Wie geht es den Kindern nach IVF? Georg Griesinger I) Neonatales Outcome der Kinder nach ART Zwei systematische Reviews zum Outcome von Einlingsschwangerschaften nach ART haben ein erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht und eine erhöhte perinatale Mortalität gezeigt (Helmerhorst et al., 2004; Jackson et al., 2004). Allerdings gibt es auch Hinweise, dass der unerfüllte Kinderwunsch selbst einen Risikofaktor für Komplikationen in der Schwangerschaft und für das kindliche Outcome darstellt. Dies gilt im Besonderen für Risiken wie Präeklampsie, Sectiones und vorzeitige Plazentalösung (Pandian et al., 2001), intra-uterine Wachstumsretardierung (Williams et al., 1991), und Frühgeburtlichkeit (Basso et al., 2003). Die Ursache für diese Risikoerhöhung ist unklar, könnte sich aber möglicherweise in epigenetischen Alterationen bei Kindern nach ART begründen (Horsthemke et al., 2007). Jackson et al. (2004) Helmerhorst et al. (2003) 1978 – 2002 1985 – 2002 Studiengruppe 12.283 Einlinge 5.361 Einlinge Kontrollgruppe 1.9 Millionen Einlinge 7.038 Einlinge Risiko der perinatalen Mortalität OR 2.2 [95% KI 1.6 – 3.0] RR 1.68 [95% KI 1.11 – 2.55] Risiko einer Frühgeburt (<37SSW) OR 2.0 [95% KI 1.7 – 2.2] RR 2.04 [95% KI 1.80 – 2.32] n.v. RR 3.27 [95% KI 2.03 – 5.28] OR 2.7 [95% KI 2.3 – 3.1] RR 3.00 [95% KI 2.07 – 4.36] OR 1.6 [95% KI 1.3 – 2.0] RR 1.40 [95% KI 1.15 – 1.71] n.v. RR 1.27 [95% KI 1.16 – 1.40] Publikationszeitraum Risiko einer sehr frühen Frühgeburt (< 32 SSW) Risiko eines sehr Geburtsgewichts (< 1.500 g) niedrigen Risiko für SGA Risiko der Aufnahme in der neonatalen Intensivstation Tabelle 1: Ergebnisse eines systematischen Review und einer Meta-analyse zum neonatalen Outcome von Einlingen nach ART. II) Fehlbildungen nach IVF und ICSI Die Zusammenfassung der verfügbaren kontrollierten Studien zur Risikoerhöhung für Fehlbildungen durch IVF erfolgte im Rahmen von 3 Meta-analysen (Hansen et al., 2005; Lie et al., 2004; Rimm et al., 2004). Ein Unterschied in der Fehlbildungsrate zwischen IVF und ICSI konnte nicht gefunden werden. Allerdings ist das Fehlbildungsrisiko bei Kindern nach IVF und ICSI gegenüber spontan konzipierten Kindern signifikant um den Faktor 1,3-1,5 erhöht. Die Ursache für die gesteigerte Fehlbildungsrate nach IVF/ICSI ist bisher ungeklärt. Als Ursache kommen in Frage: Erhöhte Inzidenz von chromosomalen Anomalien (besonders bei ICSI) bei den infertilen Eltern (Meschede et al., 1998; Peschka et al., 1999; Scholtes et al., 1998) Einflüsse der ovariellen Stimulation? Einflüsse der in-vitro Kultur? Infertilität als Risikofaktor? III) Post-neonatale Gesundheit der Kinder nach ART Physische Entwicklung und Gesundheit Die Mehrzahl der verfügbaren Studien zeigt keine Erhöhung der Inzidenz von chronischen Erkrankungen, Kinderkrankheiten und Hospitalisierung bei Kindern nach IVF. In wenigen Studien (Bonduelle et al., 2004; Bonduelle et al., 2005) wurden vermehrt operative Eingriffe bei Kindern nach IVF gefunden, im Besonderen urogenitale Operationen. Neurologische, motorische und mentale Entwicklung Hinsichtlich der neurologischen, motorischen und mentalen Entwicklung gibt es durchaus kontroverse Daten. Allerdings sind Probleme, die in den verfügbaren Studien gefunden wurden, in der Mehrzahl durch unzureichende Adjustierung nach Mehrlingsschwangerschaften zu erklären. Karzinomerkrankungen im Kindesalter Bisher konnte keine erhöhte Inzidenz von Karzinomerkrankungen nach IVF nachgewiesen werden. Allerdings müssen für eine Beurteilung des Karzinomrisikos bei Kindern nach IVF große Kohorten über einen langen Zeitraum beobachtet werden, sodass bisher noch keine verlässliche Studie zur Risikoabschätzung durchgeführt wurde. FAZIT Schwangerschaften nach ART haben ein erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit, ein niedriges Geburtsgewicht und eine erhöhte perinatale Mortalität. Das Fehlbildungsrisiko ist um den Faktor 1,3-1,5 nach IVF erhöht. Man rechnet mit einer Fehlbildung in einer von 15 Geburten nach Spontankonzeption vs. einer Fehlbildung in einer von 12 Geburten nach IVF oder ICSI Die Kinder nach ART entwickeln sich ähnlich wie spontan konzipierte Kinder. Aufgrund der höheren Fehlbildungsrate werden IVF Kinder etwas häufiger operiert. Das Risiko einer Krebserkrankung im Kindesalter scheint nach IVF nicht erhöht zu sein.