Der Aufstieg des Nationalsozialismus

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Thomas Candrian
Zusammenfassung
Der Nationalsozialismus
1925 - 1939
Geschichte
13.05.2016
D:\75884716.doc
Thomas Candrian
Inhalt
INHALT
2
ZEITTAFEL
3
GOLDENEN ZWANZIGER
4
1918 bis 1923
4
Besserungen ab 1924
4
Die Goldenen Zwanziger
Gesellschaftliche Umwälzungen
Ursachen und Wirkungen
4
5
5
Die langsame Destabilisierung
6
DIE WELTWIRTSCHAFTSKRISE
8
Ursachen
8
Produktion
9
Arbeitsmarktsituation
9
Maßnahmen zur Überwindung und Auswirkungen in Deutschland
DER AUFSTIEG DES NATIONALSOZIALISMUS
NSDAP: Entstehungszeit 1920-1929
HITLER KOMMT ZUR MACHT
10
12
13
16
Gleichschaltung und Rassismus
17
Rechtspolitik
18
Wirtschaftspolitik
19
Sozialpolitik
19
Frauen- und Familienpolitik
20
Religionspolitik
20
Forschung und Medizin
21
Kulturpolitik
21
Organisation des Militärs
21
Außen- und Rüstungspolitik
22
KRIEGSZEIT
24
Widerstand gegen den Nationalsozialismus
25
Judenvernichtung
26
QUELLEN / LITERATUR
28
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Thomas Candrian
Zeittafel
1918
1919-1923
1924
1925
1926
1928
1929
1930-1932
1932
1933
1933
1934
1935
1938
1939
1942
Ende des 1. Weltkrieges
Es Herrscht Hunger, Arbeitslosigkeit, Hyperflation, Spanische Grippe
Langsame Entspannung
Schnelle Entwicklung der Wirtschaft, aber immer noch hohe Arbeitslogiskeit.
Viel Fremdkapital fliesst aus der USA zu, schleichende Verschuldung
Trotz guter Wirtschaftslage immer noch hohe Arbeitslosigkeit
Anzeichen einer Rezession, Geldgeber fordern Schulden zurück, Krise am
Aktienmarkt pflanzt sich überall fort
Weitere Verschlechterung der Wirtschaftssituation, zuletzt über 35%
Arbeitslosigkeit
NSDAP tritt mit massivem Finanzprogramm zur Wahl und gewinnt 37% der
Stimmen
Ernennung Hitlers zum Führer, Ziel: Gleichschaltung aller Bürger
Schuldenbereinigungsgesetz (Schuldnerschutz größer als Gläubigerschutz)
Einführung des 1. Mai als Tag der Arbeit (gesetzlicher Feiertag)
Steuerreform und Verdopplung der Urlaubstage
Massiver Reformen, Aussetzung der Versailler Verträge
Anschluss Österreichs zum Grossdeutschen Reich
April: Albanien wird von Italien annektiert.
1. September: Deutschland greift Polen an, Beginn des 2. Weltkrieges.
Sich abzeichnende Wende im Kriegsgeschehen
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Thomas Candrian
Goldenen Zwanziger
1918 bis 1923
Das Ende des Ersten Weltkriegs durch den Versailler Vertrag hatte für das zivile Deutschland
tiefreichende Erschütterungen gebracht: Hungersnot, Arbeitslosigkeit, Bettelei als einzige
Existenzsicherung für verkrüppelte Heimkehrer aus dem ersten industrialisierten Krieg ohne
heutige medizinische Möglichkeiten (Prothetik, Antibiotika, Schmerzmittel), mit 14% die höchste
Säuglingssterblichkeit in Europa, Rachitis-Epidemien durch Vitaminmangel und Attentate
auf führende Politiker wie Matthias Erzberger und Walther Rathenau, hervorgerufen durch
Hasspredigten, prägten das politische Klima am Anfang der Zwanziger Jahre in Deutschland.
Benito Mussolini riss mit dem Marsch auf Rom 1922 die Macht in Italien an sich. Eine
zunehmende Inflation, die sich zu einer Hyperinflation im Jahr 1923 steigerte, Putschversuche
wie der Kapp-Lüttwitz- und Hitler-Ludendorff-Putsch und nachfolgende Niederschlagungen von
Massenstreiks.
Besserungen ab 1924
Die Einführung der Rentenmark stoppte die Hyperinflation und auch der Versailler Vertrag
konnte durch Dawes-Plan und Young-Plan den Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft
teilweise angepasst werden. Bald setzte eine Phase wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklung
und politischer Beruhigung ein. Die politischen Spannungen zwischen Deutschland und
Frankreich konnten durch die Verträge von Locarno erheblich gemildert werden. Der
überraschende Rapallo-Vertrag mit Sowjetrussland von 1922 hatte Deutschland zurück in die
Weltpolitik gebracht.
Der Vertrag normalisierte die Beziehungen der beiden Staaten, die mit ihm ihre internationale
Isolation durchbrechen wollten, und sollte die Verhandlungsposition des Deutschen Reiches
gegenüber den Westmächten stärken. Mit dem Deutschen Reich und dem kommunistischen
Russland schlossen sich zwei Geächtete der damaligen internationalen Politik
zusammen. Der Vertrag hatte hauptsächlich den Inhalt, dass das Deutsche Reich und
Russland ihre durch den Krieg und die russische Revolution unterbrochenen diplomatischen
und wirtschaftlichen Beziehungen wieder aufnahmen. Des Weiteren verzichteten beide Staaten
auf Reparationen für Kriegsschäden, das Deutsche Reich zudem auf Entschädigungen für im
Zuge der Revolution verstaatlichten ehemals deutschen Besitz.
Der Beitritt Deutschlands in den Völkerbund 1926 trug ebenfalls zur politischen Beruhigung bei.
In diesem Zeitraum entstand eine allgemeine Entspannungsphase auf den politischen, aber
auch wirtschaftlichen Ebenen. Dieses Phänomen ging von den USA aus, wirkte sich jedoch
schon nach kurzer Zeit auch positiv auf Deutschland, Frankreich und England aus.
Die Goldenen Zwanziger
Trotz aller Spannungen und Konflikte, die die junge Republik zu meistern hatte, schien die
Demokratie zunehmend erfolgreich. Die Neuordnung der Währung und die im Gefolge des
Dawes-Plans ins Land strömenden US-amerikanischen Kredite leiteten eine Phase relativer
wirtschaftlicher und politischer Stabilisierung ein, die so genannten Goldenen 20er Jahre. Dazu
trug bei, dass Stresemann unter wechselnden Regierungen Außenminister blieb und mit
seinem französischen Kollegen Aristide Briand eine erste noch vorsichtige Politik der
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Annäherung einleitete. Gleichzeitig versuchte er, schrittweise eine Revision des Versailler
Vertrages zu erreichen und Deutschland wieder als gleichberechtigten Partner in die
internationale Gemeinschaft zurück zu führen. Die Aufnahme in den Völkerbund und die
Verträge von Locarno sind als erste Erfolge auf diesem Wege anzusehen. Mit dem Berliner
Vertrag, der ein deutsch-sowjetisches Freundschafts- und Neutralitätsbündnis darstellte,
versuchte der Reichsaußenminister Befürchtungen über eine einseitige deutsche Westbindung
entgegenzuwirken. Solche Sorgen hatte es in der Sowjetunion, aber auch in Deutschland selbst
gegeben.
