ANTIBIOTIKA: EINSATZGEBIETE UND WIRKWEISE Mit der Entdeckung der Antibiotika wurde ein wahrer Siegeszug gegen bakterielle Erkrankungen eingeläutet. Vielen Stämmen der Kleinstlebewesen, die beim Menschen für schwere Erkrankungen sorgen, kann so heute schnell das Handwerk gelegt und die Genesung beschleunigt werden. Die Geschichte der Antibiotika Es wird vermutet, dass schon früh in der Geschichte der Menschheit antibiotisch wirksame Substanzen von Heilkundigen eingesetzt wurden. Unsere „Zeitrechnung“ der Antibiotika beginnt jedoch erst 1910 mit der Entdeckung und Erforschung von Salvarsan, welches von Paul Ehrlich gegen Syphilis und bestimmte Tropenkrankheiten eingesetzt wurde und streng genommen nicht zu den Antibiotika gezählt werden kann. Zu der Gruppe der „Fast-Antibiotika“ zählen auch die 1936 entwickelten Sulfonamide. 1940 wurde schließlich das erste echte Antibiotikum Penicillin von Alexander Fleming entdeckt. Es dauerte jedoch noch vier Jahre, bis Penicillin überall erhältlich war. Weitere Substanzklassen der Antibiotika wurden in den darauffolgenden Jahrzehnten entdeckt, erforscht und weiterentwickelt. Heute steht uns eine Vielzahl zur Auswahl, die unser Immunsystem bei bakteriellen Infektionen unterstützen. Die „guten“: Antibiotika Der Begriff Antibiotika kommt aus dem Griechischen (anti: gegen; biotikos: zum Leben gehörig) und bedeutet annähernd: „gegen etwas Lebendes“. Der historischen Definition Stoffwechselprodukte von nach Bakterien sind Antibiotika natürliche und Pilzen, die andere Mikroorganismen abtöten oder an ihrem Wachstum hindern. Heute handelt es sich bei vielen der als Antibiotika eingesetzten Substanzen nicht mehr um Naturstoffe, sondern um synthetische oder semi-synthetische Stoffe. Die „bösen“: bakterielle Infektionserreger Bakterien sind kleinste einzellige Mikroorganismen, die zu den Lebewesen gezählt werden. Eigene Fortpflanzung und Stoffwechsel zeichnen sie aus. Ein wichtiges Kriterium zu ihrer Unterteilung ist ihre Gestalt: Bakterien treten kugelig, stäbchenförmig und schraubenförmig in Erscheinung. Daneben wird ihr biochemisches Verhalten sowie ihre Struktur zur Klassifizierung und Einteilung herangezogen. Antibiotika im Kampf gegen Bakterien: Wie funktioniert’s? Prinzipiell lassen sich die meisten Bakterien mit entsprechenden Antibiotika abtöten. Da sich Bakterienzellen in einigen wesentlichen Punkten von menschlichen Körperzellen (z.B. Zellwand, Genom, „Eiweißfabriken“) unterscheiden, können Antibiotika den Stoffwechsel der Bakterienzelle da stören, wo sie anders sind als eine menschliche Zelle. Angriffspunkt Ribosomen der Aufbau von Eiweiß durch die Ribosomen und (Eiweißproduzenten) damit die Fortpflanzung des Bakteriums wird unterbunden Vertreter: z.B. Makrolide Angriffspunkt Erbgut das Entspiralisieren der DNA wird beeinträchtigt – die Erbinformation kann nicht weitergegeben werden die Vermehrung des Bakteriums ist unmöglich Vertreter: z.B. Chinolone Angriffspunkt Zellwand Das Antibiotikum hemmt den Aufbau der Zellwand der bakteriellen Erreger und sorgt so für ihr Absterben Vertreter: z.B. Penicilline Angriffspunkt Zellstoffwechsel hemmen das Wachstum der Zelle, indem sie den Aufbau von Folsäure, einem wichtigen Produkt für das Bakterium, in der Zelle zum Erliegen bringen Vertreter: z.B. Sulfonamide Angriffspunkt Zytoplasma- durch Beeinflussung der Zellinnenwand wird der membran (Zell- Ein- und Ausstrom in die Zelle und aus der Zelle innenwand) heraus manipuliert die Zelle wächst nicht mehr Vertreter: z.B. Polymyxin Aus Alt mach Neu: Weiterentwicklung von Antibiotika Bei der Neuentwicklung von Antibiotika waren die „Grundlage“ meistens ältere, schon länger bekannte Antibiotika. Diese wurden immer weiter chemisch abgewandelt und so verbessert. Die