1 Zukunft (TK 10) 2007 - Rau Johannes Rau Vertrauen in Deutschland – eine Ermutigung 5 10 15 20 25 30 35 Seit Jahren schon wird uns ein Bild immer wieder vor Augen gestellt: Wir stehen vor einem riesigen Berg von Aufgaben und Problemen. Wenn wir nicht alles anders machen als bisher, so drohen uns, heißt es, Niedergang, Zusammenbruch, Abstieg oder andere Katastrophen. Untergangsszenarien und Apokalypsen sind ja eigentlich Mittel von politischen Außenseitern, die gesellschaftliche Veränderungen erzwingen wollen. Heute kommen solche Beschreibungen oft auch von Verantwortlichen aus der Mitte von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Das Ziel ist das Gleiche: Untergangsszenarien sollen mithelfen, bestimmte Ziele durchzusetzen und dafür Mehrheiten zu gewinnen. Heute, da so viel von Zukunft die Rede ist, ist so wenig Zuversicht zu spüren, so wenig Selbstvertrauen und so wenig Vertrauen in die Zukunft. Viele scheinen von der Zukunft vor allem Schlechtes zu erwarten. Dafür gibt es manchen Grund, und viele Sorgen sind berechtigt. Entscheidend ist aber: Wo Vertrauen fehlt, regiert Unsicherheit, ja Angst. Angst vor der Zukunft ist der sicherste Weg, sie nicht zu gewinnen. Angst lähmt die Handlungsfähigkeit und trübt den Blick für das, was in Staat und Gesellschaft tatsächlich grundlegend verändert werden muss, was neuen Bedingungen angepasst werden soll und was auf jeden Fall bleiben muss. Die Zukunft kommt ja nicht einfach auf uns zu. Wir müssen sie nach unseren eigenen Vorstellungen gestalten. Wir wollen schließlich, dass wir auch in Zukunft friedlich und in Freiheit miteinander leben können- in einer Gesellschaft, in der Leistung etwas gilt und die Gerechtigkeit und Solidarität lebt. Wenn wir diese Zukunft gestalten wollen, wenn wir sie menschlich gestalten wollen, dann brauchen wir zweierlei: Vertrauen in die, die für uns Verantwortung tragen und die Bereitschaft, selber Verantwortung zu übernehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die notwendigen Veränderungen schaffen können. Genauso fest glaube ich aber, dass der Mangel an Vertrauen und Verantwortungsbereitschaft der eigentliche Grund für die massive Verunsicherung ist, für die an vielen Stellen pessimistische Stimmung und für die mangelnde Kraft zur Veränderung. Wir alle wissen: Vertrauen kann man nicht anordnen, nicht befehlen. Vertrauen kann man nicht beschließen. Vertrauen muss wachsen. Vertrauen wächst zwischen einzelnen Menschen, in Gemeinschaften und muss eine ganze Gesellschaft prägen. Ohne Vertrauen können Menschen nicht friedlich miteinander leben. Ohne Vertrauen werden wir unsere Probleme nicht lösen. Erst Vertrauen schafft das Klima für wirtschaftlichen Erfolg, für wissenschaftlichen und sozialen Fortschritt, für technische Innovation. Bundespräsident Johannes Rau, Berliner Rede am 12.05.2004 (www.bundespraesident.de) Zukunft (TK 10) Teilaufgaben 3.1 „Die Zukunft kommt ja nicht einfach auf uns zu.“ (Z. 20) Stellen Sie den Gedankengang von Johannes Rau dar. 3.2 Utopien und Visionen - die Sehnsucht nach einer besseren Welt: Setzen Sie sich mit einer Utopie oder Vision – aus Bibel bzw. Literatur kritisch auseinander. 3.3 Erörtern Sie an einem Beispiel, wie die von Johannes Rau geforderte „Bereitschaft, selber Verantwortung zu übernehmen (Z. 27f.)“ konkret aussehen könnte. 2 3 Zukunft (TK 10) 2007 - Rau 3.1 Johannes Rau Gesellschaft: 3.2 beschreibt folgendes Stimmungsbild in unserer Er konstatiert einen Mangel an Zuversicht, Selbstvertrauen und Vertrauen indie Zukunft. Die Erwartungen vieler Menschen an die Zukunft sind negativ geprägt, weil ihnen seit Jahren ein negatives Bild der Zukunft vor Augen gestellt wird. Vor Augen gestellte negative Zukunftsszenarien beeinträchtigen die Fähigkeit aktuelle Notwendigkeiten zu erkennen und Veränderungen in Angriff zu nehmen, indem sie die Kräfte lähmen und den Blick verschleiern. Untergangsszenarien werden instrumentalisiert, um bestimmte Ziele durchzusetzen. Johannes Rau beklagt die fehlende Bereitschaft der Menschen, sich persönlich ihrer Verantwortung zu stellen und sich für die gelingende Zukunft unserer Gesellschaft zu engagieren. Die Zukunft kommt nicht einfach auf uns zu, wir müssen sie gestalten: im Blick auf Frieden, Freiheit, Leistung, Gerechtigkeit und Solidarität. Dafür brauchen wir zweierlei: einmal