Später Kinderwunsch (späte Mütter, späte Väter) Georg Freude Kinderwunschzentrum GYNANDRON Präsident der Österreichischen IVF-Gesellschaft TREND ZUR SPÄTEN ERSTEN MUTTERSCHAFT In der westlichen Gesellschaft wird seit etwa 20 Jahren ein zunehmender Trend zur späten ersten Mutterschaft (1. Kind ab 35 Jahren) bzw. späten Mutterschaft festgestellt GYNANDRON TREND ZUR SPÄTEN ERSTEN MUTTERSCHAFT Zwischen 1990 und 2000 stieg die Quote der ersten Kinder bei späten Müttern (35 Jahre und älter) von 5,0% auf 16% GYNANDRON SPÄTE MUTTERSCHAFT Jedes 7. Baby wird von einer Frau über 35 Jahren geboren (Retzinger und Weissenbacher 2002) GYNANDRON ALTERSVERTEILUNG DER FRAUEN IN ÖSTERREICH (2. LEBENSHÄLFTE) 500000 450000 400000 350000 300000 250000 200000 150000 100000 50000 0 40-50 50-60 60-70 70-80 über 80 Bei einer Gesam tzahl von 4,3 M io. Frauen sind ca. 2,3 M io. über 40 Jahre (Statistik 2013) GYNANDR ON Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Statistik des Bevölkerungsstandes 2014 GRÜNDE FÜR DEN SPÄTEN KINDERWUNSCH Stark gewandeltes Frauenbild • Hochqualifizierte Ausbildung mit langen Ausbildungszeiten • Stärkeres berufliches Engagement – Planung von Karriere und Kind • Finanzielle Gründe – Leben genießen, optimale Rahmenbedingungen für ein Kind schaffen • Gefestigte Partnerschaft, dann Kind • Erfolge der Empfängnisverhütung • Erfolge der Fortpflanzungsmedizin – Medienberichte GYNANDRON Später Kinderwunsch • Durch den gesellschaftlichen Wandel liegt jetzt die „Rush hour“ des Lebens zwischen dem 27. und 35. Lebensjahr und hat sich somit zeitlich nach hinten verschoben • Zunehmend wird der Kinderwunsch erst nach dieser Phase zum Thema GYNANDRON SPÄTE MUTTERSCHAFT • Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden beträgt in Europa knapp 30 Jahre (bei Akademikerinnen 33 Jahre) (1970 bei 24 Jahren, 1995 bei 28 Jahren) • Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden in Europa ist weiter im Ansteigen: alle 3 Jahre um ein Jahr GYNANDRON SPÄTE MUTTERSCHAFT Die Zahl der Geburten • sinkt bei den unter 30 jährigen Frauen • steigt bei den über 40 jährigen Frauen an (0,8 % der Geburten im Jahr 1991, 2,0 % der Geburten im Jahr 2000. 4,0 % der Geburten im Jahr 2015) Kinderlosigkeit als idealer Zustand 40 35 30 25 20 15 10 5 0 25 - 35 ab 35 Soziologische Studie von Ive Stöbel - Richter SPÄTE VATERSCHAFT Seit den 90er Jahren ist die Zahl der Männer, die in einem Alter von über 40 Jahren Vater werden, fast um die Hälfte gestiegen GYNANDRON SPÄTE VATERSCHAFT • In den letzten 20 Jahren ist in Großbritannien die Zahl der Kinder mit 40+ Vätern um ein Drittel auf 42.000 pro Jahr gestiegen • In Deutschland waren im Jahr 2000 34% der Männer zum Zeitpunkt der Geburt über 35 Jahre alt, 2008 waren es bereits 44%. • 2014 waren 5 % der Männer bereits über 50 Jahre GYNANDRON SPÄTE MUTTERSCHAFT Mit zunehmendem mütterlichen Alter steigt sowohl die Rate der Spontanaborte als auch die Aneuploidierate signifikant an Mütterliches Alter als Risikofaktor für Spontanaborte Mütterliches Alter 20 - 30 Jahre 30 - 35 Jahre 35 - 40 Jahre 42 Jahre 48 Jahre Risiko für Spontanabort 9 - 17% 17 - 23% 23 - 45% 54,5% > 80% Rath Werner et al., Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Perinataldiagnostik – Erkrankungen – Entbindung, Thieme Verlag 2010 SPÄTE MUTTERSCHAFT