Morbus Hodgkin Definition Synonyma: Morbus Hodgkin, Lymphogranulomatose, Hodgkin-Lymphom, engl. Hodgkin's disease = HD Der M. Hodgkin gehört zur Gruppe der malignen Lymphome. Er ist histologisch, durch den Nachweis von Riesenzellen (einkernig = Hodgkin-Zelle, mehrkernig = Sternberg-Reed-Zelle) gekennzeichnet. Thomas Hodgkin (1798-1866), Pathologe und Anatom in London, beschrieb 1832 die später nach ihm benannte Krankheit als Pseudoleukämie. Paltauf (1897), Sternberg (1898) sowie Reed (1902) beschrieben ausführlich die histologischen und zytologischen Besonderheiten. Die für den M. Hodgkin typischen Riesenzellen werden daher als SternbergReed-Zellen bezeichnet. 1935 erkannte Potter die Bedeutung der großen einkernigen Zellen für die Diagnose des M. Hodgkin und bezeichnete sie als Hodgkin-Zellen. Zusätzlich findet sich ein typisches Granulationsgewebe (entzündlich-granulomatöse Infiltrate). Die Erkrankung tritt primär innerhalb des lymphatischen Gewebes von Lymphknoten auf und breitet sich über die Lymphbahnen aus. Extralymphatische Organe können durch unmittelbare Tumorinfiltration des benachbarten Gewebes von einem erkrankten Lymphknoten aus befallen werden oder in fortgeschrittenen Stadien auf hämatogenem Wege. Epidemiologie Die Erkrankung tritt selten vor dem 3. Lebensjahr auf, mit einer langsam zunehmenden Inzidenz, einem Hauptaltersgipfel im 3. Lebensjahrzehnt und einem 2. Gipfel im 7.Lebensjahrzehnt. Jährlich erkranken 2-300.000 Personen neu am M. Hodgkin. Der M. Hodgkin macht im Erwachsenenalter ca. 0,5 %, im Kindesalter ca. 5% aller malignen Neoplasien aus. Er tritt mit einer männlichen Prädilektion von 3 : 2 auf. Ätiologie Die Ursache der Erkrankung ist noch unbekannt und die zelluläre Herkunft der Hodgkin- und Sternberg-Reed-Zellen ist bisher nicht geklärt. DNS-Untersuchungen weisen auf einen lymphatischen Ursprung hin, in der Mehrzahl der Fälle leiten sich die Zellen von B- Zellen ab. Die Tumorzellen bilden Stoffe, die eine granulomatöse Umgebungsreaktion auslösen. Sie sind leicht verletzlich und genetisch instabil und gedeihen nur in einem Lymphknotenmilieu, das sie sich selbst vorbereiten. Das gehäufte Vorkommen des M. Hodgkin bei HIV-Positiven bzw. Aids-Patienten weist auf einen vorbestehenden Immundefekt als Voraussetzung für die Entstehung des M. Hodgkin hin. Da bei ca. 40 - 60% der Patienten das Epstein-Barr-Virus nachweisbar ist, wird der Einfluß von Virusinfektionen diskutiert. Eine gelegentlich beobachtete familiäre Häufung weist auf genetische Faktoren hin. Weitere mögliche Ursachen sind die Aktivierung von zellulären Onkogenen und der Verlust von Tumorsuppressorgenen als mögliche Faktoren für die Transformation der Zellen. Symptome 1. Die Symptome beim M. Hodgkin sind sehr variabel. Das Leitsymptom ist die schmerzlose Lymphknotenschwellung. In der Regel sind die Lymphome derb und schlecht verschieblich. Bevorzugt befallen sind die LK am Hals seitlich (>50%), in den Achselhöhlen (30%), Leisten (25%), Schlüsselbeingrube (20%) und Mediastinum (15%). Differentialdiagnose der LK-schwellungen 1. cervikal, supraclavikulär, axillär, inguinal: Non- Hodgkin-Lymphome Metastasen Lokalinfektionen Infektionskrankheiten: Mononukleose Toxoplasmose HIV- Infektion Etc. 2. mediastinal: Tuberkulose M. Boeck Non- Hodgkin-Lymphome Metastasen Bronchialkarzinom 2. Die Patienten klagen häufig über Symptome, die zur sog. B-Symptomatik zählen: Nachtschweiss Gewichtsverlust von mehr als 10% des Körpergewichtes in den letzten 6 Monaten Fieber > 38°C ohne sonstige Ursache 3. Weitere Allgemeinsymptome, die nicht zur B-Symptomatik zählen, sind: allgemeines Krankheitsgefühl mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und Schwäche, Alkohol-Schmerz, d.h. Leibschmerzen nach dem Genuss kleiner Alkoholmengen sowie Pruritus. 4. In fortgeschrittenen Erkrankungsstadien werden die Symptome durch den Befall extralymphatischer Organe bestimmt: Vergrößerung von Leber und Milz (Hepato- und Splenomegalie) Schmerzhafte Infiltrationen des Skelettes, evtl. mit: pathologischen Frakturen, Kompression des Rückenmarkes mit neurologischen Symptomen, z.B. Lähmungen oder Missempfindungen Knochenmarksinfiltration mit Beeinträchtigung der Blutbildung, z.B. Anämie Histologische Klassifikation Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch die Biopsie eines vergrößerten Lymphknotens und seine histologische Untersuchung. Der Nachweis von Hodgkin-Zellen und Sternberg-ReedRiesenzellen gilt als Beweis. Es werden 4 Subtypen unterschieden, die sich am Gehalt an Tumorzellen, am Lymphozytenreichtum und an der Ausprägung des Bindegewebes unterscheiden: Die Ann-Arbor-Klassifikation unterscheidet vier histologische Typen: Lymphozytenprädominanter (lymphozytenreicher) Typ (LP = lymphocyte predominance), nodulär oder diffus (ca. 5%) Nodulär sklerosierender Typ (NS = nodular sclerosis) (ca. 