Vertrauen in diejenigen, die Verantwortung tragen und zweitens Verantwortungsbereitschaft. Vertrauen kann man nicht anordnen, nicht beschließen, sondern Vertrauen muss wachsen. Nur auf dieser Basis ist wissenschaftlicher, sozialer, technischer und wirtschaftlicher Fortschritt möglich. Die Aufgabe gilt als gelöst, wenn der Schüler oder die Schülerin eine Utopie oder Vision darstellt und sich damit kritisch auseinandersetzt. Ebenso ist denkbar, dass er/sie die Darstellung und Würdigung miteinander verknüpft. Große biblischen Hoffnungsbilder: Jes. 11, 6-9: Die Ankündigung des messianischen Reiches; Jes. 29, 17-24: Friede und Glücksverheißung für Israel, Jes 32,1-8: Das Reich der Gerechtigkeit, Jes 65, 17-25: Verheißung eines neuen Himmels und einer neue Erde, Mt 25, 31-46: Endgericht, Apk 21, 1-8: Das himmlische Jerusalem ... Utopische Entwürfe: Thomas Morus:Utopia, Aldous Huxley: Schöne neue Welt, Johann V. Andrea: Christianopolis, Gesellschaftsentwürfe im Rahmen des „Science-fiction-Genres”, Popmusik: John Lennon „Imagine“, .... Anschließend ist ein begründetes Urteil zu entwickeln. Dabei kann der Frage nachgegangen werden, weshalb Menschen Visionen überhaupt benötigen und welche Gefahren sie beinhalten können (ein mögliches Beispiel stellt Poppers Utopiekritik dar). Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der gewählten Vision oder Utopie sollte in der Antwort berücksichtigt sein. Zukunft (TK 10) 3.3 Der Schüler/die Schülerin sollte bei der Beantwortung dieser Aufgabe selbstständig und reflektiert Leitvorstellungen entwickeln, wie das Engagement des Einzelnen für eine zukunftsfähige Gesellschaft konkret aussehen könnte. Das gewählte Beispiel kann aus dem globalen, gesamtgesellschaftlichen, technischen, wirtschaftlichen, individuellen usw. Lebensbereich stammen. Die Aufgabe gilt als gelöst, wenn der Schüler/die Schülerin sich mit seinen/ihren Beispielen argumentativ und differenziert auseinandersetzt. 4 5 Zukunft (TK 10) 2007 - Huber Wolfgang Huber Neujahrspredigt 2005 zusammengefasst vom Presseamt der EKD Glaube als Zukunftskraft Die Zukunft meistere nur, wer einen anderen als Meister über sein Leben anerkenne, erklärte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Bischof der Evangelischen Kirche BerlinBrandenburg-schlesische Oberlausitz, Wolfgang Huber, angesichts der Unsicherheiten beim Jahreswechsel. Für die Zukunftsfähigkeit der 5 Gesellschaft sei es deshalb wichtig, „dass der Glaube wieder als Zukunftskraft wahrgenommen werde,“ sagte er in seiner Predigt am Neujahrsmorgen in der Kirche St. Marien in Berlin. Wirklichen Halt im Leben sei „nicht aus der Statistik der durchschnittlichen Lebenserwartung oder des üblichen Monatseinkommens, nicht aus der Sicherheit des eigenen 10 Arbeitsplatzes oder dem Prickeln des jährlichen Erlebnisurlaubs“ zu gewinnen, weiß der Ratsvorsitzende und verwies auf die Zusage in der Jahreslosung: „Gott spricht: Ich lasse nicht fallen und verlasse dich nicht.“ Diese Zusage stamme aus der „Gründungsgeschichte des Volkes Israel“, 15 weiß Wolfgang Huber. Nach dem Mose, der die Israeliten nach der Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten 40 Jahre durch die Wüste geführt hatte, gestorben war, übertrug Gott Josua die Führung des Volkes. Er sollte die Israeliten „über den Jordan“ ins gelobte Land führen. Die aus dieser Geschichte entstandene Redensart „über den Jordan gehen“ signalisiere, 20 dass es kein Zurück mehr gebe. Doch es sei anders als in der Bedeutung der Redensart „nicht der Schritt vom Intakten zu Kaputten, vom Heil zum Unheil, vom Leben zum Tod. Es ist genau umgekehrt: Es ist der Schritt vom Warten zur Erfüllung, von der Wüste ins gelobte Land, vom Zweifel in die Gewissheit“. 25 Auch beim Wechsel ins neue Jahr gebe es kein Zurück, doch ob es der Anbruch einer neuen Epoche werde, bleibt nach Einschätzung von Huber offen: „Schon aus Selbstschutz stimmen viele in einer solchen Lage ihre Hoffnungen und Erwartungen herab: Nur keine falschen Versprechungen. Aber es kann auch sein, dass wir auf diese Weise die Schwelle gar nicht 30 bemerken, die Chancen des Neuen ungenutzt verstreichen lassen. Wir versuchen, uns über den Jordan hinüberzumogeln und bleiben innerlich vor ihm stehen. Wir verweigern uns dem Neuen. Wir überhören Gottes Verheißung. Wir übersehen seine Treue.