Dokumentieren 2014504

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Bilharziose
Zusammenfassung
Die Bilharziose ist eine in den Tropen und Subtropen weit verbreitete Erkrankung, deren
Auftreten vom Vorkommen der als Zwischenwirte fungierenden, in warmen Binnengewässern
lebenden Schnecken abhängig ist. Krankheitserreger sind Schistosomen oder Pärchenegel, eine 12 cm lange Saugwürmergattung. Die Larven dieser Würmer dringen bei Kontakt mit
kontaminiertem Wasser durch die Haut des Menschen (=Endwirt) ein und wandern über Lymphund Blutgefäße in die Leber, wo sie sich zu reifen Pärchenegeln entwickeln.
Anschließend verbreiten sie sich über die großen Venen im Körper und befallen v.a. Harnblase,
Darm, Leber, Lunge und Gehirn. Ihre Eier werden mit dem Stuhl oder Urin wieder
ausgeschieden. Die Symptome der Bilharziose sind ein juckender Hautausschlag an der
Eintrittsstelle der Larven, eine akute, fieberhafte Erkrankung als Folge der ersten Eiablage sowie
die chronische Erkrankung mit Symptomen, die den befallenen Organen entsprechen. Die
Diagnose erfolgt in erster Linie durch Nachweis der Eier im Stuhl oder Urin. Dank neu
entwickelter Medikamente ist die Prognose bei rechtzeitigem Therapiebeginn gut. Vorbeugende
Maßnahmen zur Verhinderung der Bilharziose sind Aufklärungskampagnen und die Bekämpfung
der Schnecken.
Definition und Allgemeines
Die Bilharziose umfasst eine Gruppe von Wurmerkrankungen sowohl beim Menschen als auch
bei Tieren, die durch verschiedene Arten der Gattung Schistosoma (Pärchenegel) hervorgerufen
werden. Der frühere Name dieser zu den Saugwürmern gehörenden Gattung war nach ihrem
Entdecker Bilharzia. Theodor Bilharz (1825-1862), ein in Deutschland geborener und in Kairo
arbeitender Tropenarzt, entdeckte 1852 den Erreger dieser Erkrankung.
Es wird geschätzt, dass ca. 250 bis 300 Millionen Menschen von diesen Parasiten befallen sind
und ca. 600 Millionen Menschen der Gefahr einer Infektion ausgesetzt sind. Das
Erkrankungsrisiko nimmt in den letzten Jahren rapide zu, was auf landwirtschaftliche
Bewässerungsprojekte und Staudammbauten in den Tropen zurückgeführt werden kann, da auf
diese Weise neue Lebensräume für die zwingend notwendigen Zwischenwirte (Schneckenarten)
geschaffen werden. Hinzu kommt, dass bei schlechten hygienischen Verhältnissen in vielen
dieser Regionen sehr sorglos mit menschlichen Ausscheidungen umgegangen wird. Dies
begünstigt den Entwicklungszyklus der Parasiten ebenfalls. Durch die Zunahme des
Ferntourismus nimmt außerdem die Zahl importierter Krankheitsfälle in den Industrieländern
ständig zu.
Erreger und Vorkommen
Es sind mehrere Erreger bekannt. Von vorrangiger Bedeutung sind Schistosoma mansoni,
Schistosoma japonicum und Schistosoma haematobium. Die Hauptverbreitungsgebiete sind für S.
japonicum Japan, China und die Philippinen, während S. haematobium in Afrika und dem
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Nahen Osten anzutreffen ist. Schistosoma mansoni ist ebenfalls in Afrika, zusätzlich aber noch
in Saudi-Arabien, dem Jemen, Südamerika und vereinzelt in der Karibik verbreitet. In jedem Fall
ist für die Ausbreitung der jeweiligen Schistosomenart das Vorhandensein spezifischer
Zwischenwirte die unablässige Voraussetzung.
Die erwachsenen Würmer sind 1-2 cm lang, wobei das Weibchen etwas länger als das Männchen
ist und in einer Rille, die vom Körper des Männchens gebildet wird, liegt. Beide bilden ein Paar
(Pärchenegel). Je nach Schistosomenart produzieren die Weibchen zwischen 300 und 3000 Eier
pro Tag. Diese Eier sind mit einem Stachel ausgerüstet, der es ihnen gestattet, sich im Gewebe zu
verankern.