Gesellschaftliche Umwälzungen
Durch den seit dem Krieg herrschenden Frauenüberschuss eroberten sich Frauen neue
Berufsfelder. Das Schlagwort die neue Frau wurde für konservativ Eingestellte zum
Schimpfwort. In dieses Bild ordneten viele auch die sinkende Geburtenrate ein. Frauen
rauchten erstmals. Die Kunstrichtung der goldenen Zwanziger bezeichnete man auch als "Neue
Sachlichkeit". Sie entstand aus der Erfahrung des ersten Weltkrieges und des sich
anschließenden gesellschaftlichen Wandels. Viele Künstler zeigten sich engagiert und politisch
interessiert. Die Kunst befreite sich ein weiteres Stück aus akademischen Zwängen. Sport
wurde zum Vergnügen der Massen. Propagandistisch begleitet von Zeitungskönigen wie
August Scherl und den Brüdern Ullstein wurden Flugtage ein Renner. Ruderregatten, AVUSAutorennen auf der ersten zweibahnigen Automobilstrecke Deutschlands mit steilster
Nordkurve, Turnfeste und Sechstagerennen im Sportpalast zogen mehr Menschen an, als alle
anderen Veranstaltungen vorher. Carl Diem veranstaltete große Sportfeste. Das Rhönrad
wurde erfunden und eine neue, unerhörte Nacktkultur überzeugte mit ihrem Motto Licht und Luft
nicht jeden. Boxen und Radsport wurden populäre Sportarten. Ein bekannter Boxer zu dieser
Zeit war z.B. Max Schmeling.
Ursachen und Wirkungen
Im weiteren Sinne veranschaulicht der Begriff Goldene Zwanziger Jahre den wirtschaftlichen
Aufschwung der weltweiten Konjunktur, er bezeichnet vor allem die Blütezeit der deutschen
Kunst, Kultur und Wissenschaft. Beteiligt am Aufschwung der Konjunktur sind ebenfalls die
hohen Kredite, die Deutschland damals aus dem Ausland, besonders aus den USA, erhielt.
Deshalb wird unter anderem von einer Scheinblüte gesprochen, da diese Schulden irgendwann
zurückgezahlt werden mussten. Nach dem ersten Weltkrieg begrüßten sich Berliner häufig mit
der Frage: Bist Du auch ein Zwanziger?, womit man die Gemeinsamkeit der Altersgruppe der
um 1900 Geborenen unterstreichen wollte.
Weitere Stationen auf dem Weg der Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern bildeten
die Unterzeichnung des Briand-Kellogg-Pakts, der die Ächtung des Kriegs als Instrument der
Politik zum Inhalt hatte, und – trotz erheblicher Widerstände von rechter Seite, die in einem
Volksbegehren mündeten – die Annahme des Young-Plans, der eine endgültige Regelung der
Reparationsfrage darstellte und Voraussetzung für die vorzeitige Räumung des Rheinlands von
alliierter Besatzung war.
Auch der Abschluss von Wirtschaftsverträgen mit Ungarn, Rumänien und Bulgarien im Jahr
1927 stärkte das Ansehen der Weimarer Republik im Ausland. Innenpolitisch gelang es, die
republikfeindliche Deutschnationale Volkspartei (DNVP) in die Regierungsverantwortung
einzubinden. Bei der Reichstagswahl im Dezember 1924 erhielten die völkischen Parteien mit
0,9 Millionen Stimmen eine Million Stimmen weniger als noch im Mai. Auch die Wahl des
greisen Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg 1925 zum Reichspräsidenten, der sich vor
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der Wahl angeblich die Zustimmung Wilhelms II. holte, wirkte sich anfangs eher stabilisierend
für die Demokratie aus.
Die langsame Destabilisierung
Zu einer heftigen Auseinandersetzung kam es 1925 und 1926 um die Behandlung des
Vermögens der früher regierenden Fürstenhäuser. Dieses Vermögen war bei der Revolution
beschlagnahmt, aber nicht enteignet worden. Es kam zu gerichtlichen Auseinandersetzungen,
bei denen die noch monarchistische Justiz eher auf Seiten der Fürstenhäuser stand. Die
DDP brachte daraufhin im Reichstag einen Gesetzentwurf ein, der den einzelnen Ländern die
Regelung der Auseinandersetzungen unter Ausschluss des Rechtsweges gestattet hätte. Die
KPD machte daraufhin das erste Mal in der Weimarer Republik von der Möglichkeit Gebrauch,
ein Gesetz durch Volksbegehren und Volksentscheid zu erreichen, die SPD schloss sich ihr an.
Da der Reichstag den Gesetzesentwurf ablehnte, kam es zu einem Volksentscheid, bei dem die
Mehrheit der Stimmberechtigten benötigt wurde. Bei dem Entscheid scheiterte der Entwurf, da
er nur von 36,4% der Stimmberechtigten (14,46 Mio. Stimmen, Hindenburg hatte bei seiner
Wahl 14,66 Mio. Stimmen erhalten) unterstützt wurde, allerdings hatten auch nur 1,5% der
Wähler mit Nein gestimmt. Ein Problem bei der Abstimmung war der Aufruf der rechten
Parteien zum Wahlboykott, so dass die Wahl nicht mehr geheim war, da man bei einer
Stimmabgabe von einer Unterstützung des Vorschlags ausgehen konnte. Aus diesem Grund
nahmen, vor allem im ländlichen Raum, Stimmberechtigte aus Furcht nicht am Volksentscheid
teil. Der Volksentscheid führte zu einer Beteiligung großer Bevölkerungsteile an einer wichtigen
Entscheidung, aber war auch eine Misstrauenserklärung an das parlamentarische System und
destabilisierte dieses.
Insgesamt waren auch diese Jahre nur eine Phase der relativen, nicht der absoluten
Stabilisierung. Auch in diesen Jahren besaßen nur zwei Regierungen eine Mehrheit im
Parlament, und die Koalitionen mit Mehrheit waren immer in der Gefahr zu zerbrechen, keine
Regierung überstand eine komplette Legislaturperiode. Ein weiteres Zeichen für die noch
vorhandene Instabilität ist auch, dass weiterhin teilweise mit Hilfe eines Ermächtigungsgesetzes
regiert wurde. Die Parteien fühlten sich weniger dem Allgemeinwohl als vielmehr ihrer
Klientel oder dem eigenen Erfolg verpflichtet. Auch die Weichen für die Wirtschaftskrise
wurden in diesen Jahren gelegt, da es im Außenhandel ein Ungleichgewicht gab, welches
durch kurzfristige Auslandkredite ausgeglichen wurde. Die Reparationszahlungen konnten nicht
allein aus Steuergeldern finanziert werden, so dass die Kredite zunehmend nicht nur für den
Aufschwung sondern auch für die zu leistenden Zahlungen verwendet werden mussten. Als
diese Kredite abgezogen wurden kam es zum Zusammenbruch der Wirtschaft.
Zudem konnten die Arbeitslosenzahlen im Reich nie unter eine Million gesenkt werden, was vor
Allem rechtsradikale Gruppierungen durch Propaganda gegen Arbeitslosigkeit und Schulden für
sich zu nutzen versuchten.
Trotz dieser eigentlich guten Voraussetzung scheiterte die Absicherung des republikanischen
Staates durch fehlende Unterstützung breiter Bevölkerungsschichten. Hunger und Elend der
letzten Kriegsjahre und die Finanzskandale von 1923 und 1929 schürten das Misstrauen
zur Weimarer Republik in weiten Teilen der Bevölkerung. Der von Otto Braun fast das
ganze Jahrzehnt regierte Teilstaat Preußen blieb zwar ein Hort der politischen Stabilität, dies
reichte jedoch schließlich nicht aus, wie mit dem Preußenschlag sichtbar wurde.
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Beendet wurden die "Goldenen Zwanziger" von der Weltwirtschaftskrise 1929, ausgehend vom
Börsenkrach am Schwarzen Donnerstag der Wallstreet in New York. Soziale Spannungen
brachen wieder auf und resultierten im Zeichen politischer Radikalisierung und von den Eliten
unabgefedert zum Aufstieg des Nationalsozialismus.
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Thomas Candrian
Die Weltwirtschaftskrise
Auf Grund der Überproduktion von
Konsumgütern und landwirtschaftlichen
Produkten übertraf das Angebot die Nachfrage,
was zu einem Produktionsstillstand in einigen
Unternehmen führte. Eine Depression war die
Folge. Viele Unternehmen meldeten Konkurs an
und entließen ihre Arbeiter.
Die sogenannten „Goldenen zwanziger Jahre“
in Europa wurden hauptsächlich über kurzfristige
Kredite in Milliardenhöhe finanziert. Diese
forderten die USA beim Einbruch der dortigen
Volkswirtschaft zurück, da die Banken
zahlungsunfähig waren. Viele Bürger hatten sich
zur Zeit des Aufschwungs mit Aktien an der
guten wirtschaftlichen Lage beteiligen wollen.
