2 Referate der Studenten/Lindemann

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Universität Duisburg-Essen
Campus Essen
Fachbereich 3: Kommunikationswissenschaft
WS 2005/06
Hauptseminar: Problematik der Kommunikation mit Chinesen
Dozent: Prof. Dr. Zhu, Xiaoxue (China)
Hauptstudium: Leistungsnachweis WP II
Chinesen verstehen lernen
Wir – die Anderen: erfolgreich kommunizieren
Margrith A. Lin-Huber
Katharina Lindemann
Matr.-Nr.: 146392101
e-mail: [email protected]
6. Fachsemester Kommunikationswissenschaft (MA)
Anglistik
Gliederung
01 Einführung
02 Chinesische Kommunikation
03 Interkulturelle Verständigung
04 Unterschiedliche Kommunikationsstile
05 Kulturelle Missverständnisse
06 Diskussionsbeiträge
07 Quellenangabe
2
01 Einführung
Im Rahmen der Vorlesung “Problematik der Kommunikation mit
Chinesen” von Prof. Dr. Zhu (China), beschäftige ich mich in dieser
schriftlichen Anfertigung meiner Präsentation mit dem Thema der
interkulturellen
Verständigung,
Kommunikationsstörungen
in
der
Form
Kommunikation
von
und
der
Missverständnissen
zwischen China und Europa.
Da ich mich mit den unterschiedlichen Kommunikationsstrukturen–
und problemen zwischen Ost und West beschäftigen wollte, habe ich
als Grundlage meiner Ausführungen auf Empfehlung von Prof. Dr.
Zhu das Buch „Chinesen verstehen lernen. Wir – die Andern:
erfolgreich kommunizieren“ von Margrith A. Lin-Huber gewählt.
Kaum eine Kultur ist für uns Europäer so fremd wie die der
Chinesen. Es ist erstaunlich, wie wenig wir in unserem Kulturkreis
von dem „Reich der Mitte“ wissen. Unsere Vorstellung ist allzu oft
durch Vorurteile und „Klischeedenken“ geprägt.
Da sich Asien im Zuge der fortschreitenden Globalisierung jedoch
immer weiter öffnet, wird es auch für uns zunehmend wichtiger, uns
mit dem Glaubenssystem, der Sozialstruktur und folglich auch dem
Kommunikationsmuster der Chinesen zu beschäftigen, um unseren
Horizont zu erweitern, da China durch die wirtschaftlichen Kontakte
immer wichtiger und interessanter für den Westen wird.
In meiner Arbeit werde ich mich zunächst mit der chinesischen
Kommunikation beschäftigen, weil sie in meinen Augen eine
sinnvolle
Basis
bietet,
um
nachvollziehen zu können.
Präsentationsanfertigung
weitere
Themenbereiche
besser
Im weiteren Verlauf der schriftlichen
beleuchte
ich
die
interkulturelle
Verständigung, die unterschiedlichen Kommunikationsstile und zum
3
Abschluss die kulturellen Missverständnisse, die im Zusammenhang
westlicher und östlicher Kommunikation entstehen können.
Das Ziel meiner Arbeit soll sein, einen Überblick über die chinesische
Kultur,
das
Kommunikationsverhalten
und
die
Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ost und West zu geben.
Im Anschluss meiner Präsentation stehen zwei zentrale Fragen im
Mittelpunkt, die von den Kursteilnehmern nach dem Referat diskutiert
worden sind.
1. Was bedeutet „interkulturelle Kompetenz“?
2. Wie
ist
eine
erfolgreiche
Kommunikation
(ohne
Missverständnisse) zwischen Ost und West möglich? Ist sie
möglich?
Ich hoffe mit diesen Fragestellungen einen kleinen Beitrag zu einem
Denkanstoss zu leisten und werde die Ergebnisse der Diskussion
unter Punkt 06 zusammenfassen.
4
02 Chinesische Kommunikation
1.1 Ursprung der chinesischen Kultur
Da wir im Bereich der Vorlesung schon sehr viel über die
chinesische Geschichte erfahren haben, werde ich mich in diesem
Unterkapitel nur mit einigen wenigen Fakten der chinesischen
Geschichte befassen, die allerdings relevant für das Verständnis des
chinesischen Kommunikationsverhaltens sind.
China hat eine jahrtausendalte Geschichte und Kultur und die am
längsten am Leben erhaltene, ununterbrochene kulturelle Tradition.
Die Ursprünge der chinesischen Sozialgesellschaft gehen zurück auf
das Han-Volk. Sie besiedelten vor 5000 Jahren das Kernland Chinas
und entwickelten dort eine einheitliche bäuerliche Kultur. Diese
Besiedlung wird heute auch die „Wiege der chinesischen Zivilisation“
genannt.
Während der langen Geschichte Chinas gab es selten militärische
Auseinandersetzungen. Allerdings führten wiederholte ausländische
Invasionen in den letzten 150 Jahren dazu, dass sich in China eine
Mentalität verbreitete, deren Inhalt es war, sich den Einflüssen „von
außen“ widersetzen zu wollen. Es entstand das Bewusstsein, dass
Modernisierung mit Hilfe von traditionellen Werten aus China
geschehe, jedoch keinesfalls durch fremde Werte, die von außen in
das Land hineingebracht worden seien.
