Geschichte – Thema 1 DIE UNMITTELBARE NACHKRIEGSZEIT (1945-1946) UND DER ZWEITE WELTKRIEG IM GEDÄCHTNIS 1. Sequenz : Die Bilanz des Zweiten Krieges 2. Sequenz : Frankreich und Deutschland am Ende des Krieges 3. Sequenz : Die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg Sequenz 1 : Die Bilanz des Zweiten Krieges (Buch : Seiten 14-15) Im September 1945 endet der Krieg nach 6 Jahren Konflikt. Er geht durch einen Sieg der Alliierten zu Ende. Die Bilanz ist aber mit menschlichem Standort, mit materiellem Standort und mit moralischem Standort furchtbar. Ein großer Teil der Welt ist wieder aufzubauen. Gerade, um die Welt und sogar eine „bessere Welt“ wieder aufzubauen, zeichnen die Dirigenten der siegreichen Länder eine neue Weltordnung und versuchen, die Bedingungen eines dauerhaften Friedens zusammen zu garantieren. Der Wille der siegreichen Länder ist wirklich derselbe wie jener, der sie nach dem ersten Weltkrieg belebte („nie wieder“). 1) Eine Welt der Trümmer und der Toten 1.1. Die menschliche Bilanz Eine schreckliche Bilanz Der zweite Weltkrieg war eine schreckliche Hekatombe. Es ist der tödlichste Konflikt aller Zeiten mit ungefähr 50 Millionen Tote. Einige Länder sind besonders betroffen: die UdSSR zählt allein 21 Millionen Tote (mehr als 12% ihrer Bevölkerung), China hat mehr als 13 Millionen Menschen verloren, Deutschland mehr als 7 Millionen (mehr als 10% seiner Bevölkerung). Die westeuropäischen Länder und die Vereinigten Staaten sind weniger betroffen. Frankreich zählt ungefähr 600.000 Tote (1,5% der Gesamtbevölkerung 1939), d.h. 6 Mal weniger als die Totenzahl des Ersten Weltkrieges. Zahlreicher Zivilisten unter den Opfern Es ist eine Besonderheit des Zweiten Weltkrieges in Vergleich an den vorhergehenden Konflikten: die Zivilisten sind sehr betroffen worden. Sie stellen mehr als die Hälfte menschliche Gesamtverluste dar (gegen 5% für den Ersten Weltkrieg). London - 1940 Die Kriegsverbrechen und die Verbrechen gegen die Menschheit erschweren noch diese Bilanz. Warschau - 1942 Umsiedlungen Der Zweite Weltkrieg und seine Verordnung haben zu beträchtlichen Umsiedlungen Anlass gegeben. Diese Umstellungen betreffen etwa 30 Millionen Personen: Vor allem werden eben Deutschen oder Japaner gutwillig oder gezwungen zu ihrem Ursprungsland in seinen neuen Grenzen umgesiedelt. Minderheiten verlassen ebenfalls die UdSSR: es ist der Fall insbesondere der Polen, die das polnische Territorium in seiner neuen Vorzeichnung wieder gewinnen werden. Millionen Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter der Nazi-Konzentrationslager kehren auch in ihrer Heimat zurück. Vertreibung von Deutschen aus Schlesien 1945 Die demografischen Folgen Sie sind in der Beobachtung der Alterspyramiden der in den Konflikt verpfändeten Länder sichtbar. Diese Beobachtung drückt zwei dem Krieg zuzuschreibende Folgen aus: Eine Unausgewogenheit zwischen den Geschlechtern: die Männer waren mehr Opfer des Krieges, selbst wenn diese Unausgewogenheit weniger deutlich als für den ersten Weltkrieg ist. Dieser Unterschied nach Geschlecht ist in der UdSSR besonders sichtbar. Die Existenz geburtenschwacher Jahrgänge, die einem Geburtsdefizit schuldig gewesen sind (die Männer und die Frauen waren während des Krieges getrennt). Das wird einen Arbeitskräftemangel und eine neue Senkung der Geburten für die folgende Generation bewirken. Dies ist nicht in allen Ländern wahr. In Frankreich zum Beispiel hat