80%) Gemischtzelliger Typ (MC = mixed cellularity) (ca. 14%) Lymphozytenarmer Typ (LD = lymphocyte depletion) (ca. 1%). Nach der REAL-Klassifikation wurde vorgeschlagen, vom Typ der "Lymphozytären Prädominanz (Paragranulom, nodulär oder diffus)" eine "Lymphozytenreiche klassische Hodgkin-Krankheit" abzugrenzen. In der WHO-Klassifikation wird das Hodgkin-Lymphom unterteilt in das "Noduläre lymphozytenprädominante Hodgkin-Lymphom" und das "Klassische Hodgkin-Lymphom" mit vier Subtypen entsprechend der Ann-Arbor-Klassifikation. Dabei wird der lymphozytenreiche Typ als "Klassisches Hodgkin-Lymphom, lymphozytenreich" bezeichnet. Das nach der REAL- und auch nach der WHO-Klassifikation als provisorischer Subtyp definierte "Großzellig anaplastische Lymphom vom Hodgkin-Typ" [= Anaplastic Large Cell Lymphoma Hodgkin's-like (Hodgkin's related)] ist vom Morbus Hodgkin abzugrenzen. Die Therapie dieser und anderer Übergangsformen zu den Non-Hodgkin-Lymphomen ist noch nicht standardisiert. Stadieneinteilung Grundsätzlich ist zwischen der lymphogenen, invasiven und hämatogenen Ausbreitung zu unterscheiden. Lymphogen schreitet die Erkrankung von ihrem Entstehungsort zum nächsten Lymphknoten oder lymphatischen Organ fort. Diese kontinuierliche Ausbreitunng ist bei 60 90% der Hodgkin-Lymphome nachweisbar. Die kontinuierliche Ausbreitung ist beim lymphozytenreichen Typ und bei der nodulären Sklerose am häufigsten, während eine diskontinuierliche Ausbreitung (d.h. dass benachbarte Lymphknotenstationen übersprungen werden) häufiger bei dem gemischtzelligen und lymphozytenarmen Typ zu beobachten ist. Die invasive Ausbreitung, also das Eindringen in Nachbarstrukturen, ist mit ca. 10% selten. Die hämatogene Ausbreitung (ca. 10%) wird auf Gefäßeinbrüche zurückgeführt. Gefäßeinbrüche in der Milz sind mit einer raschen Leber- und Knochenmarksinfiltration verbunden. Das klinische Stadium gilt als Maß für den Ausbreitungsgrad der Erkrankung. Es werden 4 Stadien unterschieden, die mit römischen Ziffern bezeichnet werden und durch den Zusatz der Buchstaben A und B ergänzt werden. B bedeutet das Vorhandensein von B-Symptomatik, A bezeichnet das Fehlen dieser Symptome. Beruht die Stadieneinteilung auf klinischen Untersuchungsergebnissen, wird ein CS vorangestellt (clinical staging). Demgegenüber stützt sich die pathologisch-anatomische Stadieneinteilung PS (pathological staging) auf die Beurteilung von Material, das bei einer explorativen Laparatomie mit Splenektomie gewonnen wurde. Stadieneinteilung nach Ann-Arbor Stadium I: Nodaler Befall in einer einzigen Region (I,N) oder Vorliegen eines einzigen lokalisierten extranodalen Herdes (I,E). Stadium II: Nodaler Befall (II,N) und/oder lokalisierte extranodale Herde (II,E) in zwei oder mehreren Regionen auf einer Seite des Zwerchfells. Stadium III: Nodaler Befall (III,N) und/oder lokalisierte extranodale Herde (III,E) auf beiden Seiten des Zwerchfells. Stadium IV: Disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Beteiligung von Lymphknoten. Zum lymphatischen Gewebe gehören: Lymphknoten, Milz, Thymus, Waldeyer'scher Rachenring Organsymbole: N = Lymphknoten, H = Leber, S = Milz, L = Lunge, M = Knochenmark, O = Knochen, D = Haut, P = Pleura Diagnostik Notwendige Verfahren zur Diagnose (initiale histologische Diagnostik) und zum prätherapeutischen Staging 1. Biopsie eines repräsentativen Lymphknotens bzw. befallenen Gewebes. Eine Nadelbiopsie reicht im allgemeinen nicht aus. Die Untersuchung des Gewebes erfolgt zytologisch (Tumortupfpräparate), histologisch, immunhistologisch und in Zweifelsfällen zur Abgrenzung von Non-Hodgkin-Lymphomen molekulargenetisch. Die Bestätigung der histologischen Klassifikation durch einen Referenzpathologen ist empfehlenswert. 2. Dokumentation aller tastbaren peripheren Lymphknoten hinsichtlich genauer Lokalisation und Größe. 3. Untersuchung der Leber- und Milzgröße. 4. HNO-ärztliche Untersuchung (Waldeyer'scher Rachenring). 5. Sonographie aller peripheren Lymphknotenregionen (Hals, Supraklavikulargruben, Axillae, Leistenregion), des oberen, vorderen Mediastinums und des Abdomens (Leber und Milz, paraaortale, iliakale Lymphknoten). 6. Röntgenuntersuchung des Thorax in 2 Ebenen. 7. Computertomographie des Thorax mit Lungen- und Weichteil- "Fenster". 8. Computertomographie oder Magnetresonanztomographie (MRT) von aller klinisch oder sonographisch erfassten Befallsregionen als Basis für die Strahlentherapieplanung und eine anzustrebende Responsebeurteilung nach Therapie. 9. Labor: BB, BSG, ALAT (GPT), ASAT (GOT), GGT, AP, LDH, Kreatinin im Serum, Serumimmunglobuline und Serumproteinelektrophorese. Häufig kommen vor: BSG- Erhöhung, ev. LDH- Erhöhung, ev. Anämie, Eosinophilie (30%) Typisch: absolute Lymphozytopenie(< 1000/µl): bei 25% d. P. zu Beginn, bei 60% im weiteren Krankheitsverlauf. 