Der Verkauf von über 16 Millionen Aktien am
24. Oktober 1929, dem Schwarzen
Donnerstag, ließ den Amerikanischen
Aktienmarkt zusammenbrechen. Dies führte
zu einer Umkehr der Finanzströme. Gelder, die
in den Jahren davor in andere Volkswirtschaften
investiert worden waren, wurden überstürzt
abgezogen. In vielen europäischen Staaten und in anderen Staaten der Welt löste dieser
Kreditabzug schwerste wirtschaftliche Krisenerscheinungen aus.
In den einzelnen Staaten wurde unterschiedlich auf die Herausforderung reagiert: Ausgehend
von den skandinavischen Ländern, insbesondere Schweden, begannen die funktionierenden
Demokratien mit dem Übergang zum Wohlfahrtsstaat, um in das Marktgeschehen
einzugreifen. Zaghafte Reformansätze des US-Präsidenten Hoover wurden ab 1933 als New
Deal von seinem Nachfolger Franklin D. Roosevelt verstärkt, so auch durch
wachstumsfördernde öffentliche Investitionen, die durch vermehrte Schuldenaufnahme (Deficit
spending) finanziert wurden. Viele Staaten wie Großbritannien koppelten ihre Währungen vom
Golddevisenstandard ab und konnten so wenigstens ihre Währungsreserven erhalten. Das
Deutsche Reich unter Reichskanzler Heinrich Brüning versuchte dagegen durch Stärkung
seiner Währung, einhergehend mit rapidem Sozialabbau, aus der Krise zu kommen. Dies trug
zu einer Radikalisierung der Politik bei, die den Aufstieg des Nationalsozialismus begünstigte.
Ursachen
Die Weltwirtschaftskrise kann auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden. Die Krise ging von
einem weltweiten Preisverfall auf den Agrar- und Rohstoffmärkten aus. Im Ersten
Weltkrieg hatten die USA, Südamerika und auch einige Kolonien ihre Produktion stark
ausgeweitet, um die gewachsene Nachfrage der europäischen Staaten, die als Produzenten
kriegsbedingt weitgehend ausfielen, zu befriedigen. Als Europa seine Produktion nach 1918
dann wieder aufnahm, kam es zu einem Überangebot, das zu deutlich fallenden Preisen führte.
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Der Börsenkrach an der New Yorker Börse vom Oktober 1929 hatte eine ähnliche Wirkung. Er
war die Folge von Überproduktion und kreditfinanzierter Massenspekulation. Nach dem Ersten
Weltkrieg hatten die USA ihre Produktionskapazitäten – vor allem bezüglich der neuen
Konsumgüter wie Automobile, Kühlschränke, Fotoapparate – massiv ausgebaut, um den aus
dem Nichts entstandenen landesweiten Bedarf decken zu können. Als der Markt gegen Ende
der zwanziger Jahre zunehmend gesättigt war, stand die Industrie vor einem Abgrund.
Gleichzeitig mit dem industriellen Aufschwung hatte sich ein Spekulationsfieber ausgebreitet,
das auch die nicht traditionell mit der Börse in Verbindung stehenden Gesellschaftsschichten
erfasste. Um Aktien kaufen zu können, von deren baldigem dramatischem Kursgewinn sie
überzeugt waren, nahmen viele Menschen kurzfristige Kredite auf, teilweise zu horrenden
Zinssätzen. Sobald sich an der Börse die ersten Anzeichen eines Abschwungs regten, stießen
viele Spekulanten, um sich vor dem Schlimmsten zu retten, ihre Wertpapiere ab, was den
Verfall der Kurse noch weiter beschleunigte. Zwar wird der 25. Oktober 1929 als Schwarzer
Freitag bezeichnet, die stärksten Rückgänge des New Yorker Dow Jones Index wurden
allerdings am 24. Oktober um 12,8 Prozent und am 29. Oktober um noch einmal 11,7 Prozent
festgestellt.
Die These, dass die deutschen Reparationszahlungen eine Ursache der Weltwirtschaftskrise
waren, da sie als Zahlungen ohne Gegenwert zu verwirrenden Zinsgefällen beitrugen, wird von
den Wirtschaftshistorikern nicht einhellig geteilt. Der britische Ökonom John Maynard Keynes
hatte hingegen bereits nach Bekanntwerden der Bedingungen des Friedensvertrages von
Versailles vor erheblichen negativen Folgen für die Gesamtwirtschaft gewarnt.
Produktion
In Deutschland war 1929 bereits ein Schrumpfen der Wirtschaft von 2 % zu verzeichnen. Also
war die Wirtschaftskrise auch in der Produktion nicht der Auslöser für den Abwärtstrend, denn
diese Entwicklung hatte bereits vorher eingesetzt. Bis Mitte 1929 kann man nur von einer
Stagnation der Produktion sprechen, die aber mit einer steigenden Arbeitslosigkeit einherging.
Zu Beginn der Krise erfolgte in der Agrarproduktion auch anfangs kein Abwärtstrend. Im
Gegenteil, ab 1931 wurde die Produktion von Nahrungsmitteln sogar ausgeweitet, um einen
Ausgleich zu den Einkommensverlusten, die durch Preisrückstände entstanden waren, zu
schaffen.
Arbeitsmarktsituation
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland schien sich bis 1930 nicht von den Jahren zuvor
zu unterscheiden. Die Zahl der Arbeitslosen lag 1927 unter 5 %; Ende September 1929 gab es
1,4 Millionen Arbeitslose, im Februar 1930 waren es 3,5 Millionen, was auf jahreszeitliche
Schwankungen zurückgeführt wurde. Als diese Zahl wider Erwarten im Frühjahr 1930 nicht
zurückging, hofften Reichsregierung und die Reichsbank noch lange auf eine Selbstheilung der
Wirtschaft, obwohl die Arbeitslosenzahl schon Ende des Jahres mit 5 Millionen Arbeitslosen im
weltweiten Vergleich auf höchstem Niveau stand. Erst als sich der geringe Rückgang Mitte
1931 nicht fortsetzte, wurde man sich der extremen Entwicklung der Krise vollends bewusst. Zu
dieser Zeit lief Brünings Sparprogramm bereits auf vollen Touren. Die öffentlichen Gehälter
wurden um 25 % vermindert und die Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurden stark gekürzt. Im
Februar 1932 erreichte die Krise auf dem Arbeitsmarkt ihren Höhepunkt: Es standen 6.120.000
Arbeitslose, also 16,3 % der Gesamtbevölkerung, nur 12 Mio. Beschäftigten gegenüber. Zu den
Arbeitslosen könnte man auch noch die große Masse der schlecht bezahlten Kurzarbeiter und
Angestellten zählen, aber auch die kurz vor dem Ruin stehenden Kleinunternehmer.
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Ganz anders die Situation in Japan. Die japanische Volkswirtschaft stieg von 1929 bis 1933 um
sechs Prozent, obwohl auch Japan um 1930 eine ernste Rezession hatte, die aber rasch
bewältigt wurde. Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen wie in den USA und Deutschland
traten in Japan nicht ein.
Maßnahmen zur Überwindung und Auswirkungen in Deutschland
Unmittelbar nach der Reichstagswahl 1930 wuchsen die Kreditabzüge in schwindelerregende
Höhen. Dies beruhte hauptsächlich auf zwei Gründen, einem außen- und einem
innenpolitischen.
Erstens wurde die NSDAP zweitstärkste Partei, und von dieser politischen Entwicklung war man
im Ausland beunruhigt. Die Reichsregierung ihrerseits betrachtete die Wirtschaftskrise als ein
Ungleichgewicht des Staatshaushaltes. Das Defizit betrug Ende 1929 1,5 Milliarden RM. Die
Reichsbank schritt aber erst ein, als die Deckung der Gold- und Devisenreserven des
Geldumlaufs durch den Transfer der gekündigten Auslandskredite unter die gesetzlich
festgelegte 40-Prozent-Grenze fiel, doch die Erhöhungen des Leitzinses verschärften die Krise
noch. Gleichfalls krisenverschärfend wirkten die Maßnahmen, die Reichskanzler Heinrich
Brüning ergriff.
