Presse-Info Dezember 2014 Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V. Immermannstraße 65 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211-179579-0, Fax 0211-179579-60 Nephrologisches Jahresgespräch 2014 des Verbands Deutsche Nierenzentren (DN) e.V. Das Nephrologische Jahresgespräch des Verbands Deutsche Nierenzentren (DN) e.V. fand in diesem Jahr bereits zum 24. Mal statt. Rund 180 niedergelassene Nierenfachärzte nutzten vom 21. bis 23. November 2014 die Möglichkeit eines fachlichen Austauschs mit Kollegen und besuchten zahlreich das umfangreiche Angebot an Seminaren. Im Rahmen des wissenschaftlichen Programms informierten sich die Teilnehmer zu verschiedenen Aspekten rund um die Themen Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Dialyse und Transplantation. Wissenschaftliches Programm Auch in diesem Jahr wurde das wissenschaftliche Programm am Freitag, den 21.11.2014 mit zwei Vorseminaren eröffnet. Mit dem Titel „geriatrische Nephrologie“ unter dem Vorsitz von PD Dr. Brensing hielt Herr Prof. Wehling aus Mannheim ein Referat zur Pharmakotherapie beim älteren Patienten, gefolgt von Herrn Prof. Rosenkranz aus Graz, der zu dem wichtigen Thema „Therapeutische Entscheidungen bei älteren Patienten mit fortgeschrittener CKD“ sprach. Den dritten Vortrag im Block Geriatrie hielt Herr Prof. Mertens aus Magdeburg mit dem Titel „Depression bei Dialysepatienten – und dann?“. Dieses Vorseminar stieß auf großes Interesse und war ebenso gut besucht wie das zweite mit dem Schwerpunkt-Thema „Gefäßzugang“ unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Spies aus Berlin. Mit seinem Vortrag „Zentrale Venenkatheter“ führte Prof. Hollenbeck aus Bottrop in den Themenblock Gefäßzugang ein. Prof. Hollenbeck informierte über den aktuellen Stand, gab Ratschläge zur Vermeidung von Infektionen und kam zu der Schlussfolgerung, dass man jede Shuntmöglichkeit (native Fistel) nutzen und Katheter wo immer es geht vermeiden sollte. Herr Dr. Mündlein aus Offenburg sprach zum Thema „Management von Shuntkomplikationen“. Er beschrieb die vielfältigen Shuntkomplikationen und zeigte die verschiedenen Interventionsmöglichkeiten. Dr. Mündlein wies daraufhin, dass Diagnostik sowie Behandlung von Shuntproblemen Spezialkenntnisse erfordern, die umfassend nur in interdisziplinär arbeitenden Shuntzentren zur Verfügung stehen. Solche Shuntzentren haben die Programme zum Shuntmonitoring verbessert. Die DGfN plant die Zertifizierung von interdisziplinär arbeitenden Shuntzentren, die erste Zertifizierung ist 2015 geplant. Dr. Schunk aus Offenburg beschrieb, was Nephrologen vor der Shuntanlage tun können. Neben der Schonung der Venen an den Unterarmen sollten Verluste von Gefäßresourcen verhindert werden (z.B. keine zentralvenösen Zugänge über die V. subclavia) und die Patienten sowie Mitarbeiter sollten aufgeklärt und informiert werden. Parallel zu den wissenschaftlichen Vorseminaren fand wieder ein DIALAID-Workshop unter der Leitung von Dipl.-Psych. Frau Westermann-Duttlinger und Dipl.-Heilpädagoge Herrn Heim-Stahl zum Thema „Konfliktmanagement im Ärzteteam“ statt. In lebhaften Diskussionen und interaktiven Rollenspielen wurden alltägliche Konflikte dargestellt und hilfreiche Tipps zur Überwindung präsentiert. Das wissenschaftliche Programm am Samstag wurde unter dem Vorsitz von Dr. Daschner aus Saarbrücken und Prof. Reichel aus Villingen-Schwenningen begonnen und stand unter dem Motto „Nierentransplantation“. Presse-Info Dezember 2014 Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V. Immermannstraße 65 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211-179579-0, Fax 0211-179579-60 Prof. Hugo aus Dresden informierte über den aktuellen Stand und die Perspektiven des Transplantationsprogramms in Deutschland. Neben den Folgen des Organvergabe-Skandals wurden weitere Ursachen für die rückläufigen Transplantationszahlen genannt. Die