2 Therapiekonzepte – Traumafokussierte Therapieverfahren

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Posttraumatische Belastungsstörung
Therapiekonzepte
Hausarbeit
in der Fachrichtung Psychologie
der Universität des Saarlandes
vorgelegt von
Inka Beege & Julia Sutter
Saarbrücken, Wintersemester 2009/2010
2
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ................................................................................................. 3
2
Therapiekonzepte – Traumafokussierte Therapieverfahren .............. 3
2.1
Kognitive Therapie ................................................................................ 4
2.2
Expositionsverfahren . ............................................................................ 6
2.3
Narrative Verfahren ............................................................................... 8
2.3.1
Narrative Expositionstherapie (NET) ..................................................... 8
2.4
EMDR ..................................................................................................... 9
3
Therapiekonzepte – Psychodynamische Ansätze ................................. 10
3.1
Integrative psychodynamisch-kognitive Psychotherapie .................... 10
3.2
Psychodynamisch-imaginative Traumatherapie ................................... 11
4
Weitere Therapiekonzepte ..................................................................... 12
4.1
Konzentrative Bewegungstherapie ...................................................... 12
4.2
Psychopharmakotherpaie ...................................................................... 13
5
Abschluss ................................................................................................. 13
Literaturverzeichnis ....................................................................................... 15
3
1 Einleitung
Posttraumatischen Belastungsstörungen entstehen „als eine verzögerte oder
protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer
oder
längerer
Dauer,
mit
außergewöhnlicher
Bedrohung
oder
katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung
hervorrufen würde“ (ICD-10, 2008, S. 183f.). Die psychischen und
psychosomatischen Folgen können über Monate und Jahre hinweg andauern
und bedürfen einer entsprechend intensiven und umfassenden Behandlung.
Belastende Ereignisse, die über Jahre hinweg andauern wie der sexuelle
Missbrauch in der Kindheit können nicht vergessen werden und bleiben Teil
der Biographie, dadurch prägen sie das Verhalten und Erleben eines
Individuums maßgeblich. Schwerwiegende Folgen hat eine frühe sexuelle
Missbrauchserfahrung vor allem auf die Persönlichkeitsentwicklung. So kann
es sein, dass sich hinter einer Borderline Symptomatik ein Trauma aus der
frühen Kindheit verbirgt. Es ist nicht selten, dass Menschen aufgrund ihres
seltsamen Verhaltens oder ihrer „schrägen“ Persönlichkeit auffallen. Jedoch
muss es sich nicht um eine Persönlichkeitsstörung handeln, hinter diesem
Verhalten kann sich ebenso ein traumatisches Ereignis verstecken, welches
nicht adäquat verarbeitet werden konnte und sich eine posttraumatische
Belastungsstörung entwickelt hat.
Es gibt eine Vielzahl therapeutischer Ansätze, von denen im Rahmen dieser
Arbeit einzelne Verfahren herausgegriffen und näher betrachtet werden sollen
(vgl. vorliegende Arbeit, Kapitel 2ff.).
2 Therapiekonzepte – Traumafokussierte
Therapieverfahren
Den Kern der traumafokussierten Therapieverfahren stellt die Reduktion der
Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung dar. Verschiedene
Verfahren wie die Prolongierte Exposition, diverse kognitive Therapien sowie
EMDR zählen zu den traumafokussierten Therapieverfahren, auf welche in
diesem Kapitel näher eingegangen werden soll.
4
2.1 Kognitive Therapie
Ziel der kognitiven Therapie ist die „Veränderung der persönlichen negativen
Bedeutung des Traumas und seiner Folgen hin zu einer hilfreichen Perspektive
zu dem Erlebten ebenso wie der Abbau aufrechterhaltender kognitiver
Strategien und Verhaltensweisen“ (Maercker, 2009, S. 222). Zu Beginn einer
kognitiven Therapie werden die Zusammenhänge zwischen intrusiven
Traumaerinnerungen und verbundenen Gefühlen, Kognitionen sowie die
Reaktionen, die auf die Gefühle und Kognitionen des Patienten folgen,
erhoben. Eine entscheidende Aufgabe des Therapeuten hierbei ist es dem
Patienten aufzuzeigen, inwiefern Gedanken, Kognitionen, die Interpretation
des Traumas, sowie kognitive Strategien zur Aufrechterhaltung der PTB
Symptome beitragen (vgl. Maercker, 2009, S. 222). Anschließend findet mit
Hilfe
des
imaginativen
Nacherlebens
eine
erste
Aktivierung
der
Traumaerinnerung statt. Bei der Aktivierung von Traumaerinnerungen ist die
Bereitschaft des Patienten sehr wichtig „sich umfassend und detailliert an die
Vorgänge, Empfindungen und Gedanken während des Traumas zu erinnern.