10. Serologie: Viren (EBV, CMV, HSV, HHV-6, VZV, HIV), Toxoplasmose, Candida, Aspergillen. 11. EKG, Echokardiografie Nur im Einzelfall notwendige diagnostischeVerfahren 1. CT oder MRT des Abdomen und Beckens zu empfehlen bei zweifelhaften Sonographiebefunden und prinzipiell bei Verzicht auf eine Laparotomie (s.u.). 2. Ganzkörperszintigraphie sowie Röntgen- und MRT- oder CT-Untersuchung verdächtiger Regionen: bei Verdacht auf Skelettbefall. 3. Knochenmarkszintigrafie: bei Verdacht auf Knochenmarkbefall, eine unauffällige Szintigrafie schließt einen wesentlichen Befall aus. Verdächtige Szintigrafieherde können durch MRT- Untersuchungen ausgeschlossen oder als wahrscheinlich gemacht werden. Bei Verdacht auf Befall Sicherung durch Biopsie. 4. Positronen-Emissions-Tomographie mit 2-[F-18]Fluoro-2-desoxy-D-Glukose (FDGPET): zur Bewertung wenig vergrößerter Lymphknoten hinsichtlich eines Befalls im Rahmen der Hodgkin-Erkrankung sowie zur Detektion eines Befalls von Milz, Leber und Knochenmark. Notwendige erweiterte histopathologische Diagnostik 1. 1 bis 2 Knochenmarkstanzbiopsien ab Stadium II B Nur im Einzelfall notwendige erweiterte histopathologische Diagnostik 1. Bei Verdacht auf Skelettbefall: Biopsie mindestens eines Herdes. 2. Selektive Laparotomie ohne Splenektomie: Sie wird seit 1994 innerhalb der Studienkonzepte der Deutschen Hodgkin Studiengruppe nicht mehr obligat zum Ausschluß eines subdiaphragmalen Befalls durchgeführt. Dies begründete sich hauptsächlich aus den Ergebnissen einer Studie der EORTC (der H6-Studie), die keinen signifikanten Unterschied in den Raten für Freedom From Progression (Progressionsfreiheit) und Gesamtüberleben nach 6 Jahren zwischen den therapeutischen Strategien (klinisches Staging und Strahlentherapie versus pathologisches Staging mit Laparotomie und therapeutisches Vorgehen entsprechend des Laparotomiebefundes (Extended-field-Bestrahlung bei negativer Laparotomie und kombinierte Chemo-Radiotherapie bei positiver Laparotomie)) gefunden hat. Sie ist nur dann erforderlich, wenn mittels der bildgebenden Verfahren keine eindeutige Klärung über einen abdominellen bzw. retroperitonealen Befall herbeizuführen ist und/oder bei Mädchen grenzwertige Lymphome parailiacal einoder beidseitig gefunden werden, deren histologische Abklärung darüber entscheidet, ob sie - nach ein- oder doppelseitiger Ovaropexie hinter dem Uterus - bestrahlt werden müssen. 3. Die explorative Laparatomie mit Splenektomie Ist lediglich dann sinnvoll, wenn die nicht invasiven Untersuchungsmethoden ein Erkrankungsstadium ergeben, das eine alleinige Strahlentherapie rechtfertigen würde. Da heute eine Vielzahl von Risikofaktoren bekannt ist, die bei niedrigen Stadien eine kombinierte Radio-Chemotherapie erforderlich macht, geht die Indikation für die explorative Laparatomie ständig zurück. In jedem Falle sollte ca. 14 Tage vor einer geplanten Milzentfernung eine Pneumokkoken-Impfung zur Vermeidung des OPSISyndroms (overwhelming postsplenectomy infection) durchgeführt werden. 4. Exploration aller Lymphknotenstationen und der Leber . Evtl. Biopsien weiterer grenzwertig vergrößerter peripherer Lymphknotenstationen, und der Leber, um danach die Chemo- und Strahlentherapiestratifizierung entscheiden zu können. Prognose und Therapie Der M. Hodgkin ist eine maligne Erkrankung mit einer guten Prognose, die sowohl sehr strahlen- als auch chemotherapiesensibel ist. Das Gesamtüberleben von Patienten in den frühen Stadien (Stadium I und II ohne Risikofaktoren) nach alleiniger Strahlentherapie ist mit über 90% nach 5 - 10 Jahren außerordentlich hoch. Allerdings erleiden 25% - 30% dieser Patienten ein Rezidiv und können dann nur durch eine ausgedehnte Chemotherapie in eine zweite dauerhafte Remission gebracht werden. Die Wahl des Therapieverfahrens hängt vom Erkrankungsstadium sowie zusätzlichen prognostischen Faktoren ab. In den frühen Stadien galt bisher die alleinige Radiotherapie im Sinne einer Extended Field-Bestrahlung bzw. einer subtotalen nodalen Bestrahlung als Standardtherapie. Die Wahrscheinlichkeit der Heilung durch eine alleinige Strahlentherapie ist aber nicht nur von der Dosis am Tumor, der vollständigen Erfassung des Tumorvolumens, der Anzahl der befallenen Regionen und der Größe des Tumors abhängig, sondern auch von anderen Faktoren. Die Analyse von Risikofaktoren für Therapieversagen nach alleiniger Radiotherapie deckte Patientengruppen auf, bei denen die Rezidivgefahr bei einer alleinigen Strahlentherapie soweit erhöht ist, dass bei diesen Patienten trotz lokalisierter Stadien eine kombinierte Radio-Chemotherapie sinnvoll erscheint. Begriffserklärung Involved Field: Therapie primär befallener Regionen Extended Field: zusätzlich zur Therapie befallener Regionen Therapie benachbarter LK-regionen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit des Befalls haben Total nodale Bestrahlung