1 Kunstmuseen Gerhard Bott formulierte bereits 1979 in einem Festvortrag die verschiedenen Stufen hinsichtlich der vordringlichen Aufgaben eines Kunstmuseums: Bewahrung und Pflege der Sammlungen als fundamentale Aufgabe, wissenschaftliche Arbeit und Eingehen auf das Publikum sowie adäquate Präsentation und vorsichtige Interpretation um die Kunstwerke zur Geltung zu bringen. Schließlich müsse sich das Museum „mit Vorgaben und Informationen an alle wenden. … Nur dann, wenn es dem Museum gelingt, dass wirklich jeder es benutzen kann, erfüllt es seine Aufgabe und kann seine Existenz als eine ‚soziale Leistung’ für alle beweisen. … Das Museum wird über das Sammeln, Bewahren und Darbieten hinaus eine Rolle spielen, wenn aus ihm ein zum eigenen schöpferischen Denken führender Ort geworden ist, über ein wieder in sein Recht eingesetztes ‚kritisches’ Sehen. … Die zeitgenössische Kunst gehört in dieser Rolle selbstverständlich zum Museum. Der Künstler ‚sieht’ mehr als die übrigen Menschen und formt das Gesehene zur Mitteilung. … Das Auswählen und Darbieten der Gegenwartskunst ist also Bestandteil der Museumsarbeit. … Das Kunstmuseum ist also ein wichtiges Bildungsinstitut, das seine ihm zugemessene Aufgabe beharrlich verfolgen muss. In seinem Äußeren soll es veränderlich und anpassungsfähig sein.“1 Während Gerhard Bott das Kunstmuseum derart umschreibt, ist es dennoch sehr schwer zu definieren, weil teilweise völkerkundliche Museen – wie ursprünglich auch das Staatliche Museum für Völkerkunde in München - (und auch andere Museumstypen), die ganz andere fachspezifische Zielsetzungen vertreten, kunsthistorische Präsentationskonzepte aufweisen.2 Schon um das Jahr 1800 waren einige Kunstmuseen entstanden. Voraus gegangen waren bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts Gemäldegalerien – das 18. Jahrhundert war das Jahrhundert der Gemäldegalerien3 - die von Fürsten in eigenen Ausstellungsgebäuden einem interessierten Publikum zugänglich gemacht wurden, etwa die Königliche Gemäldegalerie 1747 in Dresden und das Palais de Luxembourg 1750 in Paris. Markante Eckpunkte für das Museum als öffentliche Institution bilden in der Museumsgeschichte die Eröffnung des British Museum (1753) in London, des Herzog-Anton-Ulrich-Museums in Braunschweig (1754) – gegründet als Kunst-und Naturalienkabinett des Braunschweigischen Herzogs Karl I. auf der Burg Dankwarderode und als erstes auf dem Kontinent für die 1 Bott, Gerhard, a.a.O., S. 8. Als Beispiele seien nur anzuführen das so genannte Museum in Bilbao/Spanien oder das Fritz-KönigMuseum in Landshut/Bayern/Bundesrepublik Deutschland. 3 Schöbel, Johannes, Historisches Museum, Dresden 1981, S. 9. 2 2 Öffentlichkeit zugänglich – und des Museum Fridericianum des Kurfürsten Friedrich II. von Hessen-Kassel in Kassel (1779). Denkt man an die großen europäischen Nationalmuseen, so sind sie verschiedenen historischen Ursprungs und unterschiedlicher Typologie, vielfach auch als Kunstmuseen. Seit jeher waren die spanischen Könige Kunstsammler und Mäzene von Malern gewesen – so beispielsweise Tiziano Vecellio (Tizian, 1477/88-1572) als Hofmaler Kaiser Karls V. (ab 1533) und Philipps II.. Ein besonderes Beispiel hierfür ist der Prado in Madrid, die wohl erst Pinakothek weltweit und schon im Jahre 1819 unter König Ferdinand VII. von Spanien (1784-1833; König von 1814-1833) eröffnet. Eingerichtet worden war das Museum im Prado de San Jerónimo, das zunächst für die naturwissenschaftlichen Sammlungen dienen sollte. Seit 1868 führt das Museum die Bezeichnung del Prado. Grundstock für die Kunstsammlungen bildeten Gemälde aus königlichen Palästen in Aranjuez, El Escorial, La Granja de San Ildefonso und Madrid. Hinzu kamen 1872 Bestände aus dem Museo Nacional de la Trinidad, die aus enteigneten Klöstern stammten. In dem außergewöhnlich reichen Gemäldebestand sind heute die Italienische/Venezianische-, die Flämische-, Holländische- und die Spanische Schule vertreten und auch deutsche Maler wie Albrecht Dürer und Lucas Cranach. Dieser Vorreiterrolle des Prado im gesamten europäischen und US-amerikanischen Raum folgte erst zwischen 1830 und 1914 eine größere Epoche für die Entstehung von Kunstmuseen, ihre heutige Berühmtheit und ihren legendären Ruf: der zum Kunstmuseum gewordene Louvre, die National Gallery in London, Schinkels Altes Museum in Berlin, Leo von Klenzes Alte Pinakothek in München. Museumsleiter waren vielfach Gelehrte, deren Intentionen sich vor allem an die gebildete Schicht richteten. Das Kunstmuseum folgte einem Programm von der Entwicklung der Kunst, der Kunstgeschichte einschließlich der Schulen und einem historischen Überblick über die Zusammenhänge in der Kunst. Heute zählt man zu den Kunstgeschichtlichen Museen - Kunstmuseen/Pinakotheken - Jugendstilmuseen - Museen für Zeitgenössische Kunst - Kunst- und Kulturzentren Das Shanghai-Museum für Asiatische- und Chinesische Kunst ist eines der jüngsten von internationalem Rang. An diesem Beispiel ist im Vergleich zur Pinakothek der 3 Moderne in München zu sehen, wie als Kunstmuseum jeweils die europäische oder asiatische Ausprägung den Kunstbegriff mit bestimmt. Das 1962 gegründete Nationalmuseum Hispanisch-Muselmanischer Kunst in Granada betritt man vom Palast Karls V. aus. Die Objekte stammen aus dem Museum der Alhambra sowie des Archäologischen Museums von Granada. Abb. Alhambra/Granada Das Musée national des Arts (Louvre) Die Sammlungen des Louvre und die Gestalt eines Prototyps beförderte die Entwicklung von Kunstmuseen. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden Pläne, für die Meisterwerke aus den königlichen Sammlungen ein eigenes Kunstmuseum zu schaffen, das auch einem allgemeinen Publikum zugänglich wäre. 1778 holte Charles Claude de La Billarderie, Comte d’Angivillers (1730-1810) – in seinem Amt für Ludwig XVI. verkörperte er eine Art Vorstufe eines Ministers der Schönen Künste – Architekten und Künstler zusammen, die Pläne für die Präsentation erarbeiten sollten, 1779 schrieb die Académie d’Architecture einen Wettbewerb für ein Museum aus, der jedoch wie auch verschiedene andere Pläne aus Kostengründen nicht durchgeführt werden konnte. Eine wichtige Leitidee war, den Louvre zu einer repräsentativen nationalen Stätte von Meisterwerken der Kunst zu machen. Im Zusammenhang mit der Planung eines derartigen zentralen Museums verband sich die „Repräsentation absolutistischer Macht“.4 Die Vorarbeiten und Diskussionen über Präsentationsfragen zeigten jedoch die Entwicklung eines neuen Kunstverständnisses, „das mit Paradigmenwechsel in den Wissenschaften korrespondiert: Herausnahme der Werke aus dem Ensemble höfischmonarchischer Repräsentation, Objektivierung für kunsthistorische und theoretische Betrachtung. Dazu kommen die Aspekte der Öffentlichkeit und des Marktes: Die Werke sollen allen Kunstinteressierten optimal präsentiert werden, damit sie möglichst objektiv beurteilt werden können.“5 Dazu gehörte die Hängung nach Schulen und in chronologischer Reihenfolge. Das Museum wurde 1793, am Fest der Réunion, eröffnet. Ziel war das Museum als erhabene Stätte, „die vom Ruhm der Revolution kündet und der republikanischen Erziehung dient, einzigartig in der Welt.“6 Die Eroberungen der republikanischen Armeen, regelrechte 4 5 6 Harten, a.a.O., S. 185. Harten, a.a.O., S. 181. Harten, a.a.O., S. 185. 4 Kunst-Raubzüge, sollten Paris zur Hauptstadt der Künste auf dem europäischen Kontinent machen. Schon während der Revolutionszeit hatte sich abgezeichnet, dass das LouvreMuseum nicht nur ein Gemäldemuseum sein würde, sondern vielmehr ein Gesamt-Museum, oder wie man heute sagen würde Multiplexmuseum, das auch andere Künste und Museumstypen beherbergt wie etwa ein Antikenmuseum, ein Architektur- und Kupferstichmuseum und ein Museum für Graphische Kunst. Auch im 20. Jahrhundert sorgte der Louvre für Überraschungen – als z.B. 1989 die Pyramide des Grand Louvre (Ieoh Ming Pei) eröffnet wurde. Eines der ersten von einer Auswahlkommission getragenen Museen – anstelle des fürstlichen Privatbesitzes – ist das Alte Museum in Berlin. Impulse dazu waren u.a. schon in der Festvorlesung über „den Kunstschatz des königlich-preußischen Hauses“ anlässlich des Geburtstags Friedrich Wilhelms II. im Jahre 1797 gegeben worden. Sie hatte zum Ziel, „den König von der Notwendigkeit, die der Vereinigung der Kunstwerke in einem eigenen Gebäude zu überzeugen.“7 Berlin war damit fast in Zugzwang geraten, zumal in Wien, in Dresden und in kleineren Residenzstädten „längst Bildergalerien, Kunstkabinette und Antikensammlungen bestanden. Die Realisierung der Museumsgründung in Berlin wurde schließlich auch von der Intention des Königs getragen, die Sammlungen für die wissenschaftliche Nutzung freizugeben.“8 Mit dem Alten Museum in Berlin wurde die klassische Idee des Museums auf der Basis des enormen Kunstbesitzes des Brandenburgisch-Preußischen Herrscherhauses verwirklicht – nicht nur ideell gemessen am seit der Antike vorhandenen Museumsgedanken, sondern auch durch die klassisch gewordene Idee des Baus, mit dem Carl Friedrich von Schinkel (1781-1841) „das höchste Prinzip in der Baukunst“9 mit dem Zweck eines Museum verband. Das Alte Museum auf der Berliner Museumsinsel (1823-1830) hatte das Pantheon in Rom zum Vorbild. Schinkel entwarf es gemeinsam mit seinem Freund, dem Oberbaurat und späteren Direktor der Bauakademie, Johann Carl Ludwig Schmid. Schinkels Meisterwerk als Maler bildete jedoch der Bilderzyklus für das Alte Museum. Die staatsphilosophische Grundlage für das Berliner Museumswesen geht hingegen auf einen Freund Schinkels, Wilhelm von Humboldt (1767-1835) und seine Politischen Denkschriften zurück.10 Humboldt hatte als Kulturpolitiker den Staatszweck im Auge, bei dem Bildung, Wissenschaft und Kunst eine Einheit bilden, das Museum aber der Repräsentation dienen sollte. Er versucht aber auch die Erwartungen eines kunstinteressierten Publikums an 7 Vieregg, Hildegard, Vorgeschichte der Museumspädagogik, a.a.O., S. 39./Vgl. Heyne, Hugo, Aloys Hirth (1757-1837) – der Anreger zur Begründung unserer Berliner Kunstmuseen, in: Beiheft zur Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins, Nr. 10/1940, Berlin 1949. 8 Vieregg, a.a.O., S. 40. 9 Rave, Paul Ortwin, Schinkels Museum in Berlin oder die klassische Idee des Museums, in: Museumskunde, hg. vom Deutschen Museumsbund, 29. Bd. 1960, 1. Bd. Der dritten Folge, Berlin 1960, S. 1-21. 10 Gebhardt, Bruno (Hg.), Wilhelm von Humboldts Politische Denkschriften, Bd. 3/2. Hälfte, Berlin 1904./Vgl. auch Wilhelm von Humboldts gesammelte Schriften, hg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 12, Abt. 2, Berlin 1904. 5 den Staat am Gründungsbeispiel des Alten Museums zu zeigen.11 Wilhelm von Humboldt (1767-1835), Sohn einer brandenburgischen Adelsfamilie (Vater Offizier) wendet sich schon in seiner Jugendschrift: „Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen“12, zu der er durch einen Aufenthalt in Paris im Jahre 1789 motiviert worden war, in aller Deutlichkeit gegen jegliche Übergriffe des Staates. Nur einige Abschnitte wurden in der Berliner Monatsschrift und in der von Friedrich von Schiller (1759-1805) herausgegebenen Neuen Thalia veröffentlicht, ansonsten aber blieb das Manuskript ungedruckt. Schiller selbst plante zu dieser Zeit seine Schrift „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“13, die in der Grundanschauung mit Humboldts Ideen übereinstimmte, vor allem in der Weise wie Moral und Ästhetik zueinander in Beziehung gesetzt wurden.14 Humboldt ging davon aus, dass seine Schrift die Bildung des Menschen auch hinsichtlich politischer Einrichtungen – die Museen können hier einbezogen werden – betreffe. Der andere Grundsatz von Humboldts, Ideen und Themen aus dem Leben selbst zu finden15 trifft ebenfalls auf die Museen und erst recht auf die Museologie als