Dies muss in der Regel mehrmals geschehen, bis alle relevanten
Interpretationen und Bedeutungen erkannt und erfasst werden können“
(Maercker, 2009, S. 223). Die intrusiven Traumaerinnerungen sind sehr
belastend und häufig bedrohlich, deshalb ist die Unterstützung des Therapeuten
unabdingbar.
Durch die mehrmalige Aktivierung der Intrusion wird über die Zeit angestrebt,
dass die Traumaerinnerungen als Erinnerungen an ein vergangenes Ereignis
erlebt werden, die aktuell keine Belastung und Bedrohung mehr darstellen und
somit die Vermeidung der Erinnerung nicht mehr notwendig ist (vgl. Maercker,
2009, S. 223)
Im Anschluss an die Aktivierung der Intrusion legt der Therapeut gemeinsam
mit dem Patienten die Therapieziele fest, wobei darauf zu achten ist, dass
diese realistisch sind. Der Wunsch vieler Patienten ist es, das Trauma zu
vergessen und ein Leben zu führen, wie sie es vor dem Trauma führten.
Realistische und konkrete Ziele hingegen sind Ziele wie besser schlafen zu
können, offen über das Trauma reden zu können und die Gedanken als nicht
mehr belastend wahrnehmen zu können (vgl. Maercker, 2009, S. 223).
5
Im Verlauf der ersten Therapiesitzungen findet die Diagnostik statt, auf die in
der vorliegenden Arbeit nicht näher eingegangen wird.
Die kognitive Intervention findet im weiteren Behandlungsverlauf statt, im
Mittelpunkt steht das gemeinsame Diskutieren und Modifizieren der
Bedeutung des Traumas für den Patienten, sowie das Finden neuer Wege mit
den Erinnerungen und Gedanken an das Trauma umzugehen. Die Methoden
der
kognitiven
Intervention
werden
eingesetzt,
um
die
negativen
Interpretationen zu identifizieren und anschließend zu verändern, des Weiteren
werden aufrechterhaltende Faktoren und Verhaltensweisen reduziert (vgl.
Maercker, 2009, S. 229). Die Basis bildet der sokratische Dialog, dessen
Prinzip ist, die Patienten durch Hinterfragen zu eigenen Schlussfolgerungen zu
leiten. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Patienten nicht überredet
werden, sondern gemeinsam mit dem Therapeuten diskutieren und die
Argumente für und wider der Auffassung der Patienten gemeinsam abgewogen
werden (vgl. Maercker, 2009, S.230).
Im Folgenden sind einige Techniken der kognitiven Therapie kurz dargestellt
(vgl. Maercker, 2009, S.230).
-
Betrachtung von Befürchtungen und Erwartungen als Hypothesen, die
man testen kann
-
Gebrauch von Wahrscheinlichkeitsschätzungen, Beweissammlung und
Verhaltensexperimenten, um Überzeugungen und Erwartungen zu
überprüfen
-
Sammeln
von
Belegen
für
und
gegen
die
Gedanken
und
Überzeugungen
-
Entwicklung alternativer und hilfreicher Gedanken und Erwartungen
-
Imaginationsverfahren zur Entwicklung einer neuen Perspektive, zum
Beispiel durch Vorstellung des Geschehenen aus der Perspektive einer
anderen Person
Ehlers und Clark (2008) entwickelten zusätzlich zu den kognitiven Verfahren,
eine
spezielle
kognitive
Intervention
zur
Veränderung
des
Traumagedächtnisses. Diese Intervention zielt auf die Besonderheiten des
Traumagedächtnisses der Posttraumatischen Belastungsstörung ab (vgl.