Brüning hatte immer versucht, der Bevölkerung die Ursachen der Wirtschaftskrise und sein
Konzept zur Abhilfe klarzumachen. Er erklärte, dass die getroffenen Regierungsentscheidungen
zu einer Wiedergenesung der deutschen Wirtschaft führen würden, aber nur, wenn die
Bevölkerung die sich daraus ergebenen Härten mit Geduld ertrüge. Er hoffte, seine
Deflationspolitik würde den Export wiederbeleben und so genügend Devisenreserven für die
Reparationszahlungen erwirtschaften. Außerdem wollte er so mehr Arbeitsplätze in der
Industrie schaffen. Mit Hilfe von Notverordnungen versuchte er die öffentlichen Ausgaben und
vor allem den Staatsetat den sinkenden Preisen und fallenden Steuereinnahmen anzupassen –
ein Rennen, das er nicht gewinnen konnte, weil seine Maßnahmen dazu beitrugen, dass Preise
und Steuereinnahmen immer weiter sanken.
Auf Grund der im Rückblick offenkundigen Verfehltheit von Brünings Deflationspolitik vermutete
die ältere Forschung, es sei sein primäres Ziel gewesen, durch absichtliche Verschärfung der
Krise die Alliierten davon zu überzeugen, dass die Reparationsforderungen einfach nicht
erfüllbar waren. Zudem würde die Einstellung der Zahlungen die radikalen politischen Kräfte
schwächen. Weil er den Zusammenhang zwischen Reparationen und Deflationspolitik aber fast
ausschließlich in öffentlichen Reden, nicht aber in internen Besprechungen äußerte, glauben
neuere Forschungen dagegen, dass er ehrlich davon überzeugt war, zu seiner Politik keine
Alternative zu haben.
Brüning steckte in einer Zwickmühle: Er musste den Reparationsgläubigern Deutschlands
ehrlichen Willen nachweisen, den Young-Plan zu erfüllen, machte sich aber eben dadurch für
die politische Rechte angreifbar, auf deren innenpolitische Unterstützung er gleichwohl hoffte.
So strebte er die Zollunion mit Österreich an, die aber, wie bereits erwähnt, wegen Frankreichs
Widerstand den Zusammenbruch des Bankensystems einleitete. Ob es realisierbare
Alternativen zu Brünings Deflationspolitik und zur sparsamen Haushaltsführung gab, die die
Krise nur verschärften, ist in der historischen Forschung sehr umstritten. Tatsache ist, dass bei
der Reichstagswahl Juli 1932 nur die NSDAP mit einem Programm massiver, reflationärer
Kreditausweitung und Arbeitsbeschaffung auftrat und so ihren Stimmenanteil mit 37,3 %
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mehr als verdoppeln konnte. Das Zentrum, aber auch die gemäßigte Linke blieben den
Vorstellungen finanzieller und wirtschaftspolitischer Orthodoxie verhaftet und hatten so der
wirtschaftspolitischen Propaganda der extremen Rechten wenig entgegenzusetzen. Während
Franklin D. Roosevelt in den USA mit seinem expansiven Programm des New Deal die
Demokratie stabilisieren konnte, erzielte in Deutschland die rechtsextreme NSDAP bei diesen
Wahlen ihren endgültigen Durchbruch. Die Kreditausweitung, die unter Brünings Nachfolgern
eingeleitet wurde und die Hjalmar Schacht, Reichsbankpräsident von 1933 bis 1939, dann
massiv betrieb, war jedenfalls nur durch die ganz erheblichen
Verschleierungsmechanismen möglich. Sie erschien in den ersten Jahren
wirtschaftspolitisch erfolgreich, basierte aber im Wesentlichen auf der Rüstungskonjunktur
der Vorbereitung eines großen, letztlich selbstzerstörerischen Eroberungskrieges.
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Der Aufstieg des Nationalsozialismus
Die Zeit des Nationalsozialismus wird oft einer Epoche des Faschismus zugeordnet. Dieser
entstand in Italien und herrschte von 1922 bis 1943. Sie hatte wesentliche Merkmale: die
Diktatur einer einzigen, zentralistisch aufgebauten Partei, einen Führerkult, Militarismus,
aggressiven Nationalismus, antidemokratische, antikommunistische und totalitäre Ziele
sowie eine in Konkurrenz zum Sozialismus beanspruchte „Einheit von Volk und Staat“.
Der Nationalsozialismus unterschied sich aber vom italienischen Faschismus durch seinen
radikalen Rassismus und Antisemitismus, die seine weiträumigen Eroberungs- und
Vernichtungsziele begründeten.
Das NS-Regime begann, als der deutsche Reichspräsident Paul von Hindenburg den NSDAPFührer Adolf Hitler zum deutschen Reichskanzler ernannte und dieser das Kabinett Hitler aus
Nationalsozialisten, Deutschnationalen und Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten zur neuen
Regierung berief. Es wurde bis 1934 durch Terrormaßnahmen gegen politische Gegner,
gesetzliche Aufhebung großer Teile der Weimarer Reichsverfassung, Verbot aller anderen
Parteien und Gleichschaltung fast aller politisch-gesellschaftlichen Kräfte durchgesetzt und
gefestigt.
Von Anfang an verfolgte das NS-Regime eine Innen- und Außenpolitik, die Deutschlands
Niederlage im Ersten Weltkrieg vergessen machen und seine damals verlorene
Großmachtstellung erneuern und erweitern sollte. Dazu setzte die Hitlerregierung bis 1936
mit dem Austritt aus dem Völkerbund, Aufrüstung und der Besetzung des entmilitarisierten
Rheinlands wichtige Teile des Versailler Vertrags außer Kraft. 1938 folgte der Anschluss
Österreichs an das nunmehr „Großdeutsche Reich“. Im selben Jahr erlaubte das Münchner
Abkommen Deutschland die Annexion des Sudetenlandes.
Dieser Politik stimmten die meisten Deutschen zu. Volksabstimmungen ergaben 1935, 1936
und 1938 große Mehrheiten für damalige Entscheidungen Hitlers. Dies hatte vier Hauptgründe:




Gleichschaltung und Terror gegen alle Andersdenkenden schüchterten die
Bevölkerung ein.
Ein beginnender Aufschwung der Weltkonjunktur, staatliche Investitionsprogramme,
vor allem für Aufrüstung und militärisch nutzbare Infrastrukturen, belebten die Wirtschaft
und bewirkten in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre Vollbeschäftigung, wobei die Löhne
auf dem niedrigen Niveau der Weltwirtschaftskrise verharrten.
Die Ideologie der Volksgemeinschaft vermittelte vielen Deutschen das Gefühl, in einer
zunehmend egalitären Gesellschaft ohne Klassengegensätze zu leben.
Sie erlebten die außenpolitischen Maßnahmen der Nationalsozialisten als Erfolge und
Wiedergutmachung vergangener nationaler Demütigungen.
Mit dem Angriff auf Polen begann das NS-Regime seine jahrelang vorbereitete Eroberungsund Germanisierungs-Politik gewaltsam durchzusetzen. Damit löste es den Zweiten Weltkrieg
aus, in dessen Verlauf die nationalsozialistische Gewalt zu millionenfachem Völkermord
anwuchs. Seit 1940 schlossen NS-Deutschland, das faschistisch regierte Italien und das
Kaiserreich Japan - die so genannten Achsenmächte - den Dreimächtepakt als politische und
militärische Koalition. Nach raschen Siegen über die Niederlande, Belgien, Frankreich und
Norwegen 1940 brach das NS-Regime den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt von 1939
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Thomas Candrian
und griff am 22. Juni 1941 die Sowjetunion an („Unternehmen Barbarossa“). Am 11. Dezember
1941 erklärte das Deutsche Reich auch den USA den Krieg.
Die Kriegswende begann im Herbst und Winter 1942/1943 mit den deutschen Niederlagen in
den Schlachten von El Alamein, im Atlantik und Stalingrad. Die britischen und USamerikanischen Luftstreitkräfte erreichten fast völlige Lufthoheit über Deutschland und
bombardierten zunehmend ganze Stadtzentren im Bombenkrieg. Im Sommer 1944 landeten
alliierte Truppen in der Normandie (Operation Overlord) und eröffneten damit die zweite Front
im Westen mit dem Ziel, die deutschen Truppen auf deutsches Gebiet zurückzudrängen und
das NS-Regime schließlich zu stürzen.