Wissenschaft von den Museen und die Museumspraxis zu, die vor allem von Theodor von Graesse so definiert wurden. Auch Auswirkungen der Französischen Revolution sind festzustellen, die fortan das Museumswesen in Europa und vor allem die Konzeptionen von Kunstmuseen bestimmen sollten: Die überall vorhandenen Bestände wurden zu öffentlichen Museen; die Anordnung nach kunsthistorischen Gruppierungen wie sie im Louvre praktiziert worden war, wurde von den meisten Museen übernommen. In Konkurrenz zu Napoleon erwachte auch in Deutschland und anderen Ländern die Wertschätzung der Kunst. Starke Persönlichkeiten setzten sich für die Rettung von Kunst- und Kulturgütern ein: die Gebrüder Boisseree (………..), der Kanonikus Franz Ferdinand Wallraf (1748-1824) in Köln, Hans Philipp Freiherr von Aufseß (1801-1872) für das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, Friedrich von Hefner-Alteneck (1845-1904) für das Bayerische Nationalmuseum München.164 Im 19. Jahrhundert wurden Kunstwerke einerseits noch in speziell dafür konzipierten Räumlichkeiten wie etwa in dem einem Kirchenraum nachgebildeten Kirchensaal des Bayerischen Nationalmuseums München präsentiert, andererseits wurden fürstliche 11 Lübbe, Hermann, Wilhelm von Humboldt und die Berliner Museumsgründung, in: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Bd. XVII, hg. von W. Knopp, Berlin 1981, S. 87-111. 12 Ebenda. 13 Berghahn, Klaus L. (Hg.), Friedrich Schiller, über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, Stuttgart 2000. 14 Cauer, Eduard, Einleitung zu Wilhelm von Humboldts „Ideen zu einem Versuch...„, S. I. 15 Battisti, Sigfried, Freiheit und Bindung, Berlin 1990, S. 66. 16 6 Kunstmuseen erbaut und Landesmuseen entwickelt, die neben anderen Sammlungsbereichen vor allem auch Kunst präsentierten. Fürsten, Museen und Bürgervereine erwarben Kunstwerke historischer und zeitgenössischer Kunst. Die Hamburger Museumslandschaft ist gutes Beispiel dafür, wie bereits Ende des 19. Jahrhunderts vor allem von Alfred Lichtwark (1852-1914) zeitgenössische Probleme in der Bziehung von Museen zu ihren Bsuchern erkannt wurden.17 Lichtwark ging es um viele Bereiche des Museums: Wie sich an seinen Besuchen in der Alten Pinakothek in München zeigte – er belegt es durch seine vielen Briefe – um Fragen der besuchergerechten Präsentation von Objekten. Er forderte eine Präsentation anders als „die Schaffung von förmlichen Entwicklungsreihen, denen der Nichtgelehrte ziemlich verständnislos gegenübersteht, … vielmehr eine Aufstellung wie sie sich auch im Leben innerhalb der häuslichen Sphäre vollzieht.“18 Es ging ihm aber auch um didaktische Zielsetzungen, wie sie in dem maschinenschriftlichen Skript Briefe an die Kommission der Hamburger Kunsthalle (1896-1912) und die Mitglieder des Senats angesprochen wurden. Darin enthalten waren auch Vorstudien zum Neubau der Kunsthalle in Hamburg. Lichtwark wollte seine volkserzieherische Absicht zunächst diesen nahe bringen, damit sie seine Pläne verstünden und unterstützten: "sie zu bilden, ihnen eine Vorstellung von den kulturellen Problemen, von den Aufgaben der hamburgischen, der deutschen, der europäischen Kunstpflege einzupflanzen.“19 Den Typus des modernen Galerieleiters mit dem "eine neue Weltanschauung in die Museen einzieht"20, verkörperte auch Lichtwarks Kollege und Freund Gustav Pauli (………..) – Leiter der Kunsthalle Bremen ab 1899. Er bezeichnete das Kunstmuseum als das demokratischste aller Bildungsinstitute. Pauli berücksichtigte dabei vor allem reformpädagogische Aspekte hinsichtlich der Kunstmuseen, mit denen er sich gemeinsam mit Alfred Lichtwark auch hinsichtlich der Hamburger Kunsthalle beschäftigt hatte.21 In der Beurteilung des neben Julius Meier-Graefe22 führenden Publizisten seiner Zeit auf dem Gebiet der bildenden Künste, Karl Scheffler (1869-1951), galt damit die Bremer 17 Ergebnisse der 12. Konferenz der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen: Die Museen als Volksbildungsstätten. 4 Jessen, ... .Zur Geschichte der Museen. 1. Die Kunstmuseen. In: Ergebnisse der 12. Konferenz Schriften der Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen Nr. 25. Berlin 1904. S. 13 -19. 18 Berlepsch-Valendàs, a.a.O., S. 169. Hentzen, Alfred, Lichtwark als Schriftsteller – heute, in. Kayser, Werner (Hg.), Hamburger Bibliographien, Bd. 19./Vgl. Vieregg, Hildegard, Vorgeschichte der Museumspädagogik. Dargestellt an der Museumsentwicklung in den Städten Berlin, Dresden, München und Hamburg bis zum Beginn der Weimarer Republik, Münster/Hamburg 1991, S. 273. 20 Scheffler, Karl, Deutsche Museen Moderner Kunst – Die Bremer Kunsthalle, in: Kunst und Künstler, Nr. 11/1912, S. 85-86. 21 Pauli, Gustav, Erinnerungen aus sieben Jahrzehnten, Tübingen 1936. 22 Julius Meier-Graefe (1867-1935), ein in Dresden lebender renommierter Kunsthistoriker und Kunstkritiker. 19 7 Kunsthalle als eines der sich entwickelnden Musterinstitute.23 Insbesondere in der Schrift Berliner Museumskrieg taucht ein weiteres Problem in der Entwicklung der Kunstmuseen auf. Karl Scheffler ging am Beispiel des KaiserFriedrich Museums und der Nationalgalerie der Frage nach, ob es "zweierlei Kunstmuseen"24 gebe, die einen als Museen, in denen nur Kunstwerke präsentiert werden, die als "endgültig beurteilt werden können, die mit recht als dauernde Werte angesprochen werden können, und als Museen jener Gegenwartsproduktion, worüber ein abschließendes Urteil noch nicht möglich ist, weil wir ihr zu nahe stehen, weil wir noch sehr befangen sind in Vorurteilen, Konventionen und besonderen Sehformen der Zeit.“25 Auch in anderen Museumsstädten wurden die verschiedenen Gattungen bildender Kunst in unterschiedlichen Museen untergebracht, wie beispielsweise in München schon im 19. Jahrhundert in der Alten- und Neuen Pinakothek, der Schack-Galerie und der Glyptothek als eigenem Museum für die Skulpturensammlung mit Werken aus der Antike. .