Musik und Politik im barocken England Situation im Königshaus Die Machtstreitereien zwischen den Katholiken und Protestanten (Anglikanismus seit 1534) gingen am englischen Königshaus nicht spurlos vorbei. Die letzte Stuart auf dem englischen Thron war Queen Anne (1665-1714), welche zudem die erste Königin war, die gleichzeitig über England, Schottland und Irland regierte. Nach dem unblutigen Umsturz ihres katholischen Vaters kamen mit Wilhelm III. und Maria II. zunächst wieder Protestanten auf den Thron. Da weder Maria II noch Anne Nachfolger hatten, welche das Erwachsenenalter erreichten, riskierte der Thron wieder an die katholische Familie von Annes Vater überzugehen. Aus diesem Grund wurde der Act of Settlement durch das englische Parlament gewählt, durch welchen 57 katholische Thronanwärter übergangen wurden. Es kam zu heftigen Erbschaftsmachtkämpfen – jedoch nicht nur in England sondern auch in Spanien (Nachfolge des letzten Habsburgers), sodass England an der Seite Preuβens und Hollands gegen Frankreich kämpfte. “Good Queen Anne” galt als klatsch- und tratschbegeistert und galt eher als wenig intelligent, obwohl sie trotz politischer Ungeschicklichkeit sehr pflichtbewusst gewesen sein soll. Ihr Nachfolger war der erste Hannoveraner, der den englischen Thron bestieg. Georg I.(1660-1727) zog samt Hannoveraner Hofstaat und Mätressen nach London. Zeit seines Lebens sprach er kaum Englisch. Seine Thronberufung ging vor allen auf seine strenge protestantisch-lutheranische Erziehung zurück. Da er fast nur Deutsch und Französisch redete und in den Augen der Briten zu oft in Hannover verweilte, war er auf der Insel nicht besonders beliebt. Als Nachfolger bestieg sein Sohn Georg II. 1727 den Thron. Der zweite Hannoveraner, welcher sich ständig in Streit mit dem Vater befand, beauftragte eine barockpompöse Inthronationsfeier. Georg Friedrich Händel wurde mit der Komposition der Festmusik betraut. Georg II. ( 1683-1760) war der letzte Monarch, der seine Truppen noch persönlich in die Schlacht führte1. Verwickelt in den Österreichischen Erbfolgekrieg2, intensivierte sich der kriegerische Streit zwischen England und Spanien. Gleichzeitig ging es darum, eine Machtausbreitung Frankreichs zu verhindern. Unter der Herrschaft Georg II. entstand das patriotische Lied “God Save The King”, welches heute noch als Nationalhymne fungiert. 1752 passte sich dann auch die Insel dem auf dem Festland gültigen Gregorianischen Kalender an und stieβ den Julianischen ab. 1751 wurde die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften von Georg II. gestiftet und die Industrielle Revolution setzte ein. 1 Dies ist der Hauptgrund, wieso er Händel befahl, zu den Royal Fireworks eine Festmusik mit Militärcharakter zu komponieren. 2 Mehrere deutsche und europäische Herrscher weigerten sich die Pragmatische Sanktion der Österreichischen Habsburger anzuerkennen, da der Kaiserthron mit Maria Theresia an eine Frau gehen sollte In dieser doch eher kriegerischen Zeit verbrachte Georg Friedrich Händel die künstlerisch bedeutendste Zeit seines Leben in London am Hofe Georg II. Georg Friedrich Händel ( 1685-1759) Der Sohn eines Barbiers, Wundarztes und Hofchirurges am Hof des Herzogs Johann Adolf I. von Sachsen-Weiβenfels durfte in seiner Kindheit den Vater ab und zu zur Arbeit begleiten. Er spielte hier zufällig in Anwesenheit des Herzogs Orgel. Dieser erkannte das Talent des Jungens und legte dem Vater nahe, ihn zum Musiker ausbilden zu lassen, obwohl der Vater von dieser Kunst recht wenig hielt. Zu Hause wurde er von Friedrich Wilhelm Zachow, einem der gröβten Musiker dieser Zeit, unterrichtet. Bereits mit neun Jahren verfügte er über hohe