Im Oktober 1944 erreichten alliierte und sowjetische Truppen etwa gleichzeitig die Grenzen des
„Altreichs“. Nach Hitlers Selbstmord am 30. April 1945 eroberte die Rote Armee Berlin, und USamerikanische und sowjetische Truppen trafen sich in Mitteldeutschland. Daraufhin kapitulierte
die Wehrmacht am 8. Mai 1945 bedingungslos.
Der Zweite Weltkrieg kostete etwa 55 bis 60 Millionen Menschenleben. In seinem Verlauf
ermordeten Nationalsozialisten und ihre Helfer etwa ein Drittel aller europäischen Juden
(Shoa), etwa 3,5 Millionen nichtjüdische Sowjetbürger und Polen mindestens 100.000,
eventuell über 500.000 Sinti und Roma (Porajmos), etwa 200.000 Behinderte (u.a. „Aktion T4“),
eine unbekannte Zahl deutscher „Asozialer“ und etwa 5.000 Homosexuelle.
Diese Gruppen galten im rassistischen NS-Jargon als „Rassen-“ bzw. „Volksschädlinge“,
„minderwertig“ und „lebensunwert“. Vor dem Krieg waren bereits etwa 20.000 als gefährlich
eingestufte politische Regimegegner, meist Angehörige der Linksparteien, und etwa 1.200
Zeugen Jehovas ermordet worden.
NSDAP: Entstehungszeit 1920-1929
Die politischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen für den Aufstieg des
Nationalsozialismus wurden im und durch den Ersten Weltkrieg geschaffen. Sie belasteten und
begleiteten die Weimarer Republik seit ihrer Gründung:

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die unvollständige, mit Bürgerkrieg beendete Novemberrevolution,
die Auflagen des Friedensvertrages von Versailles,
die Realitätsverweigerung großer, von rechtsgerichteten Parteien und Medien
beeinflusster Bevölkerungsteile,
rechts- und linksradikale Kräfte, die die parlamentarische Demokratie verachteten und
mit Putschversuchen ablösen wollten,
eine weitgehend aus dem Kaiserreich beibehaltene Verwaltung und Justiz,
Wirtschaftskrisen, die Inflation, Lohn-Deflation und Massenarbeitslosigkeit bewirkten,
fortwährend instabile und handlungsunfähige Regierungen, die den Wirtschaftskrisen
nicht energisch genug gegensteuerten und diese noch verschärften,
das Versäumnis und die Unfähigkeit der demokratischen, liberalen und linksgerichteten
Kräfte, sich auf ein gemeinsames Handeln gegen die Antidemokraten und
Nationalsozialisten zu verständigen,
Aushöhlung der Demokratie durch ein Präsidialsystem, das die Nationalsozialisten an die
Macht brachte.
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Von 1880 bis 1914 etablierte sich der Antisemitismus in Deutschland, so in der Deutschen
Turnerschaft, dem Offizierskorps, den meisten Studentenverbindungen und einigen
nationalistischen und rassistischen Parteien. Diese Gruppen radikalisierten sich während des
Krieges. Das Programm der Deutschvölkischen Partei erklärte die „Vernichtung des Judentums“
zur „Weltfrage des 20. Jahrhunderts“.
Die Novemberrevolution beendete die faktisch bestehende Militärdiktatur in Deutschland und
ermöglichte die Gründung einer parlamentarischen Republik. Die kaiserlichen Militärs behielten
trotz der Kriegsniederlage ihre bisherige Stellung und wurden nicht demokratisiert.
In dieser innenpolitischen Situation entstand die NSDAP. Sie war weder die einzige noch die
erste rechtsextreme Partei, die die Republik von Grund auf ablehnte und bekämpfte. Die
NSDAP ging am 24. Februar 1920 aus der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) in München
hervor. Sie vertrat in ihrem 25-Punkte-Programm von Anfang an entschieden
antidemokratische, völkisch-nationalistische und rassistische, vor allem antisemitische
Positionen. Ende des Jahres erwarb sie den Münchner Beobachter und machte ihn zum
Völkischen Beobachter (VB), dem „Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung
Großdeutschlands“.
Adolf Hitler war bis dahin ein in der Öffentlichkeit unbekannter, erfolgloser
österreichischer Kunstmaler. Er war im Ersten Weltkrieg einfacher Gefreiter in einem
bayrischen Regiment gewesen. Im Auftrag des Militärs besuchte er unter anderem
Veranstaltungen der DAP (Deutsche Arbeiterpartei) und wurde zunächst von ihr als Redner
angeworben. In dieser Funktion kam er zum Ruf eines „Trommlers“ und „Einpeitschers“ der
Partei, der er in Bayern schnell einen gewissen Zulauf aus völkischen Kreisen verschaffen
konnte. Hitler wurde 1921 zum Vorsitzenden der NSDAP. Der Organisation schlossen sich auch
ehemals führende kaisertreue Militärs an, so zum Beispiel der ehemalige OHL-General Erich
Ludendorff.
Die NSDAP-Mitglieder gehörten von Beginn an zu den entschiedensten Gegnern der Republik,
obwohl auch sie in ihrem Rahmen Wähler zu gewinnen versuchten. Die NSDAP gewann
zunächst vor allem in München eine gewisse Anhängerschaft, spielte aber in Bayern während
der ersten Jahre der Republik ansonsten kaum eine wichtige politische Rolle. Außerhalb
Bayerns wurde Hitler Anfang der 1920er Jahre nicht wirklich ernst genommen. Dennoch
versuchten nationalsozialistische Putschisten unter der Führung von Hitler und Ludendorff am
9. November 1923 mit dem sogenannten Hitler-Ludendorff-Putsch die Regierung in Bayern und
im Reich abzusetzen.
Der von der nationalsozialistischen Propaganda so bezeichnete „Marsch auf die Feldherrnhalle“
in München wurde von der bayerischen Landespolizei niedergeschlagen. In einem
anschließenden Prozess wurde Hitler zur gesetzlichen Mindeststrafe von 5 Jahren
Festungshaft in der Festung Landsberg verurteilt. Ludendorff wurde freigesprochen. Die
NSDAP wurde verboten. Es entstanden daraufhin zugelassene Ersatzorganisationen. Den
Prozess konnte Hitler als Propagandaveranstaltung nutzen. In der Haft, während der Hitler viele
Vergünstigungen genoss, entschloss sich Hitler, die Macht in Deutschland auf legalem Wege zu
erringen. Er diktierte seinem damaligen Sekretär und späteren Stellvertreter Rudolf Heß seine
programmatische Autobiografie „Mein Kampf“, in der er seine Ziele und Vorhaben, die er nach
1933 umsetzen sollte, vorwegnahm. Schon am 20. Dezember 1924 wurde Hitler wieder aus
der Haft entlassen.
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Thomas Candrian
Am 27. Februar 1925 wurde die NSDAP in München neu gegründet und die meisten
nationalsozialistischen Gruppen und Parteien vereinigten sich in ihr unter der unumschränkten
Führung Hitlers. Die Strukturen der Partei wurden in den folgenden Jahren geprüft und ihre
Organisation verbessert.
Die NSDAP war bis zur Reichstagswahl von 1930 kaum mehr als eine Splitterpartei, und nur
eine von vielen im Reichstag vertretenen völkischen Parteien am politisch rechten Rand. Die
lange Zeit größte und einflussreichste unter ihnen, die den völkischen Block anführte, war die
DNVP. Bei der Reichstagswahl am 20. Mai 1928 verlor die NSDAP sogar zwei Mandate und
kam mit 2,6 % der Wählerstimmen auf nur 12 Sitze im Reichstag.
Nachdem sich die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland, die
seit 1924 relativ stabil geworden waren, ab Mitte 1929 innerhalb weniger Monate wieder
dramatisch verschlechterten, änderte sich die politische Parteienlandschaft in kurzer Zeit
zugunsten der ideologischen Pole des links- und rechtsextremen Spektrums, was sich gerade
auch auf die NSDAP begünstigend auswirkte.