(In diesem Zusammenhang ist der große Kunstliebhaber und Mäzen König Ludwig I. von Bayern besonders zu erwähnen.26 Vor wenigen Jahren wurden Werke des 20. Jahrhunderts in den Neubau der Pinakothek der Moderne transferiert, die wiederum weitere Museen beherbergt: das Architekturmuseum, die Graphische Sammlung, das Als Kunsthalle DesignMuseum und die Neue Sammlung. Abschließend soll bemerkt werden, dass Werke der bildenden Kunst immer auch unter interdisziplinären Gesichtspunkten betrachtet werden sollten. Wie wäre sonst ein Triptychon von Max Beckmann aus dem Jahre 1937 mit dem Titel „Die Versuchung des heiligen Antonius“ in der Pinakothek der Moderne in München zu verstehen, wenn es nicht in seinen zeitgeschichtlichen Kontext eingeordnet würde.27 Tretyakov Galerie Moskau Die Tretyakow-Galerie (Tretyakow/Tretjyakov-Galerie) als ursprüngliches Sammlermuseum in Moskau bildet eine eigene Ausformung in der Museumstypologie. Sie wurde von Pavel 23 Scheffler, Karl, Deutsche Museen Moderner Kunst, Die Bremer Kunsthalle, S. 88. Scheffler, Karl, Berliner Museumskrieg, a.a.O., S. 87. 25 Scheffler, a.a.O., S. 89. 26 An der Heiden, Rüdiger/Goldberg, Gisela, Begleitheft zur Ausstellung Ludwig I. – eine Darstellung seiner Sammeltätigkeit, hg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München, München 1986. 27 In München entsteht derzeit (2007) das Museumsgebäude für die Sammlung Brandthorst. ……………….. 24 8 Tretyakov (1832-1898), einem Privatsammler gegründet. 1892 machte er seine Sammlungen für die er eigens Porträts von Dostojewski und Tolstoy, aber auch von anderen Größen der russischen Kultur wie Literaten und Schauspielern malen ließ, der Stadt Moskau zum Geschenk. Ein Großteil der eigentlichen Sammlungen gehört heute zum Puschkin-Museum Tretjakows Sammlung umfasste zunächst etwa 2000 Bilder. Sie wurden in fünf Museumsgebäuden – im ältesten Gebäude an der Lavruschinski-Gasse, in einem modernen Depot, in einer Kirche, in einem dreistöckigen Haus und in der Administration – untergebracht. Am Krymski-Wall befindet sich heute die Kunst des 20. Jahrhunderts – allen voran Wladimir J. Tatlins (1885-1953) großes Werk. Im Übrigen rekonstruierte die Tretjakow-Galerie unlängst eine Ausstellung von 1921.28 Abgesehen von den Künstlerateliers (Galupkino, Wasinzov, Pavel Chorin ….) und experimentellen Abteilungen gibt es im ursprünglichen Gebäude der Tretjakow-Galerie – traditionell präsentiert – Bestände von der großartigen russischen Ikonenmalerei bis hin zu großen Gemälden sowie Graphik und Bildhauerei. Abb.: Tatlin: Skulptur im Museumsgebäude am Krymski-Wall Durch Veränderungen in der Wertschätzung von Kunstwerken, die zu höherem Kunstbewusstsein führten, mit m Kunstbewusstsein, das mit eine ….. Am Rande ist zu bemerken: Gerade Kunstmuseen wurden auch zu Präsentationsorten der Kolonialmächte und zeigten gerne ihre imperialen Eroberungen und die erbeuteten Schätze. Insbesondere der Louvre ist dafür Beispiel. Das Musée Napoléon im Louvre erhielt nach jedem erfolgreichen Feldzug einen neuen Anbau. Bei den Kunstmuseen sollte man auch auf die Skulpturenmuseen eingehen wie sie sich seit Auguste Rodin (1840-1917) (z.B. im Rodin-Museum von Philadelphia/USA), Marino Marini (1901-1980) in der Pinakothek der Moderne – Ankäufer der Skulpturen war der damalige Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Prof. Dr. Erich Steingräber) oder wenig später mit der Skulpturensammlung des exzellenten Bildhauers Fritz König (geb. 1924) vor den Pinakotheken in München darstellt. Im Übrigen ist das Skulpturenmuseum von Fritz König in Landshut, das seit wenigen Jahren besteht, besonders bemerkenswert in der deutschen Landschaft von Skulpturenmuseen: Dieses Museum beinhaltet sowohl die bayerischen Aspekte einer Kunstansicht als auch die weltweiten Beziehungen und Visionen. 28 Holm, Kerstin, Kinderstube: Die Moskauer Tretjakow-Galerie rekonstruiert eine Ausstellung von 1921, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 08.01.07. 9 Fritz König hat als Bildhauer zum Einen historisch gedacht, wenn er Entwürfe für Mahnmale und Gedenkstätten gestaltete: Nicht ohne Grund ragt das Mahnmal der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gelände des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Mauthausen unter den vielen anderen Mahnmalen hervor: Es zeigt einen gegen das nationalsozialistische Regime hilf- und wehrlosen Menschen innerhalb der überragenden Staatsgewalt. Auch im Battery-Park an der Südspitze von Manhattan/New York sind heute die Relikte des von Fritz König geschaffenen, einstmals für das World Trade Centre in New York bestimmten Brunnens der Zerstörung am 11. September 2001 zu sehen. Sie spiegeln die Gewalttaten eines außerhalb der USA entstandenen Terror-Regimes. König ist nicht nur dadurch ein zeitgenössischer Bildhauer von Weltrang. Ganz anders gibt es auch Skulpturenmuseen, die sich der mittelalterlichen-, oder der Renaissancekunst widmen. Ein derartiges ist das Museum Marés’ im Palast der Grafen von Barcelona und der Könige von Aragonien in Barcelona/Spanien. Das Metropolitan Museum of Art trug schon seit seiner Gründung 1879 auch in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts dazu bei, den Begriff eines Kunstmuseums neu zu definieren. Die darstellende Kunst würde zu finden sein in Galerien, die auch andere Museumsfunktionen erfüllten, hinsichtlich der optimalen Präsentation der Objekte, ihrer Bildungsaufgaben und der Museumsbesucher. Diese Überlegungen wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Kunstmuseen verbunden, aber ihre Grenzen waren fließend. Erst in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts konnte man diese Verbindung zufrieden stellend lösen. Mit dem hohen hierarchischen Status der Kunstmuseen – Lawrence Levine (1933-2006) nannte ihn kulturelle Hierarchie – leben wir erst heute.29 Kunstmuseen können gegen Ende des 19. und noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Sinne Walter Benjamins gesehen werden als Orte des Rituals, wo Objekte ihre Aura bewahren oder in mancher Hinsicht auch mit einer Aura umgeben wurden, die sie ursprünglich nicht hatten. Das Kunstmuseum schuf den Kontext für die Objekte, um ihr Ansehen und ihre Authentizität zu wahren, aber auch als historischre Zeugnisse zu dienen. 