6
Maercker, 2009, S. 231). Die Erinnerungen, die durch den willentlichen Abruf
des Traumas entstehen, sind häufig unzusammenhängend und unvollständig.
„Dies trägt dazu bei, dass Patienten bei der Erinnerung der schlimmsten
Momente des Traumas oft Informationen nicht abrufen können, die deren
Bedeutung eine neue Perspektive geben würden“ (vgl. Maercker, 2009, S. 231;
zit. n. Ehlers & Clark, 2000). Die sogenannte Aktualisierung des
Traumagedächtnisses hat zur Aufgabe eine gezielte Verknüpfung der
Erinnerung an die schlimmsten Momente mit Informationen herzustellen, die
die negative Interpretation
relativieren (vgl. Maercker, 2009, S. 231).
Desweiteren sind sich die Patienten nur selten der sensorischen Auslöser für
die intrusiven Erinnerungen bewusst. Die Identifikation solcher Auslöser ist ein
wichtiger Bestandteil dieser speziellen Intervention. Wenn ein Auslöser
identifiziert ist, muss sich der Patient darauf konzentrieren, wie sich der
Auslöser und der aktuelle Kontext von der traumatischen Situation
unterscheiden (vgl. Maercker, 2009, S. 232). Ein weiterer wichtiger Faktor, den
dieses Verfahren berücksichtigt ist, dass die Patienten häufig beschreiben, sie
seien durch das Trauma völlig andere Menschen geworden. Sie haben den
Wunsch, das „Leben zurück zu erobern“. Der Therapeut kann hier mit Hilfe
von Hausaufgaben veranlassen, dass der Patient schrittweise Aktivitäten
wieder aufnimmt, die seit dem Trauma aufgegeben wurden (Maercker, 2009, S.
232).
2.2
Expositionsverfahren
In der Traumaexposition geht es um die Konfrontation mit dem Trauma, um
das Erlebte verarbeiten zu können und in die eigene Vergangenheit zu
integrieren. Die Expositionsbehandlung beinhaltet somit ein wiederholtes
imaginatives Wiedererleben der traumatischen Ereignisse. Man unterscheidet
zwei Arten der Exposition in der Behandlung der Posttraumatischen
Belastungsstörung. Zum einen imaginative Verfahren, die sogenannte
Exposition in sensu, hierbei handelt es sich um Erinnerungen an das Ereignis.
Zum anderen die Exposition in vivo, wobei es sich um die Exposition mit
Situationen, Objekten, Orten oder Personen in der Realität handelt. Diese sind
meist mit Ängsten besetzt und werden deshalb von den Patienten vermieden. In
7
den meisten Fällen liegt eine Kombination beider Verfahren vor (vgl.
Maercker, 2009, S. 207).
Die langandauernde (prolongierte) Exposition ist das meist untersuchte
expositionsbasierte Therapieprogramm und soll im Folgenden näher erläutert
werden.
In den ersten Sitzungen findet neben der Diagnostik, dem Aufbau von Stabilität
und dem gemeinsamen Erstellen eines Therapieplans die Erstellung einer
Hierarchie angstbesetzter Situationen statt. Diese Hierarchie ist hilfreich für die
Umsetzung der Exposition in vivo. In den darauf folgenden sieben bis zehn
Sitzungen durchleben die Patienten ihr traumatisches Erlebnis in der
Vorstellung, währenddessen sollen sie es laut beschreiben „als geschehe es
gerade in diesem Augenblick“ (Maercker, 2009, S.207). Die Exposition in
sensu wird aufgenommen und den Patienten mit nach Hause gegeben, sie
erhalten die Aufgabe sich die Aufnahme zwischen den Sitzungen anzuhören
(vgl. Maercker, 2009, S.207). Wichtig ist, dass der Patient die Unterstützung
des Therapeuten erfährt, zum Beispiel durch Aussagen wie „ Sie machen das
sehr gut, bleiben Sie bei dem Bild“ (Maercker, 2009, S.207). Aussagen wie
diese sollen den Patienten ermutigen. Es ist ebenfalls sinnvoll, dem Patienten
während der Exposition von gefürchteten Situationen Fragen zu seinen
aktuellen
Empfindungen,
Gedanken,
körperlichen
Reaktionen
und
Veränderungen zu stellen (vgl. Maercker, 2009, S. 208). Nachdem die
imaginative Exposition beendet ist, erhält der Patient entsprechend seines
„Stressniveaus
ausgiebig,
positive,
unterstützende
oder
beruhigende
Rückmeldungen [erhalten], bevor anschließend gemeinsam über die Erfahrung
gesprochen wird, das Trauma wiederzuerleben“ (Maercker, 2009, S. 208). Von
großer Bedeutung ist ein Gefühl der Sicherheit, welches der Therapeut dem
Patienten vermitteln muss. Sehr hilfreich ist es, dem Patienten klar zu machen,
dass sich unabhängig von den Erinnerungen, an dem Geschehenen nichts
ändern wird. „Sie haben überlebt, und so offensichtlich das zum Überleben
Richtige getan“ (Maercker, 2009, S. 208). Es ist demnach sehr wichtig, dass
der Patient das Gefühl hat, eine Kontrolle über den Vorgang des Erinnerns und
den damit verbundenen Empfindungen hat.