“ Dabei verbürge sich Gott für die Zukunft, in dem er auf Mose verweise: „Christen vertrauen darauf, dass sie 35 durch Jesus Christus an Gottes Treue und seiner Verheißung Anteil haben. Im Jordan wurde Jesus getauft; so hat Gottes Verheißung in ihm auch einen Jordan überschritten. Deshalb erschallt die Botschaft von Gottes Treue und Verheißung nun bis an die Enden der Erde.“ ( ...) Quelle: www.evangelischekirche.de/presse/pm_275_2005_neujahrsbotschaften.html Zukunft (TK 10) 6 Teilaufgaben: 3.1 „Gott spricht: Ich lasse nicht fallen und verlasse dich nicht.“ (Z. 11f.) Wolfgang Huber entwickelt in seiner Predigt den Gedanken der „Zukunftskraft“ des Glaubens. Zeigen Sie dies anhand des Textes auf. 3.2 Stellen Sie an einem Beispiel aus Bibel oder Literatur die Sehnsucht nach einer besseren Welt dar und beurteilen sie dieses kritisch. 12 3.3 Zukunft gestalten: Erörtern Sie die Tragfähigkeit von Ihnen bekannten oder selbst entwickelten Leitvorstellungen für die Gestaltung der Zukunft. 10 8 7 Zukunft (TK 10) 2007 - Huber Lösungsvorschlag 3.1 In seiner Neujahrspredigt geht Bischof Wolfgang Huber von den Unsicherheiten angesichts des Jahreswechsels aus. Er behauptet, dass die Zukunft nur zu meistern sei, wenn der Mensch einen anderen Meister über sein Leben anerkenne. So ist es für Huber wichtig, dass der Glaube wieder als Zukunftskraft wahrgenommen wird, um der Gesellschaft Zukunftsfähigkeit zu geben, weil statistische Befunde, vermeintliche Sicherheiten wie der des Arbeitsplatzes oder zu erwartende Erlebnisse diesen Halt nicht zu geben vermögen. Vielmehr verweist Huber auf die Zusage Gottes, den Menschen nicht fallen zu lassen, von der auch die Jahreslosung 2006 spricht. Dass der Glaube eine Zukunftskraft in sich trägt, macht Huber in einem Rückgriff auf die Gründungsgeschichte des Volkes Israels deutlich. Für dieses Volk habe es nach der Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten und dem Tod des ersten Führers kein Zurück mehr gegeben und das Volk sei seinen Weg zu Heil und Leben, von der Wüste ins gelobte Land gegangen. In ähnlicher Weise lässt der Jahreswechsel auch keinen Weg zurück mehr zu, für die Menschen ergeben sich Chancen des Neuen, Hoffnungen und Erwartungen für das neue Jahr. Um Enttäuschungen zu vermeiden werden diese Hoffnungen herab gesetzt. Hierin liegt für Wolfgang Huber eine Gefahr, wenn dabei die Chancen des Neuen ungenutzt bleiben, Gottes Verheißung überhört und seine Treue übersehen wird. Im Gegenteil gelte weiterhin die Zusage, dass Christen an Gottes Treue und Verheißung auch im neuen Jahr Anteil haben, deshalb erschalle diese Botschaft Gottes „bis an die Enden der Erde“. Wie die Israeliten beim Auszug aus Ägypten auf Gottes Verheißung und Treue vertraut haben, sollen auch wir in Zeiten des Übergangs den Weg voller Zuversicht ins Neue gehen. 3.2 Beispiele für die Sehnsucht nach einer besseren Welt finden sich in Hoffnungsbildern und Visionen der alttestamtlichen Propheten, in neutestamentlichen Äußerungen zur Reich-Gottes-Botschaft , der Offenbarung des Johannes sowie in klassischen bzw. aktuellen utopischen und visionären Entwürfen der Literatur. Als Bezugsstellen können hierbei u.a. angeführt werden: Jes. 11, 6-9 Die Ankündigung des messianischen Reiches Jes. 29, 17-24 Friede und Glücksverheißung für Israel Jes. 32, 1-8 Das Reich der Gerechtigkeit Jes. 65,17-25 Neuer Himmel – Neue Erde Textstellen zur Reich-Gottes-Botschaft Jesu Apk. 21 Das neue Jerusalem Utopien und Visionen nach Th. Morus, A. Huxley usw., Gesellschaftsentwürfe im Rahmen des „Science-fiction“-Genres usw. In der Beurteilung sollte der Schüler/die Schülerin deutlich machen, dass das dargestellte Beispiel im Rahmen seiner historischen Situation zu deuten und zu bewerten ist. Seine Zukunftsrelevanz und Tragfähigkeit 8 Zukunft (TK 10) kann auf Grund verschiedener Beurteilungskriterien bewertet werden, so z.B. auf seine personale, soziale, demokratische, internationale oder ökologische Verträglichkeit hin. Ebenso denkbar ist eine kritische Auseinandersetzung mit Ergebnissen der aktuellen Zukunftsforschung und ihren Deutungen. 