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Thomas Candrian
Hitler kommt zur Macht
Im Kontext der Weltwirtschaftskrise stieg die Arbeitslosigkeit in Deutschland sprunghaft an. So
verstärkte sich bei vielen Wählern nun der Ruf nach einem „starken Mann“. Vor diesem
Hintergrund gewann die Propaganda der NSDAP innerhalb kurzer Zeit ungeahnte
Überzeugungskraft: Hitlers Wahlkampfparole, sein Ziel sei es, die „politischen Parteien aus
Deutschland hinweg zu fegen“, stieß nun bei vielen Unzufriedenen, besonders aus der
Mittelschicht, auf offene Ohren. Sie trieb ihm viele Wähler zu, nicht nur aus dem völkischnationalen, sondern auch dem bürgerlich-konservativen Lager.
Auf die am 28. März 1930 an der Frage der Regelung der Arbeitslosenversicherung
gescheiterten SPD-geführten Regierung Hermann Müller folgte ein Kabinett unter der Führung
von Heinrich Brüning vom rechten Flügel des Zentrums. Bei den anschließenden Wahlen
konnte die NSDAP die Zahl ihrer Abgeordneten von 12 auf 107 erhöhen und wurde damit zur
zweitstärksten Partei. Es kam zum zweiten Präsidialkabinett Brüning, nun von der SPD toleriert.
Die Regierung verfügte Lohn- und Gehaltskürzungen, beschränkte die Leistungen der
Arbeitslosenversicherung, hob aber gleichzeitig die Beitragssätze an. Zugleich erhöhte sie die
Steuern auf Löhne und Einkommen, die Umsatzsteuer sowie die Steuern auf Bier, Tabak und
Zucker. Die Präsidialkabinette Brüning (1930–1932) trugen wesentlich zur Entfremdung der
Bevölkerung von der Weimarer Demokratie bei und gewöhnten sie an nichtdemokratische
politische Verhältnisse.
Die NSDAP schaffte es, unter anderem mit finanzieller Unterstützung von Großindustriellen die
Stimmung der Bevölkerung durch populäre Parolen gegen den Parlamentarismus aufzugreifen.
Nachdem Hitler, der seit 1925 auf eigenes Betreiben staatenlos war, Ende Februar 1932
die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten hatte, nahm er an der Reichspräsidentenwahl
1932 teil. Bezeichnend für die Situation der Republik war, dass keiner der Kandidaten
Thälmann, Hitler und Hindenburg ein Demokrat war. Die Parteien der Mitte bis zur SPD
unterstützten den Sieger Hindenburg, um einen Erfolg Hitlers zu verhindern.
Bei der nächsten Reichstagswahl am 31. Juli 1932 erhielt die NSDAP 230 Mandate und
war damit die stärkste Fraktion im Reichstag. Es folgten viele Hin und Hers in der
Regierung. Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 bedeutete
faktisch das Ende der Weimarer Republik – auch wenn die Weimarer Verfassung formal
nie außer Kraft gesetzt wurde.
Die Nationalsozialisten feierten die Übergabe der politischen Gewalt an sie und ihre
rechtskonservativen Verbündeten, die mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler erfolgt war, als
„Machtübernahme“, „Machtergreifung“ und „nationale Revolution“, wovon aber nicht die Rede
sein kann; vielmehr war Hitler formell mit der Regierungsbildung beauftragt worden, weshalb
man in der modernen Geschichtswissenschaft von „Machtübertragung“ o.ä. spricht. Aber auch
von vielen Deutschen wurde dies Ereignis begeistert begrüßt. Damit begann die in den
Folgemonaten durchgesetzte NS-Diktatur. Mit seiner Regierungsbildung („Kabinett Hitler“)
setzte Hitler auf ein Bündnis mit den alten Eliten: Nur drei Minister kamen aus der NSDAP, die
übrigen waren Mitglieder der DNVP und des Stahlhelms.
Hindenburg löste den Reichstag am 1. Februar 1933 auf und setzte Neuwahlen an. In der
Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes am 4. Februar wurde
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die KPD verboten und erste Notverordnungen erlassen, die vor allem gegen Kommunisten und
Sozialisten gerichtet waren und die Presse-, Meinungs- sowie Versammlungsfreiheit
einschränkten. Nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 erließ Hindenburg die
Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, die diese Grundrechte der
Weimarer Verfassung noch stärker beschnitt.
Die Nationalsozialisten sahen zunächst in der organisierten Arbeiterbewegung ihren
Hauptgegner, sodass sie in einem ersten Schritt zur Machtfestigung deren Organisationen
verboten und zerschlugen. Viele Mitglieder der KPD, der SPD und der kleineren
kommunistischen und sozialistischen Parteien sowie der Freien Gewerkschaften wurden
misshandelt und in „Schutzhaft“ genommen. Überall im Reich entstanden in Turnhallen,
Scheunen oder Kellern provisorische Haftorte der SA, in denen die politischen Gegner
festgehalten und gefoltert wurden. Ein erstes Konzentrationslager des später dann planmäßig
und zentralstaatlich eingerichteten Lagersystems der SS wurde in Dachau errichtet. Es wurde
in den Medien bekannt gemacht und gegenüber der Bevölkerung als „Polizeimaßnahme“ für
politische Kriminelle begründet. Eine große Zahl der in den Lagern Inhaftierten fiel den
Haftbedingungen zum Opfer, zu denen auch Folter und Mord gehörten.
Die NS-Propaganda ersetzte die freie Presse und Kultur in allen Lebensbereichen. Die NSDAP
erhielt viele neue Mitglieder, die die älteren Nationalsozialisten nach dem Wahltermin spotthaft
als „Märzgefallene“ bezeichneten.
Gleichschaltung und Rassismus
Dann begann die Gleichschaltung, das heißt Unterwerfung, Selbstunterwerfung und
Angleichung aller gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen unter das NS-Regime.
Erster Schritt dazu war die Gleichschaltung der Länder, die alle hoheitlichen Aufgaben verloren.
Ähnliche Maßnahmen betrafen bis Ende 1934 die meisten Vereine, Verbände, Gewerkschaften,
die Handwerkerschaft, Studentenverbindungen, Medien, Kultureinrichtungen und die Justiz.
Viele der betroffenen Organisationen ordneten sich oft lieber unter, statt von dem neuen
System aufgelöst oder verboten zu werden.
Die beiden großen Kirchen waren anfangs von der organisatorischen Gleichschaltung
ausgenommen. Die katholischen Bischöfe behielten durch das Reichskonkordat ihre
Ämter und Bezirke, die evangelischen Landeskirchen schlossen sich vorbeugend im
Juni/Juli 1933 zu einer Reichskirche unter Leitung eines Reichsbischofs zusammen.
Jedoch spaltete sich dann die evangelische Kirche in von Deutschen Christen
beherrschte Landeskirchen und Gemeinden der Bekennenden Kirche. Die Deutschen
Christen propagierten ein „judenreines“ Evangelium und waren dem Führer ergeben. In
der Bekennenden Kirche sammelten sich Christen, die Übergriffe des Staates auf den
Glauben und Ausschluss jüdischer Mitglieder ablehnten. Dennoch bildeten diese keine
einheitliche Opposition gegen das NS-Regime, vielmehr blieben große Teile dem
„Führerstaat“ treu und bejahten den Zweiten Weltkrieg. Nach anfänglichen Erfolgen
wurde auch die Bekennende Kirche etwa ab 1937 zunehmend verfolgt.