8
2.3
Narrative Verfahren
Oftmals haben traumatisierte Menschen enorme Schwierigkeiten, sich auf
einen narrativen Prozess einzulassen, sodass es ihnen nicht möglich ist,
Erinnerungen, Emotionen, Gedanken und Fakten zu aktualisieren und neu
einzuordnen. „Das Trauma bleibt [somit] ein Fremdkörper, der nicht zum
Bestandteil der eigenen Biografie werden kann“ (Neuner et al., 2008a).
Deshalb ist „das Ziel narrativer Verfahren die Rekonstruktion des
autobiografischen Gedächtnisses über die traumatischen Erlebnisse im Kontext
der Lebensgeschichte“ (Maercker, 2009, S. 297). Diese narrative Aufarbeitung
der Lebensgeschichte ist den verschiedenen Verfahren gemeinsam, wobei sich
einzelne Ansätze bezüglich Schwerpunkt und strukturellem Vorgehen leicht
unterscheiden.
Im
Folgenden
soll
exemplarisch
die
narrative
Expositionstherapie erläutert werden.
2.3.1 Narrative Expositionstherapie (NET)
Die NET ist eine bei Mehrfachtraumatisierung und organisierter Gewalt
angewendete Behandlungsmethode.
Wichtige
Behandlungselemente
sind
die
Psychoedukation
sowie
die
Erarbeitung einer Lebenslinie, welche eine grobe Einordnung der wichtigsten
Lebensereignisse zum Ziel hat. Der wesentliche Anteil der Therapie besteht
jedoch in der Erarbeitung der Narration. Hierbei wird die gesamte
Lebensgeschichte, von Geburt bis zur heutigen Situation, schriftlich
festgehalten und im Laufe der Behandlung immer wieder ergänzt.
Ein wesentlicher Unterschied zu gewöhnlichen Anamnesegesprächen besteht
in der Anstrebung eines emotionalen und erlebnisnahen Berichts anstatt der
Erhebung von Fakten.
Durch das intensive Wiedererfahren aktualisiert sich die Vergangenheit auf
allen Ebenen in der Gegenwart (Kognitionen, Emotionen, Bedeutungen,
Empfindungen etc.).
Gleichzeitig wird das Erleben während der traumatischen Situation damals
ständig kontrastiert mit dem Erleben im Hier und Jetzt und mit dem Kontext in
der Gegenwart, sodass es nach und nach zu Habituation und Neubewertung
kommt (vgl. Maercker, 2009).
9
Dies führt oftmals zur Reflexion der Ereignisse auf der Metaebene, was durch
kognitive Interventionen zur Hinterfragung von Schuld- und Schamgefühlen
noch unterstützt werden kann.
Abschließend sei also darauf hingewiesen, dass „die Wirksamkeit der NET
nicht »nur« auf dem Traumafokus sondern auch auf der Psychoedukation über
die seelischen Wunden, auf der Restrukturierung des kalten Gedächtnisses, auf
der Reorganisation bzw. Hemmung der Erinnerung, auf dem »In-Wortefassen«, also der linguistischen Repräsentation der Narration, sowie auf der
kognitiven Neubewertung insbesondere von Scham und Schuld und letztlich
auch auf der Anerkennung des Leidens durch den Therapeuten beruht“
(Maercker, 2009, S. 317).