3.3 Die Aufgabe gilt als gelöst, wenn der Schüler/die Schülerin Leitvorstellungen, die er/sie im Rahmen des Unterrichts bzw. durch eigene Erarbeitung kennen gelernt hat oder aber auch selbst entwickelt, thetisch darlegt und sich mit ihnen differenziert sowie argumentativ auseinandersetzt. Leitvorstellungen für die Zukunft können gesamtgesellschaftlich, technisch, ökologisch oder ethisch akzentuiert, aber auch als individuelle Lebensperspektive formuliert werden. Beides ist im Rahmen der Aufgabenstellung möglich, sollte aber als Fokus in der Antwort durchgehalten werden. Denkbar sind z.B.: biblisch-christliche Vorstellungen in alt- oder neutestamentlichen Texten im Sinne alttestamentlicher Prophetie (vgl. Micha 6, 8 „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert ...), in Bundes- und Segenszusagen (Gen 9, Gen 17, usw.), in der Bergpredigt (Mt 5-7), in der sog. Endzeitrede (Mt 25, 31ff), usw. religiös, philosophisch (bzw. ideologisch) motivierte Maximen der sozialen Gerechtigkeit: z.B. Option für die Armen als Maßstab biblischer Sozialethik: Ex 20; 22; J. Ralws „Gerechtigkeit als Fairness“ klassische bzw. moderne sozialistische oder neoliberale Ansätze; Äußerungen herausgestellter Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, Wahlprogramme politischer Parteien, kirchlicher Denkschriften etc. u.a. Zukunft (TK 10) 9 2008 - Hahne Peter Hahne Schluss mit lustig Die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und vom 11. März 2004 in Madrid sind die zwei Daten, die die Welt zu Beginn des neuen Jahrtausends dramatisch veränderten. Zum globalen Pessimismus kommt jetzt dramatisch die persönliche, existenzielle Bedrohung. Jeder hat jemanden im engsten Bekanntenkreis, der arbeitslos ist. Die Ahnung, dass es jeden treffen kann, verunsichert die gut behütete und beneidete Generation der heute etwa 50-Jährigen, die von unbegrenztem und bombensicherem Wachstum träumte. Drohend stellen sich die Fragen nach Rente, sozialer Sicherung und dem Gesundheitssystem. Wir erleben nun nach dem Gefühl ewiger Sicherheit die Rückkehr der Angst. Hoffnungslosigkeit erzeugt Angst. Und Angst lahmt die Initiative. Wenn es nichts mehr zu glauben und zu hoffen gibt, lohnt auch keine Anstrengung. Bleibt nur die Flucht in die Resignation oder ins eigene Ich, in einen tödlichen Individualismus zum Tanz ums goldene Selbst. Und genau hier erweist sich unsere Gesellschaft als Zeit ohne Wurzeln. Die Leute lassen sich (vor-)schnell überallhin mitnehmen. Jeder gerade aktuellen Modemeinung wird gefolgt. Der Zeitgeist, geprägt von Demoskopie* und dem, was gerade „in“ ist, gibt den Ton an. Die Halbwertzeit unserer Lebensausrichtung wird immer kürzer. Ohne feste Verwurzelung sind wir dem Wind jeder Tagesparole ausgeliefert. Wer sich dauernd „verpflanzen“ lässt, bleibt letztlich ohne festen Standpunkt. Wir leben in einer Umtopfgesellschaft, die die Proklamation** fester Werte unter Fundamentalismusverdacht stellt. Hier ist der entschlossene Mut entschiedener Christen gefragt. Sie müssen die Konfrontation mit dem Zeitgeist und seiner Kultur aufnehmen und nicht die Phrasen*** der Trendpropheten nachbeten. Das erfordert einen kompromisslosradikalen, an der Bibel orientierten Lebensstil. Nur so können Christen zur Erneuerung unserer Gesellschaft beitragen. Wer jedoch seine Identität und seine Widerstandskraft (mangels Wurzelwerk) verloren hat, der steht angepasst und einflusslos am Rande der Gesellschaft. Mir scheint die erschütterndste Diagnose unserer Zeit die abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit zu sein. Vielen ist die Zukunft ein Rätsel geworden. Wahre Hoffungsträger, also Menschen und Ideen, die sich als tragfähig, als lebens- und existenztragend erweisen, scheinen abhanden gekommen zu sein. Wir begegnen allenthalben einer erschreckenden Gleichgültigkeit, einer lähmenden Resignation. Dabei wissen wir doch: Zum (Über-)Leben brauchen wir Hoffnung. Nur echte Hoffnung gibt Mut für morgen. nach: Hahne, P., Schluss mit lustig. Das Ende der Spaßgesellschaft, Lahr2006, gekürzt. Worterklärungen Demoskopie* (Z. 17): Meinungsforschung / Meinungsumfrage Proklamation** (Z. 21): Bekanntmachung / öffentlicher Aufruf (hier: Stellungnahme zu) Phrasen*** (Z. 25): abgegriffene, leere Redewendungen Teilaufgaben 3.1 3.2 3.3 „Zum (Über-)Leben brauchen wir Hoffnung“ (Z. 35). Überprüfen Sie diese Aussage anhand zweier biblischer Hoffnungsbilder. Stellen Sie einen utopischen Entwurf dar und erörtern Sie Notwendigkeit und Gefahren von Utopien. Beziehen Sie Stellung zu der