Die Rolle der USA in Lateinamerika I. Hintergrund und geschichtlicher Überblick 1. Die Monroe-Dokrtin(1823) 1823: Präsident James Monroe verkündigt eine neue Außenpolitik Kontext: Zerfall des europäischen Imperiums in Lateinamerika, Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Kolonien Erklärung, dass keine europäische Intervention auf dem amerikanischen Kontinent akzeptiert wird→ Schutz der westlichen Hemisphäre Fundament der Lateinamerikapolitik der USA bis heute 2. Politik des “Big Stick” (1904) und “Dollardiplomatie” (1909) 1904: Präsident Theodore Roosevelt erklärt : “Speak softly and use a Big Stick” Legitimation der Interventionen und militärischen Besetzungen aufgrund von Unfähigkeit oder falschem Verhalten der lateinamerikanischen Regierungen. 1909: Präsident William Howard Taft definiert seine Interventions- und Investitionspolitik als “Dollardiplomatie“ Kombination aus ökonomischen Interessen und politischen Interventionen als bester Weg um Ordnung und Stabilität in der Region zu sichern→ Rolle einer regionalen Polizei 3. “Good Neighbor” Politik (1933) Franklin D. Roosevelt: Verbesserung der interamerikanischen Beziehungen, durch kooperieren und Handel treiben 1933: Keine Interventionen weder in interne noch externe Belange Versuch sich von der interventionistischen Politik zu distanzieren Ausnahme in der außenpolitischen Linie der USA 4. Der Kalte Krieg(1945) und die OEA (=OAS, Organization of American States) Außenpolitik wird durch Ideologie und den Kampf gegen Kommunismus bestimmt 1947 TIAR (Tratado Inter-Americano de Asistencia Recíproca), Militärbündnis 1948 CEPAL (Comisión Económica Para América Latina), Wirtschaftskommission 1948 OEA (Organización de Estados Americanos, Org. der Amerikanischen Staaten) Idee: Panamerikanismus (Simón Bolívar, 1826, Kongress von Panamá), Ersatz der Panamerikanischen Union, Allianz gegen den Kommunismus Ziele (seit 1990): 1. Demokratie stärken 2. Frieden schaffen 3. Menschenrechte verteidigen 4. Freihandel vorantreiben 5. Drogen bekämpfen 6. Nachhaltige Entwicklung fördern 7. Effektiv kooperieren/zusammenarbeiten Interventionen (unter anderen): 1954 Guatemala (Coronel Arbenz vs. United Fruit Company) 1965 Dominikanische Republik 1973 Chile (Salvador Allende) 1979-89 Zentralamerika 5. Nach dem Kalten Krieg (1989) Verzicht auf die ideologischen Differenzen des Kalten Krieges → besseres Verständnis und Kooperation, Erweiterung der demokratischen Zone (kritisch!) 1989 George Bush Sen. 1989 Panamá (Noriega, Operation “Causa Justa”) 1993 Bill Clinton > 1994 Haiti (humanitäre Operation) 1 II. Die Sicherheitspolitik in Lateinamerika Das Hauptziel ist ein besserer Schutz gegen Drogen und Terrorismus. 1. Drogen: Plan Colombia Kolumbien ist mit 90% der Hauptexporteur von Dorgen auf den Markt der USA In Kolumbien gibt es schon seit ca. 40 Jahren einen Bürgerkrieg zwischen Guerillas, dem Heer und Paramilitärs Die Hauptproduktionsgebiete von Koka und Schlafmohn, die auch reich an Öl sind, werden von den Guerillas der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) und der ELN (Ejército de Liberación Nacional) kontrolliert 1999: Plan Colombia, entwickelt vom kolumbianischen Präsidenten, Andres Pastrana, dient dem militärischen Kampf gegen den Drogenhandel und der Zerstörung der Kokaund Schlafmohnfelder Die Clinton-Administration unterstützte den Plan mit 1,3 Milliarden US$, davon vorwiegend Militärhilfe Im Gegenzug muss die Regierung Kolumbiens alle Anbauflächen von Koka und Schlafmohn bis 2005 zerstören Folgen des Plan Colombia: Die Anbauflächen nehmen weiter zu (die Kleinbauern verlegen ihre Felder in andere Regionen => Regenwald) Guerillas (FARC y ELN) und Paramilitärs (AUC = Autodefensas Unidas de Colombia) scheinen in der Liste der internationalen Terrororganisationen der USA auf => die Regierung hat nun die Legitimation, offiziell gegen den Drogenterrorismus zu kämpfen schwere Menschenrechtsverletzungen im Bürgerkrieg Interesse der USA an der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen wie z.B. Öl Mit der “Iniciativa Regional Andina” wird der Kampf gegen Drogen auch auf die Länder Bolivien, Brasilien, Ecuador, Panama, Peru