Einfluss des mütterlichen Alters auf die Häufigkeit von Chromosomenaberrationen bei Spontanaborten Mütterliches Alter (Jahre) < 25 25–29 30–34 35–39 > 39 Aborte mit Chromosomenaberrationen insgesamt 40,0 % 40,5 % 55,4 % 67,8 % 82,2 % Trisomie 14,3 % 21,5 % 37,5 % 48,3 % 80,0 % (P. Wieacker et al., Empfehlungen zur genetischen Diagnostik bei Aborten, Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology, 2005) Polyploidie 12,9 % 12,8 % 11,4 % 10,2 % 0% 45,X 10,0 % 4,6 % 3,8 % 5,9 % 0% IVF Werden morphologisch normal aussehende Embryos für den Embryotransfer nach IVF ausgewählt, ist bei zunehmend mütterlichem Alter die Aneuploidierate trotzdem erhöht. Munne et al., Embryo morphology, developmental rates and maternal age are correlated with chromosom abnormalities, Fertil Steril 1995 IVF – Embryotransfer Abortrate nach der 7. Gestationswoche mit positiven Herzaktionen 33 - 34 Jahre 35 - 37 Jahre 38 - 40 Jahre 41 - 42 Jahre 42 Jahre 11,4% 13,7% 19,8% 29,9% 36,6 % Farr SL et al., Pregnancy loss among pregnancies conceived through assisted reproductive technology, United States, 1999-2002, An J Epidemiol 2007 SPÄTE VATERSCHAFT Auch beim Mann treten mit fortschreitendem Alter vermehrt genetische Defekte auf. Etwa 600 Zellteilungen hat eine Stammzelle bereits durchgemacht, die bei einem 50Jährigen die Spermien bildet. Und "mit jeder weiteren Teilung steigt die Gefahr punktueller Fehlerbildungen im Erbgut“. Peter Propping, Humangenetiker an der Universität Bonn und Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Humangenetik SPÄTE VATERSCHAFT mit zunehmendem Alter versagen immer häufiger die zellulärenReparaturmechanismen, die normalerweise solche Fehler beheben. Damit steigt bei älteren Vätern das Risiko für Krankheiten, die auf einer solchen Punktmutation beruhen, um den Faktor zwei bis vier Peter Propping, Humangenetiker an der Universität Bonn und Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Humangenetik SPÄTE VATERSCHAFT Mediziner der dänischen Universität Aarhus konnten zudem zeigen, dass das Risiko für eine sehr frühe Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche doppelt so hoch lag, wenn die Väter die 50 Jahre schon überschritten hatten. Als Vergleich dienten Väter, die jünger als 25 waren SCHWANGERSCHAFTSCHANCE Der limitierende Faktor für die Fruchtbarkeit der Frau liegt im Genom der Eizelle GYNANDRON SCHWANGERSCHAFTSCHANCE Bei einem gesunden Paar, das nicht verhütet und zum richtigen Zeitpunkt Geschlechtsverkehr hat, liegt die Chance für eine Schwangerschaft bei 20% bis 25% pro Zyklus GYNANDRON Schwangerschaftschance pro Zyklus 30 25 20 15 10 5 0 19 - 25 GYNANDRON 26 - 33 BIOLOGISCHE UHR SCHWANGERSCHAFTSCHANCE PRO JAHR IN ABHÄNGIGKEIT VOM ALTER 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 18-25 GYNANDRON 25-35 35-40 40-45 45-50 Das Alter der Frau hat einen maßgeblichen Effekt auf die Fruchtbarkeit. Historische Daten zeigen, dass auch bei Populationen, die keine Antikonzeption betreiben, die Schwangerschaftsraten mit zunehmendem Alter drastisch sinken Historische Daten über die Fruchtbarkeit von Naturvölkern Some data on natural Fertility HENRY L., Eugenics Quaterly, 1961 Fruchtbarkeit von Naturvölker 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 20 - 24 a 35 - 39 a 40 - 44 a HENRY L., 1961 45 - 49 a Abnehmende Schwangerschaftsrate mit zunehmendem Alter Mit zunehmendem Alter nimmt nicht nur die Schwangerschaftsrate ab, sondern auch die sexuelle Aktivität. In einer französischen Studie wurde versucht, diesen zusätzlichen Effekt der Abnahme der sexuellen Aktivität auszuschalten: Frauen verschiedener Altersgruppen wurde 12 Inseminationen mit Fremdsamen unterzogen, da beim Partner eine Azoospermie vorlag. Die kumulativen Schwangerschaftsraten wurden ermittelt. (Schwartz D et al., Female fecundity as a function of age: results of artificial Insemination in 2193 nulliparous wome with azoospermic husbands, N Engl J Med 1982) GYNANDRON Abnehmende Schwangerschaftsrate mit zunehmendem Alter Mütterliches Alter < 30 Jahre 31 - 35 Jahre >35 Jahre kumulative Schwangerschaftsrate 74% 62% 54% IVF Fonds 2015 Daten des USA - IVF Embryo Transfer Program Mütterliches Alter < 35 Jahre 35 - 37 Jahre 38 - 40 Jahre 41 - 42 Jahre 43 - 44 Jahre 44 Jahre Life birth rates 41,5% 31,9% 22,1% 12,4% 11,4% 1% Centers for Disease Control and Prevention, Atlanta: fertility clinic success report, 2010 Egg donation from healthy young donors Unabhängig vom Alter der Empfängerin wird nach Donor Embryo Transfer eine Lebendgeburtenrate von 51 % erzielt. Centers for Disease Control and Prevention, Atlanta: fertility clinic success report, 2010 Mit zunehmendem mütterlichen Alter steigt auch das Risiko für Erkrankungen, die die Fertilität negativ beeinflussen können • Myome • Eileitererkrankungen • Endometriose Eine negative Beeinflussung der Fertilität durch eine Abnahme des „follikulären Pools“ kann auch durch folgende Faktoren erfolgen: • • • • • • • anamn. Operationen an den Ovarien Chemotherapien Bestrahlungen Schwere Endometriose Rauchen Pelvic innflammatory Diseases Vorzeitige Menopause in der Familienanamnese Schwangerschaft mit zunehmendem Alter Zusammenfassung • Erhöhte Spontanabortrate • Erhöhte Rate an Chromosomenveränderungen • Abnehmende Schwangerschaftsraten Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit SCHWANGERSCHAFTSCHANCE Der limitierende Faktor für die Fruchtbarkeit der Frau liegt im Genom der Eizelle GYNANDRON SCHWANGERSCHAFTSCHANCE Bei einem gesunden Paar, das nicht verhütet und zum richtigen Zeitpunkt Geschlechtsverkehr hat, liegt die Chance für eine Schwangerschaft bei 20% bis 25% pro Zyklus GYNANDRON Schwangerschaften innerhalb eines Jahres bei regelmäßigem GV ohne Antikonzeption 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 20 - 24 a 35 - 39 a HENDERSON et al., 1982 Schwangerschaftschance pro Zyklus 30 25 20 15 10 5 0 19 - 25 GYNANDRON 26 - 33 BIOLOGISCHE UHR 50 45 40 35 30 25 Grav.chance 20 15 nach 5 Zyklen 10 GV zwei Tage vor Ovulation 5 0 19-26 GYNANDRON 27-34 35-39 MÖGLICHKEITEN DER REPRODUKTIONSMEDIZIN BEI SPÄTEM KINDERWUNSCH • • • • Stimulationstherapie mit Clomiphen Stimulationstherapie mit FSH/HMG Assistierte Reproduktion (IUI, IVF, ICSI) nach Tubenligatur oder Vasektomie: Mikrochirurgische Refertilisierung oder IVF • Eizellspende • Kryokonservierung (Eizellen, Embryos, Ovargewebe, Ovarien) GYNANDRON Stimulationstherapie mit Clomiphen Clomiphencitrat, 50 -150mg vom 5. – 9. Zyklustag ev. mit US – Kontrollen und HCG HCG Schwangerschaftsraten von 5 – 10 % pro Zyklus Starker Abfall ab dem 35. Lebensjahr Stimulationstherapie