mit den Gedanken, die Sie jetzt denken, sich selbst Ihr bester Freund. Unruhe Gleiches gilt, falls Unruhe im Raum entsteht, die nicht auf eine „Bombenaussage“ zurückzuführen ist. Sie haben keine Ahnung, warum manche nun wie verabredet zu hüsteln beginnen, auf den Sesseln rutschen oder miteinander flüstern. Bitte richten Sie den Blick in die Richtung des „Unruheherdes“, werden Sie langsamer, vielleicht halten Sie kurz inne, wenn Ihre innere Stimme es rät. Noch einmal: Sie haben keine Ahnung von der Ursache. Unterbrechungen Statt jetzt Vermutungen gegen Sie selbst zu hegen („Oh Gott muss ich fad sein“ oder dergleichen), denken Sie an die Möglichkeit, dass einem Zuhörer das Taschentuch/die Brille/das Programmheft etc runtergefallen sein könnte, oder irgendein anderer harmloser Grund vorliegt. Geben Sie Zeit, nützen Sie diese für die gesammelte, positive Weiterführung Ihrer Rede und setzen Sie erst fort, wenn der Rumor nachlässt. Freie Rede Teile Ihrer Rede sollten Sie frei sprechen können, weil Sie die Gesichter im Publikum sehen wollen, Reaktionen wahrnehmen müssen, um das richtige Tempo zu finden. Dazwischen darf es Passagen geben, für die Sie die Unterstützung vom Blatt brauchen. Wenn Zahlen vorkommen, lesen Sie diese vom Blatt – es ist glaubhafter und auch sicherer. Vor allem den Anfang und den Schluss sprechen Sie bitte frei. Lassen Sie Ihren Körper sehen, auch kein Rednerpult soll jetzt zwischen Ihnen und dem Publikum stehen. Zeigen Sie Ihre Hände, wenn möglich die offenen Handflächen, und fühlen Sie sich bitte wohl dabei. Genießen Sie den Moment, lassen Sie es zu, dass Freude in Ihnen klingelt, aber lassen Sie sich von der Freude nicht die Konzentration stören. Abschluss Vorsicht, kurz vor Schluss ist ein sehr heikler Abschnitt: wir neigen dazu, schon innerlich zu entspannen und Versprecher oder sonstige Fallen aus mangelnder Spannung erhalten so eine Chance. Von der Redewirkung her sind Anfang und Schluss wichtige Passagen – am Anfang gewinnen Sie die Aufmerksamkeit, dazwischen halten und „füttern“ Sie diese, und am Ende bestätigen Sie mit einer fulminanten und charmanten Zusammenfassung der wichtigsten Punkte, damit Sie die Aufmerksamkeit verdienen und zu schätzen wissen. Wo sind die Grenzen? Bleiben Sie bei sich, was immer geschieht. Geben Sie dem Publikum von Ihrem speziellen und wertvollen Wissen und von Ihrem Menschsein. Geben Sie nur soviel, wie Sie es für richtig halten und geben Sie auch nicht weniger als das. Privates und Geheimes hat in öffentlichen Reden nichts verloren. Falls Sie demagogische Fähigkeiten besitzen, gehen Sie damit verantwortungsvoll um. Hinter und über Ihrer Rede steht ein höheres Ziel, dem Sie sich bitte in jedem Moment unterordnen. Wenn Sie spüren, dass das Publikum ganz bei Ihnen ist, erhöhen Sie bitte Ihre Achtsamkeit und Ihr Verantwortungsgefühl. Nützen Sie Ihre Fähigkeiten zum Wohle aller, stellen Sie sich in den Dienst aller, auch wenn Sie es niemals allen recht machen können oder sollen. Von einer Grenzüberschreitung erzählt folgende Begebenheit: Ein Vortragender meinte, dass ihm niemand mehr zuhöre. Statt weiterzureden und damit jene zu bedienen, die sehr wohl zuhörten, oder auch vor der Zeit zu beenden, setzte er wörtlich mit „bla bla bla“ fort und wartete auf Reaktionen, die auch bald kamen. Danach war der Vortrag nicht mehr zu retten … Was ist das konkrete Ziel? Eine gelungene Rede ist ein erfolgreicher Teilabschnitt eines längeren Weges. Es ist ein wunderbares Gefühl, das Rednerpublikum gewonnen zu haben. Feiern Sie sich und lassen Sie sich feiern! Am nächsten Tag gehen Sie daran, weitere Maßnahmen zu setzen, Ihr Lebenswerk weiter zu bauen. Idealergebnis (Best Case) Publikum erreicht Der Schlussapplaus war beeindruckend. Menschen kommen auf Sie zu, bedanken sich und stellen Fragen. Die Presse schreibt gut. Ihnen persönlich geht es gut: Sie haben Ihre Aufgabe gut erledigt und ein wichtiges Publikum erreicht und gewonnen. Tipp: Genießen Sie es! Schlechtestes Ergebnis (Worst Case) Misserfolg Die Rede brachte aus einem unerfindlichen Grund nicht den angestrebten Erfolg. Sie persönlich fühlen sich genervt und enttäuscht. Gönnen Sie sich das, was Sie jetzt brauchen. Tipp: Es liegt vieles nicht in unserer Hand. Analysieren Sie gemeinsam mit einigen Menschen Ihres Vertrauens das Geschehene. Messen Sie sich nicht an den Möglichkeiten der großen Vorbilder: „Ach, in diesem Leben werde ich nie so gut singen wie Barbara Streisand.“ Vergleichen Sie lieber die persönlichen Leistungen der Vergangenheit mit der aktuellen. Da sind gewiss Fortschritte zu bemerken – an diesem Faden können Sie weiterspinnen. Wahrscheinliches Ergebnis (Real Case) Durchschnitt Die Rede war gut, das Publikum auf Ihrer Seite – Sie haben ohne Spitzen und ohne Durchhänger die Aufgabe bewältigt. Tipp: Die Analyse wird Ergebnisse zeigen, die noch verbesserbar sind. Nehmen Sie das Feedback zur Kenntnis. Eine Rede ist lebendig, das bedeutet, das sie in nicht perfekt ist und auch gar nicht sein soll. Fehler sind menschlich, oft sind gerade sie es, die uns Sympathie einbringen – was eine Analyse kaum zeigt. Hermes war unter anderem Schutzgott der Händler und Kaufleute, Gott der Redekunst, des Denkens und des Glückes. Der Dynamik des Umwandelns und des Übersetzens. Das zeigt die Bedeutung der Redekunst in einer Umgebung der Aktivität. In diesem Sinne: Viel Erfolg bei allem, was Sie tun!