instrumentale und kompositorische Fertigkeiten. Der Preuβenkönig Friedrich I. war von Händel so begeistert, dass er dem 12-Jährigen ein Studium in Italien bezahlen wollte. Der noch immer nicht vom Berufswunsch des Jungen begeisterte Vater verwehrte dieses Angebot. Vermutlich auf Drängen des Vaters begann Händel ein Jura-Studium, das er jedoch abbrach um seine erste Organistenstelle im Dom zu Halle als 19Jähriger anzutreten. Bereits ein Jahr später, 1703 begab er sich nach Hamburg um zunächst als Violonist (Geiger) und dann als Cembalist (Spiel des Basso Continuo) im Opern-Orchester zu arbeiten. Anekdote: Händel und Mattheson, Dirigent der Hamburger Oper, reisten nach Lübeck um sich um die frei gewordene Organistenstelle des berühmten Dietrich Buxtehude zu bewerben, der sich in den Ruhestand zurück zog. Hier erfuhren sie, dass der bei der Bewerbung erfolgreiche Kandidat Buxtehudes Tochter zu heiraten habe. Aufgrund dieses “kleinen” Details zogen dann beide ihre Kandidatur zurück. Händel komponierte in der Hamburger Zeit seine ersten Opern, bevor er zu einer 4jährigen Italienreise aufbrach. In Italien war Händel als Il Sassone, der Sachse berühmt. Als Scarlatti, ein bedeutender italienischer Barockkomponist bei einem Venediger Maskenball eine verkleidete Person Cembalo spielen hörte meinte er nur: “Das ist entweder der berühmte Sachse oder der Teufel”. In Rom war es wegen einem Erdbeben und kriegerischen Handlungen verboten, Opern zu schreiben. Aus diesem Grund komponierte Händel hier Oratorien. 1709 wurde ihm in Venedig eine Position am Hofe von Hannover angeboten. Händel nahm nur unter der Bedingung an, dass man ihm Reisefreiheit gewährte. 1712 ging Händel nach London und blieb hier bis zu seinem Tod. Queen Anne bestellte bei ihm ein Te Deum, welcher der Königin so gut gefiel, dass sie ihm eine monatliche Pension bis zum Lebensende zusprach. Händel war offiziell in Hannover angestellt. Da König Georg I., auch Churfürst von Hannover, welcher als britischer König eigentlich nach London gehört hätte, öfters in Hannover verweilte als gut war, konnte er Händel das Gegenteil, nämlich in London zu verweilen obwohl er in Hannover sein müsste, nicht verbieten. Zur Krönung Georg I. komponierte Händel seine Wassermusik. Der Name stammt daher, dass man zum Fest feierlich geschmückte Boote als eine Art “Wasserparade” über die Themse fahren lieβ. Auch das Orchester spielt die Wassermusik vom Boot aus. Der König war begeistert und verdoppelte Händels Gehalt. Händel wurde zum Direktor der Royal Academy of Music berufen. Er komponierte mehrere Opern zur Aufführung im Opernhaus der Academy. Da Händels Gage jedoch für die damalige Zeit eine unvorstellbare Höhe angenommen hatte, konnte das Opernhaus nicht mehr ausreichend finanziert werden. Die Oper ging bankrott. Händel zog ins Covent Garden Theatre um. Da auch hier seine Gage hoch war, passierte wieder das Gleiche und auch dieses Haus musste schlieβen. Händel entschloss sich, jetzt eher der Oratorienkomposition anzunehmen und so entstand unter anderem der Messiah, dessen berühmtes Halleluia fast jeder kennt. Ab 1752 war Händel praktisch blind3. Nach seinem Tod wurde er in der Westminster Abbey beigesetzt, wo normalerweise nur britische Könige beigesetzt wurden. Dies zeigt welche Anerkennung die Engländer ihrem Sachsen zukommen lieβen. Eines der berühmtesten Werke Händels ist seine Feuerwerksmusik, welche nun genauer vorgestellt wird. Hier wohnte Händel in London. Heute ist hier das Händel-Museum untergebracht 3 Bitte nicht mit L.v. Beethoven verwechseln, welcher taub wurde!!!! Die Feuerwerksmusik Die Suite: Die Suite ist eine Abfolge von Tanzsätzen mit einer Einleitung. Diese Form