29 Conn, Steven, Museums and American Intellectual Life, 1876-1926, Chicago/London 1998, p. 194. 10 Das Kunstmuseum das heute – nach der Auffassung Conn’s – an der Spitze der Museumslandschaft steht, durchlief unterschiedliche Prozesse. Zum einen orientierten sich Kunstmuseen am Modell des Louvre/Paris, andere hatten den Museumskomplex von South Kensington in London vor Augen. Um nur zwei bedeutende Beispiele zu nennen: Das Metropolitan Museum in New York wählte das Vorbild des Louvre, das Kunstmuseum von Philadelphia das South Kensington Museum. Beide Modelle konkurrierten miteinander, aber zu Beginn der Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts blieb als Leitbild allein der Louvre übrig.30 Bezogen auf das Metropolitan Museum of Art, das nach der Bestimmung des „Art Committee“ (1869) als nationale Institution für die Kunst dienen sollte, wurde dessen Intention ergänzt durch das Executive Committee, das die Meinung vertrat, das Metropolitan Museum of Art „should be based on the idea of a more or less complete collection of objects illustrative of the History of art, from the earliest beginnings to the present time.“ Das Committee spezifizierte auch den Begriff der Kunst. Aus seiner Position konstituierten in der Gründungsphase Architektur, Skulptur und Malerei die drei großen Künste, während Keramik, Porzellan, Druckkunst, Mosaiken, Metalle und Textilien unter die Kategorie der Subsidiary Ornamental Arts fielen.31 Trotz oder gerade wegen der eigenen Sicht versuchte man aber auch, europäischen Kunstmuseen – wie etwa die Museen in Leipzig, Amsterdam, Gotha und das im Aufbau befindliche National Museum in Berlin - in den Blick zu nehmen, um schließlich das eigene Modell eines Kunstmuseums entwickeln zu können. Im Jahre 1897 eröffnet wurde das Brooklyn Museum – seit 1997 heißt es Brooklyn Museum of Art – eines der herausragenden Kunstmuseen der Welt mit Meisterwerken von ägyptischer bis zu zeitgenössischer Kunst und Kunstäußerungen vieler anderer Kulturen. Eine der zwölf Kopien der berühmten Skulptur Die Bürger von Calais von Auguste Rodin (1840-1917) befindet sich im Eingangsbereich. Die Stadt Calais hatte das Monument, das Bezug nimmt auf die Belagerung der Stadt Calais in den Jahren 1346/1347, 1885 bei Rodin in Auftrag gegeben, 1895 wurde es verwirklicht und vor dem Rathaus von Calais aufgestellt. Weitere Kopien befinden sich beispielsweise im Palmengarten zu London (seit 1915), im Rodin-Museum von Philadelphia (seit 1925), im Skulpturenpark des Hirshorn-Museums in Washington (seit 1966) und in der Rodin-Galerie in Seoul/Südkorea (seit 1995). Abb.: Die Bürger von Calais – Kopie vor dem Museum in Philadelphia Vor etwas mehr als 30 Jahren wurde aus dem Wallraf-Richartz-Museum in Köln ein eigenständiges Museum Ludwig mit einer zeitgenössischen Sammlung herausgelöst und schließlich im Sommer 1986 eröffnet. Es ist dem rheinischen Sammler, Peter Ludwig (192530 31 Conn, a.a.O., p. 195. Ebenda. 11 1996) zu verdanken. „Das Sammlungsmodell, das Ludwig zeitlebens ansteuerte, tendierte zum Welthaltigen und Kosmopolitischen, letztlich zu einer umfassenden ästhetischen Anthropologie.“32 Ludwig entdeckte und erstand in den Jahren 1967/68 Werke der Pop-art und brachte in den siebziger Jahren auch Werke der damaligen Ost-Kunst in seine Sammlungen ein. „Als 1980 das Projekt einer deutschen Stiftung Ludwig auf Bundesebene scheitert, wendet sich Ludwig mit aller Macht und Leidenschaft Osteuropa zu und spürt hinter den Künsten im Umbruch und in der Auflösung der kommunistischen Zwangsgesellschaften nach – in einer Kampagne, die ihn von der DDR in die Sowjetunion, nach Ungarn, Bulgarien und weiter bis China und auf Castros rote Insel, nach Kuba führen sollte. Schon 1991 eröffnete er das Ludwig Forum Internationale Kunst in Aachen. 1993 kaufte er die Videoskulptur Brandenburger Tor des Künstlers Name June Paik (1932-2006) – ein aus Südkorea stammender US-amerikanischer Musiker und bildender Künstler, der als Begründer der Video- und Media-Kunst gilt, die 1994 an das Museum Ludwig in Köln geschenkt wurde.33 Ludwig knüpfte ein internationales Netz von neunzehn Vertragsmuseen in fünf verschiedenen Ländern, die er zur operativen Basis seiner eigenwilligen Unternehmungen machte.“34 Darin lag nicht nur das Bestreben zur Versöhnung einer deutsch-deutschen Kunst, sondern er wollte sowohl die Ostkunst für den Westen erschließen als auch die Globalisierung in Sachen Kunst voran bringen. Sein kosmopolitisches Interesse blieb besonders an seinem Stammmuseum in Köln nicht ohne Kritik. Im Ausland jedoch erlangte er viele Ehrendoktorwürden, so an der Uni Leipzig (1983), an der Hochschule für Bildende Künste Budapest (1988), an der Kunsthochschule (1991) und der Universität von Havanna auf Kuba (1995). James Stewart Polshek (*1930) schuf gemeinsam mit dem japanischen Architekten Arata Isozaki (* 1931), der zahlreiche postmoderne Bauten plante und sich in seiner Formensprache auch auf die Wiener Sezession bezieht, die er in einem eigenen Stil weiterführt35, von 1986 bis 1993 auch den ersten Masterplan für die Renovierung und Erweiterung des schon 1897 eröffneten Brooklyn Museum of Art (seit 2004 wieder Brooklyn Museum benannt) – es ist das zweitgrößte Kunstmuseum in New York, das das reiche künstlerische Erbe der Weltkulturen zeigt – und 2001 das National Design Museum in New York. Besonders zu erwähnen im Zusammenhang mit den Aufgaben und Intentionen des 32 Beaucamp, Eduard, Mauerspringer, Tabubrecher, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 06.01.2006. Auch Les Levine und Wolf Vostell arbeiteten etwa gleichzeitig an den Möglichkeiten der Media-Kunst. Zu erinnern ist dabei auch an die Skulptur Pre-Ball-Man vor dem Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main. 34 Beaucamp, ebenda. Derartige „Vertragsmuseen“ sind in Wien, Budapest, St. Petersburg und Peking zu finden. 