17. November 2016 Gold: Die Liebe der Deutschen zur zweitschlechtesten Geldanlage von Helmut Krebs In einem Artikel der Welt vom heutigen Datum wird berichtet, dass die Deutschen weltweit die größten Goldvorräte horten. „Der World Gold Council sammelt sämtliche Daten zu Förderung, Kauf und Recycling von Gold weltweit. Hier weiß man genau, in welchem Land wer wie viel von dem Edelmetall kauft. Beim Wühlen in den Statistiken sticht eine Zahl ins Auge: Im Jahr 2015 wurden in Deutschland Münzen und Barren im Volumen von 116 Tonnen gekauft. So weit, so gut. Ihre ganze Bedeutung entfaltet diese Zahl erst, wenn man sie mit den Einkaufszahlen anderer Nationen vergleicht. Frankreich: 1,6 Tonnen. Großbritannien: 8,6 Tonnen. Japan: 16,2 Tonnen. USA: 71,5 Tonnen.“ Pro Kopf besitzen Deutsche durchschnittlich etwas mehr als vier Feinunzen mit einem Gesamtwert von rund 4700 Euro. Die Erfahrungen zweier Hyperinflationen, 1923 und 1948, haben sich in das kollektive Gedächtnis als Währungskatastrophen eingebrannt, in denen ein Großteil ihrer Vermögen vernichtet wurde. Das Streben nach einer möglichst nichtinflationären Währung und das Bestreben, Vermögen durch eine vermeintlich sichere Anlage, durch Gold, zu bewahren, wird von Generation zu Generation vererbt. Andere Länder haben weniger Angst vor Inflation und Währungsverfall. Die italienische Lire wurde in regelmäßigen Abständen von einigen Nullen befreit, um anschließend munter weiter als Zahlungsmittel zu funktionieren. Niemand verfiel in Panik. Die Geschichte des Goldpreises (Grafik: Wikipedia) Gold als sichere Anlageform anzusehen, ist magisches Denken. Das Edelmetall glänzt, korrodiert nicht und trotzt den Zeitläuften mit Härte. Doch bestimmt sich sein Geldwert nicht anders als der anderer Güter: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. In historischer Sicht verfiel sein Preis durch die Goldimporte aus den amerikanischen Minen am Anfang der Neuzeit. Anfang des 20. Jahrhunderts sank er beim Übergang zum Papiergeld ins Bodenlose, wobei sich die Ereignisse der napoleonischen Zeit wiederholten. Seither bewegt sich sein Preis deutlich unter dem Durchschnitt des 19. Jahrhunderts. Die Volatilität ist extrem. Wer Gold über Jahrzehnte liegen lässt, kann – wenn er Pech hat – enorme Verluste erleiden, oder gewinnen. Wie viel? Vergleichen wir Gold mit einer Anlage in Coca-Cola-Aktien. Wer 1973 Gold kaufte, konnte den Marktwert immerhin verzehnfachen (gerechnet in Euro). Doch mit einer Coca-Cola-Aktie, deren Dividenden regelmäßig thesauriert wurden, ließ sich in derselben Zeit neunmal mehr Gewinn erzielen (gerechnet in USD). Ich habe das Jahr 1973 gewählt, weil die Zeit1 spanne von 43 Jahren etwa der Dauer eines Arbeitslebens ab heute entspricht. In Zahlen: beide Werte 1973 mit 100 angesetzt beträgt der Goldpreis heute 1.090 Prozentpunkte und Coca-Cola 9.504. (Quellen: https://de.finance.yahoo.com für Coca Cola und http://www.boerse.de für den Goldpreis) Wir haben mit Coca-Cola eine Aktie herausgegriffen, die als gute langfristige Wertanlage bekannt ist. Wie sieht aber ein Vergleich mit einer breiten Streuung von Aktien aus, etwa dem Dow-Jones? Im Jahr 1900 lag er bei 68, 1950 bei 200, 1973 bei 1.000 und heute liegt er bei 18.800. Gegenüber dem Jahr 1973 hat er sich also verachzehntfacht. (Quelle: http://www.fedprimerate.com/dowjones-industrial-average-historydjia.htm) Es gibt Aktienfonds, die Indizes nachbilden, sog. ETFs, die geringe Kosten verursachen und eine breite Streuung erlauben. Kein Weg führt zurück zum Goldstandard Gold wird von Libertären vermehrt als Währung in Alternative zum Euro bzw. allgemein zum heutigen Papiergeld ins Spiel gebracht. Die Prophezeiung von Währungszusammenbrüchen ist Teil der angstgetrieben populistischen Rebellion, die sich heute über die hochentwickelten Länder wie eine Epidemie ausbreitet. Wer die Wiedereinführunug eines Goldstandards (die Deckung des Papier- und Giralgeldes durch Gold und seine hundertprozentige sofortige Einlösbarkeit) fordert, kann sich nicht auf Ludwig von Mises und schon gar nicht auf Friedrich A. von Hayek berufen. Gewiss, von Mises verteidigte den Goldstandard als einer Weltmarktinstitution, so lange er noch zu halten gewesen wäre. Er vertrat dabei die Ansicht, dass eine Währung von keinem Marktteilnehmer willkürlich geschaffen werden kann, auch nicht von einem Staat, sondern das spontane Ergebnis der anonymen Marktprozesse sei. Gold als universelles Tauschmittel konnte sich durchsetzen, nachdem es in Mengen von Amerika eingeführt worden war. Es floss