war typisch bei höfischen Festen -Es war keine feste Reihenfolge der Sätze vorgeschrieben Anlass: 1748 wurde der Österreichische Erbfolgekrieg beendet King Georg II. strebte ein pompöses Fest zur Feier des Endes der Leides und der Entbehrungen an, bei dem möglichst alle Schichten beteiligt sein sollten Da Georg II. stolzer Militäranführer war und als letzter Regent noch selbst mit zur Schlacht ging, sollte das Werk Militärcharakter haben. Die georderte Musik sollte das Feuerwerk übertönen können und auch von Weitem hörbar sein. Aus diesem Grund sollte die Besetzung nicht zu klein gehalten werden. Aufbau der Sätze: • Ouvertüre: feierlich Tempo: Adagio(langsam)-Allegro(schnell) –Lentement Nach Vorbild der Hofmusik des Louis XIV • Bourée:Volkstümlicher Tanz -> alle Volksschichten freuen sich über den Frieden symbolisiert in diesem fröhlichen Tanz • La Paix:Beruhigende sizilianische Hirtenmusik • La Réjouissance: Freude über die Friedensbotschaft • Menuet I et II: Verweis auf den König: Nur Aristokraten durften Menuett tanzen Die Titel der Sätze sind auf Französisch -> Sprache des Louis XIV • Bei der Generalprobe am 21. 04.1749 hörten rund 12 000 Londoner den über 100 Musikern zu • Befehl Greorgs II. zur Komposition einer großen Festmusik mit Militärinstrumenten: Oboen, F Trompeten und Pauken und Hörnern als Symbol für das könig. Jagdprivileg • Das Streichorchester kam erst später hinzu • Musik soll der Untermalung des Feuerwerks dienen • Es gab technische Pannen beim Abschießen des Feuerwerks • Hadyn rettete die feierliche Stimmung durch seine Musik Feuerwerk auf der Themse Das Concerto Grosso Das Concerto Grosso ist eine typische Barock-Form. Es ist eng verbunden mit dem bekannteren Solo-Konzert, bei dem ein einziger Solist unter Orchesterbegleitung seine instrumentaltechnischen Fähigkeiten zur Schau stellen kann. Der Unterschied zum Concerto Grosso, der Vorform des Solo-Konzertes, besteht darin, dass hier eine Gruppe von Instrumenten dem begleitenden Orchester, das man Ripieno nennt, gegenüber steht. Es geht hier eher darum, ein unterhaltsames Klangfarbenspiel zu intendieren ohne primär die Fähigkeiten der Solisten, auch Concertino genannt, in sportlich-artistischer Manier unter Beweis zu stellen. Diese Kultur kommt erst zur Zeit Paganinis und Liszts zum Tragen. Vom Prinzip her lebt das Werk vom Kontrast zwischen dem lauten Tutti (= ital. für Alle) und dem leiseren Concertino (Soli). Es wird blockartig zwischen diesen beiden Extremen gewechselt. Oft wird sogar das gleiche Motiv (= “kurze Melodie) vorgestellt und als Kontrast von der anderen Gruppe wiederholt (siehe Grafik der Powerpoint-Präsentation). Diese rabiaten Übergänge zwischen laut (forte) und leise (p) nennt man Terrassendynamik. Ein Concerto Grosso hat mehrere Sätze. Um der Langweile vorzubeugen wechselt man stets zwischen schnellen und langsamen Sätzen ab. Man übernimmt den Aufbau der frühen Sonate. Es gibt hier 2 Modelle: - Kirchensonaten-Modell: Langsam-schnell-langsam-schnell Kammersonaten-Modell: schnell-langsam-schnell, oft Tanzsätze Info: Diesen Satz-Aufbau haben z.T. auch moderne Symphonic-Metal Musiker übernommen, so z.B. Luca Turillis Rhapsody on Fire, Sacred Power of Raging Winds ist aufgebaut wie ein Concerto Grosso. Die einzelnen Sätze sind in einem Track verbunden, es gibt Terrassendynamik und teilweise ein Continuo. Als Concertino treten E-Gitarre, Blockflöte und teilweise der Sänger hervor. Schlagzeug, Keyboard, E-Bass, Rythmus-Gitarre etc. kann man als Ripieno sehen. Bedeutende Concerto-Grosso-Komponisten des Barocks sind u.a. G.F. Händel, A. Corelli, J.S. Bach (Brandenburgische Konzerte), A. Scarlatti, G.F. Telemann, A. Vivaldi.....