Informationsveranstaltung mit Pressekonferenz Initiative Zündstoff Antibiotika-Resistenz Zunehmende Gefahren durch resistente Bakterien in Deutschland 26. Februar 2003, Kaiserin-Friedrich-Haus, Berlin Grundprinzipien und Vermeidung des Einsatzes von Antibiotika Prof. Dr. med. Bernhard R. Ruf Klinikum „St. Georg“ Klinik für Innere Medizin Delitzscher Straße 141 04129 Leipzig Fon: 0341/909-2600 Fax: 0341/909-2630 eMail: [email protected] Prof. Dr. med. Mathias Herrmann Universitätskliniken des Saarlandes Institut für Mikrobiologie und Hygiene Abt. Bakteriologie & Hygiene / Geb. 43 66421 Homburg/Saar 06841/162-3901 06841/162-3985 [email protected] Antibiotika gehören zu den am häufigsten eingesetzten Arzneimitteln. In vielen Kliniken liegen sie bereits an der Spitze der verordneten Arzneimittel und beanspruchen ca. 1/3 des Arzneimittelbudgets. Ihr Einsatz ist nicht immer rational. Studien zeigen, dass bis zu 50 %, teilweise bis zu 70 %, aller Behandlungen mit antimikrobiellen Substanzen entweder hinsichtlich Substanzwahl, Dosis, Kombinationspartner oder Therapiedauer falsch sind. Dies hat nicht nur erhebliche ökonomische Konsequenzen, sondern auch einen erheblichen Einfluss auf die Erregerresistenzepidemiologie. Ursache für den oft wenig rationalen Umgang mit Antibiotika sind fehlende Expertise durch Mangel an infektiologischer Qualifikation in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung, Fehlinterpretation mikrobiologischer Befunde, falsches therapeutisches Sicherheitsbedürfnis und breite Verfügbarkeit von Antibiotika mit relativ geringen Nebenwirkungen. Daraus ergeben sich die logischen Konsequenzen, die zu einem Indikationsgerechten Gebrauch von Antibiotika führen. Präventive Strategien (Impfung, Entfernung von intravaskulären Kathetern, strikte Hospitalhygiene) müssen konsequent zur Infektionsreduktion genutzt werden. Grundlage der antimikrobiellen Therapie sollte eine rationale Anwendung der Substanzen sein, die wiederum auf 1 validen diagnostischen Daten beruht. Bei fraglicher oder strittiger Indikation sollten möglichst Therapiestrategien ohne Antibiotikaeinsatz verfolgt werden. Bestimmte „Reserveantibiotika“ sollten nur bei klaren Indikationen verwendet werden. Rationaler Umgang mit Antibiotika erfordert jedoch entsprechende Kenntnisse in der Infektionstherapie. Daher muss die Infektiologie adäquat in die ärztliche Aus- und Weiterbildung eingeordnet werden, wie dies in fast allen europäischen Ländern der Fall ist. In den Kliniken ist ein infektiologischer Konsiliardienst einzurichten, der das Portfolio an antimikrobiellen Substanzen pflegt und hausinterne Leitlinien erarbeitet, in die die lokalen Resistenzdaten einfließen. Für den ambulanten Bereich sind Leitlinien hilfreich, die jedoch hinsichtlich ihrer Effizienz überschätzt werden. Solche Leitlinien sind keine strikte Handlungsanweisung, sondern bedürfen eines interpretatorischen Sachverstandes. Antibiotika werden zu häufig eingesetzt. Das Vermeiden unsinniger antimikrobieller Therapien sichert finanzielle Ressourcen im Gesundheitswesen, und reduziert Antibiotika-assoziierte Morbidität und Mortalität. 2