mit FSH/HMG SCHWANGERSCHAFTSRATEN NACH STIMULATIONSTHERAPIE MIT FSH/HMG 30 25 20 164 Pat. 82 Pat. 15 10 1998 - 2001 5 0 35-40 GYNANDRON + LAINZ 40-45 Alterseinfluss auf die Schwangerschaftsrate pro Zyklus bei intrauteriner Insemination (IUI) 1005 Zyklen bei 341 Frauen 14 12 10 8 6 4 2 0 <30 31-35 36-40 Schröder et al., Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 2004 DER EINFLUSS DES ALTERS AUF DIE SCHWANGERSCHAFTSRATE EINER INSEMINATIONSBEHANDLUNG 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 kl. Grav. Aborte 469 Zyklen 40 GYNANDRON 41 42 43 44+ Gindoff et. al. Fertility and Sterility, 1986 SPÄTER KINDERWUNSCH Diagnostik von low respondern mit verminderter ovarieller Reserve SPÄTER KINDERWUNSCH Marker der ovariellen Funktionsreserve • FSH-Bestimmung: (ZT 1-3) - < 10-15 U/l • Clomiphentest: FSH am ZT 3 + ZT 10 < 12U/l • Inhibin B: (ZT 3-5),wird in den Granulosazellen gebildet und unterdrückt die Wirkung des FSH, ausreichende Ovarialfunktion > 45ng/l • Anti-Müller_Hormon (AMH): wird nur von den potentiell reifungsfähigen Primär – und Sekundärfollikel gebildet, keine zyklusabhängigen Schwankungen, Werte > 1 µg/l zeigen eine ausreichende ovarielle Restfunktion an ASSISTIERTE REPRODUKTION (IVF + ICSI) BEI SPÄTEM KINDERWUNSCH • Einbruch in den Schwangerschaftsraten ab dem 38. Lebensjahr • Über dem 40. Lebensjahr sinkt die Schwangerschaftsrate unter 9 % • Das Alter des männlichen Partners spielt bezüglich der Schwangerschaftsraten nur eine untergeordnete Rolle GYNANDRON Erfolgschancen bei IVF 35 30 25 20 15 10 5 0 unter 31 a 31 - 35 a 36 - 40 a über 40 a Deutsches IVF – Register (DIR), 2003 GYNANDRON Erfolgschancen bei ICSI 35 30 25 20 15 10 5 0 unter 31 a 31 - 35 a 36 - 40 a über 40 a Deutsches IVF – Register (DIR) , 2003 GYNANDRON Deutsches IVF – Register (DIR) 2001 44% der Frauen waren älter als 35 Jahre (IVF + ICSI) GYNANDRON Österreichisches IVF-Register (ÖBIG 2004) Altersklassen der Frauen (IVF + ICSI) 40 35 30 25 <26Jahre 26-30Jahre 31-35Jahre 36-40Jahre 20 15 10 5 0 1. – 4. Versuch GYNANDRON Österreichisches IVF-Register (ÖBIG, 2004) 28 % der Frauen waren älter als 35 Jahre GYNANDRON Österreichisches IVF-Register (ÖBIG 2004) Schwangerschaftsraten pro Follikelpunktion 35 30 25 20 15 10 5 0 GYNANDRON bis 25 26-30 31-35 36-40 SCHWANGERSCHAFTSRATE / EMBRYOTRANSFER BEI SPÄTEM KINDERWUNSCH (IVF + ICSI) 30 25 20 112 Pat. 84 Pat. 15 10 5 0 35-40 GYNANDRON + LAINZ 40-45 1999 - 2002 SCHWANGERSCHAFTSRATEN BEI TUBENLIGATUR IVF VERSUS MIKROCHIRURGIE 35 30 25 20 35-40 40-45 15 10 5 0 IVF GYNANDRON MIKRO Schwangerschaftschance durch Eizellspende Die Eizellen einer jungen Spenderin werden mit den Spermien des Partners der Empfängerin befruchtet. Die so entstandenen Embryonen werden anschließend der Empfängerin in die Gebärmutter transferiert. GYNANDRON ZUKUNFTSASPEKTE DER FORTPFLANZUNGSMEDIZIN Im neuen Jahrtausend wird sich der Sex im Bett, die Fortpflanzung aber unter dem Mikroskop abspielen (Carl Djerassi) GYNANDRON ZUKUNFTSASPEKTE DER FORTPFLANZUNGSMEDIZIN • • • • • Eizell – und Samenbanken IVM (In Vitro Maturation) Ovarian tissue banking Ovarfreezing Schwangerschaft in den Wechseljahren mit Hilfe kryokonservierter Eizellen (aktuell durch starken Anstieg der Lebenserwartung • Selektion durch Präimplantationstechniken • Klonen GYNANDRON