35 Auch über seine dritte Frau hat er Kontakte zu „Ikonen“ der Modernen Kusnt wie hans Richter und Man Ray. 33 12 Kunstmuseums ist wiederum Alfred Lichtwark (1852-1914), der die Besucher zum Betrachten der Kunstwerke führen wollte und damit wohl erstmals eine didaktische Komponente in die Museumslandschaft der Kunstmuseen einführte.36 Die Position der Hamburger Kunsthalle sah er die als eines patriotischen Unternehmens mit der Verbindung von Museumsorganisation, Präsentation und Transfer zum Publikum.37 Unter Gustav Pauli (1866-1938) wurde die Kunsthalle nach dem I. Weltkrieg (1914-1918) vor allem hinsichtlich der Öffnung für alle Bevölkerungskreise unter dem Begriff eines Volksmuseums weitergeführt. Dieser Ansatz, der auf der Mannheimer Tagung zum Thema Die Museen als Volksbildungsstätten insbesondere von Alfred Lichtwark (1852-1914), aber auch von zahlreichen Künstlern, Gelehrten, Museumsverantwortlichen, Regierungsvertretern und Bürgermeistern vertreten wurde, bezieht sich auf die Wirksamkeit amerikanischer Museen, die sich schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eines Weltrufs erfreuten, weil sie Volksbelehrung nicht als etwa außerhalb ihrer Aufgaben Liegendes, sondern als wesentlichen museumsinternen Auftrag erachteten.38 So wurden die Aufgaben lokaler Museen, deren grundsätzliche Aufgabe es war, „mit den Objekten den Bezug zum Ort und seiner Umgebung herzustellen und damit das Spezifische der historischen Entwicklung in einem geographischen Raum auszuzeigen“39, um die unverzichtbare Bildungsintention erweitert. Lichtwarks Museumskollege und Leiter der Kunsthalle in Bremen seit 1899, Gustav Pauli (1866-1938) ist Herausgeber des umfangreichen Werkes: „Alfred Lichtwark. Reisebriefe. Briefe an die Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle“.40 Die Briefe erschienen, beginnend im Jahre 1896, in 20 Bänden. Pauli hatte Lichtwark beim ersten Kunsterziehungstag in Dresden (1901) kennen gelernt, wo er selbst einige Museumsjahre verbracht hatte.41 Er nahm nicht nur an Lichtwarks Museumsideen regen Anteil, sondern war auch sein persönlicher Freund und ebenfalls Anwalt der Reformpädagogik. Diese Briefe können als Vorstufe zu Lichtwarks weiterführenden offiziellen Mitteilungen „Briefe an die Kommission der Hamburger Kunsthalle“ (1896-1912)42 gelten, in denen er seine Gedanken über Museumsprobleme in konsequent geführten Tagebüchern festhielt und auch Vorstudien zum 36 Lichtwark, Alfred, Übungen im Betrachten von Kunstwerken, nach Versuchen mit einer Schulklasse herausgegeben von der Lehrervereinigung zur Pflege künstlerischer Bildung. 15.-18. Aufl. Berlin 1903. 37 Vieregg, Hildegard K., Museumswissenschaften, eine Einführung, Paderborn 2006, S. 156. 38 Vgl. Schriften der Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen, Nr. 25, Die Museen als Volksbildungsstätten, Ergebnisse der 12. Konferenz für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen, Berlin 1904. 39 Roth, Hans, Heimatmuseum – was ist das?, in: Schönere Heimat. 70. Jg., Sonderheft 1, München 1981, S. 2. 40 Pauli, Gustav (Hg.), Alfred Lichtwark, Reisebriefe, Briefe an die Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle, mit einer Einleitung von Gustav Pauli, Bd.1 und 2, Hamburg 1924. 41 Pauli, Gustav, Das Kunstmuseum der Zukunft, in: Die Kunstmuseen und das deutsche volk, München 1919, S. 3-21. 42 Lichtwark, Alfred, Briefe an die Commission für die Verwaltung der Kunsthalle, Bd. 1-20, masch. geschr., Hamburg 1896-1912. 13 Neubau der Hamburger Kunsthalle niedergelegt hatte. Mit diesen Briefen beabsichtigte Lichtwark auch die Mitglieder des Senats „in seinem Sinne zu erziehen, sie zu bilden, ihnen eine Vorstellung von den kulturellen Problemen, von den Aufgaben der hamburgischen, der deutschen, der europäischen Kunstpflege einzupflanzen, damit sie seine großen Pläne verstünden und unterstützten - [...] ein Vorgang, für den es in der deutschen Geistesgeschichte kaum eine Parallele gibt“.43 Hugo von Tschudi Hugo von Tschudi (………….) musste sich nach vielen Querelen in Berlin beruflich verändern und kam nach München …… Zur historischen Einführung!!!) Zu den politischen Verhältnisse im Nationalsozialismus (1933-1945) und den Kunstmuseen ??? (hier oder bei der allgemeinen Einführung???) Das steiermärkische Landesmuseum Joanneum in Graz/Österreich widmet eines seiner Departments der Kunst mit Alte Galerie, Neue Galerie, Kunsthaus und Künstlerhaus. Kunstmuseum – Ende des 20./Beginn des 21. Jahrhunderts Kunstmuseen als Personenmuseen (Persönlichkeitsmuseen) In allen Teilen der Welt gibt es neben den großen Staatlichen und Privaten Kunstmuseen auch Museen, die sich einzelnen Künstlern widmen. Auch von der großen Zahl spanischer Künstler sind viele in Persönlichkeitsmuseen im Sinne der Kunst, der Kunstgeschichte oder einfach der Geschichte. Oft sind sie im Geburtshaus oder am Wohnort eingerichtet, bisweilen wurden auch Gebäude rekonstruiert. Das Haus und Museum von Dominikos Theatokópoulos – nach seiner griechischen Herkunft genannt El Greco (1541-1614) in Toledo gehört zu den attraktivsten. Ein Mäzen errichtete auf den maurischen Grundfesten 1906 ein Wohnhaus im Stil von Kastilien im 16. Jahrhundert. Eingerichtet wurde es mit Objekten aus dem Besitz des aus Kreta stammenden Greco. Seit 1931 ist es Nationalmonument. El Greco arbeitete zunächst (ab 1565) im Atelier von Tizian in Venedig, 1577 kam er nach Spanien, erst nach Madrid, dann nach Toledo. Das El Greco-Museum, ein Zentrum spanischer Kunst – mit der Geschichte der Malerei von El 43 Hentzen, a.a.O., S. 6 . 