Trichom-Projekt in Zusammenarbeit mit der AG Hülskamp (Botanik Uni Köln) und der AG Burkhardt (Informatik Uni Freiburg) In unserer interdisziplinären Arbeit "A competitive complex formation mechanism underlies trichome patterning on Arabidopsis leaves" haben wir die Musterbildung von Trichomen auf den Blätter der Modellpflanze Arabidopsis thaliana untersucht. Trichome sind Pflanzenhaare, die sich aus einzelnen Zellen der Epidermis entwickeln und die gleichmäßig auf der Blattoberfläche verteilt sind. Die Anlage dieses Musters erfolgt an der Basis junger Blätter während des Blattwachstums. Dieser Prozess gilt als Modellsystem für de novo Musterbildung in Pflanzen. Alle Daten sprechen dafür, dass die Initiierung von neuen Trichomen durch zelluläre Interaktionen zwischen anfangs gleichartigen Zellen gesteuert wird. In genetischen und molekularen Experimenten konnten verschiedene Gene identifizierte werden, deren Proteine die Trichomentwicklung positiv oder negativ beeinflussen. Zu der Gruppe der Aktivatoren gehören die R2R3 MYB Transkriptionsfaktoren GLABRA1 (GL1) und MYB23, die bHLH-Faktoren GLABRA3 (GL3) und ENHANCER OF GLABRA3 (EGL3) sowie das WD40-repeat Protein TRANSPARENT TESTA GLABRA1 (TTG1). Die Trichominhibitoren werden durch eine Klasse von sechs single-repeat MYB-verwandten Transkriptionsfaktoren repräsentiert, von denen TRIPTYCHON (TRY) und CAPRICE (CPC) die wichtigsten sind. Beide Gruppen von Genen werden zunächst in allen Zellen exprimiert. Spätere Differenzen entstehen durch eine Art Aktivator-InhibitorMechanismus, bei dem die mobilen Inhibitoren einem R2R3 MYB/bHLH/WD40-Komplex entgegenwirken, indem sie mit dem R2R3 MYB um die Bindung zu den bHLH-Proteinen konkurrieren. Auf der Basis der entscheidenden genetischen und molekularen Daten haben wir ein mathematisches Modell entwickelt, welche eine direkte Überprüfung der Effekte von experimentellen Eingriffen erlaubt und Phänotypen der Musterbildung vorhersagt. Wir haben mehrere zentrale Annahmen unseres Modells im Experiment getestet. So konnten wir zeigen, dass der Trichominhibitor TRY von den bekannten positiven Regulatoren GL1 und GL3 transkriptional aktiviert wird. Durch Partikelbeschuss von Proteinfusionen mit GFP haben wir gezeigt, dass sich TRY und CPC, aber nicht GL1 und GL3 zwischen Zellen bewegen können. Weiterhin haben wir die Yeast-Two-Hybrid-Interaktion zwischen TRY und bHLH in bimolekularen Fluoreszenz-Komplementierungs-Assays und Pull-Down-Experimenten bestätigt. Mit beiden Techniken entdeckten wir eine neue Interaktion zwischen TRY und GL1. Um das Potential dieser Interaktion zu testen, haben wir drei Varianten unseres Modells formuliert (vgl. Bild 1) und ihr Verhalten mit Experimenten verglichen. Im Modell mit einfach-kompetitiver Inhibition bindet TRY an freies GL3 und verhindert dadurch die Dimerisierung von GL1 und GL3. Im Modell mit doppelt-kompetitiver Inhibition bindet TRY zusätzlich auch an freies GL1, wodurch ebenfalls die Interaktion von GL1 und GL3 verhindert wird. Bei unkompetitiver Inhibition hingegen bindet TRY an das Dimer aus GL1 und GL3 und unterdrückt seine Funktion. Alle drei Modelle zeigen ähnliche Muster, allerdings für verschiedene Parameterbereiche und sensitivitäten. Um die biologische Relevanz der drei Fälle zu unterscheiden, haben wir Überexpressions-Experimente durchgeführt. TRY und GL3 wurden unter dem 35S-Promoter in allen Zellen sowie unter dem GL2-Promoter speziell in Trichomzellen exprimiert. Alle GL2:TRY-Pflanzen waren komplett unbehaart, während 35S:GL3Pflanzen eine höhere Trichomdichte und GL2:GL3-Pflanzen eine normale Trichomdichte in der Initiationszone zeigten (vgl. Bilder 2C und D). Wir haben die entsprechenden Überexpressionen von TRY und GL3 in den drei Modellvarianten simuliert, wobei die Parameter unbekannt sind und daher in einem Stichpunktverfahren zufällig aus dem Parameterraum gezogen wurden. Auf der Basis der experimentellen Ergebnisse haben wir fünf spezifische Kriterien formuliert, die für jede Stichprobe überprüft wurden. Anhand unserer Simulationen erkannten wir, dass das unkompetitive Modell mit den Daten nicht konsistent ist. Außerdem fanden wir, dass die einfach-kompetitive Inhibition ausreicht, um alle experimentellen Ergebnisse zu erklären. In unserer Studie haben wir beispielhaft gezeigt, wie das Zusammenspiel von Theorie und Experiment uns dabei hilft zu verstehen, wie biochemische Mechanismen den Prozess der biologischen Musterbildung steuern.