Unternehmergeist, eine Geisterhaltung ? Louise Courtemanche Leitende Direktorin MATRIX Consulting GmbH Kursleiterin Universität Metz Frankreich, Sacred Heart University Luxemburg, Berfufsakademie Mosbach Deutschland und am Institut für Höhere Technische Studien Luxemburg. Angehende Doktorantin der Informations-und Kommunikationswissenschaften an der Universität Metz Freie Mitarbeiterin PaperJam, Fachzeitschrift der Neuen Medien Forum Das Unternehmertum in der Grossregion Den 18. Mai, 2001, Mondorf-les-Bains Wie soll der Unternehmergeist gefördert werden? Dies ist eine schwierige Frage. Das Wort „unternehmen“ birgt ausser einer wirtschaftswissenschaftlichen Bedeutung noch viele andere Möglichkeiten der Interpretation. Etwas unternehmen kann man in der Schule, beim Sport, bei der Arbeit als Angestellter. Wir können daher von der Geisteshaltung „unternehmen“ sprechen, welche die Welt weiterbringt. Es ist aus dieser Optik heraus dass wir diese Geisteshaltung von klein auf fördern und wertschätzen sollten wenn wir unser Unternehmertum in der Grossregion dynamisieren wollen. Während den kommenden Minuten werde ich über die Faktoren sprechen, die meiner Meinung nach den Erfolg oder Misserfolg eines jungen Unternehmens ausmachen. Später werde ich speziell auf meine persönliche Erfahrung mit der Gründung von MATRIX Consulting eingehen. 1. Faktoren die einen Einfluss auf die Unternehmensgründung haben Eine Firmengründung ist keine einfache Entscheidung. Verschiedene Faktoren spielen eine Rolle und haben einen direkten Einfluss auf Ihr Leben sowie dasjenige Ihrer Familie, Freunden und Bekannten. Das folgende Schema illustriert die verschiedenen Einflussfaktoren auf Ihre Entscheidung eine Firma zu gründen. Schema 1: Einflussfaktoren auf die Unternehmensgründung Persönliche Motivation Kultur Unternehmensgrüdung Gesellschaft und Wirtschaft Louise Courtemanche, MATRIX Consulting GmbH, www.matrix.lu 1 1.1 Persönliche Motivationsfaktoren Nicht jeder ist dazu berufen ein Unternehmen zu gründen und Erfolg zu haben. Neben der wichtigsten Eigenschaft, dem Besitz von Kompetenz in dem vorgesehenen Gebiet sowie von Basiskompetenz in der Führung eines Unternehmens, sollten folgende persönliche Eigenschaften ausgeprägt sein ehe Sie überhaupt eine Gründung in Betracht ziehen. Eine Unternehmensgründung erfordert eine Menge Mut und Willenskraft. Am Anfang stehen unzählige Arbeitsstunden. Da Sie bei Null anfangen und sich erst bewähren müssen um Aufträge zu erhalten vergeben Sie Tage, Wochen oder Monate ohne direkte Resultate. Ohne eine Unmenge an Motivation (und etwas Verrücktheit) wird Frust und Enttäuschung entstehen, Vorboten des Misserfolgs. Sie werden vielen Stolpersteinen begegnen und müssen qantifizierbare Risiken auf sich nehmen. Ihre Risikoabneigung spielt dabei die ausschlaggebende Rolle. Ohne diese ursprünglichen fundamentalen Charaktereigenschaften würde das Unternehmen nicht gegründet werden . Man sagt dass Geduld eine Tugend ist . Bei der Unternehmensgründung brauchen Sie viel Geduld. Geduld bei der Jagd nach Kunden und Verträgen, Geduld gegenüber eines Kunden dessen Begleichung der Rechnung auf sich warten lässt, Geduld dass der Markt sich weiter in Richtung der unternehmerischen Dienstleistung verändert, Geduld um endlich die erhoffte Rendite zu erwirtschaften. Die Hoffnung bleibt eines Tages sich ein angemessenes Gehalt zu zahlen und später eventuell ein Rentnerdasein unter der Sonne zu geniessen. Sie brauchen Geduld…Ein Unernehmen braucht viel Kraft, Zeit, Bescheidenheit, Willenskraft und Aushaltevermögen. Als junger Unternehmer sind Sie voller Energie, es fehlt Ihnen aber dramatisch an Erfahrung. Ich rede nicht nur von operationneller Erfahrung sondern auch von Lebenserfahrung, menschlicher Erfahrung, und dem Vermögen instinktiv die richtige Entscheidung im richtigen Moment zu treffen und dies mit den richtigen Mitarbeitern. Diese Erfahrung sollten Sie idealerweise vor Ihrer persönlichen Firmengründung in grösseren Unternehmen machen, da diese aufgrund eventueller Fehlentscheidungen nicht sofort ins Straucheln geraten. Um diese Erfahrungen reicher werden Sie nicht den typischen Anfängerfehlern verfallen. Sollte dies unmöglich sein, sollten Sie auf jeden Fall bei wichtigen Entscheidungen auf wertvolle Hilfe von „alten Hasen“ zurückgreifen und gegebenenfalls Ihre Fehlentscheidungen intensiv studieren und davon lernen. Vor der Firmengründung sollten Sie sich über die eventuellen Einflüsse auf Ihr Leben im Klaren sein: kleines Anfangsgehalt, keine bezahlten Ferien, viele Unsicherheiten, keine 40-Stundenwochen (und vergessen Sie die 35-Stundenwochen!), aber auch viel persönliche Genugtuung sowie das Gefühl etwas Wichtiges geleistet zu haben, dazu Entscheidungsfreiheit und Entfaltung. 