Identifikation potentieller Organspender muss optimiert werden. Die Ergebnisse des deutschen Nierentransplantationsprogramms sind nach aktuellen Analysen deutlich besser als in den Eurotransplantstatistiken angegeben. Prof. Hugo mahnte auch an, trotz Organmangel mehr Dialysepatienten für eine Transplantation anzumelden, denn zurzeit sind nur etwa 10% der prävalenten Dialysepatienten auf der Warteliste. Prof. Krämer aus Mannheim behandelte in seinem Vortrag das Thema der „individualisierten Immunsuppression“. Nach einem Überblick über den Stellenwert der klassischen Immunsuppressiva im Vergleich zu moderneren, einschließlich den Antikörpern, ging Herr Prof. Krämer auch auf Langzeitprobleme durch Steroide und Calcineurininhibitoren (CNI) ein und zitierte Studien zum frühen Absetzen von Prednisolon (steroidfreie Immunsuppression) und die Umstellung von CNI auf z.B. Rapamune. Es wurde sehr schön dargestellt, wie Risiken und Nutzen solcher Umstellungen gegeneinander abgewogen werden müssen. Es gibt kein „ein für alle“ sondern die individualisierte Immunsuppression nach Funktionsverlauf des Transplantates, Immunologie und Transplantathistologie. In seinem Vortrag über „The Failing Transplant“ präsentierte Prof. Wüthrich aus Zürich verschiedene Fallbeispiele. Er betonte die Wichtigkeit, den Zeitpunkt der Planung für den Wiederbeginn der Dialyse richtig zu erkennen. Zudem sollte eine Retransplantation immer erwogen werden. Ebenso schwierig, wie den Zeitpunkt des Wiederbeginns der Dialyse festzulegen, ist die Entscheidung zur Reduktion der Immunsuppression und zur Terminierung der Nephrektomie des funktionslosen Transplantates. Der diesjährige Preisträger des Bernd Tersteegen-Preises ist Herr Prof. Heine aus Homburg/Saar. Er referierte nicht nur über seine prämierte Arbeit mit dem Titel „FGF-23 als neuer kardiovaskulärer Risikofaktor“, sondern brachte einen sehr verständlichen Überblick über die Rolle von FGF-23 im Konzert mit anderen inflammatorischen Faktoren in der Entwicklung und Progression der chronischen Nierenerkrankungen, der renalen Osteopathie und dem Auftreten von kalzifizierenden kardiovaskulären Ereignissen. Zum Abschluss des Blocks „Nierentransplantation“ hielt Herr Prof. Banas aus Regensburg einen faszinierenden Vortrag zum Thema: „Zellbasierte Immunsuppression – Ein neuer Ansatz zur langfristigen Organakzeptanz?“. In mehreren Forschungszentren der Welt werden mit molekularbiologischen Methoden und in vitro Kulturtechniken mononukleäre Zellen (Lymphzyten oder Monozyten) des Organspenders vorbereitet und später dem Empfänger infundiert. Aufgrund des Markerprofils dieser Immunzellen lässt sich die Organakzeptanz langfristig erreichen. Prof. Banas arbeitet in seiner Arbeitsgruppe mit Macrophagen aus Monozyten. Tierversuche sind sehr erfolgreich, erste klinische Studien sind in Planung. Presse-Info Dezember 2014 Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V. Immermannstraße 65 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211-179579-0, Fax 0211-179579-60 Das wissenschaftliche Programm am Sonntag beinhaltete unter dem Vorsitz von Dr. Weinreich aus Villingen-Schwenningen und Prof. Lonnemann aus Langenhagen auch in diesem Jahr spannende Pro- und Contra Debatten zu drei Kontroversen in der Nephrologie. Zur Frage, ob calciumhaltige Phosphatbinder noch zeitgemäß sind, „stritten“ sich Prof. Fliser aus Homburg/Saar in der „pro“ Position und Prof. Floege aus Aachen als „contra“ Part. Zu beiden Positionen wurden die jeweils supportiven Studien des Gegenübers fachmännisch kritisiert. Wenn man Behandlungskosten mit einbezieht und notwendige Kontrollen zur Erkennung z.B. der Hypercalcämie nicht unterlässt, gibt es sicher noch einen Platz für calciumhaltige Phosphatbinder. Wenn innovative, effektivere und gut verträgliche neue Phosphatbinder auf den Markt kommen und bezahlbar sind, wird sich diese Diskussion vermutlich erübrigen. In der Debatte um „Fluid Management: Ist BCM der neue Standard?