2.4
Eye-Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
»Eye-Movement
Desensitization
and
Reprocessing«,
übersetzt
»Desensibilisierung und Neuverarbeitung mit Augenbewegungen«, stellt eine
von
Shapiro
entwickelte
Kurzzeittherapie
der
posttraumatischen
Belastungsstörung dar.
Bei dieser Behandlungsmethode werden negative mit dem Trauma assoziierte
Kognitionen wie „Ich bin schuld“ sowie Emotionen, Bilder und körperliche
Missempfindungen aktualisiert und über akustische, taktile oder visuelle
bilaterale Stimulation, meist über geführte Augenbewegungen, unter Anleitung
des Therapeuten durchgearbeitet. Bei Abnahme des emotionalen Drucks der
Erinnerungen werden diese neu und positiv bewertet, z.B. „Ich habe überlebt!“
und durch Stimulation verstärkt.
Im Folgenden soll die Kurzzeittherapie EMDR als Verfahren in acht Phasen
dargestellt werden.
-
Phase 1: Erhebung der Vorgeschichte und Behandlungsplanung
-
Phase 2: Stabilisierung und Vorbereitung auf EMDR
-
Phase 3: Einschätzung der belastenden Ausgangssituation auf
mehreren Ebenen
-
Phase 4: Neuverarbeitung mit äußerer Stimulierung
-
Phase 5: Verankerung
-
Phase 6: Körper-Test zur Überprüfung möglicher Restbelastungen
10
-
Phase 7: Abschluss der Sitzung
-
Phase 8: Nachbefragung in einer späteren Sitzung
Insgesamt hat sich dieses Verfahren als sehr wirksam erwiesen, wobei die
Wirkung meist in weniger Sitzungen erreicht wird und die Akzeptanz durch
Patienten sehr hoch ist.
3 Therapiekonzepte – Psychodynamische Ansätze
3.1
Integrative psychodynamisch-kognitive Psychotherapie
Diese von Horowitz 1997 entwickelte Therapiemethode beinhaltet eine
Kombination aus psychodynamischen und verhaltenstherapeutisch-kognitiven
Therapieansätzen.
Im Mittelpunkt des Ansatzes steht die Verarbeitung konflikthafter Gedanken
und Gefühle sowie die Veränderung früh ausgebildeter persönlicher Schemata
(z.B. wie das Selbst im Bezug zur Umwelt steht).
Dabei ist zu beachten, dass bei verschiedenen Personen mit verschiedenen
Persönlichkeitsstilen unterschiedliche Themen besonders wichtig bzw.
konflikthaft werden.
Im Rahmen des Veränderungsprozesses werden entweder neue Informationen
aufgenommen oder frühere Konzepte so umgestaltet, dass sie dem veränderten
Leben nach der traumatischen Erfahrung genügen (Horowitz, 1986).
Innerhalb dieses Prozesses treten emotionale Reaktionen immer dann auf,
wenn zwei Überzeugungen miteinander in Konflikt stehen.
Allgemeines
Therapieziel
Betrachtung
solcher
Kommunikation.
ist
Konflikte
Den
die
und
Bewusstmachung
Fantasien
Vermeidungsstrategien
und
mittels
des
wiederholte
therapeutischer
Patienten
werden
verschiedene Interventionstechniken wie z.B. Realitätsprüfung oder die aktive
Interpretation spezifischer Überzeugungen entgegengesetzt, sodass subjektiv
erträgliche Mengen von bewussten Erinnerungen an das Trauma hergestellt
werden (Horowitz, 1986).