Die chinesische Sozialstruktur ist geprägt durch eine hierarchische
Organisation, durch den Kollektivismus und durch die generalisierte
Familienstruktur und gründet auf einer Agrargesellschaft. Während
der chinesischen Philosophie (821-221 v. Chr.) entstanden viele
Grundsätze, die bis heute das Denken und Handeln der Chinesen
prägen. Der Buddhismus, der Taoismus und die Soziallehre des
Konfuzius stehen im Zusammenhang und beeinflussen sich
gegenseitig und bilden die Grundlage für die als „typisch chinesisch“
geltenden Interaktionsmustern.
5
1.2 Die Soziallehre des Konfuzius
Die Soziallehre des Konfuzius geht davon aus, dass Himmel, Erde
und Menschen ein Ganzes sind und in enger Wechselwirkung
zueinander
stehen.
Die
chinesische
Betrachtungsweise,
ihre
Sprache und ihr Denken richten sich daher auf den Zusammenhang
aller Dinge. Im Zentrum der Lehre stehen die menschliche
Gesellschaft und der Aufbau ihrer idealen Ordnung. Das Streben
nach
Harmonie
ist
ein
wesentliches
Grundelement
der
konfuzianischen Lehre. Eines der Hauptziele ist es, das Volk zu
einer Lebensgemeinschaft zu formen. Laut Konfuzius garantieren
eine
fixe
Rangordnung,
eine
strenge
Hierarchie
und
die
gewissenhafte Erfüllung der Pflichten ein friedliches, harmonisches
Zusammenleben. Wer seine Rolle in der Gesellschaft richtig spielt,
trägt zur Ordnung bei.
Außerdem existieren in der Soziallehre des Konfuzius fünf
menschliche Grundbeziehungen, die von elementarer Bedeutung für
die Gesellschaft sind: Die Beziehung zwischen Vater und Sohn,
Herrscher und Untertan, Mann und Frau, älterem und jüngerem
Bruder und älterem und jüngerem Freund.
Diese Beziehungen sind hierarchisch strukturiert, sogar unter
Freunden.
Egalitäre
Beziehungen
sind
nicht
möglich.
Alle
Beziehungen beruhen auf gegenseitiger Abhängigkeit, welche ein
wichtiges Merkmal des chinesischen Sozialverhaltens ist.
Die traditionelle Familie bildet die fundamentale Einheit in der
chinesischen Gesellschaft. Innerhalb der Familie kennt jedes
Mitglied seinen Platz und handelt übereinstimmend mit seiner
Position.
Weiterhin ist wichtig zu erwähnen, dass laut Konfuzius, Eltern und
Senioren mit großer Ehrbietung und einem unbedingten, nicht
hinterfragten Gehorsam behandelt werden müssen. In diesem
Zusammenhang stehen auch die „24 Beispiele kindlicher Pietät“.
Diese Regeln wurden Kindern über Jahrhunderte hinweg durch
Erzählungen übermittelt und rechtfertigen die absolute Autorität der
6
Eltern und der älteren Generationen über die Kinder. „Kindliche
Pietät“ gilt im Konfuzianismus als fundamentaler sozialer Wert.
Außerdem stehen im Zentrum der Lehre des Konfuzius zwei wichtige
Begriffe: „Li“ und „ren“.
„Li“ bedeutet übersetzt Riten oder Sitten und stellt die äußere Form
für gesittetes, sozialbewußtes, verantwortliches Handeln dar. Die
Aufgabe von „Li“ besteht darin, die moralische Ordnung der
Gesellschaft
aufrechtzuerhalten
und
so
das
harmonische
Zusammenleben zu ermöglichen.
„Ren“ auf der anderen Seite bedeutet Menschenliebe, Güte,
Wohlwollen und verkörpert die innere Haltung. Sie ist der innere
Geist der Sittlichkeit. Konfuzius geht davon aus, dass „ren“ ein
angeborenes Empfinden für Moral und Ehrfurcht ist und die
gegenseitige Liebe betont. „Ein Mensch ohne Menschenliebe, was
helfen ihm die Sitten“ (Lun-yu „Gespräche mit Konfuzius“; Wilhelm
1950).
1.3 Harmoniestreben
Die Aufgabe der chinesischen Kommunikation besteht darin, die
Harmonie zu erhalten, hierarchische Positionen zu stützen und die
Beziehungen zwischen den Individuen aufrecht zu erhalten und nicht
in erster Linie darin, individuelle Bedürfnisse zu befriedigen oder
persönliche Ziele zu erreichen. Die Informationsvermittlung ist eher
sekundär. Jede Kommunikationshandlung hat die Aufrechterhaltung
der sozialen Harmonie zum Ziel. Es ist also eher eine harmonische
Gesprächsatmosphäre wichtig, als die Aufarbeitung irgendwelcher
Sachinhalte.