Behauptung Peter Hahnes, dass Christen einen Beitrag zur „Erneuerung unserer Gesellschaft“ (Z. 27) leisten sollen. Zukunft (TK 10) 10 ad 1: Das Zitat aus dem Text von Peter Hahne soll auf zwei biblische Hoffnungsbilder bezogen werden. Dabei sind wesentliche Elemente der biblischen Hoffnungsbilder herauszuarbeiten. Die Schülerin/der Schüler kann u.a. aus den folgenden biblischen Hoffnungsbildern exemplarisch auswählen: Jesaja 2 beschreibt eine Aufbruchsstimmung. Der Mensch soll sein Leben in die eigene Hand nehmen und auch etwas dafür tun. Dabei soll der Mensch auf die Allmacht Gottes vertrauen. Gott ist Wirklichkeit und Realität. Darüber hinaus bringt Jesaja seine tiefe Hoffnung auf Frieden zum Ausdruck: Gott wird alle Nationen, nicht nur Israel, einladen. Dann wird es keine Kriege mehr geben. „Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen“ - das ist ein Symbol für den Frieden. Jeremia 29-31 Gott möchte grundsätzlich Heil in der Welt. Gott will jedem Menschen eine Perspektive für sein Leben geben. Wenn Christen das Reich Gottes verkündigen, hoffen sie auf eine neue Erde in Vollendung. Bergpredigt (Mt 5-7) Hoffnungsbilder in der Bergpredigt zeigen sich vor allem in den Seligpreisun-gen. Besonders im Blick sind die „Armen“ und Leidtragenden, denen Anteilhabe am Reich Gottes zugesprochen wird. Offenbarung 21 An die Stelle der alten vergangenen Welt lässt Gott nun einen neuen Himmel und eine neue Erde treten. Gott nimmt Wohnung unter den Menschen, damit erfüllt sich die Erwartung des Schaloms Gottes. ad 2: Der Schüler/die Schülerin soll eine Utopie darstellen und Utopien im Allgemeinen auf ihre Notwendigkeit und Gefahren hin untersuchen. Mögliche Beispiele für eine Darstellung sind: Thomas Morus: „Utopia“ (1516) Das Staatswesen muss ein Gemeinwesen sein, das nicht den eigenen Nutzen, sondern das Gemeinwohl fördert. Keine ungerechte Güterverteilung, keine Trennung in Arme und Reiche. Allen gehört alles. Keine Sorge mehr, kein Bangen um das tägliche Brot. Abschaffung des Geldes, des Verbrechens und der Armut. Dje Wurzel allen Übels ist der Hochmut und das Ende allen Übels sind Glück und Eintracht. George Orwell: „1984“ (1948) Totalitärer Überwachungsstaat: ausgefeiltes Spitzelsystem, lückenlose Überwachung des Privatlebens (,Big Brother1), Folter. Ein Staat, der sämtliche körperliche Verrichtungen, gesprochene Worte und Gedankengänge wahrnimmt. Manipulation durch Gehirnwäsche. Die Geschichte wird umgedeutet. Der Krieg wird zum Mittel, Aggressionen zu kanalisieren und Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Führerkult und Gehorsam, u.a. Zukunft (TK 10) 11 Notwendigkeit: Hier sollen einige positive Aspekte von Utopien verdeutlicht werden, z.B.: Kritik an der Gegenwart, Alternative Gesellschaftssysteme werden propagiert, Lebensgestaltung in Freiheit und Verantwortung, Aktivität statt Passivität des Menschen, Utopien machen Mut, etwas zu ändern und geben Impulse zur Zukunftsgestaltung, u.a. Gefahren: Hier sollen einige negative Aspekte von Utopien verdeutlich werden z.B.: Fanatismus kann zur Verweigerung des Diskurses führen. Träume von einer wunderbar schönen Welt können das Handeln in der Gegenwart verhindern. Die Gegenwart kann zugunsten der Zukunft geopfert werden. Der Mensch muss sich der Utopie anpassen und wird für die Erreichung utopischer Ziele instrumentalisiert (zum Beispiel im Faschismus oder Kommunismus). Eine Verbesserung kann besonders durch Ausübung von Gewalt in ihr Gegenteil verwandelt werden, u.a. ad 3: Die Aufgabe ist gelöst, wenn der Schüler/die Schülerin sich argumentativ mit der Behauptung Peter Hahnes auseinandersetzt und seine/ihre Position begründet darlegt. Dabei kann er/sie der Behauptung Peter Hahnes zustimmen oder eine Gegenposition einnehmen. Der Schüler/die Schülerin kann biblisch, systematisch, philosophisch, gesellschaftspolitisch u.a. argumentieren. Verlangt ist, dass eine Position dargestellt und mit Hahnes Forderung in Beziehung gebracht wird. Abschließend muss die Schülerin/der Schüler zu einem begründeten Urteil finden. Denkbar wäre bei einem biblisch-theologischen Ansatz: Amos, Jesaja, Bergpredigt, Reich-GottesGleichnisse, systematisch-theologischen Ansatz: Zwei-Reiche-Lehre Luthers, Theologie der Befreiung, philosophischen Ansatz: John Rawls: „Gerechtigkeit als Fairness“, gesellschaftspolitischen