und Venezuela ausgedehnt 2. Terrorismus nach dem 11.September 2001 Intensivierung der Sicherheitspolitik der USA in Lateinamerika (Dreieck zwischen Argentinien-Brasilien-Paraguay; die Grenze zwischen den USA und Mexiko) Einerseits Solidarität und Wiederbelebung der Alianzen des interamerikanischen Sicherheitssystems Reunión Ministerial de Defensa de las Américas Comisión de Seguridad Hemisférica (permanenter Rat der OEA) Inter-American Defense Board (IADB) Tratado Inter-Americano de Asistencia Recíproca (TIAR) → dienen vorwiegend der Verhinderung und dem Kampf gegen den Terrorismus Andererseits gibt es einen Prozess der Unabhängigkeit von den USA mit der Wiederbestätigung der lateinamerikanischen Identität unter der Führung Brasiliens III. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Lateinamerika und den USA A) Wirtschaftliche Abhängigkeit und Dollarisierung 1. Die wirtschaftlichen Beziehungen Der US-amerikanische Markt spielt eine sehr wichtige Rolle für die lateinamerikanischen Länder. Einerseits werden 54% der lateinamerikanischen Produkte und Dienstleistungen in die USA exportiert und 47% der Importe kommen aus den USA. Andererseits sind die USamerikanische Direktinvestitionen in dieser Region unerlässlich für die wirtschaftliche Entwicklung: mit einem Anteil von 36,2% der gesamten Investitionen in Venezuela stellen die USA beispielsweise den größten Investor dar. Aus diesem Grund wird deutlich, dass das lateinamerikanische Wirtschaftswachstum sehr stark von der US-amerikanischen Wirtschaft abhängt. 2 2. Die Dollarisierung 2.1. Die verschiedenen Arten der Dollarisierung Dolarización extraoficial (Dollarisierung ohne legale Zustimmung): Der Dollar zirkuliert ohne legale Zustimmung, das bedeutet, dass die Währung nicht offiziell durch ein Gesetz als Zahlungsmittel eingeführt wurde. Es existiert eine nationale Währung, der Dollar ist aber “extraoffiziell” in Umlauf. Diese Form der Dollarisierung stellt sich wie folgt dar: Die nationale Währung wird substituiert, indem die Bevölkerung Dollarnoten erhält Der Dollar übernimmt die Funktion einer Werteinheit, d.h. viele alltägliche Produkte werden in der ausländischen Währung ausgepreist Länder: Bolivien, Mexiko, Peru Halboffizielle Dollarisierung (bimonetäre Systeme): Der Dollar wird neben der heimischen Währung verwendet. Allerdings dominiert die US-amerikanische Währung die Bankdepots. Die nationale Währung wird für die Bezahlung der Löhne und täglicher Ausgaben herangezogen. Da die Verwendung beider Währung legal ist, spricht man auch von bimonetären Systemen. Die „halb-dollarisierten“ Länder behalten ihre Unabhängigkeit über eine nationale Bank und können ihre eigene Geldpolitik lenken. Land: Guatemala Offizielle Dollarisierung: Diese Länder haben keine monetäre Autonomie, da der Dollar Zahlungsmittel, Wertdepot und Zahlungseinheit ist. Der Dollar ist die vorherrschende oder exklusive Währung und obwohl die heimische Währung nicht abgeschafft ist, wird sie de facto nicht verwendet. Länder: Puerto Rico, Ecuador, Panamá 2.2. Gründe für die Dollarisierung Abbremsen der Inflation → Preisstabilität Wirtschaftswachstum → mehr Wettbewerbsfähigkeit in der Weltwirtschaft 2.3. Folgen der Dollarisierung Der Preisanstieg konnte nur aufgehalten werden Der Wirtschaftsaufschwung lässt auf sich warten (die erhofften Zinssenkungen, die die Nachfrage ankurbeln und neue Investoren anlocken sollen, sind nicht so hoch ausgefallen, wie sich die verantwortlichen Wirtschaftspolitiker der dollarisierten Länder erhofft hatten) Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft (dollarbeziehende Bevölkerung vs Bevölkerung, die ihr Einkommen in der Landeswährung erhält) → Die Dollarisierung führt zu einer Verschärfung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den USA (v.a. der Federal Reserve Bank = US-amerikanische Zentralbank) B) Wirtschaftsabkommen: Definition NAFTA/TLC (North American Free Trade Agreement/el Tratado de Libre Comercio,) nordamerikanisches Freihandelsabkommen, am 1. Januar 1994 (unter Bill Clinton) in Kraft getretene Vereinbarung zur Schaffung einer Freihandelszone. Teilnehmende Länder: USA, Kanada und