Reduktion nicht indizierter Antibiotikaverschreibungen bei akuter

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Reduktion nicht indizierter Antibiotikaverschreibungen bei akuter
Bronchitis
Frage:
Wirksamkeit verschiedener Methoden zur Reduktion nicht indizierter AntibiotikaVerschreibungen bei Patienten mit akuter Bronchitis?
Hintergrund:
Es ist nichts Neues – die Initiative „Smarter Medicine“ hat es in der Schweiz auch noch einmal
verkündet – es werden zu viele Antibiotika bei Atemwegsinfekten verschrieben. Es gibt
Arbeiten in denen die Autoren schreiben, dass die Hälfte bis drei Viertel der Antibiotika für
Pateinten unnütz verschrieben werden, also kein Benefit der Antibiotika zu erwarten ist, wohl
aber Kosten und Nebenwirkungen. Neben den Kosten ist es vor allem die
Resistenzentwicklung gegen gängige Antibiotika, die Sorgen bereitet.
Viele Versuche mit unterschiedlichen Methoden wurden unternommen um die
Verschreibungspraxis von Antibiotika in rationale Bahnen zu lenken. Ausser kurzzeitigen
Senkungen der Verschreibungsraten hat sich am Verhalten der Ärzte, aber auch der Patienten,
nichts geändert.
In dieser Studie wurde der Effekt eines neuen Modells untersucht. Die Verhaltensökonomen
beschäftigen sich mit diesem Modell, das „nudging“, in Deutsch „stupsen“, genannt wird. Die
Ökonomen untersuchen wie man Menschen in eine Richtung „stupsen“ kann ohne explizit zu
sagen, dass man dies oder jenes tun oder unterlassen soll. Viele Beispiele, die zeigen wie die
Ökonomen die Welt verbessern wollen, sind in dem Buch – „Nudge“ Wie man kluge
Entscheidungen anstösst. Thaler RH, Sunstein CR. Ullstein Verlag – aufgeführt.
Einschlusskriterien:
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Allgemeinmedizinische Gruppenpraxen in zwei geographischen Regionen (Massachusetts
und Südkalifornien) aus drei unterschiedlichen Gesundheitssystemen (grosse
Versicherungen)
Alle hatten eine „elektronische Krankenakte“ und die Informationen über Patienten
wurden während der Sprechstunde im Computer erfasst.
Studiendesign und Methode:
Cluster-randomisierte Studie (es wurde nicht der einzelne Arzt randomisiert, sondern „Praxen“
wurden randomisiert); rekrutiert wurden die Praxen durch E-Mailkontakte und
Fortbildungsveranstaltungen über respiratorische Infekte.
Studienort:
USA
Interventionen:
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Gruppe 1: Wenn die Diagnose akuter Atemweginfekt in die elektronische Krankenakte
eingegeben wurde, erschien am Computerbildschirm die Nachricht „Antibiotika sind nicht
generell indiziert bei dieser Krankheit“ und es wurde eine Liste alternativer Therapien
angegeben (Pseudoephedrin, nicht-steroidale Analgetika, Hustensaft...).
Gruppe 2: Bei der Verschreibung eines Antibiotikums für einen Patienten mit einer akuten
Infektion der Atemwege musste der Arzt schriftlich in der elektronischen Krankenakte die
Verschreibung begründen.
Gruppe 3: Vergleich der Verschreibungsrate mit anderen Praxen. Die Ärzte wurden geratet,
je nach der Rate unnötiger Verschreibungen, und miteinander verglichen und die
Ergebnisse wurden den Ärzten in dieser Gruppe monatlich mitgeteilt.
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Gruppe 4: keine Intervention
Outcome:
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Rate an nicht indizierten Antibiotika-Verschreibungen bei Patienten mit einem akuten
respiratorischen Infekt (ICD-9 Klassifikation; unspezifischer Infekt der oberen Atemwege,
akute Bronchitis und Influenza; Patienten mit akuter Rhinosinusitis, akuter Pharyngitis und
anderen Erkrankungen, wie chronische Lungenerkrankungen wurden nicht inkludiert)
Resultat:
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Von 353 Ärzten, die eingeladen wurden mitzumachen, nahmen 248 (70%) an der Studie
teil. Das Durchschnittsalter betrug 48 Jahre und die meisten Teilnehmer waren weiblich.
Über 37 000 Konsultationen wegen akuter respiratorischer Infekte konnten ausgewertet
werden.
Veränderungen der inadäquaten Verschreibungsraten während der 18 Monate
Beobachtungszeit: in der Kontrollgruppe (keine Intervention) von 24.1% auf 13.1% (-11%);
in der Gruppe mit Vorschlägen für eine Alternativbehandlung 22.1% auf 6.1% (- 16%); in
der Gruppe mit notwendiger Begründung der Verschreibung von 23.2% auf 5.2% (-18%);
Vergleich mit anderen Ärzten 19.9% auf 3.7% (-16.2%).
Rate an nochmaligen Konsultationen in der Gruppe von Patienten mit akutem
respiratorischem Infekt die bei der ersten Konsultation kein Antibiotikum erhielten war
0.43% in der Kontrollgruppe. Signifikant höher war die Rate in der Gruppe mit Pflicht zur
schriftlichen Begründung 1.41.%.
Kommentar:
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Die Rate an nicht-indizierten Verschreibungen von Antibiotika ging in allen Gruppen
markant zurück; in den Gruppen mit Interventionen gingen sie stärker zurück, und nach
Einschätzung der Autoren der Arbeit in relevantem Mass (5 bis 7% mehr als in der
Kontrollgruppe).
Die zentrale Frage ist ob der Effekt auch anhielt nachdem die Intervention gestoppt wurde;
wahrscheinlich wäre die effizienteste Möglichkeit die Verschreibungsrate zu reduzieren die
Patienten die Antibiotika selbst bezahlen zu lassen und nicht mehr auf Kosten der
Krankenversicherung abzurechnen. Vielleicht ist dies die einzig wirksame Methode, aber
wahrscheinlich will diese Methode niemand umsetzen.
Literatur:
Meeker D et al. Effect of behavioral interventions on inappropriate antibiotic prescribing
among primary care practices. A randomized clinical trial. JAMA. 2016; 315: 562-570.
Verfasser:
Johann Steurer
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