in die spanische Staatskasse, die es in Jahrzehnten zerrüttete, und von dort als Statsausgaben in die Realwirtschaft Europas. Auf diesem Weg konnte es in die Märkte strömen und zum internationalen Zahlungsmittel werden. Über das Gold in Münzform, über das Sachgeld, wurde aus Gründen der Bequemlichkeit das Papiergeld gelegt, das ursprünglich ein Pfand auf eine bestimmte Menge Gold darstellte. Im 20. Jahrhundert wurde die Goldbindung gelockert und in den 1970er-Jahren durch Präsident Nixon aufgegeben, nachdem Frankreich aus politischen Gründen die Einwechselung der französischen Dollarreserven in Gold gefordert hatte. Es ist ein Unterschied, sich gegen die Aufhebung des Goldstandards zu wehren, oder eine Wiedereinführung heute zu fordern. Hayek erhob dagegen Bedenken, weil die Bindung einer Nationalwährung an Gold zu erheblichen Währungsturbulenzen führen muss. Würde eine Nationalwährung heute zurück zur Golddeckung gehen, müsste die entsprechende Menge Gold auf dem Markt eingekauft werden. Es handelt sich um Billionen Euro. Dies hätte eine enorme Teuerung des Rohstoffs zur Folge. Die Kosten müssten aus dem Steueraufkommen getragen werden. Ein Staatsbankrott wäre die Folge. Im Weiteren wären die Außenhandelspreise dieser Währung von den Schwankungen des Rohstoffmarktes abhängig. Es wären keine Exportgeschäfte mehr kalkulierbar. Außerdem wäre die Währung den Angriffen von Spekulanten ausgesetzt. Drittens würde das „gute Geld“, so es denn wirklich gut wäre, als Wertspeicher vom Markt abgezogen werden, während das „schlechte“ Geld, also die anderen Währungen, als Tauschmittel im Markt verbliebe. Man nennt diesen Effekt das Grashamsche Gesetz. Es führt kein Weg mehr zurück. Nehmen wir die Warnung Mises ernst, dass Währungen sich nicht willkürlich einführen lassen. 2 Der Euro wird ebensowenig wie der Dollar zusammenbrechen Im 19. Jahrhundert wurde im Welthandel mit Gold getauscht. Gold – gerechnet in Gewichteinheiten – war das globale Zahlungsmittel. Über das Gewicht, den Anteil der Feinunze, konnten Nationalwährungen bequem konvertiert werden. Heute wird weltweit nur noch mit staatlichem Vertrauensgeld getauscht. Die Geldströme haben sich vervielfacht, während der Welthandel sich exponenziell entwickelt. Die elektronische Zahlung ist internationaler Standard. In dieser Welt sind Goldtransporte Folklore. Nur reaktionäre stockkonservative Nationalisten träumen von Gold als Währung und der Wiedereinführung von „Goldpunkten“ und dergleichen. Die Zeit, in der Cowboys in den Golddollar beißen, um seine Güte zu prüfen (was ohnedies technisch nicht möglich ist), wird niemals wieder kommen. Der Euro genießt das Vertrauen von einigen hundert Millionen Europäern und einigen Milliarden Erdbürgern. Es ist eine frei konvertierbare Devise und Reserve von Staatsschätzen auf allen Kontinenten. Keine Währung bricht zusammen, so lange die Marktteilnehmer darauf vertrauen, dass ihre Kaufkraft im Rahmen der nahen Zukunft erhalten bleibt. Wenn eine Währung zusammenbricht, dann unter den Bedingungen von Inflationsraten von 100 % - monatlich. Hyperinflation nennen wir die Zeit vor den Währungsreformen 1923 und 1948. Damals entwickelten sich Parallelwährungen in Form von Zigaretten oder der Naturaltausch. Der Euro inflationiert heute sehr leicht. In den 1960- und 1970er-Jahren wurde die DM mäßig inflationiert, bei Zinsen in Höhe von ca. 10 %. Starke Inflation erzeugt eine Teuerung von ca 50 % im Jahr oder mehr. Von solchen Verhältnissen sind wir sehr weit entfernt. In der Hyperinflation holten die Hausfrauen den Tageslohn ihrer Männer morgens an den Fabriktoren ab. Sie trugen das Geld sofort auf den Markt, um es loszuwerden, weil es am Abend schon entwertet war. Hyperinflation, die wir zweimal in Deutschland verkraften mussten, war eine vom Staat absichtlich herbeigeführte Geldzerrüttung, die einem Schuldenschnitt gleichkam. Die Staatsschulden waren Bürden der Rüstungsausgaben, die die davor liegenden beiden Weltkriege verursacht hatten. Die Bürger zahlten die Kriegskosten hinterher mit dem Verlust ihres Vermögens. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich so etwas jemals wiederholen wird. Nicht zuletzt der Währungsverbund des Euro bindet die europäischen Nationen aneinander und verhindert einen dritten Weltkrieg. Zur Ergänzung sei hier noch der Chart des Goldes seit 1968 angefügt (Quelle: boerse.de). Nach der Spitze 2012 sank er wieder auf ca. 1300 USD. Pech für diejenigen, die 1980 einstiegen und 2000 aussteigen. Die schlechteste Geldanlage ist natürlich das Sparbuch. 3