Unter diesen Punkt fällt auch die Vermeidung konfrontierender
Äußerungen.
„Wenn du streitest, suche nicht recht zu behalten. Wenn du teilst,
such nicht viel zu bekommen. Dinge, die zweifelhaft sind, behaupte
nicht; rede geradezu, ohne deine Meinung zu betonen“ (Wilhelm
1997,310)
7
Argumentative und konfrontierende Aussagen sollen also auf jeden
Fall vermieden werden. Hier ist ein großer Unterschied zur
westlichen Kommunikationsvorstellung erkennbar. Im Westen wird
großer Wert auf argumentative Überzeugungstaktiken gelegt, was
den Chinesen hingegen vollkommen fremd ist. Ein Beweis hierfür
lässt sich in folgenden Äußerungen ablesen:
„Wer ohne Angaben von Gründen in der Diskussion Behauptungen
aufstellt, der liebt Streitigkeiten“ (Xun-zi)
„Ein Disput ist der Beweis dafür, dass keine Klarheit herrscht“
(Zhuang-zi)
„Wer gut ist, disputiert nicht. Wer disputiert, ist nicht gut“ (Lao-zi)
In der chinesischen Gesellschaft gilt ein aggressiver Gesprächsstil
als Zeichen für schlechte Manieren. Wichtiger ist es, seinem
Gegenüber Respekt zu zollen und das Wohl der Gemeinschaft im
Sinn zu haben. Ein weiterer Ausdruck ist „Jiang-li“ – “Vernunft
reden”. Das oberste Ziel in einer Konversation ist Vernünftigkeit, d.h.
man
sollte
Extreme
vermeiden
und
sich
in
Behutsamkeit,
Selbstzucht und Geduld üben. Chinesen sind sogar bereit Nachteile
in Kauf zu nehmen, um diese Moralvorstellungen erfüllen zu können.
Neben der Vermeidung konfrontierender Äußerungen gilt in der
chinesischen Gesellschaft das Prinzip der „verbalen Zurückhaltung“.
„Alles Unheil kommt davon, dass man den Mund zu viel auftut.“
(Sprichwort)
„Ist eine Sache geschehen, dann rede nicht darüber; es ist schwer,
verschüttetes Wasser zu sammeln.“
„Wenn ein Wort einmal über die Lippen gekommen ist, so können es
die schnellsten Pferde nicht mehr einholen“
„Im Umgang mit den Mitmenschen ist das viele Reden unbedingt zu
vermeiden. Viel Reden führt unvermeintlich zu vielen Fehlern.“
Anhand dieser Zitate lässt sich schlussfolgern, dass Chinesen davon
ausgehen, dass der Mund die Wurzel allen Übels ist. Sie glauben,
dass die meisten Konflikte erst dann entstehen, wenn Menschen
sich in Diskussionen involvieren lassen, widersprechen oder
zurückfragen.
8
1.4 Hierarchische Struktur
In der chinesischen Sozialstruktur gibt es vertikale Unterschiede
zwischen den Sprechern. Die Sprecherrollen sind durch Status
verteilt, das bedeutet, dass nicht jeder berechtigt ist zu sprechen,
denn sprechen darf immer der hierarchisch Höhergestellte. An die
Rollenverteilung
sind
bestimmte
Bedingungen
geknüpft,
z.B.
Seniorität, Status, Rolle in einem bestimmten Kontext, Spezialwissen
etc. Bevor ein Gespräch stattfinden kann, muss erst die Erfragung
der Position des Gegenübers stattfinden.
1.5 Ausrichtung auf soziale Beziehungen
Wie wir bereits festgestellt haben, hat die verbale Kommunikation die
Aufgabe, Beziehungen zu festigen. Die dabei stattfindende ständige
Ausrichtung auf die Anderen führt zu einem Kommunikationsstil, der
im Westen oft als indirekt oder schwer durchschaubar gilt. Ein sehr
wichtiger Begriff, der im direkten Zusammenhang mit dieser
Thematik steht, ist der Begriff „Face“, was so viel heißt wie
„Gesichtswahrung“. Bei der Kommunikation geht es darum, das
Gesicht der anderen, vor allem der Höhergestellten im sozialen
Netzwerk
zu
Gesichtsbegriffe:
schützen.
„mian-zi“
Die
Chinesen
und
„lian“.
unterscheiden
Mian-zi
steht
zwei
für
„gesellschaftliches Prestige und Status“. Lian bedeutet „moralische
Integrität“. Der Akt des Gesichtsverlusts ruft Scham und Verlegenheit
bei der betroffenen Person hervor. Diese Gefühle sind dann mit dem
„moralischen
Gesicht“
(Liam)
verbunden.
Typische
Schamsituationen sind z.B. die Nichterfüllung von Erwartungen,
Verstöße gegen Werte und Normen und Verlust der Würde und
Selbstachtung. Die Angst vor einem Gesichtsverlust führt dazu, dass
die Chinesen auf die richtigen Worte und das rechte Tun achten.