14 Greco bis Vicente López - wurde 1910 für das Publikum geöffnet.44 Beispiele: Sorolla- Museum/Madrid (nach Joaquin Sorolla, 1863-1923), seit 1932 Museum; PicassoMuseum/Barcelona ohne örtliche Beziehung zu dem Maler (1963); .Museum Julio Romero de Torres/Córdoba im Geburtshaus des Künstlers (…..); Picasso-Museum Paris (…..), Zentrum Paul Klee in Bern (im Juni 2005 eröffnet) S. Internet – Bilddatenbank! Kunstmuseen im Internet Seit etwa Mitte der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts gewann die Präsentation von Information über Museen im Internet zunehmend an Bedeutung. Vielfach wird dafür die Bezeichnung virtuelles Museum gebraucht, die jedoch so nicht zutrifft. Das virtuelle Museum kann nicht als Museum im klassischen Sinne verstanden werden, vielmehr handelt es sich laut Jaron Lanier um eine virtuelle Realität als Technologie, die Nutzern hilft, mit einer dreidimensionalen computergestützten Umgebung von einem realen Ort und einer realen Zeit ausgehend zu interagieren. Virtuelle Realität ist eine Philosophie, die im weitesten Sinne vom Science Fiction hergeleitet werden kann.45 Immer ist auch abzuwägen, ob Präsentationen real oder virtuell erfolgen. Viele Museen weltweit machen heute den Versuch einer Information und Kurz-Präsentation im Internet. Mittlerweile eingerichtet ist auch eine Website des International Council of Museums ICOM Museums around the World.46 Einer der großen Vorteile der Internetpräsenz ist die weltweite Erreichbarkeit und die Unabhängigkeit eines Museums vom geographischen Standort. Wenige haben jedoch den Standard erreicht, wie es zwei bedeutende Kunstmuseen in den 44 Cayetano Enríquez de Salamanca, Spanien-Land der Museen, Barcelona, o.J. Vieregg, Hildegard, Museology in Progress: Presentation and Education Supported by New Media, in: Vieregg, Hildegard/Davis, Ann (Eds.), Museology and Presentation: Original or Virtual?, Munich/Calgary 2002, S. 11. 46 www.icom.org/vlmp/world.html 45 15 USA tun. Das National Museum of American Art in Washington (NMAA), ein zur Smithsonian Institution zählendes Museum, präsentiert Kunst aus den Vereinigten Staaten seit der Kolonialzeit bis zur Gegenwartskunst. Für das Fine Arts Museum of San Francisco47(FAMSF) – es verfügt mit der Rockefeller Collection of American Art ebenfalls über eine der bedeutendsten Sammlungen US-amerikanischer Kunst von der native art Amerikas, Afrikas und den Pazifischen Inseln bis ins 20. Jahrhundert – sind beide seit den neunziger Jahren exemplarisch Wegbereiter für Museen, die das Internet als Präsentationsund Kommunikationsmedium benutzen.48 Gegründet wurde das NMAA bereits 1846, seinen jetzigen Namen trägt es seit 1980 (seit 1906 hieß es National Gallery of Arts, heute bezeichnet es sich nach umfangreichen Renovierungsarbeiten vom Museumstypus her als Landmark Arts Museum (Kunst, Architektur und natürliche Landschaft im Zusammenhang).49 Das FAMSF ist ein Zusammenschluss zwischen dem de Young-Museum (gegründet 1895) im Golden Gate Park und dem Legion of Honour, zunächst gegründet zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten (1924 vollendet und in den Jahren 19921995 renoviert und in seiner historischen Form restauriert) im Lincoln Park gelegen. Die herausragende Bilddatenbank The Thinker trägt den gleichen Namen wie eines der berühmtesten Werke des Bildhauers Auguste Rodin (1840-1917), bedeutender Wegbereiter der Moderne, der im Court of Honour der Legion of Honour zu sehen ist.50 Noch einfügen: Zentrum Paul Klee Bern (21. Juni 2005)51 Insbesondere auch erwähnen: Renzo Piano (….) Metropolitan Museum of Art (siehe Direktor Francis Henry Taylor – 19. Jh.) Pierre Eugene Du Similière und Charles Wilson Peale waren von großer Bedeutung schon vor der Wende zum (???) des 19. Jahrhundert. 47 48 Schweibenz, Werner, Museumsinformation im Interne am Beispiel der Webseiten zweier Kunstmuseen in den USA, in: 50. Deutscher Dokumentartag 1998, Informationen und Märkte, hg. von Ockenfeld,Marlies und Mantwill Gerhard J., Frankfurt am Main, DGD, S. 87-99. 49 www.sc94.ameslab.gov/TOUR/natamart.html 50 www.thinker.org 51 Vieregg, Hildegard, Museumswissenschaften, eine Einführung, Paderborn 2006, S. 228231./www.zpk.org Susann Bosshard-Kälin, Swiss national Corrsepondent, www.museumspass.ch, in: Nichols, Ann (Ed.), Bulletin of the European Museum Forum, Bristol/England, July 2005, pp. 4-5./ Museumskunde, ………….. 16 MOMA/ New York Wieder eröffnet 2005/006 Das schon1929 eröffnete Museum diente einer bildungsbezogenen Mission. Damit ist es wahrscheinlich das erste Museum moderner Kunst mit diesem Auftrag weltweit. Seit seiner Wiedereröffnung will es vor allem dem Verständnis und der Freude an moderner und zeitgenössischer Kunst dienen.52 Die besonderen Zielsetzungen sind: - moderne und zeitgenössische Kunst bis zum heutigen Tag zu vermitteln an ein nationales und internationales Publikum; - alle Formen der Kunst zu zeigen: von der Skulptur und Malerei bis hin zu Fotografie und Architektur; - diese Formen durch die verschiedenartigen und vielfältigen Museumssammlungen zu reflektieren und für Besucher aufzubereiten; - Damit die Bedeutung der zeitgenössischen Kunst zu zeigen und permanent weiter zu führen.53 Frankreich: Gründung des Musée d’Orsay im ehemaligen Bahnhof. Zielsetzungen und Konzeption ………….Konstruktion des Bahnhofs einbeziehen in die Präsentation. Unter der Glasfläche: Modell des Areals um die Oper etc. Centre Pompidou/Paris Museu de Arte Moderna MAM (Sao Paolo) Museo Arte Moderna (MAO) Caracas/Venezuela Eremitage St. Petersburg/Russland Madrid Tate Gallery in London / Neue Tate Gallery Viele Künstlermuseen: Emil Nolde/Seebüll, Claude Monet (Giverny/Frankreich), Pablo Picasso Barcelona (?) und Paris 52 Davor war es während der Renovierungs- und Umbauzeit mit vielen seiner Bestände sozusagen ausgelagert in die Nationalgalerie Berlin. 