Therapie aller LK-regionen des Körperstammes, einschließlich der Milz Total lymphatische Bestrahlung zusätzlich zur total nodalen Bestrahlung Bestrahlung der mesenterialen und der Waldeyer LK Risikofaktoren, mit einer alleinigen Strahlentherapie ein Rezidiv zu erleiden, sind: 1. Große Tumormasse a. Vielzahl befallener LK-Regionen b. bulky disease (> 5 cm großer Tumor) c. großer Mediastinaltumor 2. B-Symptomatik 3. Hohe BSG 4. Männliches Geschlecht 5. Hohes Alter 6. Extralymphatischer Befall (E-Stadium) 7. Massiver Milzbefall Da diese Faktoren keine unabhängigen Parameter darstellen, werden in der deutschen Hodgkin-Studiengruppe für Patienten der Stadien I/II in Anlehnung an Analysen der European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) lediglich folgende Parameter in die Planung der Therapiestudien (Hodgkin-Studien) einbezogen: 1. Großer Mediastinaltumor Definition: > 1/3 des maximalen Thoraxquerdurchmesssers (gemessen an einer sagittalen Röntgen-Thoraxaufnahme p.a. im Stehen). 2. Extranodaler Befall (E-Befall) Definition: Beteiligung von extralymphatischem Gewebe (entweder durch direktes Einwachsen aus einem benachbarten Lymphknoten oder in engem anatomischen Bezug) sofern eine strahlentherapeutische Behandlung im Prinzip möglich wäre. Auch 2 oder mehr E-Befälle sind mit einem Stadium II bzw. III verträglich. 3. Ausgeprägter Milzbefall Definition: > 5 Knoten oder diffuser Befall 4. Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit: Definition: > 50 mm 1. Stunde bei fehlenden B-Symptomen > 30 mm 1. Stunde bei vorhandenen B-Symptomen 5. Drei oder mehr befallene Lymphknotenareale-Areale (nicht Regionen) Cave: Lymphknoten-REGION ist nicht gleich Lymphknoten-AREAL Differenzierung zwischen LK-Regionen=Ann-Arbor-Stadieneinteilung und LK-Arealen=EORTC-Einteilung Folgende Lymphknoten-AREALE werden definiert: Areal: a: Regionen: rechts cervikale + rechts infra-/supraclav./nuchale Lymphknoten b: links cervikale + links infra-/supraclav./nuchale Lymphknoten c: rechts/links hiläre + mediastinale Lymphknoten d: rechts axilläre Lymphknoten e: links axilläre Lymphknoten f: obere abdominelle Lymphknoten (coeliakale Lymphknoten, Milzhilus, Leberhilus) g: untere abdominelle Lymphknoten (paraaortale und mesenteriale Lymphknoten) h: rechts iliakale Lymphknoten i: links iliakale Lymphknoten k: rechts inguinale + rechts femorale Lymphknoten l: links inguinale + links femorale Lymphknoten Lymphknoten-AREALE Lymphknoten-REGIONEN Mit alleiniger Bestrahlung erleiden die Patienten bei großem Mediastinaltumor und/oder Extranodalbefall in bis zu 50% und bei hoher BSG und/oder 3 oder mehr befallenen LKarealen in bis zu 30% ein Rezidiv. Mit einer Kombinationstherapie kann in diesen Fällen in bis zu 70-80% eine Heilung herbeigeführt werden. Patienten der Stadien I/II, die einen der o.g. Risikofaktoren aufweisen, erhalten daher eine kombinierte Radio-Chemotherapie. Da Patienten im Stadium III A bei alleiniger Strahlentherapie mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 50% ein Rezidiv erleiden, werden auch sie initial kombiniert therapiert. Für Patienten mit einer generalisierten Erkrankung (Stadien III B und IV) gilt die Polychemotherapie als Standardtherapie. Entsprechend der Prognose der Erkrankung werden unterschiedliche Therapieansätze verfolgt: Einteilung in drei Prognosegruppen: Prognosegruppe 1: Limitierte Stadien: Stadien I und II A/B ohne Risikofaktoren. Nach Therapie sind 98% der Patienten tumorfrei. 5 Jahre nach Therapie leben noch 95% aller Patienten, 10 - 15% erleiden ein Rezidiv. Prognosegruppe 2: Intermediäre Stadien: Stadien I und II A/B mit mindestens einem der o.g. Risikofaktoren sowie Stadium IIIA ohne Risikofaktoren. Nach Ende der Therapie sind 92% der Patienten tumorfrei. 5 Jahre nach Therapie leben noch ca. 90% aller Patienten, ca. 20% erleiden ein Rezidiv. Prognosegruppe 3: Fortgeschrittenen Stadien: IIIA mit Risikofaktoren und IIIB und IV. Nach Ende der Therapie sind ca. 80% tumorfrei. 5 Jahre nach Therapie leben noch 75% der Patienten, ca. 40% erleiden ein Rezidiv. Therapie nach Prognosegruppe Hodgkin-Patienten sollten immer im Rahmen klinischer Studien behandelt werden, da Einzelfragen innerhalb dieser Therapieansätze gegenwärtig in klinischen Studien geprüft werden (HD-Protokolle), z.B. die notwendige Strahlendosis in der günstigen Prognosegruppe, die optimale Kombination der Radio-Chemotherapie in der intermediären Prognosegruppe sowie der Einsatz zusätzlicher Medikamente und der Stellenwert einer additiven Strahlentherapie in der ungünstigen Prognosegruppe. Günstige Prognosegruppe 1. Standardtherapie Chemotherapie: Keine Radiotherapie: 40-45 Gy Extended-field Radiotherapie: Bestrahlung befallener und benachbarter Lymphknotenregionen Beispiele: Supradiaphragmale Manifestation: Mantelfeld, paraaortale Lymphknoten und Milz