Infektionsweg
Die Übertragung erfolgt durch einen Wirtswechsel. Gelangen die Eier der Schistosomen mit
menschlichen Ausscheidungen in Oberflächengewässer, so werden aus ihnen Larven
(Mirazidien ) frei, die nur 48 Stunden lebensfähig sind. In dieser Zeit müssen diese Mirazidien
den entsprechenden Zwischenwirt finden und in ihn eindringen. Zwischenwirt ist für jede
Schistosomenart und jede geographische Region eine spezifische Schneckenart, die teils nur im
Wasser, teils an der Wasseroberfläche lebt. Fehlen diese Zwischenwirte, können sich die Würmer
nicht ausbreiten. In den Schnecken kommt es zu einer starken Vermehrung und weiteren Reifung
der Mirazidien.
Nach ca. vier bis sechs Wochen haben sich aus den Mirazidien Hunderte von Zerkarien
entwickelt, die jetzt frei gesetzt werden. Diese Zerkarien sind ca. 0,3 bis 0,6 mm lang. In der
Regel sind sie, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur, zwei Tage lebensfähig und in der
Lage, die Erkrankung zu übertragen. Finden sie in dieser Zeit ihren Endwirt (Mensch), dringen
sie mit Hilfe eines gewebeauflösenden Enzyms durch die Haut ein. Über das Lymphsystem
erreichen sie den venösen Kreislauf, um nach Passage der Lungenkapillaren in die Leber zu
gelangen. Hier entwickeln sich die Zerkarien innerhalb von etwa sechs Wochen zu den
geschlechtsreifen Würmern. Nach der Begattung wandern sie dann als Pärchenegel in die Venen
des Darmes oder noch weiter in die Venen des kleinen Beckens, z.B. der Blase. Hier legt das
Weibchen die Eier ab, die dann mit Stuhl oder Urin ausgeschieden werden. Gelangen diese
Ausscheidungen in Oberflächengewässer, schlüpfen aus den Eiern Mirazidien.
Der Mensch infiziert sich durch den Kontakt mit verseuchtem Wasser, z.B. beim Baden,
Waschen, Trinken oder Fischfang. Der Kreislauf beginnt dann, wie oben beschrieben, erneut.
Man nimmt an, dass die Schistosomen ein mittleres Alter zwischen fünf und zehn Jahren
erreichen. Eine Infektion von Mensch zu Mensch, z.B. durch Geschlechtsverkehr, ist
ausgeschlossen.
Inkubationszeit
Bei der Bilharziose muss man die Präpatenzzeit berücksichtigen. Das ist die Zeit zwischen dem
Eindringen der Zerkarien und dem Auftreten der ersten Eier. Je nach Schistosomenart beträgt sie
zwischen vier und zehn Wochen.
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Entsprechend der Symptomatik (siehe unten) können verschiedene "Inkubationszeiten"
unterschieden werden: für das Auftreten der Zerkariendermatitis zwischen sechs Stunden und
zwei Tagen, für das Katayama-Fieber zwischen zwei Wochen und zwei Monaten.
Symptome
Schon wenige Stunden nach dem Eindringen der Zerkarien tritt die Zerkariendermatitis (Badeoder Schwimmdermatitis) auf. Sie ist durch einen starken Juckreiz an der Eintrittsstelle und die
Ausbildung eines Hautausschlages gekennzeichnet. Hochfieberhafte, lebensbedrohliche Verläufe
wurden beschrieben. Diese Erkrankungszeichen klingen jedoch meist innerhalb von zwei
Wochen wieder ab. Im Anschluss daran kann es als Folge der ersten Eiablage zur Ausbildung des
Katayama-Fiebers mit Schüttelfrost, Fieber, Husten und Kopfschmerzen kommen. Die
Lymphknoten, Leber und Milz sind vergrößert. Auch diese Symptome bilden sich innerhalb
einiger Wochen zurück, es sind allerdings bei besonders schweren Verläufen Todesfälle
beobachtet worden.
Erfolgt keine Therapie, geht die Erkrankung in eine chronische Infektion über. Die Symptome
dieses Stadiums richten sich nach dem bevorzugten Ort der Eiablage der Würmer (Darm, Blase,
Leber) und nach dem Ausmaß der Verwurmung. Demzufolge können sowohl wenige leichte als
auch massive Beschwerden auftreten. Sie sind durch den Verschluss kleinster Blutgefäße durch
die Schistosomeneier sowie die chronische entzündliche Reaktion des Körpers bedingt. Bei der
Darmbilharziose werden Bauchschmerzen und wässrige, oft auch blutige Durchfälle beobachtet.