11
Ziel ist es, den Belastungszustand zu reduzieren, indem Schemata sowohl
kognitiv als auch emotional integriert werden. Es soll nicht darum gehen, eine
umfassende Persönlichkeitsänderung herbeizuführen, wenn auch beachtet
werden
muss,
dass
Personen
mit
unterschiedlicher
Persönlichkeitsakzentuierung verschiedenen Arten von Beziehungsgestaltung
und Widerstand aufweisen. Deshalb wurden innerhalb dieser Therapiemethode
unterschiedliche
Behandlungsschwerpunkte
Persönlichkeitsstrukturen
(histrionische,
für
die
zwanghafte
verschiedenen
und
narzisstische
Persönlichkeit) entwickelt. Somit wird das allgemeine Behandlungsrational an
die Persönlichkeitsdispositionen des Patienten angepasst.
3.2
Psychodynamisch-imaginative Traumatherapie (PITT)
Die Psychodynamisch-imaginative Traumatherapie nach L. Reddemann ist ein
Verfahren, dass vor allem bei Patienten mit komplexen posttraumatischen
Störungsbildern mit dysfunktionaler Selbstregulation eingesetzt wird.
Ziel dieses Ansatzes ist die Entwicklung und Förderung von Fähigkeiten zur
Selbstregulation, Selbsttröstung und Selbstakzeptanz.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Ich-stärkenden sowie resilienzfördernden Strategien, welche der Durcharbeitung des Traumas vorangehen.
Die PITT orientiert sich am Prozess der „natürlichen Traumaverarbeitung“ und
versucht sich dem natürlichen Selbstheilungsversuch anzupassen, welcher als
Wechselspiel von Impuls und Abwehr mittels Intrusion und Vermeidung
aufgefasst wird.
Auch
Symptome
wie
Traumakompensation,
also
Persönlichkeitsveränderungen,
Selbstregulationsversuch,
werden
als
verstanden
und
gewürdigt.
Im Folgenden werden die Interventionslinien von PITT skizziert (vgl.
Maercker, Posttraumatische Belastungsstörung, 1994).
Fokus: Patient
1. Förderung
von
Progression.
Aufbau
eines
therapeutischen
Arbeitsbedürfnisses und psychoedukativer Einbezug des Patienten in die
Behandlungsplanung.
12
2. Arbeit
mit
Persönlichkeitsressourcen.
Unterstützung
des
Selbstheilungsprozesses durch salutogenetisches Vorgehen.
Fokus: therapeutische Arbeit
1. Integration
von
Trainingselementen
Imagination,
in
ein
Meditation,
psychodynamisches
Rollenspiel
und
Konzept
von
Therapieführung und Beziehungsgestaltung (Reddemann, 2001).
2. Lösungsorientiertes Vorgehen
3. Arbeit an Konstellationen der internalisierten Objektbeziehungen. Die PITT
verbindet Imaginationsübungen mit der Arbeit an „inneren verletzten sowie
verletzenden Anteilen“ und fördert so eine verbesserte Kommunikation und
Kooperation verschiedener Persönlichkeitsanteile sowie die Nachreifung
dysfunktionaler Komponenten.
4. Würdigung der Abwehrmanöver stets unter Ressourcengesichtspunkten.
5. Anregung einer Distanzierung von überflutenden inneren Bildern durch
Imaginationen mit dem Ziel, das Ich als Ganzes zu modifizieren.
4 Weitere Therapiekonzepte
4.1
Konzentrative Bewegungstherapie (KBT)
Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine psychotherapeutische
Methode
für
Gruppen-
entwicklungspsychologischer
und
Einzelpsychotherapie
(z.B.
Piaget)
und
auf
der
Basis
tiefenpsychologischer
Denkmodelle. In der KBT geht es um die bewusste Körperwahrnehmung im
„Hier und Jetzt“. In der therapeutischen Arbeit ist die Betonung von
sensorischer Wahrnehmung und motorisch-emotionaler Bewegung Angelpunkt
für Erfahren, Handeln und Erinnern. Die KBT basiert auf der Annahme, dass
die Geschichte eines Menschen Ausdruck findet
im Verhalten, in der
Körperhaltung und -bewegung. Das Bewusst machen und dadurch einem
reiferen Verarbeitungsvorgang zugänglich machen dieser im körperlichen
Erleben gespeicherten Handlungs- und Wahrnehmungsmuster, ist Ziel der
KBT. Auf diese Weise wird ein aufmerksamer, wacher Umgang mit sich
13
selbst, die Erfahrung der eigenen Handlungskompetenz und die Ausweitung
der individuellen Ressourcen möglich (vgl. Sachsse, 2004, S. 167f.).