verschiedenen Substanzklassen und ihre Wirkstoffe, die daraus entstanden, sind so oftmals eng miteinander verwandt. Meist ist jede Substanzklasse nur für eine bestimmte Art von Bakterien (Erregerspektrum) einsetzbar. Man spricht prinzipiell von Breitband- oder Breitspektrumantibiotika (Antibiotika, die gegen viele verschiedene Bakterien wirken) und Schmalspektrumantibiotika (Antibiotika, die nur gegen einen oder wenige Bakterien wirksam sind). Neben der Größe des Wirkungsspektrums unterscheiden sich Antibiotika in den Angriffspunkten, bei denen sie am Bakterium ansetzen. Klein aber schädlich: häufige bakterielle Erreger ERREGER INFEKTION Staphylokokkus aureus u. a. Eiterungen, Furunkel, Angina, Haut- und Wunderkrankungen Streptococcus pneumoniae u. a. Lungenentzündungen, Mittelohrentzündungen, Hirnhautentzündungen und andere Infektionen der Atemwege Streptococcus pyogenes u. a. Angina, Scharlach Neisseria meningitidis u. a. Meningitis Moraxella catarrhalis u. a. Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung, Ohrentzündungen Haemophilus influenzae u. a. Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung, Ohrentzündungen Bordetella pertussis Keuchhusten Escherichia coli u. a. Harnwegsinfektionen, Darmentzündungen, Gallenblasenentzündungen Einsatz von Antibiotika Antibiotika werden zur Unterstützung des Heilungsprozesses bei bakteriellen Infektionen in der Regel bei allen gesunden Menschen verschrieben. Es gibt jedoch einige Bevölkerungsgruppen, bei denen ihr Einsatz nur durch vorsichtiges Abwägen von Vor- und Nachteilen in Frage kommt. Antibiotika in der Schwangerschaft: Antibiotika sollten in der Schwangerschaft – vor allem in den ersten drei Monaten – nur wenn unbedingt nötig verordnet werden. Nach Rücksprache mit dem Arzt wird dieser ein Präparat auswählen, das unschädlich für das ungeborene Kind ist. Kinder und Antibiotika: Es gibt bereits einige Antibiotika, die schon ab dem 3. Lebensmonat eingesetzt werden können. Ausführlichere Informationen sollten jedoch beim Arzt eingeholt oder dem Beipackzettel des jeweiligen Antibiotikums entnommen werden. Antibiotika im Alter: Ältere Menschen vertragen Medikamente in der Regel schlechter als Jüngere, d. h. sie zeigen öfter Nebenwirkungen. Zudem leiden ältere Menschen häufiger an Herzinsuffizienz sowie Nieren- und Leberfunktionsstörungen. Durch diese Störungen kann es zu Veränderungen der Konzentrationen der verabreichten Antibiotika kommen, aufgrund derer vermehrt Nebenwirkungen eintreten. Zudem nehmen viele ältere Patienten zusätzlich andere Medikamente ein, die zu Wechselwirkungen und unerwünschten Nebeneffekten mit dem Antibiotikum führen können. Frühzeitige Diagnosestellung sowie rascher Behandlungsbeginn sind entscheidend für die Therapie und deren Ergebnisse. Bakterielle Infektion versus Virusinfektion: Wo liegen die Unterschiede? Der große Unterschied zwischen einer bakteriellen und einer viralen Infektion liegt in der Möglichkeit, durch Medikamente den Gesundungsprozess einzuleiten bzw. zu fördern. Bei Infektionen, die durch Viren bedingt sind, besteht nur in wenigen Fällen die Chance dazu. Das liegt daran, dass Viren im Gegensatz zu Bakterien nur aus Erbgut (DNA) bestehen. Sie können sich nicht selbst fortpflanzen. Um sich zu vermehren, schleusen sie ihr Erbgut in eine Wirtszelle (menschlich, pflanzlich oder tierisch) ein und veranlassen diese, neue Viren zu erzeugen. Wären Viren in der Lage, sich z.B. durch Proteinsynthese selbständig fortzupflanzen, hätte man hier – wie auch bei den Bakterien – die Möglichkeit, diesen Eiweißaufbau zu unterbinden und damit die Vermehrung zu stoppen. Für Rückfragen: Aktionsbüro Initiative Zündstoff Antibiotika-Resistenz Postfach 130 120 50495 Köln Tel.: 0 180-50 80 222 e-mail: [email protected]