„Der Vorsichtige wird nichts Falsches tun.“ (Sprichwort)
9
Der Grundsatz, der dabei verfolgt wird, ist eher „Gesicht zu geben“
als zu „nehmen“. Ein bedeutender Unterschied zum westlichen
„Gesichtskonzept“ ist, dass ein Gesichtsverlust in China nicht nur die
einzelne Person betrifft, sondern das ganze Kollektiv, z.B. die
Familie, die Arbeitseinheit, die Volksgruppe usw. Im Westen jedoch
betrifft es zunächst erstmal nur die einzelne Person.
Ein
weiterer
wichtiger
Begriff
in
diesem
Kapitel
ist
die
Hörerzentrierung. Die westliche Kultur hat ein senderzentriertes
Kommunikationsverhalten, die asiatische Kultur hingegen hat ein
Hörer - bzw. Empfängerzentriertes Verhalten. „Ein guter Redner ist
nicht so viel wert wie ein guter Zuhörer.“ (Sprichwort)
Gut zuhören können und wenig reden sind in der chinesischen Kultur
Zeichen guter Manieren. Da ältere Leute mit viel Respekt behandelt
werden, haben Senioren die Freiheit zu sprechen. In traditionellen
Familien ist das Sprechen in erster Linie den Eltern vorbehalten, in
der Schule hören die Schüler den Lehrern zu und ein guter Arbeiter
führt in seinem Beruf das aus, was ihm gesagt wird. Die Zentrierung
auf den Hörer entspricht der konfrontationsvermeidenden Lebensart
der Chinesen.
Der vorletzte, für dieses Kapitel notwendige Begriff, ist der Begriff
des Kollektivismus. Im bäuerlichen China gilt die Familie als das
soziale System. Sie hat Vorbildcharakter und ist der Prototyp für alle
sozialen Organisationen. Das verdeutlicht ein Zitat aus der Lehre
des Konfuzius: „Wenn das Individuum in Ordnung ist, so ist die
Familie in Ordnung. Wenn die Familie in Ordnung ist, dann ist der
Staat in Ordnung. Und wenn der Staat in Ordnung ist, dann ist alles
unter dem Himmel in Ordnung.“
Hofstede (1980) unterscheidet individualistische und kollektivistische
Kulturen. Der Kollektivismus bezieht sich auf die Erfüllung von Zielen
der Gruppe, individuelle Ziele werden hinten angestellt. Nach
Hofstede ist China kollektivistisch ausgerichtet. Menschen sind
eingebunden in ein Beziehungsnetz und haben genau definierte
Verpflichtungen gegenüber Menschen in der Gruppe (Wir-Identität).
10
Außerdem vertritt Hofstede die Meinung, dass die Kommunikation
der Chinesen hoch-kontextbezogen ist, d.h. sie ist indirekt und
implizit. Viele Informationen sind im situativen Kontext enthalten und
man versteht gewisse Dinge nur aus dem Zusammenhang heraus.
Vieles muss also erst gar nicht ausgesprochen werden, daher wird
mit sprachlichen Äußerungen zurückhaltend umgegangen. „Ein Wort
– ein intelligenter Mensch versteht.“
Vom Zuhörer wird verlangt, dass er das unausgesprochene selber
interpretiert. Chinesen lernen Andeutungen und verschlüsselte
Botschaften zu entschlüsseln. Was jemand sagt, ist also nicht so
wichtig, wichtiger ist, was er damit meint. „Worte sind da, um
Gedanken zu vermitteln; wir wollen die Gedanken behalten und die
Worte vergessen.“ (Zhuang-zi)
Die Deutschen kommunizieren im Vergleich zu den Chinesen,
gering-kontextbezogen.
Wir
bevorzugen
einen
direkten,
sachbezogenen Kommunikationsstil, der viele Anhäufungen von
Informationen und Fakten beinhaltet. Wir geben z.B. immer wieder
Erklärungen bzw. Rechtfertigungen für unser Verhalten ab oder
kommentieren etwas in der Annahme, dass es für andere wichtig sei.
„Jetzt ist grün,“ obwohl alle anderen auch sehen können, dass es
grün ist.
Im Restaurant murmelt man entschuldigend, dass man zur Toilette
muss. In der gleichen Situation entfernt sich ein Asiat möglichst
unauffällig, ohne Angabe von Gründen, da es sich aus dem Kontext
ergibt.
Der letzte wichtige Punkt ist „Guan-xi“, was so viel heißt wie
Beziehungspflege oder gute Beziehungen. Wie wir auch im
vorherigen Abschnitt gelernt haben, war ein soziales Beziehungsnetz
in China immer von Vorteil, um seine Interessen und die seiner
Familie zu schützen. Guan-xi ist ein kompliziertes, kulturelles
Interaktionssystem oder um es mit den Worten von Lin-Huber
wiederzugeben „eine einzigartig entwickelte Kunst interpersonaler
Beziehungen“.
11
Dieses
Gebilde
Sozialverhalten
ist
zu
familienorientierten,
das
Schlüsselkonzept,
verstehen
chinesischen
und
es
um
chinesisches
gründet
Sozialstruktur.
Es
auf
der
beinhaltet
individuelle Verpflichtungen gegenüber den Familienmitgliedern.