Infradiaphragmale Manifestation: nur inguinaler Befall: umgekehrtes Y-Feld= Paraaortale, iliakale und inguinale LK, Milz oder Milzhilus alle anderen Fälle: umgekehrtes Y-Feld, T-Feld= Mediastinum und supraklavikuläre LK bds. Involved-field Radiotherapie: Bestrahlung der befallenen Lymphknotenregion Dosis: Extended-field: 30 Gy Involved-field: 40 Gy Prognose: 80-90% Heilung mit Radiotherapie 2. Kurzfassung der abgeschlossenen Studie im Rahmen der deutschen Hodgkin- Gruppe: HD10: Stadium: I/IIAB ohne Risikofaktor Randomisation zwischen folgenden Armen: 4 x ABVD + 30 Gy IF-RT (Arm A) 4 x ABVD + 20 Gy IF-RT (Arm B) 2 x ABVD + 30 Gy IF-RT (Arm C) 2 x ABVD + 20 Gy IF-RT (Arm D) Fragestellung: Ziel der Studie ist es, die optimale Zyklusanzahl und Bestrahlungsdosis für eine ABVD Chemotherapie kombiniert mit einer Bestrahlung des Involved Field zu bestimmen. Die Studie prüft, ob eine Reduktion von 4 auf 2 ABVD Zyklen und /oder eine Reduktion der Radiotherapiedosis von 30 Gy auf 20 Gy ohne Effektivitätseinbußen möglich ist. Intermediäre Prognosegruppe 1.Standardtherapie Chemotherapie: 2x COPP, 2x ABVD Radiotherapie: Extended-field Radiotherapie Dosis: 30 Gy 70-80% Heilung mit Kombinationstherapie Standardtherapie der mittleren Stadien ist die kombinierte Chemo-Strahlentherapie. In der HD5 und HD8-Studie der DHSG wurden 2 Doppelzyklen COPP+ABVD in Kombination mit einer Extended Field-Bestrahlung im Standardarm gegeben. Die Therapiergebnisse sind mit einer Rate an kompletten Remissionen von 93%, einer FFTF-Rate von 80% und einem Gesamtüberleben von 90% 5 Jahre nach Therapiebeginn insgesamt ausgezeichnet. Aber die Therapiebelastung der Patienten in den mittleren Stadien durch die Kombination aus Polychemotherapie und ausgedehnter Strahlentherapie (Extended Field) ist erheblich. Es muß langfristig mit einer hohen Rate an therapiebedingten Toxizitäten sowie Sekundärneoplasien gerechnet werden. Daher wird in der neuen Studie die Radiotherapie auf Involved field reduziert. 2. Kurzfassung der abgeschlossenen Studie im Rahmen der deutschen Hodgkin- Gruppe: HD11: Stadium CS/PS IA, IB, IIA mit Risikofaktoren (großer Mediastinaltumor, Extranodalbefall, hohe BSG, 3 oder mehr befallene Lymphknotenareale), Stadium CS/PS IIB mit Risikofaktoren (hohe BSG, 3 oder mehr befallene Lymphknotenareale) Randomisation zwischen folgenden Armen: 4 x ABVD + 30 Gy IF-RT (Arm A) 4 x ABVD + 20 Gy IF-RT (Arm B) 4 x BEACOPP + 30 Gy IF-RT (Arm C) 4 x BEACOPP + 20 Gy IF-RT (Arm D) Fragestellung: Ziel der Studie ist: 1. die Wirksamkeit von BEACOPP mit der von ABVD, im Kontext einer 4-zykligen Chemotherapie kombiniert mit einer IF-Bestrahlung zu vergleichen 2. die optimale Bestrahlungsdosis im selben Kontext durch einen Vergleich zwischen 30 Gy und 20 Gy zu bestimmen Ungünstige Prognosegruppe 1. Standardtherapie Chemotherapie: 4x COPP, 4x ABVD Radiotherapie: nur bei Resttumor nach Chemotherapie oder initialem Bulk (Bulk=Tumordurchmesser > 5cm) Dosis: 30 Gy Prognose: 50-60% Heilung mit Kombinationstherapie 3. Kurzfassung der abgeschlossenen Studie im Rahmen der deutschen Hodgkin- Gruppe: HD12: Stadium CS/PS IIB mit Risikofaktoren(großer Mediastinaltumor,Extranodalbefall), Stadium CS/PS III und IV Randomisation zwischen folgenden Armen: 8 x BEACOPP esk. + 30 Gy RT (Arm A) 8x BEACOPP esk. (keine RT) (Arm B) 4 x BEACOPP esk. + 4 x BEACOPP basis + 30 Gy RT (Arm C) 4 x BEACOPP esk. + 4 x BEACOPP basis (keine RT) (Arm D) Bestrahlt werden Restbefunde, die nach abgeschlossener Chemotherapie im Restaging >= 1,5 cm groß sind, sowie initiale Bulkregionen (>= 5 cm). Fragestellung: Die Studie hat 2 Hauptziele: 1. Mit dem Ziel der Toxizitätsminderung wird geprüft, ob eine Reduktion des eskalierten BEACOPP-Schemas auf die Basisdosierung in den letzten 4 Zyklen ohne Effektivitätseinbuße durchgeführt werden kann. 2. Es wird geprüft, ob nach einer effektiven Chemotherapie eine konsolidierende Strahlentherapie in den fortgeschrittenen Stadien notwendig ist. Strahlentherapie Durch eine Großfeldtechnik und die Kenntnis von Dosis-Wirkungsbeziehungen können in den frühen Stadien des M. Hodgkin ohne Risikofaktoren gute Ergebnisse mit 90-100% Remissionen nach alleiniger Strahlentherapie erzielt werden. Definition des Zielvolumens und Durchführung der Bestrahlung Die Bestrahlungsplanung beim M. Hodgkin umfasst die Definition des Zielvolumens, die Wahl der Bestrahlungsfelder und -technik sowie die Dosierung und Fraktionierung. In den frühen Stadien des M. Hodkin ohne Risikofaktoren (Stadium I und II) wurde bislang eine alleinige Strahlentherapie als erweiterte Radiotherapie (Extended field) durchgeführt. Bei der Definition des Zielvolumens ist zu berücksichtigen, dass es sich in der Regel nicht um eine primär generalisierte Erkrankung sondern um eine Erkrankung mit kontinuierlicher lymphogener Ausbreitung vom Entstehungsort zum nächsten