die Geburtenrate von 1942 an zurückgenommen. Das kündigt bereits das Baby-Boom in den Industrieländern an. 1.2 Die wirtschaftliche Bilanz Fast völlige Zerstörungen In den Regionen, die durch die Kämpfe und besonders durch die Bombardierungen sehr betroffen wurden, sind die Zerstörungen der Infrastrukturen fast völlig. In Japan und in Deutschland wurden die Städte von den Alliierten systematisch bombardiert. Überall in Europa hat die Befreiung zu massiven Zerstörungen besonders der Kommunikationsmittel Anlaß gegeben. In Frankreich sind die Zerstörungen wichtiger als jene, die durch den Krieg 19141918 verursacht wurden. In diesen Trümmern, diesen Zerstörungen müssen Tausende Zivilisten ernährt und untergebracht werden. In Frankreich muss man das Rationieren, mehrere Monate nach dem Rückzug der Deutschen aufrechterhalten. Die Stadt Saint-Lô (Normandie) - 1944 Eine katastrophale finanzielle Bilanz Um den Konflikt zu finanzieren, hatten die Länder oft Ausweg im Kredit, in den Steuern oder in der Inflation. Das hatte für Folge einen Anstieg der Preise und eine Schwächung der Länder wegen eines Wachstums der Staatsschuld. Diese allgemein verbreitete Verschuldung schrieb ein Wiederinordnungbringen des internationalen Währungssystems vor. Dieses Wiederinordnungbringen kamm mit das Abkommen von BrettonWoods, das im Juli 1944 zwischen 44 Ländern unterschrieben wurde. Das Bretton-Woods-System bezeichnete das neu geordnete internationale Währungssystem von festen Wechselkursen, das vom goldhinterlegten US-Dollar als Leitwährung bestimmt war. Zur Kontrolle und Durchsetzung des Abkommens wurden in der Folge die Bretton-Woods-Organisationen bzw. -Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) geschaffen. Die Wirtschaft der unter Vormundschaft besiegten Länder Die Alliierten beschließen auch die Wirtschaft der besiegten Länder, unter internationaler Vormundschaft zu stellen. In Deutschland werden die Konzerne, diese großen Industriekonsortien, die die NSDAP finanziert haben und die die Arbeitskräfte der Konzentrationslager benutzt haben, so wie IG Farben niedergerissen. Dasselbe Phänomen tritt in Japan mit der Abschaffung der Zaibatsus und mit der Einführung einer Bodenreform ein, die von den Amerikanern vorgeschrieben wurde. 1.3 Die moralische Bilanz Das Gefühl, das unter dem moralischen Gesichtspunkt Vorrang hat, ist bestimmt die Verwirrung angesichts der Folgen der „Endlösung“. Eine schreckliche internationale Bewußtseinsbildung erfolgt zum Schluss des Krieges. Vor dieser Wahrnehmung der öffentlichen Meinung und vor dem Schrecken der begangenen Verbrechen werden die Alliierten zum ersten Mal in der Geschichte einen Prozess organisieren, wo ein Gericht im Namen des menschlichen Gewissens entscheiden wird. Dieser Prozess findet in Nürnberg von November 1945 bis Oktober 1946 statt (Dossier, Seiten 20-21). Die Nürnberger Prozesse umfassen den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof sowie zwölf weitere so genannte Nachfolge-Prozesse vor einem US-amerikanischen Militärgerichtshof, die im Justizpalast Nürnberg zwischen dem 20. November 1945 und dem 14. April 1949 gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus durchgeführt wurden. Die bekanntesten Repräsentanten des NS-Staates - Adolf Hitler, Heinrich Himmler und Josef Goebbels - hatten sich bereits vorher umgebracht. Die Siegermächte klagten schließlich insgesamt 24 leitende Funktionsträger des NS-Staates und des