53 http://www.moma.org/about_moma 17 Museumsinsel Berlin Im beginnenden 20. Jahrhundert trat in Deutschland eine neue Kunsthistorikergeneration an, die sich mehr mit aktuellen Konzepten der Kunst befasste. “Ab 1919 entstand mit der modernen Sammlung der Nationalgalerie des Kronprinzenpalais in Berlin die reinste Ausformung des ‚Museum der Gegenwart’, das sich in Deutschland so zahlreich und vielgestaltig entwickelte wie nirgends sonst. … In breiten Kreisen stießen sie auf Unverständnis und Ablehnung und bildeten so die Grundlage für die nationalsozialistische antimoderne Propaganda, die Femeausstellungen ab 1933 und die Aktion Entartete Kunst.“54 Die Bauten auf der Museumsinsel Berlin können in zwei unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: einerseits das Alte Museum (gemeinsam mit der Alten Nationalgalerie und dem Neuen Museum) als Pendant zum ehemaligen Stadtschloss. Dieses bildet einen wesentlichen Teil des von Friedrich August Stüler (1800-1865) – einer der maßgeblichen Architekten seiner Zeit in Berlin und Schöpfer des Neuen Museum – 1841 entworfenen Forum der Künste und Wissenschaften (Spreeinsel). Dazu kommen das Bodemuseum und das Pergamonmuseum (Kupfergraben). Angestrebt ist mit einem so genannten Masterplan seit 1990 eine Sammlungen übergreifende Präsentation, die die Museen auch inhaltlich verbindet. Die Nationalgalerie in Berlin ist aber kein Sammler-Museum, „sondern sie hat und sie sucht Sammlungen für intelligente Nachbarschaften.“55 In der Kunst- und Museumspolitik Baden-Württembergs offenbarten sich dagegen schon Krisenfälle bezüglich zwischen so genannten Sammlermuseen und mit Objekten mehrerer Sammler bestückten Zentren, wie etwa das Museum für Neue Kunst (MNK Tübingen), das unter dem Dach des Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM Karlsruhe) „eine kulturpolitische Wende im Umgang mit Sammlern und deren Beständen“56 anstrebt. Wichtige Museumsgründungen Vgl. dazu: Seminar „Das Museum der Gegenwart“ – Theorie und Praxis der Sammlungen moderner Kunst in den Zwanziger Jahren des 20. Jh. in Deutschland. …. 55 Wagner, Thomas/Wefing, Heinrich, Wir sind keine wankelmütigen Visionäre, Berlin Rochade: Ein Gespräch mit Peter-Klaus Schuster über die Flick Collection, den Schlossplatz und die Zukunft der Alten Meister im Bodemuseum, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 31.03.2005, S. 35. 56 Wagner, Thomas, Wie es euch zerfällt, Krisenfälle: Baden-Württembergs Kunst- und Museumspolitik, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 29.11.2003. 54 18 In diesem Zusammenhang sollen einige Beispiele für wichtige Museumsgründungen genannt werden. Zunächst bildeten Kunstmuseen den wohl bekanntesten Museumstyp: Uffizien Florenz/Medici-Sammlung (1743), Museo Pio Clementino Vatikan (1775), Musée Napoleon Paris (1800), Rijksmuseum Amsterdam (gegründet 1808, Museumsbau 18771885), Glyptothek München (1816/30), Städelsches Kunstinstitut Frankfurt am Main (gegründet 1817, eigener Bau 1878), Museo del Prado in Madrid (1819), Kunsthalle Bremen (1823), Wallraf-Richartz-Museum Köln (1824), National Gallery London (Gründung 1824, Errichtung 1832-1838), Altes Museum Berlin (erbaut von Schinkel 1825-1828), Museum der Schönen Künste Sevilla (1835), Alte Pinakothek München (1836), Neue Eremitage Leningrad (erbaut von Klenze 1839-1852), Museum Ferdinandeum Innsbruck (1842/1845), Kunstmuseum Basel (1844/1849), Neue Pinakothek München (1846/1853), Gemäldegalerie Dresden (1847/1855), Landesgalerie Oberösterreich (auf Initiative von Adalbert Stifter, 1851), Kunsthalle Bremen (1847/1854), Smithsonian Institution Washington (1855), Kunsthalle Hamburg (1863/1869), Museum Santa Cruz Toledo (1887 bzw. 1958), TretyakovGalerie Moskau (Mitte 19. Jh. bis 1892), Nationalgalerie Berlin (1866/1876), Art Institute Chicago (1879), Kunstmuseum Bern (1879), Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg (1879); Metropolitan Museum of Art New York (1880), Tate Gallery London (1897), Puschkin Museum Moskau (1898-1912), Museum Folkwang Hagen (1902), Museum von Navarra (1910), Provinzmuseum der Schönen Künste in Granada (1958); Guggenheim Museum New York (Frank Lloyd Wright) (….), Milwaukee Art Museum/USA (Santiago Calatrava, 1994-2001), Fondation Beyeler Basel/Schweiz (1996/97),The National Art Center Tokio/Japan (Kisho Kurokawa, * 1934), Museum of Modern Art (Erweiterung 2004 durch Yoshio Taniguchi), National Gallery of Victoria in Melbourne/Australien (Renovierung 1996-2003), Museo die Arte Moderna e Contemporanea di Trento e Rovereto/Italien „MART“(Mario Botta, 1996-2002), Pinakothek der Moderne München/Deutschland mit insgesamt fünf verschiedenen Kunstmuseen einschließlich der Graphischen Sammlung, die vor nahezu 100 Jahren schon beispielhaft neu geordnet wurde 57 (Stefan Braunfels, 2003?), Kunsthaus Graz am Landesmuseum Joanneum/Österreich (…), Museo nazionale delle arti del XXI secolo Rom/Italien „MAXXI“ (Zaha Hadid, 2003-2007), The New Acropolis Museum Athen/Griechenland (Bernard Tschumi, 2003-2007), Zentrum Paul Klee Bern/Schweiz (2005), Shanghai Museum of Chinese Art Shanghai/China (gegründet 1952, seit 1996 im Neubau am People’s Square im Stadtteil Huangpu), das Museum Frieder Burda (Architekt Richard Meier, eröffnet 2004 in Baden-Baden), das Musée d’art Moderne Grand-Duc Jean (MUDAM) in Luxemburg (Architekt Pei, eröffnet 2006). 57 22. Gräff, Walter, Die Neuordnung der Graphischen Sammlung in München, in: Museumskunde VI, 1, S. 17- 19 Als Besonderheit für die Entwicklung der Museumstypologie sei auf das Beispiel St. Petersburg/Russland hingewiesen: Aus dem Fundus des im 18. Jahrhundert entstandenen Kaiserkabinett mit den Privatschätzen Zar Peters I. des Großen, bildete man schon 1836 sieben Akademische Museen: Ethnographisches Museum, Museum für asiatische Kunst, Ägyptisches Museum, Botanisches Museum, Zoologisches und Anatomisches Museum, Numismatisches Museum, Mineralogisches Museum. Darin ist die Museumstypologie, die wir heute in Mitteleuropa haben, weitgehend begründet.