benachbarten Lymphknoten oder zu regionalen Lymphknoten des befallenen Organes handelt. Die initial befallenen Regionen müssen großräumig erfasst werden, da eine zu knappe Feldwahl sowie eine zu großzügige Ausblockung häufig die Ursache für Lokalrezidivs in den initial befallenen Regionen sein kann. Früher ging man ging daher von der rein lokalen Bestrahlung (Involved field) zur Extended-Field-Bestrahlung über. Dabei wird das lymphatische Sytem in supra- und infradiaphragmale Großfelder geteilt. Das supradiaphragmale Mantelfeld umfasst die Lymphknotenregionen von Hals-, Schlüsselbeingruben, Achselhöhlen und Mittelfell. Das infradiaphragmale Feld beinhaltet die Lymphknotenregionen entlang der großen Gefäße in der Bauchhöhle sowie der Leisten (umgekehrtes Y-Feld). Im Stadium III kann diese Extended Field Therapie aus einer Total- nodalen Bestrahlung einschließlich Milz und evtl. mit einer total- lymphatischen Bestrahlung einschließlich der mesenterialen Lymphknoten bestehen. Durch individuell angepasste Feldformen und in den Strahlengang eingebrachte Abschirmblöcke mit Ausblenden gesunder Organe kann eine relativ risikoarme Durchführung der Strahlentherapie ermöglicht werden. Trotz exzellenter Heilungsraten durch die Extended- field Radiotherapie von bis zu 90% in frühen Stadien wurde aufgrund hoher Langzeittoxizität diese Therapiestrategie geändert. Im Rahmen der Hodgkin-Studien wird geprüft, ob durch eine vor die Radiotherapie geschaltete Chemotherapie eine Verkleinerung der Bestrahlungsfelder sowie eine Reduktion der Strahlendosis möglich ist. Daher ist heute in frühen und intermediären Stadien die Kombination aus Chemotherapie und Involved-Field-Radiotherapie die Therapie der Wahl. Mögliche Bestrahlungsvolumina bei der Therapie von Lymphomen (Siehe auch Link NHL) (Zeichnungen aus JH Karstens, Strahlentherapie und Radioonkologie, 2. Auflage Lehmanns) A. Befallene LK B. Extended Field C. Involved Field A: Links cervikal/supraclaviculär, links axillär und Mediastinum B: Mantelfeld= Zervikale, supra- und infraclavikuläre, axilläre und mediastinale LK, Paraaortal und Milz C: Links cervikal, supraclaviculär, links axillär und Mediastinum A. Befallene LK B. Extended Field C. Involved Field A: Rechts cervikal/supraclaviculär, paraaortal B: Mantelfeld, umgekehrtes Y= infradiaphragmale Bestrahlung mit Einschluß der paraaortalen, iliakalen, inguinalen und femoralen LK und Milz C: Rechts cervikal, supraclaviculär, Paraaortal A. Befallene LK A: Paraaortal und Milz B: T-Feld= Mantelfeld ohne Axillae, Umgekehrtes Y und Milz C: Paraaortal und Milz B. Extended Field C. Involved Field Simulationsbeispiel: Helmfeld bei cerebralem Lymphom Simulationsbeispiel: Waldeyer´scher Rachenring Simulationsaufnahme: Mantelfeld Röntgendokumentationsaufnahme eines Mantelfeldes mit Blöcken (zur Schonung der Lungen, Kehlkopf und Mundhöhle) im Strahlengang Bestrahlungsaufnahme eines Mantelfeldes mit Paraaortal und Milz Simulationsbeispiele: Paraaortal und Milzstiel Simulationsbeispiel: Umgekehrtes Y ohne inguinale und femorale LK und Milz Simulationsbeispiel: Umgekehrtes Y Simulationsbeispiel: Abdominelles Bad Simulationsbeispiel: Involved –Field Bestrahlung des Magen Kontrastmitteldarstellung des Magens Simulationsbeispiel: Oberes und mittleres Abdomen bei Magenlymphom Stadium I Kontrastmitteldarstellung des Magens Simulationsbeispiel: Abdominelles Bad bei Magenlymphom Stadium >I Kontrastmitteldarstellung des Magens Dosierung und Fraktionierung Grundsätzlich muss zwischen einer Dosis, die bei alleiniger Strahlentherapie manifeste, also offensichtliche, Herde vernichtet und einer Dosis, die zur Vernichtung okkulter, also versteckter, Herde benötigt wird, unterschieden werden. Darüber hinaus muss eine evtl. vorangegangene Chemotherapie bei der Festlegung der Gesamt- und Einzeldosis berücksichigt werden. Die Bestrahlung erfolgt mittels Linearbeschleunigern mit Photonenstrahlung von 4-23 MV über in der Regel ventrodorsale Gegenfelder mit täglichen Einzeldosen von 1,8-2 Gy. Nach einer Dosis von 20 Gy ist bei 20 bis 25% der Patienten mit Rezidiven zu rechnen. Demgegenüber kann die lokale Rezidivrate nach einer Dosis von 40 Gy auf ca. 5% gesenkt werden, nach 44 Gy sogar auf ca. 1,3%. Auf der Basis dieser Daten wurde eine Dosis von 40 bis 44 Gy, die innerhalb von 4 Wochen appliziert wird, für die Kontrolle manifester Lymphommanifestationen festgelegt. Unter Berücksichtigung von Risikofaktoren werden Patienten heute mit einer kombinierten Radio-Chemotherapie behandelt, bei der eine Dosis von 40 Gy im allgemeinen nicht überschritten wird. Für die Kontrolle okkulter Herde durch eine alleinige Strahlentherapie scheint nach bisherigen Auswertungen eine Dosis von 30 Gy zu genügen. Bei einer kombinierten RadioChemotherapie scheint eine alleinige Polychemotherapie in der Lage zu sein, okkulte Herde zu