„Wenn die Familie zusammenhält, gelingt alles.“ (chinesisches
Sprichwort)
Im
traditionellen
China
waren
soziale
Beziehungen
nur
im
Familienclan und im intimen Freundeskreis sicher. Man unterschied
damals auch ganz bewusst in Verwandte, Freunde und Fremde, um
den Grad an Vertrauen und Hilfe abschätzen zu können. Dieser
strikte Code schwächt sich natürlich heute ab, dennoch bleiben die
Grundzüge der Wertevorstellungen und Verpflichtungen bestehen.
Guan-xi
kommt
immer
dann
zur
Geltung,
wenn
man
auf
zwischenmenschliche Beziehungen zurückgreifen kann, z.B. durch
Verwandtschaft, Studium, Arbeitsplatz usw.
Guang-xi, (Innenbeziehungen) sind auch heute noch eine übliche
Form des sozialen Umgangs. Die netzartigen sozialen Beziehungen
stehen bei vielen Chinesen auch für soziale Sicherheit, denn man
hilft sich gegenseitig. Es kann also passieren, dass man Hilfe erfährt
von einem Bekannten, der einen Freund hat, dessen Bruder
jemanden kennt, der über die notwendigen Beziehungen verfügt.
03 Interkulturelle Kommunikation
3.1 Begegnungen zwischen Ost und West
Schon im 16 Jahrhundert gab es kulturelle Austausche zwischen
China und dem Westen durch den Jesuitenpater Matteo Ricci.
Bereits im 13 Jahrhundert gab es Handelskontakte, bei denen in
erster Linie Güter wie Porzellan, Seide, Tee und Gewürze getauscht
wurden.
12
Es gab allerdings einen Zwischenfall im Jahr 1517, der das
Verhältnis zwischen China und dem Ausland entscheidend prägte.
Eine Schiffsflotte aus Portugal erlangt von den Chinesen die
Erlaubnis, nach Kanton hinaufzufahren. Ihrer heimischen Sitte
entsprechend, feuerten die Portugiesen Salutschüsse ab, was von
den Chinesen missverstanden wurde, da es für sie ein fremdes
Verhalten war. Außerdem sorgte es für Aufregung, da das Mitführen
von Waffen in Kanton strengstens verboten war.
Mit diesem diplomatischen Vorfall begann eine lange Kette von
Missverständnissen,
gegenseitigem
Misstrauen
und
sogar
Missachtung kultureller Eigenarten.
Auch diplomatische Beziehungen mit England und der darauf
folgende Opiumkrieg, der mit der Niederlage Chinas endete, halfen
nicht, das Verhältnis zu bessern.
Die Verbitterung über ausländische Invasoren stieg. Es entstand
eine Geheimgesellschaft, die sich „Fäuste für Gerechtigkeit und
Harmonie“ nannte und unter dem Begriff der „Boxerunruhen“ in die
Geschichte einging. Da der Kaiserhof außer Stande war, etwas
gegen die Ausländer zu tun, wollte man die Ausländer ins Meer
jagen. Die Rache der europäischen Großmächte war grausam und
so wurden die Chinesen bestärkt, dass alles was von außen in ihr
Land drang, schlecht und barbarisch war.
Die historischen Kontakte zwischen Ost und West waren also große,
gegenseitige Missverständnisse, weil beide Seiten die Wesenszüge
an den Tag legten, die die Kommunikation schwer bis unmöglich
machten.
3.2
Kulturelle Besonderheiten
Je unterschiedlicher die Sozialstruktur und die Geschichte zweier
Gesellschaften, desto eher entstehen Kommunikationsstörungen.
Es wird also deutlich, dass ein Gelingen einer interkulturellen
Verständigung
zwischen
Menschen
aus
China
und
Europa
kulturelles Hintergrundwissen erfordert.
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Europäer und Chinesen verfügen über ein unterschiedliches
Orientierungssystem zur Verständigung. Aus den Unterschieden
resultieren Vereinigungen oder Abgrenzungen in „Wir“ und „die
Anderen“.
Natürlich sind regionale Unterschiede zu berücksichtigen. So
unterscheidet sich das Leben in einer Großstadt wie Peking,
Hongkong oder Shanghai grundlegend von dem Leben im
chinesischen Hinterland.
Momentan gibt es drei unterschiedliche chinesische Gesellschaften
mit gemeinsamem kulturellem Hintergrund:
1. Festlandchina mit Hong Kong
2. Taiwan
3. Kolonien chinesischer Emigranten in Asien, Amerika und
Australien
Die räumliche Trennung dieser Gruppen führte natürlich zu
unterschiedlichen Entwicklungen. Untersuchungen ergaben, dass
die Taiwan- und Hong Kong Chinesen moderner, westlicher aber
auch traditioneller als die Festlandchinesen sind. Das „Chinatum“ der
Emigranten bleibt auf dem Stand der Zeit, zu dem sie China
verlassen haben. Auffällig ist jedoch, dass trotz der Unterschiede ein
enormes kulturelles Identitätsgefühl besteht. „Sie fühlen sich als
Vögel aus dem gleichen Schwarm“. (Yang, 1986)
3.3
Unterschiede in der Kommunikation
Bei der Beleuchtung solcher Probleme ist wichtig zu wissen, dass
Kulturen
sich
nicht
auf
Grund
verschiedener
Sprachen
unterscheiden, sondern auf Grund verschiedener Konventionen.