Die Entrechtung und Verfolgung der deutschen Juden begann direkt nach Hitlers
Machtübernahme, zunächst mit gezieltem Straßenterror der SA. Ab März 1933 wurden
jüdische Ärzte, Rechtsanwälte, Apotheker, Bademeister usw. aus ihren Freiberufen
gedrängt, von ihren Verbänden ausgegrenzt und erhielten Berufsverbote. Am 1. April 1933
organisierte die SA den ersten Boykott jüdischer Geschäfte. Mit dem Gesetz zur
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Thomas Candrian
Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurden missliebige Beamte aus
dem Staatsdienst entfernt. Der darin enthaltene Arierparagraph war das erste rassistische
Gesetz für „Nicht-Arier“ und betraf Anhänger des jüdischen Glaubens oder vermuteter jüdischer
Herkunft. Sie wurden zuerst aus dem öffentlichen Dienst, dann auch aus Vereinen,
Berufsverbänden und evangelischen Landeskirchen entfernt, die ähnliche Paragraphen
einführten. Sie wurden dann auch gesetzlich aus allgemeinen Schulen und allmählich aus dem
gesamten öffentlichen Leben ausgeschlossen. Nur ehemaligen jüdischen Soldaten des Ersten
Weltkriegs bot das Frontkämpferprivileg bis 1935 einen geringen Schutz. Das Gesetz über die
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zielte auf die Ausschaltung jüdischer Rechtsanwälte und
wurde ebenfalls am 7. April 1933 erlassen.
Daraufhin wählten etwa 200.000 politisch oder rassisch Verfolgte den Weg der Emigration. Das
NS-Regime begrüßte dies als „Flucht von Systemgegnern“. Gleichzeitig ließ es
Konzentrationslager – zuerst das KZ Dachau – einrichten, in denen vor allem politische Gegner,
aber auch religiöse Minderheiten massenhaft interniert wurden.
1935 entzog das Reichsbürgergesetz sämtlichen deutschen Juden ihre Bürgerrechte.
Dennoch emigrierten daraufhin nur wenig mehr von ihnen als zuvor. Die meisten hatten sich auf
die Diskriminierungen eingestellt und hofften auf Ablösung des Regimes. 1938 setzte sich die
systematische Entrechtung der deutschen Juden mit den Arisierungen, der Verordnung zur
Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben und der Verordnung über den
Einsatz des jüdischen Vermögens fort. Mit administrativen Maßnahmen wie z. B. durch einen
zusätzlichen Vornamen, einem „J“ im Reisepass, Kennkarten und Meldelisten wurden alle
Juden erfasst. Die Novemberpogrome vernichteten reichsweit die jüdische Kultur in
Deutschland. Erstmal wurden zehntausende Juden in KZs inhaftiert.
In ihrem 25-Punkte-Programm hatte die NSDAP unter anderem die Enteignung und
Verstaatlichung von Großbetrieben gefordert. Hitler ignorierte dies jedoch, um die
Unterstützung der Großindustrie und Reichswehr nicht zu verlieren. Dies rief in der NSDAP
Unzufriedenheit und Konflikte über das weitere Vorgehen hervor. Die Sturmabteilung (SA) unter
Hitlers Duzfreund Ernst Röhm wollte die Reichswehr übernehmen und trat für eine soziale
Umgestaltung der Gesellschaft ein. Dies war mit Hitlers Kriegsplänen nicht vereinbar. Auf Rat
von Himmler, Goebbels und Göring ließ Hitler zwischen 30. Juni und 1. Juli 1934 reichsweit
etwa 200 Gegner und mögliche Konkurrenten in der NSDAP als angebliche Teilnehmer
eines durch Röhm geplanten Putsches ermorden. Unter den Opfern waren Gregor Strasser,
von Bredow, von Schleicher, von Kahr und Röhm. Damit entschied Hitler den innerparteilichen
Machtkampf. Eine gerichtliche Untersuchung dieser Taten fand nie statt.
Nach Hindenburgs Tod am 2. August 1934 übernahm Hitler nach einem Gesetz, das ebenfalls
seine Regierung beschlossen hatte, das Amt des Reichspräsidenten und trug nun die Titel
Führer und Reichskanzler. Auch das Berufsbeamtentum musste einen „Führereid“ ablegen, so
dass regimekritische Akademiker ihre Ämter verloren. Damit hatte Hitler seine Herrschaft
innenpolitisch durchgesetzt, stabilisiert und dauerhaft abgesichert.
Rechtspolitik
An Aufbau, Aufgaben und grundsätzlicher Struktur der Gerichte änderte sich im Übergang von
der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus nichts. Auch ein Großteil der Gesetze, wie das
BGB oder das StGB, wurden allenfalls in Teilen verändert. Die Weimarer Reichsverfassung
blieb offiziell die Verfassung des Deutschen Reiches. Faktisch wurde sie jedoch durch eine
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Vielzahl von Gesetzen ausgehebelt. Dies betraf insbesondere die Grundrechte, die
Gewaltenteilung und die Gesetzgebung. Viele Gesetze und Verordnungen standen im direkten
Widerspruch zur Weimarer Reichsverfassung. Geänderte Strafgesetze galten rückwirkend.
Wirtschaftspolitik
Das Wirtschaftsleben im NS-Staat gründete auf Anreiz und Verpflichtung. Dabei blieb die
privatwirtschaftliche Verfügung über die Unternehmen grundsätzlich unangetastet. Zugleich
investierte das Regime, wie bereits vor 1933 seinen Förderern in der Großwirtschaft
angekündigt und zugesagt, in die Aufrüstung sowie in die militärisch-zivile Infrastruktur.
Während die Arbeiterbewegung mit allen Mitteln unterdrückt und verfolgt wurde, wurde zugleich
beschränkt auf „deutschblütige“ Arbeitskräfte eine Reihe sozialpolitischer Verbesserungen
eingeführt. So wurde symbolisch-demagogisch bereits 1933 der 1. Mai als traditioneller
„Kampftag“ der Arbeiterbewegung zum arbeitsfreien Feiertag umgewidmet und die
Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ bot Urlaubsmöglichkeiten und Kulturveranstaltungen
an.
Eine der dringendsten Aufgaben Hitlers nach der Machtübernahme war die Überwindung der
Wirtschaftskrise, die ihm zur Erringung der Macht verholfen hatte, ihn bei einem Misserfolg aber
auch gefährdet hätte. Dies erreichte er vor allem mit Krediten (den Mefo-Wechseln) finanzierten
Konjunkturprogrammen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
Eine wichtige Maßnahme war die Erzeugungsschlacht in der Landwirtschaft. Im September
1933 wurden alle landwirtschaftlichen Betriebe, Genossenschaften und
Landwirtschaftskammern im Reichsnährstand zwangsvereinigt. Der Nährstand wurde
verherrlicht und als Quelle der rassischen Erneuerung populiert, in der Realität verlor er aber an
Bedeutung.
Mit dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit wurde am 20. April 1934 auch in den
Unternehmen das Führerprinzip eingeführt. In der Betriebsgemeinschaft war der Betriebsführer
für seine „Gefolgschaft“ verantwortlich; diese war ihm zu Treue verpflichtet. Um wichtige
Industrielle an die Wehrmacht zu binden, wurden sie zu Wehrwirtschaftsführern ernannt.
Treuhänder der Arbeit kontrollierten schon seit Mai 1933 die Betriebe und sorgten für die
Gleichschaltung der Wirtschaft, sie regelten auch den Erlass der Tarifordnungen. Zu einer
Erhöhung des Lebensstandards kam es für die meisten Berufstätigen nicht, da bald die
Rüstung Priorität erhielt.
Am Ende des Krieges brach die Industrie durch die Bombardierung der Infrastruktur und
Industrieanlagen und die fehlende Rohstoffversorgung zusammen, die Versorgung mit
Lebensmitteln wurde problematisch, der Schwarzmarkt blühte auf. Zu einer allmählichen
Erholung kam es erst mit den Darlehen des Marshallplans und der Währungsreform.
Sozialpolitik
Die gesellschaftspolitischen Maßnahmen der Nationalsozialisten dienten dazu, die Menschen
zu „erfassen“ und sie in Organisationen wie dem Deutschen Jungvolk, der Hitler-Jugend, der
Reichswehr oder dem Reichsarbeitsdienst zu beeinflussen. Schon für die Kleinkinder gab es
nationalsozialistische Kindergärten mit ausgebildeten Erziehern, für uneheliche oder
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überzählige Kinder gab es die Einrichtung Lebensborn, wo sie in staatlichen Heimen erzogen
wurden.
Die einzelnen Berufe wurden in nationalsozialistischen Organisationen zusammengefasst, so
zum Beispiel dem Deutschen Kraftfahrerbund, dem Reichslehrerbund oder dem Deutschen
Ärztebund.