Ansatz: ATTAC, Greenpeace, BUND, parteipolitische Position, evangelikalen Ansatz: Willow Creek; u.a. u.a. 12 Zukunft (TK 10) 2011 – Hofmeister Klaus Hofmeister Yes, we can Träume, Visionen sind mächtige Bilder im Innern, die jeden Einzelnen, aber auch ganze Gesellschaften in Spannung, in Bewegung halten. Der bedeutende Göttinger Hirnforscher Gerald Hüther hat die Macht solcher inneren Bilder erforscht. Visionen, Träume verändern das Gehirn und damit die Menschen, sie vermögen auch die Welt zu verändern. Die inneren Bilder, die wir in uns tragen, die Ideen und Visionen von dem, was wir erstrebenswert finden und erreichen wollen, bestimmen unser Denken, Fühlen und Handeln durch und durch. Wir brauchen diese Bilder, die Träume, um Herausforderungen anzunehmen, auf Bedrohungen zu reagieren und Handlungen zu planen. Träume vom Leben sind elementar. Sie schaffen erst den Rahmen, in dem wir fühlen und handeln und werden, was wir sein könnten. Man sollte sie nicht zu klein wählen. Martin Luther Kings Traum, »free at last«, letztlich frei zu sein, keinem anderen Untertan als Gott, der Gerechtigkeit für alle will, nährte sich von den großen Visionen der Bibel, einem Traum von einer Welt, wo »Schwerter zu Pflugscharen« umgeschmiedet werden und kein Volk gegen ein anderes die Waffen zieht, weil alle Menschen Brüder und Schwestern sind. Gibt es heute noch solche großen Träume? Wovon träumen Jugendliche auf dem Weg in ein eigenes Leben? Ist mehr im Angebot, als irgendwie ,reich' zu werden? „Früher war es der Traum der Menschen, in den Himmel zu kommen- heute wollen sie ins Fernsehen“, lautet ein sarkastischer Satz. Bei Fernsehserien wie .Deutschland sucht den Superstar' werden solche Träume wahr. Einmal dort oben zu stehen, aus dem höllischen Endgericht eines Dieter Bohlen siegreich hervor zu gehen, das mögen für viele Träume sein. Oder sind es eher Traumfabriken'? Jugendforscher beobachten, dass junge Menschen heute ohne große Träume ins Leben ziehen, sie sind mehr Pragmatiker als Visionäre. Wer bringt sie in Kontakt mit den großen Träumen der Menschheit? Die Erzählungen des Christentums entfalten hierzulande kaum noch Kraft. Die Träume des Kommunismus von einer Gesellschaft ohne Zwang und Ausbeutung hat sich selbst erledigt. Bietet der Kapitalismus angesichts der Finanzkrise und Globalisierungswut noch Träume, die das menschliche Herz erfüllen? Dabei braucht der Mensch Lebensträume, um lebendig zu bleiben. Die Lust, seine Möglichkeiten auszuspielen, ist ein Zeichen von Vitalität. Wer keine Träume mehr hat, ist innerlich tot. Hofmeister, K., Yes, we can , in: Publik-Forum Nr. 16, 26. August 2009, S. 47-48 Aufgaben 1. Zeigen Sie unter Einbeziehung der im Text genannten Beispiele auf, was Visionen und Träume nach Meinung des Verfassers leisten können. (9 P.) 2. „Martin Luther Kings Traum „free at last“... nährte sich von den großen Visionen der Bibel... „(Z. 12 ff.) Entfalten Sie diese Aussage anhand von zwei biblischen Texten. (12 P.) 3. Setzen Sie sich unter Zuhilfenahme eines selbst gewählten Beispiels mit der Notwendigkeit, aber auch den Gefahren von Utopien auseinander. (9 P.) Zukunft (TK 10) 13 Lösungshinweise Aufgabe 1 Zeigen Sie unter Einbeziehung der im Text genannten Beispiele auf, was Visionen und Träume nach Meinung des Verfassers leisten können. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich l. Der Operator „aufzeigen“ verlangt, dass die Schülerinnen / die Schüler die Hauptaussagen des Textes in Bezug darauf, was Visionen und Träume leisten können, mit eigenen Worten darlegen. Klaus Hofmeister nennt in seinem Text u.a. folgende Beispiele: Träume und Visionen halten jeden Einzelnen aber auch ganze Gesellschaften in Spannung bzw. in Bewegung. Visionen und Träume verändern das Gehirn und damit die Menschen, sie können so auch die Welt verändern. Die Bilder, die wir in uns tragen, bestimmen unser Denken, Fühlen und Handeln. Wir brauchen diese um Handlungen zu planen, Herausforderungen anzunehmen, und auf Bedrohungen zu reagieren. Träume vom Leben sind elementar. Sie schaffen den Rahmen, in dem wir fühlen und handeln und werden, was wir sein könnten. Der Mensch braucht Lebensträume, um lebendig zu bleiben. Wer keine Träume hat, ist innerlich tot. U.a. Aufgabe 2 „Martin Luther Kings Traum „free at last“... nährte sich von den großen Visionen der Bibel...