kontrollieren. Eine weitere Senkung der Strahlendosis scheint damit möglich zu sein. Chemotherapie Die Chemotherapie des M. Hodgkin besteht aus der gleichzeitigen Gabe mehrerer Substanzen, die in regelmäßigen Abständen von ca. 3 Wochen wiederholt wird. Im allgemeinen werden 4 - 8 solcher Chemotherapiezyklen gegeben. Während der Chemotherapie sind regelmäßige Untersuchungen des Blutbildes nötig, da die Chemotherapie die normale Blutbildung beeinträchtigt. Werden dabei bestimmte Grenzwerte unterschritten, muss entweder die Dosis der einzelnen Substanzen vermindert oder der zeitliche Abstand zwischen 2 Gaben verlängert werden. Aufgrund der Beeinträchtigung der Blutbildung sind die Patienten insbesondere in ihrer Immunabwehr geschwächt. Die Standardtherapie ist eine Polychemotherapie aus 4 (Intermediäre Prognosegruppe) bzw. 8 (Ungünstige Prognosegruppe) Zyklen. Im Wechsel werden als Standardtherapie das COPP und das ABVD- Schema gegeben. COPP= Cyclophosphamid, Vincristin=Oncovin, Procarbazin, Prednison ABVD= Doxorubocin=Adriamycin, Bleomycin, Velbe, Dacarbazin Rezidivtherapie Die Wahl der Rezidivtherapie (Salvagetherapie), richtet sich nach der initial angewendeten Therapie. Patienten, die nach alleiniger Strahlentherapie ein Rezidiv entwickeln, können mit einer Standard-Chemotherapie erneut in eine komplette Remission gebracht werden mit einem Langzeitüberleben zwischen 50 und 80%. Patienten, die initial eine Chemotherapie erhielten entwickeln Rezidive häufig in den initial befallenen Regionen. Eine großvolumige Strahlentherapie erbringt bei Patienten mit begrenzten nodalen Rezidiven nochmals länger anhaltende Remissionen. Für ausgewählte Patienten wird in klinischen Studien die Knochenmarktransplantation untersucht. Sehr hohe Dosen an Chemotherapie werden gegeben, die das Knochenmark zerstören. Daher wird dem Patienten vor der Behandlung Knochenmark entnommen, welches tiefgefroren wird. Nach Gabe der hochdosierten Chemo- und / oder Strahlentherapie wird dem Patienten sein aufgetautes Mark wieder über eine Infusion zurückgegeben, um das zerstörte Knochenmark zu ersetzen. Diese Art der Transplantation nennt sich "Autologe Knochenmarktransplantation" (auto= selbst, eigen). Kommt das Mark von einem fremden Spender, ist dies eine "allogene Transplantation" (allo= fremd). Eine andere Art der Autologen Transplantation ist die "Periphere BlutstammzellenTransplantation". Hierbei wird das Blut des Patienten durch eine Maschine geleitet, welche die Stammzellen (noch nicht fertig entwickelte Zellen, aus denen sich Blutzellen bilden) aus dem Blut entfernt und das Blut wieder in den Kreislauf zurück infundiert. Die gewonnenen Stammzellen werden mit Medikamenten behandelt, die lymphombefallene Zellen abtöten und anschließend tiefgefroren, bis sie dem Patienten rück infundiert werden können. Im Rahmen von Studien wird der Einsatz von Antikörpern gegen bestimmte Antigene auf der Oberfläche von Hodgkin-Zellen geprüft. Dabei wird der Antikörper sowohl allein als auch in Kombination mit einer Chemotherapie gegeben. Nebenwirkungen der Therapie Da bei der Behandlung des M. Hodgkin sowohl die Strahlentherapie als auch die Chemotherapie mit vergleichbarem Erfolg eingesetzt werden können, kommt der Beurteilung therapiebedingter Komplikationen große Bedeutung zu. Dabei können maligne und nichtmaligne Komplikationen unterschieden werden. Sekundäre Neoplasien Ein besonderes Risiko durch die Strahlen- und Chemotherapie besteht im Auftreten von Zweittumoren. Als solche können Karzinome, Non-Hodgkin-Lymphomen sowie akute Leukämien auftreten. Das Risiko, nach alleiniger Chemotherapie innerhalb von 15 Jahren eine akute Leukämie zu entwickeln, liegt zwischen 6 und 11%, wobei die Zusammensetzung der Chemotherapie entscheidend ist. Das Risiko, innerhalb von 10 Jahren ein Zweitkarzinom zu entwickeln, liegt bei ca. 3% und steigt nach 15 bis 20 Jahren kontinuierlich auf 7,5 bzw. 14% an. Die häufigsten Zweitkarzinome sind Lungenkarzinome, Mammakarzinome und Schilddrüsenkarzinome. Nichtmaligne Nebenwirkungen 1. Bakterielle Sepsis Das Risiko eine bakterielle Sepsis zu entwickeln und daran zu versterben, besteht bei Patienten nach Milzentfernung und in geringerem Maße auch nach einer Bestrahlung der Milz. 2. Komplikationen an der Lunge Komplikationen an der Lunge können sowohl infolge einer Strahlentherapie als auch einer Chemotherapie auftreten. Bei kombinierter Therapie kann kumulative Toxizität auftreten. Die Gabe von Bleomycin kann eine dosisabhängige interstitielle Pneumonitis mit Übergang in eine Lungenfibrose induzieren. Todesfälle werden jedoch nur selten beobachtet. In seltensten Fällen tritt eine dosisunabhängige, akute Alveolitis auf. Eine hohe pulmonale Toxizität ist erst ab einer kumulativen Bleomycin Dosis von > 400 mg zu erwarten. Weitere Faktoren sind Alter > 70 Jahre, mediastinale Bestrahlung und CyclophosphamidGabe. Eine strahleninduzierte Lungenschädigung entsteht in der Regel 1-3 Monate nach Mantelfeldbestrahlung in Form von perihilären und perimediastinalen Infiltraten. Die Häufigkeit des Auftretens, das Ausmaß und die Schwere einer Strahlenpneumonitis hängt von der Gesamtdosis, der Einzeldosis (> 2 Gy), dem bestrahlten Volumen sowie von zusätzlich gegebener Chemotherapie ab. Die Häufigkeit des Auftretens liegt bei ca. 5-20% aller Mantelfeldbestrahlungen. Symptome einer Strahlenpneumonitis: Dyspnoe, Reizhusten, ev. radiogene Lungenfibrose, Therapie: hochdosierte Kortikosteroide, ggfalls Antibiotika. 