Militärs als "Hauptkriegsverbrecher" an, von denen dann 21 auf der Anklagebank saßen. Die Hauptkriegsverbrecher mussten sich in vier Punkten verantworten: Verschwörung gegen den Weltfrieden, Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges, Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Am 30. September und 1. Oktober 1946 wurden nach fast einem Jahr Verhandlungsdauer 12 der 24 Angeklagten zum Tode verurteilt; sieben Angeklagte erhielten langjährige oder lebenslange Haftstrafen. In drei Fällen lautete das Urteil auf Freispruch. In Tokio trat am 31. Juli 1946 auch ein Internationales Militärtribunal zusammen, um japanische Kriegsverbrechen während des Pazifikkrieges zu ahnden. Die Urteile wurden am 12. November 1948 verkündet. Die Alliierten waren auch nicht frei von allen Kritiken. Die Benutzung der Atombombe hat ebenfalls einen wichtigen Traumatismus unter den Bevölkerungen verursacht. Die Internierungslager, wo die amerikanischen Bürger japanischen Ursprungs deportiert wurden, sind ebenfalls kritisierbar. Ebenso kritisierbar sind die Massaker von Katyn oder die standrechtlichen Exekutionen deutscher Soldaten durch die rote Armee. Hiroshima 1945 Dieselben Fragen stellten sich auf spitze Art für Frankreich (Seiten 22-23). Die Divisionen zwischen den Widerstandskämpfern und den Kollaborateuren blieben sehr deutlich, sogar einmal der beendete Krieg. Am Ende des Krieges wickelte sich in Frankreich die „Säuberung“ ab. Chartres August 1944 Die „wilde Säuberung“ 1944 Zunächst durch spontane Rachehakten charakterisiert, wurde die „Säuberung“ durch die Behörden auf eine legale Basis wieder gestellt, um die wichtigsten Kollaborateuren nach Prozessen zu führen. Diese „Säuberung“ blieb jedoch in ihrem Umfang durch den Willen von de Gaulle begrenzt. 7.000 Todesurteile wurden ausgesprochen, 1500 Angeklagten, mit unter ihnen Joseph Darnand und Pierre Laval wurden schließlich hingerichtet. Marschall Pétain wurde selbst zum Tode verurteilt, aber seine Strafe wurde in lebenslängliche Gefängnisstrafe umgewandelt. Trotz der sehr dunklen Bilanz, die soeben aufgestellt wurde, werden die Völker in ihrer Mehrheit zum Schluss des Krieges durch den Optimismus sogar durch die Euphorie gewonnen. Das Vertrauen in der Zukunft manifestiert sich individuell durch die Erhöhung der Geburtenrate: es ist der Beginn des Babys-Boom. Allgemeiner haben einige Völker die Hoffnung, schließlich zur Unabhängigkeit und zur Freiheit zu gelangen. Die „Neueinteilung“ der Welt wird die Hoffnungen von einigen füllen und wird die Enttäuschung bei anderen Völkern verursachen. 2) In Richtung einer neuen Weltordnung (Seiten 16-17) 2.1 Eine neue geopolitische Ordnung Die großen Konferenzen des Endes des Krieges Die neue weltweite politische Geografie wurde bei einer Reihe von Konferenzen definiert, die sich ab 1943 zwischen die drei verbündete Hauptmächte (USA, UdSSR, Vereinigtes Königreich) abgewickelt haben. Diese Konferenzen haben wesentliches zum Ziel, sich über eine Neuorganisation der Welt nach dem Krieg zu einigen. Die Erste dieser Konferenzen ist jene von Teheran, die sich im November - Dezember 1943 abwickelte. Die folgende Konferenz war diejenige von Jalta (UdSSR). Sie wickelte sich vom 4. bis 11. Februar 1945 ab. Sie brachte Stalin (für die UdSSR), Roosevelt (für die USA) und Churchill (für das Vereinigte Königreich) zusammen. In Jalta diskutierte man besonders über die Besatzungsmodalitäten Deutschlands. Die