1.2 Kulturelle Faktoren Wenn es um Firmengründungen geht, verweisen viele auf den Nordamerikanischen Markt und den dort herrschenden Unternehmergeist . In Kanada geboren und dort aufgewachsen habe ich lange gebraucht um die verschiedenen Mentalitäten zu Louise Courtemanche, MATRIX Consulting GmbH, www.matrix.lu 2 verstehen mit denen ich tagtäglich in Europa zu tun habe und ich lerne immer noch hinzu. Ich kann mit Bestimmtheit sagen dass es keinen Sinn macht eine nordamerikanische Mentalität auf Biegen und Brechen durchboxen zu wollen. Wegen der verschiedenartigen Mentalitäten müssen Sie sich jedesmal, wenn international tätig, dem gegebenen Markt anpassen. Grundsätzlich sind Europäer bereit weniger Risiko anzunehmen als Nordamerikaner. Der Misserfolg Ihres Unternehmens ist dort eher als „learning experience“ als Erfahrung von der man für eine spätere Gründung etwas lernen kann, angesehen. In Europa ist dies mit Schande behaftet und Ausdruck Ihrer Inkompetenz. Erfolge werden in Nordamerika mit Applaus beachtet, und daraus werden soziale Leitbilder hergestellt, Sie werden zu einem Helden der Gesellschaft und werden imitiert. In Europa bleiben diese Erfolge eher unbeachtet, oder im Gegenteil, es werden Ihnen allerlei Vergehen angelastet mit denen Sie sich den Erfolg erschwindelt und Kunden oder Mitarbeiter ausgebeutet und geschröpft hätten. Die nordamerikanische Bewunderung versus den europäischen zerstörerischen Neid. Wenn man in einer Umgebung von Unternehmern aufwächst (Kinder im Primärschulalter werden zum Unternehmertum motiviert), in der das Unternehmertum Beruf ist und auch auf universitärer Ebene seinen Platz hat (bis hin zum Diplon wird das Unternehmertum spezifisch geschult) versteht man schnell wieso diese Richtung jenseits des Atlantiks von so vielen Menschen gewählt wird. 1.3 Sozio-Okonomische Gründe Die sozio-ökonomischen Faktoren leisten einen wichtigen Beitrag bei der Unternehmensgründung. Je höher die Einstiegsschranken sind desto weniger Unternehmensgründungen werden verzeichnet. Das juristische, sozial-ökonomische, technische, ökologische, demographische, kulturelle und wettbewerbliche Umfeld sollte studiert und begriffen sein bevor Sie ein Unternehmen gründen. So können Sie bösen Uberraschungen aus dem Weg gehen und damit eventuell dem Misserfolg. Ein unternehmenfreundliches Klima fördert Firmengründugen. 2. Die Schlüssenfaktoren des Erfolgs Ich will ganz kurz auf die Faktoren eingehen, die für Ihr junges Unternehmen Erfolg statt Versagen bedeuten. Der Ursprung eines jeden Unternehmens ist die Idee. Je mehr diese Idee den Ansprüchen und Bedürfnissen der potenziellen Kunden entspricht desto sicherer ist der Erfolg. Dabei gibt es noch andere Faktoren auf die Sie nicht verzichten können. Ihre Kompetenz als Firmengründer in Ihrem spezifischen Gebiet und Ihre Fähigkeit eine Firma zu leiten. Studien des Marktes sowie der Machbarkeit und Rendite des Projektes („Business Plan“) hilft Ihnen das notwendige Kapital zum Starten und Funktionieren aufzunehmen. Die Planung des richtigen Zeitpunkts der Markteinführung Ihres Produkts wird oft unterschätzt. Doch lehrt uns die Geschichte, dass manchmal ein zweiter Anlauf Jahre später erst den durchschlagenden Erfolg gebracht hat. Hätte ich mein Unternehmen vor 9 Jahren als ich in Luxemburg ankam gegründet, wäre dies mit Sicherheit ein Misserfolg (und eine Lehre) geworden, weil einfach der Markt noch nicht bereit war, und mir auch die heutigen Kompetenzen gefehlt haben. Letztlich sollten Sie nicht den Impakt von Motivation und Hilfe, welche von der Familie und eventuell Ihrem Umfeld ausgehen unterschätzen. Dazu zählt auch die Louise Courtemanche, MATRIX Consulting GmbH, www.matrix.lu 3 Hilfe von Unternehmervereinigungen, vom Staat in Form von Hilfen für junge Unternehmen und gegebenenfalls dem Ausstand finanzieller Belastung (Steuern oder Sozialausgaben) sowie von Finanzunternehmen. 