“ (Z. 12 ff.) Entfalten Sie die Aussage von Hofmeister anhand von zwei biblischen Texten. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich II. Der Operator „entfalten“ verlangt, dass die Schülerinnen / die Schüler die Aussage Klaus Hofmeisters anhand von zwei biblischen Texten nachvollziehbar veranschaulichen. Mögliche biblische Texte: Jes 2,4 (Micha 4,3): Umschmieden der Schwerter zu Pflugscharen. Das Krieg führen wird nicht mehr gelernt, jeder hat sein Auskommen. Jes 65, 17ff.: Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Apk 21 ff.: Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Gott wohnt bei den Menschen. Kein Leid und kein Tod. U.a. Aufgabe 3 Setzen Sie sich unter Zuhilfenahme eines selbst gewählten Beispiels mit der Notwendigkeit, aber auch den Gefahren von Utopien auseinander. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich III. Der Operator „sich auseinandersetzen“ verlangt von den Schülerinnen / den Schülern, dass sie an einem selbst gewählten Beispiel ein begründetes eigenes Urteil zur Notwendigkeit und Gefahren von Utopien entwickeln. Mögliche Beispiele: Zukunft (TK 10) Thomas Morus: .Utopia' Aldous Huxley: .Brave New World' George Orwell:'1984' J. Andrea: .Christianopolis' U.a. Notwendigkeit und Gefahren: Utopiekritik (vgl. K. Popper) Kritik an der Gegenwart Impulse zur Zukunftsgestaltung Trost und Vertröstung Verdrängung statt Problemlösung U.a. 14 15 Zukunft (TK 10) 2014 - Markschies Christoph Markschies Was wäre Religion ohne Visionen? „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!“ Der Satz des von vielen hochverehrten Altbundeskanzlers Helmut Schmidt wird einem gern um die Ohren gehauen, wenn man erklärt, es könne doch nicht auf ewige Zeiten so bleiben, dass so viele Kinder weltweit verhungern und sich so viele Menschen in den Konfliktgebieten gegenseitig totschlagen. Angesichts der gegenwärtigen Schuldenkrise vieler europäischer Staaten scheint dieser Satz besonders sinnvoll: Lieber erst einmal die Gemeinschaftswährung, den Euro, über die Runden retten, bevor wir wieder wolkige Visionen für das vereinigte Europa formulieren. Vor meinem geistigen Auge erscheint nicht nur der Altbundeskanzler, wie er Schnupftabak auf der Handfläche verteilt, sondern seine gegenwärtige Nachfolgerin, wie sie die Fingerspitzen vor der Brust gegeneinander legt. „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Jesaja hat Visionen. Und was für welche: Wolf und Schaf liegen friedlich beieinander. Niemand muss vergeblich arbeiten, vor allem niemand für einen anderen Menschen. Kein Kind muss sterben und kein Erwachsener vor der Zeit. Gott erhört unsere Gebete, bevor wir überhaupt zu beten angefangen haben. Sind das unrealistische Fieberfantasien eines Menschen, der mit der harten Realität nicht zurechtkommt? Will man solche Sätze Eltern sagen, die gerade ihr Kind verloren haben? Ist das nicht die Vertröstung auf das Jenseits, die man dem Christentum immer vorgeworfen hat? ... Ohne mutige Visionen kann man keine mutige Politik betreiben. Ohne entschlossene Visionen für ein vereintes Europa wird man keine Kraft finden, die ins Taumeln geratene Gemeinschaftswährung zu retten und verschuldeten Ländern beizustehen. Ohne Visionen kann auch ein Einzelner nicht fröhlich und getrost durchs Leben gehen. Das gilt natürlich auch für die Religion: Die großen Hoffnungen der biblischen Texte zu verschweigen wäre, als würde man aus einem Livekonzert der Berliner Philharmoniker eine verwaschene alte Tonbandaufnahme machen, aus einem langen tröstlichen Brief eine im Handy vorformulierte SMS und aus einer festlichen Mahlzeit ein Tankstellensandwich. Wenn wir nicht die Gewissheit der biblischen Texte weitergeben, dass Gott den Tod niedergerungen hat, die entsetzliche Feindschaft der Menschen überwindet und Sinn schenkt, wo Verzweiflung wohnt - ja wer soll es dann tun? Wer verkündigt dann in einer Welt des Todes, in einer Umwelt voller Hass und in verzweifelten Verhältnissen noch den Sieg des Lebens? in: chrismon 11, 2012, S. 76 f. Aufgaben 1. Fassen Sie den Text von Christoph Markschies zusammen. (9 P.) 2. Erläutern Sie die Visionen in Jesaja 2,1-4 und in Jesaja 65,17 ff. (12 P.) 3. Setzen Sie sich mit der „Utopia" von Thomas Morus auseinander. (9 P.) Zukunft (TK 10) 16 Lösungshinweise zu Aufgabe 1: Fassen Sie den Text von Christoph Markschies zusammen. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich l. Der Operator „zusammenfassen" verlangt von dem Schüler/der Schülerin, dass er/sie die Kernaussagen des Textes komprimiert und strukturiert darlegt. Wer Visionen von einer besseren Welt ohne Hunger und Kriege äußere, werde in der Gegenwart nicht ernst genommen, Zukunftspläne von einem vereinigten Europa wirkten angesichts von Finanz- und Eurokrise realitätsfremd. Der Autor stellt sich infolgedessen die Frage, wie mit biblischen Zukunftsbildern umzugehen sei, ob sie nicht die Tendenz hätten, auf das Jenseits zu vertrösten. Visionen seien wichtig für eine mutige Politik, aber auch für die Lebensführung des Individuums. Als wesentliche Aufgabe der Christen sieht er schließlich die Weitergabe der „großen Hoffnungen der biblischen Texte" und das gegenseitige Zusprechen der „Gewissheit", dass Gott den Tod besiege, Feindschaft zwischen den Menschen beende und Sinn stifte gegen die Verzweiflung. zu Aufgabe 2: Erläutern Sie die Visionen in Jesaja 2,1 - 4 und Jesaja 65,17 ff. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich II. Der Operator „entfalten" verlangt von dem Schüler/der Schülerin, dass er/sie die Visionen in Jes 2, 1 - 4 und Jes 65, 17 ff. mit zusätzlichen Informationen und Beispielen nachvollziehbar veranschaulicht. Die Vision in Jes 2, 1 - 4 hat folgende Merkmale: Jahwe ist Herr der Geschichte aller Völker. Ihm geht es um die Durchsetzung des Gottesrechts in aller Welt, das bedeutet eine Ordnung, in dem der Rechtsanspruch der Schwachen anerkannt wird. Die Völkerwallfahrt bedeutet die Unterwerfung der Völker unter den Rechtsspruch Gottes. Das Gotteswort ist dabei auch selbst wirksame Kraft. Frucht der Gerechtigkeit ist Friede ohne Ende. U.a. Die Vision in Jes 65, 17 ff. hat folgende Merkmale: Der neue Himmel und die neue Erde sind von Gott geschaffen. Ausbeutung, Gewalt und Armut werden beendet. Es herrscht dort Gerechtigkeit und Wohlstand: der Arbeitende soll auch die Früchte seiner Arbeit genießen dürfen. Die Menschen wirken mit ihrer Arbeit mit. In das neue Friedensreich sind nicht nur die Menschen, sondern die ganze Natur mit einbezogen. U.a. Zukunft (TK 10) 17 zu Aufgabe 3: Setzen Sie sich mit der „Utopia" von Thomas Morus auseinander. Die Teilaufgabe bezieht sich auf den Anforderungsbereich III. Der Operator „sich auseinandersetzen" verlangt von dem Schüler/ der Schülerin, dass er/sie ein begründetes eigenes Urteil zur,Utopia' von Thomas Morus formuliert. Die Utopia von Thomas Morus wird als Gegenbild der Zustände in England im 16. Jhdt. gezeichnet. Diese Zustände sind gekennzeichnet durch die zunehmende Bedeutung des Geldes und des wirtschaftlichen Erfolges (statt der Abstammung), durch Wucherzinsen, Armut, Auflösung der Patriarchate und traditioneller Solidarbereiche. Thomas Morus zeichnet in seiner Utopia die Idealvorstellung einer Gesellschaft, in der alle glücklich sein werden, da es auf Utopia kein Privateigentum gibt und das Geld abgeschafft wurde. Das Allgemeinwohl steht bei allen im Vordergrund. Hochmut und Stolz sind überwunden. Es gibt kein Privateigentum als Ursache des Bösen, kein Geld und damit keinen Neid, kein Verbrechen, keine Bettler und Arme, Arbeitsunfähige werden versorgt, es gibt öffentliche Speicher für alle. Familien und nachfolgende Generationen haben keine Zukunftssorgen. Besonderer Wert wird auf die geistige Ausbildung aller gelegt. Auf Utopia schaut jeder mehr nach seinem Nächsten als nach sich selbst. Problematisch ist u.a., dass Thomas Morus in seiner Utopie ein sehr einseitiges Menschbild zeichnet. Man kann sich z.B. fragen, ob Menschen, nur weil Privateigentum und Geld abgeschafft ist, frei von Neid und Missgunst sind. Ebenso scheint es unrealistisch, dass Menschen mehr für das Wohl anderer arbeiten als für das eigene Wohl. Problematisch ist es u.a. auch, vom Glück aller zu reden. Morus nimmt die Individualität des Menschen mit seinen unterschiedlichen Bedürfnissen kaum in den Blick. Für Pluralismus und Toleranz scheint auf Utopia kein Platz zu sein. U.a. Für die Bewertung der Schülerleistung ist es von Belang, auf welchem fachlichen Reflexionsniveau, mit welcher Tiefe, Schlüssigkeit und welchem Begründungszusammenhang der Schüler/die Schülerin argumentiert.