Mexiko Ziele des Abkommens: Förderung des Handels des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und zur Erleichterung von Investitionen Schutz des geistigen Eigentums (Patentschutz) 3 Wegfall eines Großteils der früher zwischen den beteiligten Staaten bestehenden Handelshemmnissen Weitgehende Befreiung des Warenaustausches/Zoll befreit. Stärkung des Wirtschaftsraumes gegenüber Europa/Asien Umsetzung (von der Unterzeichung zur Wirtschaftsunion) NAFTA-Gebiet gilt als größte Freihandelszone weltweit. Sie umfasst etwa 415 Millionen Menschen und ein Bruttoinlandsprodukt von mehr als neun Billionen Euro. Die historische Bedeutung der Freihandelszone liegt darin, dass sich zum ersten Mal Industrienationen mit einem Schwellenland verbanden. Oberstes Gremium ist die Free Trade Commission, die sich aus den Handelsministern Mexikos, Kanadas und der Vereinigten Staaten zusammensetzt. NAFTA-Papier wird allerdings von Nebenabkommen über gemeinsame Standards für Umweltschutz und Arbeitsrecht flankiert. Vor,- bzw. Nachteile des Abkommens für Mexiko: Vorteile: USA größter Handelspartner Mexikos (80% der Exporte) Verdreifachung des Handelsvolumens/mex. Exports in den letzen zehn Jahren Entwicklung Mexikos vom Rohstoff-zum Fertigwarenexporteur 25% mehr Direktinvestitionen (total ca. 155 Milliarden US$). in Mexiko durch Abkommen (quelle: Weltbank) Nachteile: 1,3-1,8 Mio. mex. Bauern verlieren in 10 Jahren der NAFTA bisher ihre Arbeit Norden des Landes (Nähe USA) profitiert wesentlich mehr als Rest des Landes größere Abhängigkeit von den USA USA machen de facto mex. Wirtschaftpolitik Mexiko büßt Wettbewerbsfähigkeit ein (Preise) Entstehung von „maquilas“ (Billiglohnindustrie)in Grenzgebiet =>Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen mex. Kleinanbieter werden von Großkonzernen aus dem Markt gedrängt Mexiko muss viele Grundnahrungsmittel importieren, da sie in nicht mehr im Land produziert werden teilweiser Verlust der mex. Kultur durch starken US-Einfluss Definition: FTAA/ALCA (Free Trade Area of the Americans/Area de Libre Comercio de las Américas), geplante panamerikanische Freihandelszone, soll von Alaska bis Feuerland reichen. Der ALCA-Vertrag soll rechtzeitig in 2005 abgeschlossen werden, damit die Freihandelszone ab 2006 starten kann. Teilnehmende Länder: 34 Staaten in Nord- /Südamerika und der Karibik (außer Kuba US-Politik) mit ca. 800 Millionen Menschen (EU: 453 Mio. ) Ziele: Beseitigung der Hemmnisse für den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr Schutz des geistigen Eigentums (Patentschutz) Besserer Zugang zum US-Markt für Lateinamerika 4 Überwindung der Wohlstandskluft zwischen Nord- und Südamerika Gegengewicht zur EU Vorteile und Risiken: Vorteile: Anstieg des Handelsvolumens innerhalb der ALCA Größter wirts. Zusammenschluss der Welt => größere Marktmacht Finanzielle Unterstützung Lateinamerikas durch die USA (Subventionen) Risiken: Entwicklung wie NAFTA Aufgabe der eigenen Souveränität Verlust der verschiedenen Kulturen Vormachtstellung der USA auf dem amerikanischen Kontinent Umsetzung: Dezember 1994: Beginn der Verhandlungen, Verschiebung der Verhandlungen auf 1997 (US-Anliegen) 1997-2001 Miami: Verhandlungen zu den Themen: Marktzugang, Investitionen, Dienstleistungen, öffentliches Auftragswesen, Landwirtschaft, geistige Eigentumsrechte, Subventionen, Antidumping-Maßnahmen, Ursprungsregeln und Ausgleichszölle (Antidumping-Maßnahmen, Ursprungsregeln und Ausgleichszölle werden in einer Gruppe behandelt) sowie Wettbewerbspolitik. 2001-2003 Panama City: weitere Verhandlungsrunde 2003-2005 Verhandlungen in Mexiko mit dem Ziel der Ratifizierung im Jahr 2005 Dezember 2005: Abkommen soll in Kraft treten Gegner und Probleme der ALCA: Venezuela: Chavez will Vertrag mit Demokratieklausel nicht akzeptieren Argentinien: anhaltende Wirtschaftskrise, Kirchner orientiert sich an Brasilien Brasilien: Lula will MERCOSUR stärken (evtl. durch Handelsabkommen mit der EU), Forderung des Abbaus von Agrarsubventionen in den USA (Brasilien Agrarland) Stockende Verhandlungen machen derzeit einen pünktlichen Start der ALCA mehr als fraglich Ablehnung der ALCA durch MERCOSUR 5