3. Komplikationen am Herzen Sowohl durch die Chemotherapie als auch die Strahlentherapie können Entzündungen des Herzbeutels (Perikarditis, 3-10%), der Herzklappen, Myokardschäden (20%) aber auch Veränderungen an den Herzkranzgefäßen hervorgerufen werden. Als wichtigster Faktor für das Entstehen von Myokardschädigung gilt die kumulative Dosis von Doxorubicin. (Kardiomyopathie Risiko: 0,4% bei Gesamtdosis < 550mg/m²). Zusätzliche mediastinale Bestrahlung und/oder Cyclophosphamid-Gabe erhöhen das Kardiomyopathierisiko. Hauptreinflußfaktoren der Strahlentherapie sind: Gesamtdosis, Herddosis, Einzeldosis und insbesondere die angewandten Bestrahlungstechniken. Das Risiko, einen therapiebedingten Herzinfarkt zu erleiden, ist am höchsten bei Patienten, die zur Zeitpunkt einer Bestrahlung jünger als 20 Jahre alt waren. 4. Fertilität Die Reproduktionsfähigkeit beider Geschlechter ist sowohl durch die Chemotherapie als auch durch die Strahlentherapie gefährdet. Nach Strahlentherapie sind die Schädigungen von der Ausdehnung des Bestrahlungsfeldes abhängig. Störung der Fertilität des Mannes Ursächlich für die Fertilitätsstörungen nach Chemotherapie bei M. Hodgkin sind die Alkylantien. Grad und Dauer der Schädigung der Spermatogenese sind dosisabhängig. Untersuchungen haben gezeigt, daß bereits nach 2 Zyklen MOPP eine Azoospermie in 100% vorliegen kann. Es zeigte sich allerdings auch ein hoher Prozentsatz (43%) inadäquater Spermiogramme (Spermienzahl und Spermienqualität) vor Chemotherapie. Die vorliegenden Daten ergeben eine Azoospermierate schwankend zwischen 96% und 100% mit Erholungsraten schwankend zwischen 12% und 20% nach > 2 Jahren. Nach COPP/ABVD wird eine Infertilität von >80% angegeben. Eine Erholung der Spermatogenese wird meistens bei diesen Patienten nicht beobachtet. Nach ABVD Chemotherapie werden ebenfalls Oligound Azoospermien beobachtet (ca. 50%). Innerhalb von 18 Monaten erholt sich die Spermatogenese. Störung der Fertilität der Frau Nach MOPP-Chemotherapie findet sich eine Amenorrhoe in 45% - 80% der Fälle. Die hohen Schwankungen erklären sich durch das unterschiedliche Alter der Patientinnen. Nach COPP/ABVD Chemotherapie wird eine Amenorrhoe Rate von >79% angegeben. Während bei Patientinnen unter 30 Jahren eine permanente Ovarialinsuffizienz nur in 30% beobachtet wird, steigt die Rate auf 80% bei Patientinnen im Alter über 30 Jahre an. Zumeist besteht bei der chemotherapieinduzierten Ovarialinsuffizienz gleichzeitig ein Östrogendefizit, welches zur Verminderung der Knochendichte mit Frakturgefahr sowie zu psychischen und vegetativen Störungen führen kann. Demgegenüber scheint ABVD weniger gonadentoxisch zu sein. 5. Schilddrüsenfunktion Das Langzeitrisiko für Schilddrüsenerkrankungen, vor allem Unterfunktionen, liegt nach 20 Jahren bei >50%. Das kumulative Risiko für Schilddrüsenkarzinome liegt bei ca. 2%. 6. Wachstumsstörungen Wachstumsstöhrungen entstehen insbesondere durch die Strahlenbehandlung von Kindern. Am stärksten betroffen sind Kinder vor der Pubertät mit einer durchschnittlichen Einschränkung des Längenwachstums von ca. 8%. Gesamtdosen von mehr als 20 Gy führen zu schweren Deformationen der Wirbelkörper mit deutlicher Höhenreduktion. 7. Neurologische Komplikationen Lhermitte Syndrom: (Histopathologisch: Demyelinisierung). Plötzlich einschießende Parästhesien der oberen Extremitäten va. beim Vornüberneigen des Kopfes. Tritt nach Mediastinalbestrahlung (15%) nach einer Latenzzeit von 2-37 Wochen mit einer Durchschnittszeit von 5 Monaten auf. Sowohl die Symptomatik als auch die Demyelinisierung bilden sich vollständig wieder zurück. A.spinalis anterior- Syndrom (durch Endangitis obliterans der A. spinalis anterior) Lähmungen, radikuläre Beschwerden. 8. Mundtrockenheit, zäher Speichel, vermehrte Kariesanfälligkeit nach Bestrahlung des Waldeyer´schen Rachenringes 9. Magen- oder Duodenalulzera nach Paraaortalbestrahlung (selten) Link Bibliothek: Internetseiten zu diesem Thema http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/index.html http://www.dgho.de (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie http://www.krebshilfe.de (Deutsche Krebshilfe) http:/www.lymphome.de http://www.kompetenznetz-lymphome.de/