“ vertrat Dr. Versen aus Friedrichshafen die „Pro“- und Prof. Böhler aus Wiesbaden die „Contra“-Position. Nach Erörterung der technischen Probleme dieser Methode kamen die Diskutanten zu dem Fazit, dass der regelmäßige Einsatz der BCM-Messung im Verlauf der Dialysetherapie helfen kann, das individuelle Trockengewicht jedes Patienten einzustellen, den Blutdruck zu normalisieren, die linksventrikuläre Hypertrophie zu reduzieren, die arterielle Steifigkeit zu vermindern und damit die kardiovaskuläre Mortalität zu senken. Prospektive Studien mit harten Endpunkten und ausreichender statistischer Power werden aber dringend benötigt werden. Die dritte Debatte diskutierte den optimalen Dialysebeginn: incremental versus full dose. Prof. Alscher aus Stuttgart plädierte für einen nicht zu späten Beginn der Dialysetherapie, auch mit der Peritonealdialyse als erste Wahl („PD first“) in zunächst geringer und langsam ansteigender Dosis, um einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Nierenrestfunktion möglichst lange zu erhalten. Prof. Schindler aus Berlin musste aus Krankheitsgründen leider kurzfristig absagen, stellte jedoch Herrn Prof. Lonnemann die Unterlagen für die Debatte zur Verfügung. Er vertrat die Position, die konservative nephrologische Betreuung mit Blutdruckkontrolle und Erhalt der Restfunktion möglichst lange fortzuführen, mit einem Dialysebeginn möglicher Weise erst bei einer eGFR <10 ml/min. Wenn Entscheidung zur Dialyse, dann full dose, d.h. mindestens 3 x HD pro Woche, eventuell auch lange Dialyseintervalle meiden, d.h. 4 x 4 Std pro Woche. Studien zu einem relativ frühem Beginn mit „incremental dose“ versus spätem Beginn mit „full dose“ mit harten Endpunkten wie Lebensqualität, Morbidität und Mortalität im Langzeitverlauf fehlen. Presse-Info Dezember 2014 Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V. Immermannstraße 65 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211-179579-0, Fax 0211-179579-60 Gesundheitspolitisches Forum Bei der diesjährigen, wieder sehr gut besuchten Veranstaltung zum Thema „Nephrologische Versorgung 2020: Herausforderungen der Demographie, fachärztliche Prävention und patientenbezogene Therapievielfalt“, trafen sich unter der Moderation von Frau Wiedemann (Government Affairs & Health Care Consulting) folgende Diskutanten: Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart Dr. rer. pol. Ulrich Casser, Leiter des Dezernats 3 Vergütung, KBV Dr. med. Michael Daschner, Vorsitzender des Vorstandes des DN e.V. Ralf Diedrichsen, Vertragsreferent der Barmer GEK Niedersachsen/Bremen Dr. sc. pol. Thomas Drabinski, Leiter des IfMDA in Kiel Dr. rer. nat. Dipl. Phys. Ralph Ennenbach, stellvertr. Vorstandsvorsitzender der KV Schleswig-Holstein Ziel der Diskussionsrunde war es, den Blick auf die gesamte Versorgungssituation bis zum Jahr 2020 zu richten und die möglichen Antworten der ambulanten Nephrologie auf die demographischen, strukturellen und finanziellen Herausforderungen zu benennen. Frau Wiedemann betonte bei ihrer Einleitung, dass es um die Nephrologische Versorgung und nicht ausschließlich um die Dialyse im Jahr 2020 geht, deshalb sollen Prävention, Therapie und Betreuung zusammen betrachtet werden. Herr Dr. Drabinski begann mit einem Impulsreferat und beleuchtete mit Hochrechnungen die finanzielle Entwicklung der GKV, die wahrscheinlichen demografischen Veränderungen, die Entwicklung der Dialyseprävalenz und stellte die Herausforderungen dem geplanten GKVVersorgungsstärkungsgesetz gegenüber. Angesichts der komplexen Zusammenhänge vermutete er die zukünftige Notwendigkeit einer Unterstützung der Krankenkassen aus Steuermitteln, wenn eine Rationierung des medizinischen Angebots vermieden werden soll. Im Anschluss Herr Dr. Daschner betonte die unverzichtbare Rolle der Ärzte, da nur sie über