Als Folge der Entzündung ist der Darm besonders anfällig gegenüber anderen Erregern (z.B.
Salmonellen) und neigt zur Bildung von Schleimhautwucherungen (Polypen).
Die Bilharziose der Blase führt zu Schmerzen beim Wasserlassen, verbunden mit Blut im Urin.
Auch hier können Schleimhautwucherungen entstehen. Veränderungen der Blasenschleimhaut,
hervorgerufen durch die Eiablagerungen, gelten als Präkanzerose, d.h. sie können der Ursprung
für die Entstehung von Blasenkrebs sein. Sind die Harnleiter in das Geschehen einbezogen, kann
es zu aufsteigenden Harnwegsinfektionen kommen. Bei Frauen besteht die Gefahr der
Entzündung der Eileiter, was mit einem erhöhten Risiko von extrauterinen Schwangerschaften
und Unfruchtbarkeit verbunden ist. Betroffen werden können auch die Leber, die Lunge und
selbst das Gehirn. Der Befall anderer Organe ist selten. Ein Befall der Leber kann durch
Verlegung des Kapillarbettes zu einer Druckerhöhung im Pfortaderkreislauf führen, wobei die
Funktion der Leberzellen allerdings sehr lange erhalten bleibt.
Diagnose
Wichtige Hinweise ergeben sich aus der Befragung (Anamnese) des Patienten in Bezug auf
Reisen in verdächtige Gebiete, den dortigen Kontakt mit Binnengewässern sowie das Auftreten
von Hauterscheinungen. Entscheidend ist der Nachweis der Parasiteneier, der mehrfach versucht
werden muss und frühestens nach vier bis zehn Wochen (Präpatenszeit) gelingt. Er kann sowohl
im Stuhl als auch im Urin erfolgen. Beim Nachweis im Urin sollte wegen der zirkadianen
Rhythmik der Ausscheidung Sammelurin aus der Zeit zwischen 9.00 und 16.00 Uhr verwendet
werden. Zusätzlich können Schleimhautproben aus Darm und Blase oder auch Leberproben
mikroskopisch untersucht werden. Immunologische Methoden sind von Vorteil, wenn es sich um
untypische Lokalisationen einer Bilharziose handelt. Hier kommen auch radiologische sowie
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endoskopische Verfahren zum Einsatz.
Therapie
In den letzten Jahren ist die Therapie der Bilharziose entscheidend verbessert worden. Das Mittel
der ersten Wahl ist Praziquantel . Es wirkt bei allen menschenpathogenen Schistosomenarten.
Bei Erkrankungen mit S. japonicum ist eine höhere Dosierung notwendig:
• S. haematibium: 2 x 20 mg/kg Körpergewicht
• S. japonicum: 2 x 30 mg/kg Körpergewicht
jeweils im Abstand von 4 Stunden.
Diese Therapie ist nebenwirkungsarm. Es sind Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und selten
Fieber beschrieben worden. Etwa sechs Monate nach der Behandlung sollte eine Kontrolle des
Therapieerfolgs stattfinden. Bei S. haematibium kann ebenfalls Metrifonat und bei S. mansoni
Oxamniquin eingesetzt werden.
Komplikationen
Zu den Komplikationen der Bilhaziose gehören in erster Linie eine bösartige Entartung in der
Blase (Blasenkrebs) sowie der Funktionsverlust der befallenen Organe. Bei einer Erkrankung der
Leber ist die Entstehung von Krampfadern der Speiseröhre als Folge der Druckerhöhung im
Pfortaderkreislauf zu berücksichtigen. An Darm und Blase können Fistelbildungen auftreten.
Letalität
Lebensbedrohliche Verläufe sind für alle Stadien beschrieben, genaue Angaben existieren
aber leider nicht.
Prophylaxe
Die Prophylaxe für Touristen, die in gefährdete Gebiete reisen wollen, beginnt mit einer
detaillierten Aufklärung über die Erkrankung und die Risikoregion. Vor dem Aufenthalt in
Binnengewässern und dem Genuss von Trinkwasser in solchen Ländern ist zu warnen. In den
gefährdeten Regionen kommt der Bekämpfung der Zwischenwirte die größte Rolle zu. Dazu
gehört die Anwendung von Schneckengiften und die Beseitigung von Ufervegetationen.
Außerdem ist die Gesundheitserziehung der einheimischen Bevölkerung notwendig, wozu u.a.
die Aufklärung über das Freihalten der Gewässer von menschlichen Ausscheidungen gehört.
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