Chinesische Migration in den Indischen Ozean

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Chinesische Migration in den
Indischen Ozean
Susanne Weigelin-Schwiedrzik
und Kim Rottenberger-Kwok
Universität Wien
MIGRATION
Migration als Teil der Ausbreitung des
chinesischen Reiches
Migration über die natürliche Grenze des
Reiches hinaus
Problem: Reich – himmlisches Mandat
Anfänge der Migration in den
Indischen Ozean
• Song-Zeit eröffnet Möglichkeit der
Schifffahrt über den Indischen Ozean:
Migration nach Südostasien
• Mit einsetzender Migration stellt sich die
Frage nach dem Verhältnis der Migranten
zum chinesischen Kaiserhof bzw.
umgekehrt.
• Kontrolle – Verbot – Nichtachtung Fürsorge
Migranten als Abtrünnige
•
•
•
•
Migrant= Flüchtling (taomin 逃民)
Migrant=Krimineller (zuihuan 罪逭)
Migrant= Verräter (hanjian 汉奸)
„Sie sind gemein und undankbar
gegenüber China, ihren Eltern und ihrer
Heimat, denn sie kommen nicht zu den
Neujahrsfeierlichkeiten nach China.
Solche Leute sollten als von geringem
Wert betrachtet werden“.
Migranten im späten Kaiserreich
• Verbot des Privathandels mit Südostasien
• Dekret von 1712: „Diejenigen, die sich
permanent im Ausland aufgehalten haben,
erwartet die Enthauptung. Sie werden von
den Gouverneuren nach China
zurückgeholt, damit sie ihrer Strafe
zugeführt werden können“.
• Amnestie für freiwillige Rückkehrer
Nichtachtung der Migranten durch
den chinesischen Kaiserhof
• Trotz immer wieder aufflackender Gewalt
gegen Chinesen in Südostasien kein
Schutz durch chinesischen Kasierhof:
• „Diese Leute sind Abtrünnige, die das
himmlische Reich und die Gräber ihrer
Ahnen verlassen haben, um im Ausland
ihren Vorteil zu suchen. Der Hof hat kein
Interesse an ihnen“.
Kuli-Handel
• Der Mitte des 19.Jahrhunderts einsetzende KuliHandel zwingt den chinesischen Hof dazu, seine
Politik zu verändern.
• Amoy wird erstes Zentrum des Kuli-Handels
nach Australien, Kuba und Peru.
• Kuli-Agenturen führen Zwangsrekrutierungen
durch.
• Chinesische Regierung schreitet ein: 1860
erlaubt der Hof die Migration ins Ausland.
China: Vom Reich zur Nation
• Die Migration von immer mehr Menschen
zwingt den Hof, die Vorstellung von China
als „alles unter dem Himmel“ aufzugeben
und ein System der diplomatischen
Beziehungen mit anderen Staaten
aufzunehmen.
• Erste Konsulate in Singapore (1877),
Rangoon (1894), Südafrika (1905),
Australien, Neuseeland (1907).
Migration und Kuli-Handel mit
Südafrika
• Freie Chinesen in Südafrika: Händler
• 63.296 Kulis werden zwischen 1904 und 1906
nach Südafrika verschifft.
• Arbeitskräftemangel in den Goldminen
Südafrikas erhöht die Arbeitskosten bei
sinkender Produktivität: Kulis als Lohndrücker
• Englische Regierung nimmt Verhandlungen mit
der chinesischen Seite auf: Angst vor
plötzlichem Ausreiseverbot für Kulis.
• Vertrag wird 1904 unterzeichnet.
Chinesen in der Emigration
Beispiel 1: Südafrika
• Das Bild der Chinesen in Südafrika ist durch die
1910 mehrheitlich nach China zurückgekehrten
Kulis stärker determiniert als durch die langfristig
in Südafrika verweilenden freien Chinesen.
• Deshalb geht die Zahl der in Südafrika lebenden
Chinesen bis zum Ende der Apartheid Politik
zurück.
• Chinesen versuchen sich den Weißen
anzunähern und halten Distanz zur schwarzafrikanischen Bevölkerung.
Fortsetzung: Südafrika
• Chinesen gehören zur Gruppe der Farbigen und
kämpfen um Sonderbehandlung in dieser
Gruppe.
• Chinesen nutzen Bildungschancen mehr und
erfolgreicher als alle anderen gesellschaftlichen
Gruppen.
• Englisch ist Umgangssprache.
• Bewußt apolitisches Verhalten: invisibility
• Neue Einwandererwelle wird von ansässigen
Chinesen abgelehnt.
Chinesen in Afrika:
Gesamtbevölkerung (1997), Chinesen,
Prozentsatz
•
Südafrika
42,50
0,03
0,1
Mauritius
1,10
0,03
2,7
Madagaskar
14,10
0,02
0,2
übriges Afrika
160,40
0,03
0,02
-
0,12
-
Gesamtzahl in
Afrika
Chinesen in Südostasien (1997)
Indonesien
Thailand
204,30
60,10
7,31
6,35
3,6
10,6
Malaysia
21,00
5,44
25,9
Singapur
3,50
2,31
66,0
Philippinen
73,40
1,03
1,4
Vietnam
75,10
1,00
1,3
Myanmar
46,80
1,00
2,1
Kambodscha
11,20
0,30
2,7
Laos
5,10
0,16
3,1
-
24,90
-
Südostasien
Chinesen in der Emigration
Beispiel 2: Südostasien
• Adaption, Assimilation, Akkulturation
• Vermischung von einheimischen und fremden
Elemente: hybride Identität
• Beispiel: Mestizos (Philippinen), Peranakans
(Java), Babas (Malaysia) (kreolisierte
Gesellschaft)
• Nach Erlangung der Unabhängigkeit verstärkt
sich der Assimiliationsdruck auf Chinesen:
Aufgabe der Sprache, einer spezifisch
chinesischen Schulausbildung,
Namensänderung
Fortsetzung Chinesen in
Südostasien
• Sehr erfolgreiche ökonomische Aktivitäten
• Intensive Netzwerkbildung zwischen
Chinesen in Südostasien und China bzw.
unter den Chinesen in Südostasien
• Trotz angestrebter Assimilation und
erfolgreicher Beteiligung am
wirtschaftlichen Aufbau vor allem in
Indonesien starke Distanz zwischen
Chinesen und übriger Bevölkerung.
Fazit
• Die Geschichte der chinesischen Migration in
das Gebiet des Indischen Ozeans widerlegt die
weit verbreitete Annahme von der Tendenz zur
Selbstisolation der Chinesen.
• Die Geschichte der chinesischen Migration in
das Gebiet des Indischen Ozeans widerlegt die
Annahme, Chinesen wären nicht zur
Assimilation an die Bedingungen des
Gastlandes bereit.
Fortsetzung: Fazit
• Die Haltung der jeweiligen Regierung in China
zeigt am wenigstens Konstanz. Sie schwankt
zwischen Ablehnung, Nichtbeachtung und
Fürsorge.
• Dabei beeinflußt die Situation der Migranten
nachhaltig die Position und Selbstpositionierung
Chinas in der Welt
• Trotz Aufgabe des Tributsystems und des auf
dem ius sanguinis beruhenden
Staatsbürgerschaftsrechts hat die chinesische
Regierung nicht zum Abbau der Spannungen
zwischen Chinesen und der übrigen
Bevölkerung Südostasiens beitragen können.
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