4.2
Psychopharmakotherapie
In der Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen besitzt die
Psychopharmakotherapie eine eher untergeordnete Rolle. Neuere Erkenntnisse
legen allerdings nahe, dass bestimmte Psychopharmaka die Entstehung von
Dysfunktionen im Rahmen einer PTBS verhindern oder rückgängig machen
könnten (Bonne et al. 2004; Charney 1993).
Generell ist die PTBS eine pharmakotherapeutisch schwer zu behandelnde
Erkrankung, weshalb eine Indikation hauptsächlich auf die Verminderung
somatischer Begleiterscheinungen im Rahmen der drei Symptomgruppen
Intrusion,
Vermeidung
und
emotionale
Taubheit
sowie
chronische
Übererregung abzielt.
Darüber hinaus zeigt die medikamentöse Behandlung eine gute Wirksamkeit
bei häufig auftretenden komorbiden Störungen wie Depression, Panikattacken
und Angstzuständen sowie bei psychotischem Erleben.
Der in Deutschland einzig zugelassene Wirkstoff zur Behandlung einer PTBS
ist derzeit das Antidepressivum Paroxetin aus der Gruppe der selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), welcher bezüglich der drei
Symptomcluster eine gute Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit aufweist.
So scheint die pharmakotherapeutische Behandlung nach dem gegenwärtigen
Kenntnisstand als Monotherapie nicht ausreichend zu sein, als Ergänzung im
Gesamtbehandlungsplan posttraumatischer Störung erscheint sie jedoch
sinnvoll.
5 Abschluss
Ein Großteil der Trauma-Patienten fürchtet sich sehr davor, über die
traumatischen Erfahrungen zu berichten und versucht, die Erinnerungen und
die intensiven Reaktionen darauf zu vermeiden. Es ist häufig ein sehr langer
Weg bis therapeutische Hilfe aufgesucht wird, durch das Vermeiden jeglicher
angstbesetzter Situationen und Gedanken fallen die Patienten meist jahrelang
14
durch
ihr
„seltsames“
Verhalten
auf.
Nicht
selten
wird
eine
Persönlichkeitsstörung hinter dem Verhalten vermutet.
Das „Wachrufen“ eines Traumas ist ein sehr wichtiger Prozess, um die
traumatischen Erinnerungen zu verarbeiten und in die Vergangenheit zu
integrieren. Eine therapeutische Begleitung ist bei diesem Prozess des
Wachrufens und Integrierens unabdingbar. In welcher Form die therapeutische
Unterstützung stattfindet, ist eine individuell zu treffende Entscheidung. Eine
Vielzahl therapeutischer Ansätze verschiedener Schulen ermöglicht es, eine für
jeden Patienten passende therapeutische Interventionsart wählen zu können,
um die Bewältigung des traumatischen Erlebnisses bestmöglich anzustreben.
15
Literaturverzeichnis
Bonne, O., Grillon, C., Vythilingam, M., Neumeister, A., Charney, D. S.
(2004). Adaptive and maladaptive psychobiological responses to severe
psychological
stress:
implications
fort
he
discovery
of
novel
pharmacotherapy. Neuroscience of Biobehavioral Reviews, 28 (1), 65–94.
Charney, D. S., Deutch, A. Y., Krystal, J. H., Southwick, S. M. & Davis, M.
(1993). Psychobiologic mechanisms of posttraumatic stress disorder.
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Horowitz, M. J. (11976/1986). Stress response syndroms (1st & 2nd ed.). New
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Maercker, A. (2009). Posttraumatische Belastungsstörung. Berlin Heidelberg:
Springer.
Neuner, F., Catani, C., Ruf, M., Schauer, E., Schauer, M. & Elbert, T. (2008a).
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adolescents (KIDNET): From neuro-cognitive theory to field intervention.
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Reddemann, L. (2001). Imagination als heilsame Kraft. Zur Behandlung von
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Sachsse, U., Schmitz, U. (2004).Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) zur
Traumabewältigung. Vandenhoeck & Ruprecht.
Shapiro, F. (2001). Eye Movement Desensitization and Reprocessing. New
York: Guilford.
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