intelligente Vorsorgemedizin verfügen und Patienten flexible Lösungen anbieten können. Eine Fokussierung auf bessere Techniken greift zu kurz, wie er anschaulich an Beispielen der Versorgungssysteme der USA zeigen konnte. Herr Dr. Casser zeigte, dass die Anzahl der Nephrologen weiter steigend sei, dies aber ausschließlich den Anteil der angestellten Ärzte ausmache. An einigen Beispielen erläuterte er, dass sich eine medizinische Versorgung offensichtlich nicht über die ärztlichen Honorare steuern lasse, vielmehr würden neue Qualitäten des Berufslebens für die Entscheidung Niederlassung oder Angestellter entscheidend sein. Neben der Delegation von Leistungen an nichtärztliche Mitarbeiter sei eine Kooperation zwischen den Sektoren bedeutsam und spare sicher Kosten ein. Herr Dr. Ennenbach nahm das Thema Kooperationen auf und warb für die Gründung von Praxisnetzen, von denen einige in Schleswig-Holstein von der KV gefördert werden. Es sei völlig klar, dass die Produktivität von angestellten Ärzten unter der von freiberuflichen Ärzten liege. Bei weiterer Tendenz zu Angestellten sei ein höherer Ärztebedarf die mittelfristige Folge. Presse-Info Dezember 2014 Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V. Immermannstraße 65 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211-179579-0, Fax 0211-179579-60 Herr Diedrichsen lobte die Umsetzung des nephrologischen Selektivvertrags Sekundärprävention in Niedersachsen und betrachtet solche Verträge als eine Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Ziel sei es, mittelfristig den Dialysebeginn im Schnitt um 5 Jahre zu verzögern. Gleichzeitig werden über die beschriebenen Behandlungspfade, die Kooperationen und den verpflichtenden Informationsaustausch teure Doppeluntersuchungen vermieden. Herr Prof. Alscher legte dar, dass die Zahl der nephrologischen Hauptabteilungen an Kliniken ständig zurückgehe, derzeit würden 3 bis 5 Abteilungen pro Jahr geschlossen. Damit sei auch klar, dass die Kliniken keine Option für eine flächendeckende ambulante Versorgung seien. Wichtig sei es, die Heimdialyseverfahren auszubauen, dies organisiert in intelligenten Netzwerken zwischen Kliniken, Niedergelassenen, Altenheimen und Sozialarbeitern. In der Bündelung der Kompetenzen und der Delegation liege der Schlüssel zur Bewältigung der demographischen und morbiditätsbedingten Probleme. Die Veranstaltung endete in einer Diskussionsrunde mit dem Publikum. Unter anderem wurde die Meinung vertreten, dass gerade bei den Nephrologen die sektorübergreifende Kooperation bereits breit etabliert sei, zum Beispiel mit Konsiliarverträgen zwischen Kliniken und Niedergelassenen und mit der Durchführung stationär-interkurrenter Dialysen. Preisverleihungen Die Verleihung des Bernd Tersteegen-Preises für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der klinischen Nephrologie und der Sonderauszeichnung des Wissenschaftlichen Institutes für Nephrologie (WiNe) fand wieder im festlichen Rahmen des Gesellschaftsabends statt. Der mit 8.000 Euro dotierte Bernd Tersteegen-Preis wurde an Prof. Dr. med. Gunnar Henrik Heine aus Homburg/Saar verliehen für seine Publikationen mit den Titeln “Associations of FGF-23 and sKlotho with Cardiovascular Outcomes among Patients with CKD Stages 2–4” und „Plasma Klotho is not related to kidney function and does not predict adverse outcome in patients with chronic kidney disease”, die bereits im Rahmen des wissenschaftlichen Programms vorgestellt wurden. Unter den Bewerbungen für den Bernd-Tersteegen Preis erwies sich die Arbeit „Endothelial sodium channels trigger endothelial salt sensitivty with Aging“ von Frau Katrin Maria Kliche als so herausragend, dass die Sonderauszeichnung des Wissenschaftlichen Institutes für Nephrologie (WiNe) in diesem Jahr zum fünften Mal verliehen wurde. Das nächste Nephrologische Jahresgespräch findet vom 19. – 22.11.2015 in Mannheim statt.