Alliierten definierten ebenfalls die politischen und demokratischen Grundsätze, die in Europa und in der Welt nach dem Krieg aufgestellt werden müssen (erstes UNO-Projekt). Schließlich stellte man auch die letzten Militärbewegungen ein, die zur Kapitulation Deutschlands führen sollten. (Quelle: United States Holocaust Memorial Museum) Die Potsdamer Konferenz (nahe Berlin) fand mit Stalin, Truman Attlee, vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 statt. Die Fragen der Besatzung Deutschlands, der Kriegsreparaturen und der Entnazifizierung werden endgültig aufgestellt. http://www.youtube.com/watch?v=yQ80E_Xf_RM Die territorialen Änderungen Sie sind in Europa sehr wichtig. Deutschland verliert ein Viertel seiner Fläche, und die Oder-NeisseLinie wird die neue Grenze mit Polen. Wie auf den Konferenzen vereinbart, wird Deutschland in 4 Besatzungszonen geteilt, die jede durch die großen siegreichen Länder gelenkt wurden (die Vereinigten Staaten, die UdSSR, das Vereinigte Königreich und Frankreich). Österreich erlebte dasselbe Schicksal. Für diese zwei Länder wurden die Hauptstädte ebenfalls geteilt. Die UdSSR fand im Westen Territorien wieder, die während der Revolution 1917 verloren wurden. Italien gab Griechenland und Jugoslawien Territorien nach. Andere Änderungen im Rest der Welt: Japan verliert all seine kontinentalen Territorien. Die UdSSR erhält die Insel Sachalin und die Kurilen. Manchuria und Formosa kommen nach China zurück. Korea wird wieder unabhängig, aber teilt sich in zwei Staaten unter sowjetischem Einfluss im Norden und unter amerikanischem Einfluss im Süden. Die USA nehmen Besitz die von den Japanern eingenommenen Archipele wieder. Italien verliert seine afrikanischen Kolonien. 2.2 Eine Rekonstruktion der Welt Der Niedergang Europas Der Zweite Weltkrieg beendet den weitreichenden Einfluss der ehemaligen europäischen Großmächte Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Stattdessen bildet sich unter den siegreichen Parteien zwei "Supermächte" heraus: die USA und die UdSSR. Im Krieg kämpften beide noch gemeinsam gegen Nazi-Deutschland, doch ab 1945 werden immer größere Differenzen sichtbar. Die Interessen der beiden Staaten sind sehr unterschiedlich. Das Auftauchen der zwei „Riesen“ Die UdSSR : Der Krieg verstärkt ihre Stelle, was internationale Politik betrifft: sie gewinnt Territorien im Osten wie im Westen. Das Prestige der UdSSR und jenes von Stalin sind am Ende des Krieges unermesslich. Ihr Einfluss führt zu einer Beherrschung zahlreicher Länder Osteuropas. Die UdSSR hat jedoch gigantische Zerstörungen erlebt. Trotz dieser Zerstörungen ist die UdSSR am Ende des Krieges eine Supermacht geworden. Am 25. April 1945 treffen sich die amerikanischen und sowjetischen Truppen an der Elbe. Die USA : Die amerikanische Vorherrschaft ist noch klarer. Die USA gehen aus dem Krieg auf allen Gebieten verstärkt : Wirtschaftlich: Das Bruttosozialprodukt ist fast zwei mal höher geworden, die Arbeitslosigkeit ist fast verschwunden, die Produktion hat in den strategischen Sektoren aber auch in anderen zahlreichen Sektoren des täglichen Lebens zugenommen. Finanziell: die USA besitzen die 2/3 des weltweiten Goldbestandes, und der Dollar ist die Referenzwährung seit das Abkommen von Bretton-Woods geworden. Militärisch: Die USA haben Truppen überall in der Welt und besonders im Jahre 1945 sind sie in nuklearer Monopollage. Kulturell: die Wirkung der amerikanischen Kultur ist 1945 beträchtlich. Man nimmt die Musik, die Mode, die Ernährungsgewohnheiten der GI' s die die Westeuropa befreit haben, an. Man kann also im Jahre 1945 über amerikanische Vorherrschaft auf der Welt sprechen. Einzig sind die USA fähig, den Wiederaufbau zu finanzieren. Diese Kapazität wird eine diplomatische Waffe, die in der Umlaufbahn der Vereinigten Staaten zahlreiche Länder von Westeuropa installiert. 