Das Ribosom

Werbung
Das Ribosom
Ribosomen vermitteln während der Proteinsynthese die spezifische Bindung der tRNA-Anticodons mit den Codons der
mRNA. Diese eiförmigen Zellorganellen besitzen einen
Durchmesser von etwa 25 nm und sind daher elektronenmikroskopisch gut zu erkennen. Ein Ribosom besteht aus
zwei Teilen, die man als große und kleine Untereinheit
bezeichnet (Abbildung 16.12a). Jede der Untereinheiten
besteht aus zahlreichen Proteinen und wird bei Eukaryoten im
Nucleolus zusammengebaut (siehe Kapitel 7). Die fertigen
Untereinheiten werden durch die Kernporen in das Cyto-plasma
ausgeschleust. Zum funktionellen Ribosom vereinigt sich die
große Untereinheit mit der kleinen erst dann, wenn letztere ein
mRNA-Molekül gebunden hat. Ein Ribosom besteht nicht nur
aus zahlreichen Proteinen, sondern auch aus einem weiteren
RNA-Typ, der als ribosomale RNA (rRNA) bezeichnet wird.
Diese RNA gliedert sich in drei Moleküle und macht ungefähr
60 Prozent der Masse eines Ribosoms aus. Weil die meisten
Zellen Tausende von Ribosomen enthalten, ist die rRNA der
häufigste RNA-Typ in der Zelle.
Obwohl sich die Ribosomen von Prokaryoten und Eukaryoten
in Struktur und Funktion sehr ähneln, sind die der Prokaryoten
etwas kleiner und unterscheiden sich von den eukaryotischen in
ihrer Zusammensetzung. Diese Unterschiede sind von großer
medizinischer Relevanz. Einige Hemmstoffe können die
prokaryotischen Ribosomen in ihrer Funktion hemmen, ohne
die
Proteinsynthese
der
eukaryotischen
Zelle
zu
beeinträchtigen. Diese Hemmstoffe, beispielsweise Tetrazyklin
und Streptomycin, werden als Antibiotika zur Bekämpfung
bakterieller Infektionen eingesetzt.
Die Struktur eines Ribosoms spiegelt seine Funktion
wider: Es bringt mRNA mit aminosäurebeladener tRNA
zusammen. Neben einer Bindungsstelle für die mRNA hat
jedes Ribosom zwei Bindungsstellen für tRNAs (Abbildung
16.12b). Die P-Stelle (Peptidyl-tRNA-Stelle) bindet die
tRNA mit der wachsenden Polypeptidkette. während die AStelle (Aminoacyl-tRNA-Stelle) diejenige tRNA aufnimmt,
welche die neu anzuknüpfende Aminosäure anliefert. Wie
eine Klammer hält das Ribosom die tRNA- und mRNAMoleküle eng beieinander und katalysiert die Anheftung
einer Aminosäure an die freie Carboxylgruppe der
wachsenden Polypeptidkette (16.12c)
Die Synthese eines Polypeptids
Wir können die Translation, die Synthese eines Polypep-tides,
in drei Abschnitte gliedern: Initiation, Elongation und
Termination einer Aminosäurekette. Alle drei Einzelschritte
benötigen Proteinfaktoren (meist Enzyme), welche die
mRNA, die tRNA und die Ribosomen beim Translationsvorgang
unterstützen. Jede Initiation und Elongation benötigen Energie,
die durch GTP (Guanosin-Triphosphat), einem dem ATP
verwandten Molekül, geliefert wird.
Initiation Bei der Initiation der Translation werden die
mRNA, eine tRNA mit der ersten Aminosäure des Polypeptids
und die beiden ribosomalen Untereinheiten zusammengebracht.
Die kleine ribosomale Untereinheit bindet an einer
spezifischen Basensequenz am 5'-Ende (stromaufwärts) einer
mRNA. Unmittelbar danach (stromabwärts, also in Richtung
des 3'-Endes; englisch: downstream) folgt das Initiationscodon,
AUG, an dem die Translation beginnt. Die Initiator-tRNA,
welche stets die Aminosäure Methionin trägt, bindet am
Initiationscodon.
Nach Vereinigung von mRNA, Initiator-tRNA und der
kleinen ribosomalen Untereinheit tritt die große ribosomale
Untereinheit hinzu, und ein funktionsfähiges Ribosom entsteht. Proteine, die man als „Initiationsfaktoren" bezeichnet,
bringen die einzelnen Komponenten zusammen. Die Zelle
benötigt Energie in Form eines GTP-Moleküls, um den Initiationskomplex zu bilden. Nach Beendigung des Initiationsvorganges befindet sich die Initiator-tRNA an der P-Stelle
des Ribosoms, die freie A-Stelle ist bereit, die nächste
tRNA aufzunehmen.
Elongation Bei der Elongation wird eine Aminosäure nach
der anderen an die Start-Aminosäure angehängt. Die Anheftung einer neuen Aminosäure, an der mehrere Proteine beteiligt sind, die sogenannten „Elongationsfaktoren", erfolgt in
drei Schritten (Abbildung 16.14).
(1) Codonerkennung. Das mRNA-Codon an der A-Stelle
des Ribosoms bildet Wasserstoffbrückenbindungen mit dem
Anticodon eines eintreffenden tRNA-Moleküls, das die passende Aminosäure trägt. Ein Elongationsfaktor schiebt die
tRNA zur A-Stelle. Dieser Schritt benötigt die Hydrolyse
einer Phosphatbindung des GTP.
