TOBIAS ÖLLER ORT: Geboren in Tegernsee, aufgewachsen in Bad Wiessee, lange Zeit heimisch in Miesbach, jetzt im niederbayerischen Exil. ZEIT: Die Altersschätzungen variieren zwischen 29 (rasiert) und 42 (nach einer Woche Camping-Urlaub). Der Ausweis behauptet: Geboren zur Sommersonnenwende des Jahres 1974. Sein erster subversiver Coup: Am Tag danach verliert Deutschland das WM-Spiel gegen die DDR. Aber alles hat ein Happy End. Der Kabarettist Die Kritiker überhäufen ihn mit Lob, er gilt als Geheimtipp der bayerischen Kabarettbühnen: Als Provinz-Guerilla reist der Miesbacher Tobias Öller seit drei Jahren quer durch die Kleinkunstszene, dabei hinterlässt er stets verbrannte Erde. „Ein großes Nachwuchstalent“, jubilierte die Süddeutsche Zeitung, auf eine Stufe mit Bruno Jonas, Django Asül und Sigi Zimmerschied stellt ihn die „Passauer Neue Presse“. Über Öllers Debütprogramm „Warten auf Sezuan“ schrieb der Münchner Merkur: „Das anspruchsvolle Programm, das teils einen derart dichten Pointen-Teppich knüpft, dass sich zum Lachen auch Staunen in die Gesichter der Zuschauer schleicht, kommt mit professionellster Attitüde über den Saal gleichsam ein Kabarett-Gewitter. Öller zwischen Flüstern und Schreien erlebenswert.“ Seit 2006 hat Tobias Öller drei Solo-Programme auf die Bühne gebracht. Bei seinen Produktionen legt er großen Wert auf dramaturgische Geschlossenheit. Er spielt seine Stücke als stringentes Theater mit Rollen, Typen und Charakteren, die sich begegnen, entwickeln, die aneinander geraten im Wahnsinn des Alltags. Die Politik aus Brüssel und Berlin lässt er einsickern im bürokratischen Geflecht und zeigt unverblümt, was unten, in der Lebensrealität ländlicher Gemeinden, als Sickerfiltrat der großen Gesten noch ankommt. In diesem Spannungsfeld zwischen Polit-Show und demaskierender Menschlichkeit gedeiht Öllers Situationskomik, hier zündet er seine Lachlunten mit teilweise philosophischer Sprengkraft. Der Vielberufler Seit über zehn Jahren bewegt sich Tobias Öller auf Zick-Zack-Kurs zwischen den Branchen: Er arbeitete hinter der Bühne, vor der Bühne, als Techniker, Musiker, Produzent und Regisseur. Seine akademische Laufbahn beendete er nach neun Semestern Politikwissenschaft, danach machte er sich kurzerhand als Lichttechniker selbstständig, begleitete die Show-Band „Manyana“ drei Jahre lang durch bayerische Bierzelte. Ehrenamtlich puschte er als Vorstand der Miesbacher Musikinitiative EigenART e.V. die Musikszene im Oberland, rettete zusammen mit Michael Pfab die Kleinkunstbühne „Kant’n“ in Schliersee vor dem drohenden Aus und übernahm Booking und Management des traditionsreichen Musikcafés. Beruflich wechselte Öller 2000 vom Mischpult an den Schreibtisch, war zunächst als Redakteur für ein lokales Anzeigenblatt tätig. Seit 2002 arbeitet er als Journalist und Kolumnist und lebt inzwischen als freier Drehbuch- und Theaterautor in Mainburg/Hallertau. Vom Musiktheater zur Kleinkunstbühne Seine Vorliebe fürs Liedermachen entdeckte Tobias Öller schon im Alter von 14 Jahren: Im Alleingang brachte er sich das Gitarrespielen bei, und der autodidaktischen Arbeitsweise blieb er über viele Jahre hinweg treu. Über den Zeitraum von 15 Jahren hinweg spielte er in mehreren Bands, konnte mit der Punk-Band „Gob Cookies“ auch eine LP auf den Markt bringen („Great White World“ - 1999). Aber an der Kurzlebigkeit dieser Formationen scheiterten alle musikalischen Feldversuche, bis Öller als Libretto-Autor und Komponist 2002 sein erstes freies Musiker- und Schauspielerensemble für das Musical PERSONAL SUICIDE SHOW zusammentrommelte. Nach der Premiere im Rahmen der Oberbayerischen Bezirksjugendkulturtage 2003 folgten weitere Aufführungen der düsteren Rockoper in der Miesbacher Oberlandhalle. Anderthalb Jahre später, im Dezember 2005, sah das Publikum das zweite Musical aus der Feder des Allrounders: METROPOLY, eine satirische Hommage an Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“, brachte über 120 Mitwirkende aus drei Generationen in einer Produktion zusammen. Im September 2008 folgte mit ARTIFEX MAXIMUS eine monumentale, rockige Rückschau auf die Künstler- und Mörderbiografie des römischen Kaisers Nero. Alle drei Musicals erscheinen im Herbst 2010 im Cantus-Musikverlag. Das Kabarett-Programm WARTEN AUF SEZUAN bildete das erste Kontra zur pompösen Bühnensprache des Musiktheaters: Ein Mann, zwei Rollen, kaum Licht, leise Musik - Tragik und Humor in einer dichten, direkten Kleinkunstatmosphäre. Schon bei der Uraufführung im Herbst 2006 war klar, dass Öller mit seiner Form des Kabarett-Theaters den Zeitgeist getroffen hatte. Kritiker und Publikum überhäuften ihn mit Lob, und innerhalb von nur zwei Jahren entstanden drei weitere Produktionen: CHATEAU ROUGE ODER DAS SCHEITERN DER REVOLUTION, der Weihnachts-Western SPIEL MIR DAS LIED VOM SCHNEE sowie das Ensemble-Stück ÜBERSTUNDEN.