2.3 Die Gründung der UNO (Dossier - Seiten 18-19) Die Sicherung des Friedens US-Präsident Franklin D. Roosevelt unternahm noch während des Zweiten Weltkrieges einen Versuch, eine Organisation zur Sicherung des Friedens zu schaffen, und erarbeitete zusammen mit dem britischen Premierminister Winston Churchill die Atlantik-Charta. Am 1. Januar 1942 beriefen sich 26 Staaten in der Deklaration der Vereinten Nationen auf die Prinzipien der Atlantik-Charta. Durch die Mitarbeit der Sowjetunion und der Republik China an der neuen Friedensordnung kam es am 30. Oktober 1943 zur Moskauer Deklaration der Vier Mächte, die auf eine schnellstmögliche Schaffung einer allgemeinen, auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller friedliebenden Staaten aufbauenden Organisation zur Aufrechthaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit zielte. Bei der Konferenz von Dumbarton Oaks wurde weiter über die Gründung der UN beraten. Nach Einbeziehung Frankreichs in den Kreis der hauptverantwortlichen Mächte konnte die Charta der Vereinten Nationen 1945 auf der Konferenz von Jalta fertiggestellt werden. Sie wurde am 26. Juni 1945 in San Francisco von 51 Staaten unterzeichnet. Die Prinzipien der UNO: Universalität, Diplomatie und kollektive Sicherheit Gegründet wurde die "United Nations Organisation" 1945 mit dem Ziel, die Menschheit "vor der Geißel des Krieges zu bewahren", wie es in der Charta heißt. Das Leitprinzip der UNO ist die Universalität: Weltfrieden wird, so die Idee, dann am besten erreicht, wenn alle Länder dieser Welt Mitglied der Vereinten Nationen sind und sich an den Leitgedanken des friedlichen Zusammenlebens halten. Auf dieser Basis kann man, wenn nötig, eventuelle Konflikte besprechen und ausräumen. Die Vision ist also, Friede durch Diplomatie und weltweite Kooperation zu erreichen. Vom Völkerbund, dessen Gründung 1919 der erste Versuch einer Weltfriedensorganisation war, unterscheidet sich die UNO dadurch, dass nun tatsächlich (fast) alle Staaten auf der Welt Mitglied sind. Im Völkerbund waren noch nicht einmal die USA Mitglied, obwohl die Organisation auf ihre Idee zurückging. Ein weiterer Unterschied zum Völkerbund ist, dass die Vereinten Nationen als äußerstes Mittel Soldaten zur friedlichen Konfliktlösung einsetzen dürfen. Der Grundgedanke bei der Wiederherstellung des Weltfriedens ist die "kollektive Sicherheit": Verstößt ein Staat gegen die gemeinsamen Normen, schließen sich die übrigen Mitgliedstaaten zu gemeinsamen Aktionen zusammen. Über diese Aktionen soll in der UNO der Sicherheitsrat entscheiden. An diesem Modell zeigt sich jedoch auch schon, dass die UNO stets auf den politischen Willen ihrer Mitglieder angewiesen ist. Besonders auffällig wurde das in der Zeit des Kalten Krieges, als sich die Großmächte im Sicherheitsrat durch Vetos regelmäßig gegenseitig blockierten. Die UNO ist keine "Weltregierung", sie ist eine "Weltorganisation", die nicht mächtiger ist, als ihre Mitglieder es wollen. Die Dreierspitze: Sicherheitsrat, Generalversammlung, Generalsekretär Die Hauptverantwortung für die Wahrung von Frieden und Sicherheit trägt der Sicherheitsrat: Er überwacht die Staatengemeinschaft, bemüht sich um friedliche Beilegung von Konflikten, setzt gegebenenfalls Sanktionen fest und schickt Soldaten, die den Vereinten Nationen unterstellt sind, in Regionen, in denen der Friede bedroht ist. Entgegen ihrer ursprünglichen Prämisse mischen sich die Vereinten Nationen auch immer mehr in innere Angelegenheiten eines Staates ein, wenn Menschenleben bedroht sind. Sie folgen der handlungsethischen Norm "responsibility to protect": Sie sehen sich verantwortlich, Leben zu schützen, Gewalt vorzubeugen, im Ernstfall einzugreifen und nach einer militärischen Intervention Hilfe zu einem Wiederaufbau eines Landes zu leisten. Im Sommer 2007 waren nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 100.000 Menschen für 18 laufende Friedensmissionen auf vier Kontinenten im Einsatz. Von 1945 bis 2007 absolvierten UNOKräfte mehr als 60 Friedenssicherungseinsätze. Der Sicherheitsrat Die Generalversammlung Gemeinsam mit der Generalversammlung und dem Sekretariat, die beide überwiegend empfehlende Befugnisse haben, bildet der Sicherheitsrat die Leitungsspitze des UNO-Systems. Neben den ständigen Mitgliedern USA, Großbritannien, China, Frankreich und Russland sitzen auch noch zehn nicht-ständige Mitglieder im Sicherheitsrat. Die fünf Großmächte haben seit 1945 ein Vetorecht bei allen Entscheidungen, auch wenn Politiker und Wissenschaftler eine Reform dieser veralteten Strukturen diskutieren. Die drei weiteren Hauptorgane sind der Internationale Gerichtshof, der Treuhandrat sowie der Wirtschafts- und Sozialrat. Der Sitz der Vereinten Nationen wurde in New York 1946 aus zwei Gründen befestigt: Das war ein Mittel, seinen Schöpfer, den vor dem Ende der San Francisco Konferenz gestorbenen US-Präsidenten Roosevelt zu huldigen. Das war auch das Zeichen des Einflusses der USA auf dieser neuen Organisation. Deutschland - vom Feindstaat zum Vollmitglied Das Verhältnis Deutschlands zu den Vereinten Nationen beginnt 1945 in erklärter Feindschaft: Der Staat, "der während des Zweiten Weltkrieges Feind eines Unterzeichners der Charta war", solle kein Mitglied werden können, besagt die "Feindschaftsklausel" in der Charta der Vereinten Nationen. Obwohl es diese Klausel heute immer noch gibt, hat sich Deutschland inzwischen vom einstigen Feindstaat zum geachteten Mitglied gemausert. Fast drei Jahrzehnte lang blieb den Deutschen der Zutritt verwehrt. 1973 wurden dann beide deutschen Staaten im "Minderstatus" in die UNO aufgenommen, nachdem sie sich schon lange in diversen Sonderorganisationen der Vereinten Nationen engagiert hatten. "Minderstatus" bedeutete, dass sich die BRD und die DDR nicht auf die in der Charta verankerte "souveräne Gleichheit aller ihrer Mitglieder" berufen konnten. Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland Vollmitglied. Die Welt wird im Jahre 1945 durch zwei widersprüchliche Gefühle durchquert: ein entsetzliches Leiden (Folge des Krieges, der Judenvernichtung…) und eine aus dem Sieg und von der neuen Hoffnung entstandene Euphorie. Diese Hoffnung verwirklicht sich besonders im Wiederaufbauwerk und in der Bereitstellung der internationalen Organisationen. Gleichzeitig muss diese Hoffnung durch das Misstrauen und die Spannungen, die sich von 1946 an zwischen den zwei Supermächten entwickeln, nuanciert werden.