Daraus resultiert, dass das Gesprochene oftmals nur im Kontext des
situativen Zusammenhangs verstanden werden kann. Es gibt
allerdings laut Lin-Huber, einige kulturelle Regeln, die bei der
Verständigung helfen. „Wer sagt in einer Kommunikation wie, was,
wann und wo?“
14
„Wer“ bezieht sich auf die Sprecherrechte und auf die hierarchische
Position,
„wie“
auf
die
sprachliche
Form,
„was“
auf
die
Höflichkeitsprinzipien und „Gesprächsfloskeln“ und „wann“ auf die
zeitliche Organisation eines Gesprächs und ob man sprechen oder
schweigen soll. Es sind diese Normen, die zum „Gelingen“ der
Kommunikation
beitragen
und
weniger
die
grammatische
Korrektheit.
Im Umgang mit Chinesen oder anderen Völkern einer uns fremden
Kultur, ist immer wichtig zu beachten, dass unser Verhalten nicht
„natürlich“ ist, sondern „kultürlich“.
04 Unterschiedliche Kommunikationsstile
4.1 Innen- und Außenkommunikation
Chinesen unterteilen in „Innenmenschen“ (shou-ren; wörtlich: gar
gekochte Menschen) und in „Außenmenschen“ (sheng-ren; wörtlich:
rohe Menschen).
Innenmenschen sind Menschen mit z.B. gleichem Geburtsort,
gleicher Region, gleichem Familiennamen, Studium, Arbeitsplatz etc.
Chinesen
haben
ein
großes
Zusammengehörigkeitsgefühl,
bevorzugen Langzeitfreundschaften und pflegen diese ein Leben
lang
mit
großem
Verantwortungsgefühl.
Chinesen
vertrauen
demnach nur den Innenmenschen, den Außenmenschen ist man
vorsichtig gegenüber, denn sie stellen die fremden Menschen dar,
die unbekannte Masse. Einander unbekannte Chinesen sind sich
gleichgültig. Da keine Beziehung besteht, besteht auch keine
Notwendigkeit sich zu erniedrigen, bzw. den anderen zu erhöhen.
Eine Ausnahme bilden die Ausländer, ihnen wird geholfen, da sie
Gäste sind.
„Dieselbe Schalterbeamtin, die vielleicht lächelnd und geduldig
einem westlichen Ausländer erklärt, wo die Bushaltestelle ist,
15
antwortet einem Chinesen auf dieselbe Frage unter Umständen nur
mit einem Achselzucken.“ ( Chen 1999,104)
4.2 Innenkommunikation
Die chinesische Höflichkeit ist reserviert für Menschen, mit denen
man etwas zu tun hat, aber nie für völlig fremde Personen.
Konversationen mit Fremden sind selten, denn es ist schwierig für
Chinesen mit jemandem zu sprechen, ohne über seine hierarchische
Position informiert zu sein.
4.3 Außenkommunikation
Der Kommunikationsstil der Außenkommunikation beschränkt sich
auf anonyme, zeitlich beschränkte Kontakte und dient der Erreichung
eines persönlichen Ziels. Die Außenkommunikation findet meist im
Dienstleistungssektor statt, also zwischen Kunde und Verkäufer,
zwischen Klient und Bankangestelltem etc.
Da die Kommunikation auf die Transaktion beschränkt ist, ist
kommunikative Ökonomie gefragt. Es findet also nicht, wie sonst in
der Innenkommunikation üblich, eine langsame Etablierung des
Themas oder Begrüßungsworte statt. Das chinesische Verhalten in
der Außenkommunikation wirkt auf Europäer oft distanziert und kühl.
„Wenn man jemanden kennt, wenn man zu Gast ist, oder unter
Kollegen, dann ist man extrem höflich, indirekt und bescheiden.
Doch wenn man in der Öffentlichkeit ist, wo man die Leute nicht
kennt, ist man oft rücksichtslos unhöflich.“ (chinesischer Informant;
Günther 1993, 83)
Das unbeherrschte Sozialverhalten der Chinesen passt nicht in das
europäische Bild des „höflichen Chinesen“.
16
05 Kulturelle Missverständnisse
5.1 Körpersprache
Unterschiedliche
Entschlüsselungsmechanismen
führen
zu
Missverständnissen, die sogar einen Abbruch der Kommunikation
zur Folge haben können. Die nonverbalen Elemente, wie Gestik,
Mimik,
Körperhaltung
usw.
sind
von
der
kulturspezifischen
Sozialisation abhängig und nicht von der Sprache.
Wie unterschiedlich Menschen aus China und dem Westen
nonverbale Signale aufnehmen, zeigen folgende Aussagen aus
„Chinesen sehen Europäer“. Ein Merkmal, welches in den zwei
Kulturen unterschiedlich aufgenommen wird, ist die Körpersprache.