3. Die Schlüsselfaktoren des Misserfolgs Die Erfolgsfaktoren zu ignorieren führt zum Misserfolg. Ausser den Einflüssen welche Sie nicht kontrollieren können, wie makro-ökonomische und soziale Entwicklungen können folgende Faktoren auf längere Sicht Misserfolg bedeuten. Wenn Sie der Meinung sind alle Lösungen zu besitzen und alle Antworten zu kennen nehmen Sie automatisch grössere Risiken in Kauf, da Ihnen der Sinn für die Realität langsam aber sicher abhanden kommt. Wenn Sie Ihre eigenen Schwächen sowie jene Ihres Unternehmens verkennen, sich nicht mit Ihrem Unternehmen permanent in Frage stellen und dadurch nicht merken dass Sie längst vom Markt überholt worden sind, werden Sie auch den Zeitpunkt verpassen rechtzeitig kompetente Hilfeleistung anzunehmen und sind zum Scheitern verurteilt. Sollten Sie den Wandel Ihres Marktes nicht erkennen (vielleicht weil Sie jetzt noch immer Erfolg haben) und Ihre Unternehmensstrategie nicht anpassen, gehen Sie ein Risiko ein. Zuletzt wird auch das Fehlen von Geduld Ihre Projekte vorzeitig beenden. 4. Die Gründung meines Unternehmens: MATRIX Consulting GmbH Als ich vor 9 Jahren nach Luxemburg gekommen bin, mein Diplom in Marketing und Internationaler Unternehmensführung in der Tasche, habe ich im Bankensektor zu arbeiten begonnen. Ich habe neue Kulturen, verschiedene Länder und Sprachen kennengelernt in denen die Art des Marketings die ich gekannt habe zu meinem Leidwesen nicht vertreten war. Nach mehreren Jahren und einem Abschluss in fortgeschrittenen Studien in Strasburg (DEA) habe ich eine neue Herausforderung im Centre de Recherche Public Henri Tudor angenommen. Zuständig für das Projekt MIDAS-NET für Luxemburg in Zusammenarbeit mit der Handelskammer, Handwerkerkammer und der Fondation Promomédia du Service des Médias vom Staatsministerium sollten wir Unternehmen aus Luxemburg und der Grossregion den Nutzen der Neuen Medien in ihrem Unternehmen nahebringen. Der Erfolg dieses Projektes hat nach einer permanenten Struktur verlangt, die ich mit meinen Mitarbeitern vom CRP Henri Tudor in Form des Observatoire des Nouveaux Médias gegründet habe. Unser Ziel war es diese neuen Hilfsmittel in den Strategien der Unternehmen zu verankern. Zu diesem Zweck haben wir Konferenzen organisiert und sind auch als Berater in Unternehmen aktiv geworden. Parallel dazu habe ich an einer Studie der CEPROS Gruppe mitgewirkt. Wir haben die Positionierung Luxemburgs in der digitalen Wirtschaft untersucht. Nach über drei Jahren aktiver Marktanalysen und Markterschliessungen bin ich zum Entschluss gekommen selbstständig meine Projekte im Rahmen der Unternehmensberatung im strategischen Marketing und den neuen Informations-und Kommunikationstechnologien weiterzuführen. So wurde MATRIX Consulting im Oktober 1999 gegründet. Welches sind konkret meine Motivationsfaktoren gewesen? Primär habe ich eine Chance beim Schopf gepackt. Alle oben genannten Faktoren waren erfüllt: ich hatte genug Kenntnisse vom Markt, der Zeitpunkt reif war günstig, ich hatte Kontakte und Louise Courtemanche, MATRIX Consulting GmbH, www.matrix.lu 4 auch konkrete Angebote von potentiellen Kunden. Dazu sind die Kosten um diesen Markt zu betreten relativ gering. Mit Hilfe meiner Ersparnisse ist die Firma gegründet worden. Sie beruht auf einem partnerschaftlichen Modell mit anderen Unternehmen. Um weiterhin eine Kostenexplosion zu vermeiden ist der Hauptsitz der Firma auf meinem Dachboden und auf ein Darlehen ist verzichtet worden. Dazu gehe ich aufgrund meiner Partnerschaften auch von den Kosten her kein Risiko durch Personal ein. Da ich verschiedene Lehraufträge im Ausland habe sowie eine kleinere journalistische Tätigkeit bei Paperjam betreibe und mich öfters im Ausland geschäftlich aufhalte habe ich keine Verantwortung gegenüber Mitarbeitern. Parallel arbeite ich noch an meinem Doktorat und ziehe es vor mein Unternehmen langsam aber gesund zu entwickeln. Ich habe sowieso immer schon Quanlität vor Quantität gesetzt. Die Geisteshaltung des „unternehmens“ sollten wir unbedingt fördert und wertschätzen. Unsere Wirtschaft und speziell die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, also unsere Zukunft, sind davon abhängig. Louise Courtemanche, MATRIX Consulting GmbH, www.matrix.lu 5