(2) Bildung einer Peptidbindung. Eine Komponente der gro
ßen ribosomalen Untereinheit katalysiert die Bildung
einer Peptidbindung zwischen dem Polypeptid, das an der
P-Stelle hängt, und der gerade eingetroffenen
Aminosäure an der A-Stelle. Bei diesem Schritt trennt
sich das Polypeptid von der an die P-Stelle gebundenen
tRNA und hängt nun über die neue Aminosäure an der AStelle.
(3) Translokation. Die tRNA an der P-Stelle dissoziiert vom
Ribosom ab. Die tRNA an der A-Stelle, die nun das wach
sende Polypeptidkette trägt, wird an die P-Stelle verschoben.
Diese Reaktion wird von einem sehr komplexen Enzym,
der Peptidyltransferase, katalysiert. Bei diesem
Stellungswechsel der tRNA bleibt ihr Anticodon mit
dem mRNA-Codon durch Wasserstoffbrücken
verbunden, weshalb die mRNA und die tRNA sich als
Einheit weiterbewegen. Diese Translokation wiederum
bringt das nächste zu transla-tierende Codon an die A-Stelle.
Die Translokation erfordert Energie, die aus der Hydrolyse
eines GTP-Moleküls stammt. Die mRNA bewegt sich also
stets mit dem 5'-Ende voran durch das Ribosom, ähnlich
einem Bohrer ohne Rückwärtsgang; umgekehrt könnte man
sagen, das Ribosom wandert wie ein Schienenfahrzeug an
der mRNA entlang, und zwar von 5' nach 3'. So oder so
betrachtet, Ribosom und mRNA verschieben sich
gegeneinander in festgelegter Richtung, Codon für Codon.
Der Elongationszyklus dauert für jede Aminosäure ungefähr
60 Millisekunden und wird so lange wiederholt, bis die letzte
Aminosäure an die Polypeptidkette angeknüpft ist.
Termination Das letzte Stadium der Translation ist die
Termination (Abbildung 16.15). Die Elongation setzt sich
solange fort, bis ein Terminationscodon zur A-Stelle des
Ribosoms kommt. Diese besonderen Basentripletts - UAA,
UAG und UGA (siehe Abbildung 16.5) - codieren keine
Aminosäure, sondern wirken als Stopsignale für die
Translation. Ein als Freisetzungsfaktor oder ReleaseFaktor (vom englischen release für „freisetzen")
bezeichnetes Protein besetzt direkt das Terminationscodon
an der A-Stelle. Der Release-Faktor spaltet das fertige
Polypeptid unter Addition eines Wassermoleküls von der
letzten tRNA ab. Das Ribosom setzt die Polypeptidkette und
die mRNA frei und dissoziiert anschließend wieder in seine
große und kleine Untereinheit.
Polysomen
Ein einzelnes Ribosom könnte ein durchschnittlich großes
Polypeptid in weniger als einer Minute synthetisieren. Von
einem einzelnen mRNA-Molekül werden jedoch gleichzeitig
mehrere Polypeptide translatiert, weil mehrere Ribosomen
simultan an der Translation der mRNA arbeiten. Sobald ein
Ribosom das Initiationscodon passiert hat, bindet ein zweites
Ribosom an die mRNA. Daher wandert oft eine ganze
Gruppe von Ribosomen an derselben mRNA entlang. Diese
Ansammlung von Ribosomen, „Polyribosom" oder kürzer
Polysom genannt, kann man im Elektronenmikroskop beobachten (Abbildung 16.16).
Vom Polypeptid zum funktionsfähigen Protein
Während und nach ihrer Synthese beginnt die Polypeptidkette,
sich spontan räumlich zu falten, wobei sich die für das
funktionsfähige Protein typische Konformation ausbildet: eine
dreidimensionale Gestalt mit Sekundär- und Tertiärstruktur. Das
Gen bestimmt die Primärstruktur, und die Primärstruktur
wiederum bestimmt die Konformation. Eventuell werden
weitere Schritte - „posttranslationale Modifikationen" –
ausgeführt, damit das Protein seine spezielle Aufgabe in der
Zelle erfüllen kann. Bestimmte Aminosäuren können durch
die Anheftung von Zuckern, Lipiden, Phosphatgruppen oder
anderen Kompnenten modifiziert werden. Enzyme können
eine oder mehrere N-terminale (also am Amino-Ende
gelegene) Aminosäuren der Polypeptidkette abspalten. In
nicht wenigen Fällen wird eine gerade gebildete
Polypeptidkette enzymatisch in zwei oder mehr Fragmente
zerlegt. Das Protein Insulin bspw. zunächst als ein
durchgehendes Polypeptid synthetisiert, dann wird dessen
Mittelteil enzymatisch entfernt, und das zurückbleibende
aktive Hormon besteht aus zwei Polypeptidketten, die durch
Disulfidbrücken zusammengehalten werden. In anderen
Fällen werden zwei oder mehr Polypeptide getrennt
synthetisiert und assoziieren anschließend zum fertigen
Protein. Man spricht dann von einer Quartärstruktur.
Herunterladen