„Wie aufdringlich die Ausländer mit dem Körper sprechen. Gesicht
und Gliedmaßen des Europäers gebärden sich ständig im Dienst
eines heftigen Ausdrucksverlangens.“
Die westlichen Grußformen z.B. ein fester Handschlag, ein offener
Blick, sind in China ein Zeichen schlechter Manieren und sind für
Chinesen äußerst unangenehm. Im Gegensatz zum Westen grüßt
man sich in China mit leichter Verbeugung, während die rechte unter
der linken Hand verborgen bleibt.
Auch die Art Emotionen zu zeigen unterscheidet sich in den beiden
Kulturkreisen grundlegend.
„Europäer tragen ihre Empfindungen zur Schau, ohne dass für diese
Verausgabungen ein Nutzen erkennbar wäre.“
„Rücksichtslos Gefühle zeigen, nicht warten können, aufdringlich mit
dem Körper sprechen, den Blick in Gesichter bohren, zielstrebig die
Umwelt ausblenden, das ist Kinderart.“
Die westliche Art Emotionen zu zeigen wirkt also auf Chinesen
oftmals naiv und aufdringlich. Aus westlicher Sicht ist es extrem
schwierig, aus dem Gesicht eines Chinesen „zu lesen“, da sie
unserer Meinung nach keine Gefühle zeigen.
Ein weiteres Merkmal ist die Distanz, denn Chinesen halten weitaus
mehr Distanz zu anderen Personen als Europäer und vermeiden
17
Körperkontakte
bei
der
Kommunikation,
wie
z.B.
loyales
Schulterklopfen.
5.2 Das chinesische Lachen
Wenn Chinesen in Situationen lachen, in denen es aus unserer Sicht
nichts zu lachen gibt, kann das auch zu Missverständnissen führen.
In China lacht man natürlich, wenn man fröhlich ist, aber auch wenn
man peinlich berührt oder unsicher ist. Das wirkt auf Europäer oft
verunsichernd.
„Ich war manchmal sauer und ärgerte mich darüber, wenn die
Chinesen in einer Situation, in der es meiner Meinung nach nichts zu
lachen gibt, lächelten, denn ich wusste nicht, worüber sie lächelten.
Ich dachte, dass sie über mich lachten. Oder wenn ich etwas
ungeschickt war und sie lächelten, dann wirkte ihr Lächeln wie
Schadenfreude.“ (eine deutsche Lektorin; Jin 1994)
5.3 Der andere Humor
Die Auffassungen über Humor sind sehr verschieden. Westliche
Ironie ist den Chinesen fremd, da man das Gegenteil von dem sagt,
was man meint. Da Chinesen aus Höflichkeit etwas anderes sagen
als sie meinen, verstehen sie nicht, warum das lustig sein soll.
Der Chinese Lin Yutang hat bei einem Versuch, den Volkscharakter
in einer Formel darzustellen, den Deutschen sehr wenig Humor
zugestanden.
„Ich verstehe die deutschen Witze nicht. Wird ein Witz im Fernsehen
oder am Arbeitsplatz erzählt und alle Deutschen lachen, fällt es mir
schwer. Ich finde es gar nicht so witzig. Ich finde es sogar komisch,
dass die Deutschen über eine dem Sinn nach überhaupt nicht
witzige Sache so lachen können. Umgekehrt verstehen sie die
chinesischen Witze auch nicht und finden es vielleicht ebenso
komisch, wenn Chinesen über einen chinesischen Witz lachen.“ (Jin,
1994)
18
5.4 Kulturelle Interferenzen
Kulturelle Interferenzen sind eine unbewusste Übertragung eigener
kultureller Konventionen auf einen fremdkulturellen Kontext.
Dazu gehören auch die unterschiedlichen Auffassungen von
Höflichkeit. Ein Gast darf seinen Gastgeber in China nicht warten
lassen und so ist der Eingeladene zum Teil etwas vor der
verabredeten Zeit da.
„Um dem deutschen Professor seine Hochachtung zu bekräftigen,
begrüßt ihn der chinesische Student bei seiner Ankunft mit den
Worten: „Herr Professor, ich bin schon seit fünf Minuten hier.“ (Jin,
1994)
Auch die Auffassungen über Komplimente gehen in den beiden
Kulturen weit auseinander.
„Auf die Bemerkung eines chinesischen Freundes, ich sei so bleich,
verteidigte ich mich heftig. Ich versuchte ihm mit allen Mitteln zu
überzeugen, dass ich mich im Moment bestens fühlen würde. Erst
später begriff ich, dass das ein Kompliment sein sollte. Eine helle
Hautfarbe gilt bei den Chinesen als vornehm und deshalb als
Schönheitsideal.“
5.5 Kulturelle Überanpassung
Kulturelle Überanpassung bedeutet eine bewusste Anpassung an
Konventionen der Fremdkultur. So gelten z. B. „Direktheit“ und
Offenheit als Merkmale der Europäer. Chinesen lernen bei
Kontakten mit Europäern selbstbewusst aufzutreten und nicht
bescheiden.
Das
bedeutet,
dass
Chinesen
versuchen,
sich
anzupassen auf eine Art und Weise wie Sie es sich vorstellen. Eine
Aneignung fremder Verhaltensweisen ist das Händeschütteln.
Chinesen verabscheuen eigentlich das Händeschütteln, aber in
interkulturellen Kontakten sind sie darauf bedacht, dieser Sitte
nachzukommen. Die Empfehlung des Präsidenten des chinesischdeutschen
Kultur-
und
Wirtschaftsverbandes
für
deutsche
19
Unternehmen lautet allerdings, dass man sich keine fremden
Verhaltensweisen antrainieren sollte.
Zum Schluss folgt noch ein kleiner, persönlicher Beitrag. Eine meiner
guten Freundinnen, Lei lei, ist in China aufgewachsen und dann im
Alter von 12 Jahren mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten von
Amerika ausgewandert. Ich habe sie gefragt, ob sie mir spontan die
wichtigsten oder auffälligsten Unterschiede der Kommunikation
zwischen Chinesen und Europäer benennen könnte.
Ihrer Meinung nach benutzen Europäer viele Handgesten beim
Reden, die in der chinesischen Kultur als nervig oder lästig
angesehen werden. Sie berichtet, dass ihre Mutter sie oftmals
auffordert, beim Reden ihre Hand nicht so viel zu bewegen.
Weiterhin schrieb sie, dass Chinesen beim Reden sehr indirekt oder
sonderbar sind. Als Beispiel führte sie an, dass ein chinesischer
Taxifahrer auf die Frage, wie weit das Hotel entfernt sei, antworten
würde: „Mhm, nicht weit.“ Ein westlicher Taxifahrer hingegen würde
antworten: „In etwa 20 Minuten oder 10 Dollar.“
Ein weiterer Unterschied ist, dass Chinesen sehr unterwürfig in ihrer
Sprechweise sind. Im Gegensatz dazu sind Europäer lauter.
06 Diskussionsbeiträge
Im Zentrum der Diskussion nach dem Vortrag standen zwei selbst
gewählte
Fragestellungen.
Diskussionsbeiträge
und
Ich
werde
Ergebnisse
der
hier
kurz
die
Seminarteilnehmer
versuchen wiederzugeben.
„Was bedeutet interkulturelle Kompetenz?“
Interkulturelle
Kompetenz
bedeutet
nach
Ansicht
der
Seminarteilnehmer, die Bereitschaft zu haben, offen aufeinander
zuzugehen, unvoreingenommen zu sein, keine Wertung gegenüber
der anderen Kultur zu zeigen und sich von der fremden Kultur nicht
abgestoßen zu fühlen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, die eigene
Kultur nicht als höherwertige Kultur anzusehen. Man sollte sich
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möglichst vor dem interkulturellen Kontakt über die „kulturellen
Besonderheiten“ eines Landes informieren, so dass man die andere
Kultur zumindest ansatzweise verstehen kann. Natürlich kann man
sich nicht vor allen Missverständnissen schützen, denn verschiedene
Merkmale, wie z. B. Humor kann man nicht aus einem Buch lernen.
Wenn
man
sich
aber
vorher
schon
mit
dem
Thema
auseinandergesetzt hat, hat man eine höhere Sensibilität und
Wahrnehmung für die kulturellen Besonderheiten und ist auch eher
in der Lage, richtig mit ihnen umzugehen und auf sie zu reagieren.
Die zweite Frage lautete: „Wie ist eine erfolgreiche Kommunikation
(ohne Missverständnisse) möglich? Ist sie möglich?“
Natürlich muss man zunächst erwähnen, dass Kommunikation
generell nie ohne Missverständnisse verlaufen kann. Menschliche
Kommunikation ist fallibel, d.h. sie kann scheitern und dadurch, dass
Menschen unterschiedliche Erfahrungswelten und Realitäten haben,
versteht das Gegenüber das Gesagte nie genauso, wie der
Sprecher.
In unserem konkreten Fall stimmten die Studenten zu, dass es im
interkulturellen Kontext immer Missverständnisse und Vorurteile
geben wird. Sie gingen sogar noch einen Schritt weiter und sagten,
dass die Missverständnisse eine durchaus positive Bewertung finden
sollten, da sie die eigene Erfahrungswelt bereichern. Weiterhin
wurde festgestellt, dass es für Menschen sehr schwer ist,
vorurteilsfrei zu bleiben, da man immer mit einer eigenen Wirklichkeit
und
eigenen
Erfahrungen
in
einen
fremdkulturellen
Kontext
hineingeht. Wenn eine Kommunikation im interkulturellen Kontext
einigermaßen „erfolgreich“ verlaufen soll, ist die Bereitschaft
aufeinander zuzugehen sicherlich unerlässlich.
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07 Quellenangabe
Lin-Huber, Margrith A. 2001. Chinesen verstehen lernen; Wir – die
Andern: erfolgreich kommunizieren. Verlag Hans Huber
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