Auch die Freizeit wurde „organisiert“. Reisen, Ferienlager und sonstige Veranstaltungen der
Organisation Kraft durch Freude (KdF) sollten die Leute für den Nationalsozialismus
einnehmen.
Die sozialen Leistungen, wie zum Beispiel die Ausweitung der Sozialversicherungen, die
Einbeziehung der Rentner in die Krankenversicherung, staatliche Darlehen für Hausbauer,
Einführung von Kindergeld, Konzertaufführungen in Betrieben, Maßnahmen des
Arbeitsschutzes und Arbeitspausen, dienten vor allem der Überzeugung und Gewinnung der
Leute sowie der Stärkung der Arbeitskraft.
Natürlich galten all diese sozialen Leistungen nur für „erbtüchtige“, „gesunde“ und
„leistungsbereite“ „Volksgenossen“. Angehöriger von als „schädlich“ beurteilten „Fremdrassen“
wie Juden, Sinti, Roma, Slawen und Schwarze, körperlich oder geistig Behinderte sowie die
zahlreichen Gruppen des subproletarischen Rands der deutschen Mehrheitsbevölkerung
(„Asoziale“) blieben davon ausgeschlossen.
Frauen- und Familienpolitik
In der Folgezeit wurden Frauen aus dem Arbeitsleben verdrängt, um Arbeitsplätze für
Männer zu schaffen („Die Welt der Frau ist das Heim.“). Das nationalsozialistische Frauenbild
wurde im BDM früh vermittelt. Frauen mussten ein Pflichtdienstjahr ohne Ausbildung
absolvieren, um sich auf die Ehe vorzubereiten. Frauen, die heirateten, wurden finanziell
unterstützt. 1941 wurde die Produktion von Verhütungsmitteln verboten. Auf
Schwangerschaftsabbrüche stand ab 1943 die Todesstrafe.
Religionspolitik
Der Nationalsozialismus tendierte auf einen totalitären Weltanschauungsstaat, der keine
anderen Überzeugungen und Glaubensbekenntnisse tolerieren konnte. Dies betraf vor allem
die jüdische Religion, ihre Ausübung, ihren Schutz und ihren Rechtsstatus. Auch die Zeugen
Jehovas wurden verfolgt und als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zahlreich
ermordet.
Den beiden Großkirchen hatte Hitler in seiner Regierungserklärung vom März 1933 eine
staatstragende Rolle zugesprochen. Er setzte dann zunächst auf die Deutschen Christen, die
bei den Kirchenwahlen im Juni 1933 einen Erdrutschsieg erreichten und dann einen Teil der
Landeskirchen beherrschten. Daraufhin wählten auch die unterlegenen Gruppen Ludwig Müller
zum Reichsbischof.
Gegen den Ausschluss von getauften Juden entstand der Pfarrernotbund, aus dem 1934 die
Bekennende Kirche hervorging. Diese kämpfte auf der Basis der Barmer Theologischen
Erklärung gegen staatliche Übergriffe auf kirchliche Angelegenheiten und gegen den totalen
Staat ohne Rechtsbindung. In der Regel zeigten sich aber die evangelischen Kirchen und
ihre Hierarchien als willfährige Unterstützer und Sympathisanten des Regimes.
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Thomas Candrian
Die katholische Kirche distanzierte sich bis 1933 vom Rassismus der NSDAP. Am 22. Juli 1933
aber schloss der Vatikan überraschend das Reichskonkordat mit der neuen Reichsregierung,
um so die deutschen katholischen Bischöfe, ihre Bistümer und Strukturen vor Zugriffen des
totalitären Regimes zu schützen. Im Gegenzug wurden Priester und Bischöfe verpflichtet, sich
nicht in Politik einzumischen. Damit gab die bis dahin recht starke Zentrumspartei ihre
Oppositionshaltung auf und verlor dann ihre Existenzberechtigung. Hitler gewann durch
das Konkordat auf diplomatischer Bühne internationales Ansehen.
Forschung und Medizin
Hauptanliegen vieler nationalsozialistisch gesinnter Ärzte und Professoren im Deutschen Reich
war die „Heranzüchtung kerngesunder Körper“ (Zitat Adolf Hitler) und die „Ausmerzung des
Schwachen und Kranken“ bzw. der Juden.
Diesen Zwecken dienten z. B. die Lebensborn-Heime, in denen arische Kinder geboren und
aufgezogen wurden, die Rassenhygiene sowie die eugenischen Maßnahmen (der Mord an
Alten, Kranken und Behinderten).
Kulturpolitik
Das kulturelle Leben war geprägt von der Politik und diente propagandistischen Zwecken. Die
meisten Werke entstanden von regimekonformen Künstlern und dienten der NS-Propaganda
oder vermittelten zumindest die Auffassungen der Nationalsozialisten. So wurden häufig eine
von der modernen Technik unberührte landwirtschaftliche Idylle oder auch germanische Götter
dargestellt.
Organisation des Militärs
Mit der Reichswehr übernahmen die Nationalsozialisten die Streitkräfte der Weimarer Republik.
Die Reichswehr war staatstreu und unterstützte die NSDAP bis zur Machtübernahme nicht
aktiv, viele Soldaten waren aber selbst keine Anhänger der Republik, so dass sie diese auch
nicht verteidigten. Die Reichswehr hoffte unter Hitler auch auf einen Fortschritt bei der Revision
des Versailler Vertrages, die Führung der Reichswehr war schon am 3. Februar über die Pläne
Hitlers informiert worden, Befürchtungen hatte sie gegenüber der SA. Bestrebungen innerhalb
der SA die Reichswehr zu übernehmen, beendete Hitler durch die Niederschlagung des so
genannten Röhm-Putsches, bei dem er die SA ausschaltete, da er die Reichswehr als für den
Krieg besser geeignet ansah. An dieser Aktion war auch die Reichswehr beteiligt, sie tolerierte
sogar die Ermordung zweier ihrer Generäle.
Am 3. August wurde die Reichswehr nach dem Tod des bisherigen Oberbefehlshabers,
Reichspräsident von Hindenburg, auf die Person Hitlers vereidigt und damit zu einem
Instrument Hitlers. Mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht am 16. März 1935 wurde die
Reichswehr in Wehrmacht umbenannt. Die Reichswehr wurde ausgebaut und modernisiert,
1939 hatte sie eine Stärke von 2,75 Millionen Mann.
Den Widerstand innerhalb der Wehrmachtsführung gegen seine Kriegspläne, mehr aus Zweifel
an der Machbarkeit der Pläne als aus ideologischen Gründen, schaltete er durch die BlombergFritsch-Krise aus und schuf das Oberkommando der Wehrmacht. Der weiter vorhandene
Widerstand konnte sich, insbesondere nach den ersten Kriegserfolgen, nicht durchsetzen. Die
Wehrmacht tolerierte den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, Teile der Wehrmacht
waren auch an Exekutionen beteiligt. Erst als Deutschland Niederlagen wie in der bei Stalingrad
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hinnehmen musste, versuchten Mitglieder der Wehrmacht im Attentat vom 20. Juli 1944 durch
eine Beseitigung Hitlers ein Ende des Krieges zu erreichen.
Außen- und Rüstungspolitik
Der Vertrag von Versailles wurde schrittweise gebrochen und aufgehoben. Zugleich beteuerte
Hitler seinen Friedenswillen. Dies wurde im Ausland, vor allem in der Appeasement-Ära
Großbritanniens, zunächst geglaubt; man versuchte, Hitler durch Entgegenkommen zu
„zähmen“ und einen neuen Weltkrieg zu vermeiden.
1935 wurde das Saarland wieder ins Deutsche Reich integriert, nachdem eine unter
internationaler Kontrolle durchgeführte Volksabstimmung eine überwältigende Zustimmung
dafür (90,8 %) ergab. Die Reichswehr wurde mit Einführung der Wehrpflicht in die Wehrmacht
umgewandelt, gleichzeitig wurde die Existenz der Luftwaffe enthüllt. Beide Schritte verletzten
den Versailler Vertrag. Auch der Einmarsch von 1936 in das entmilitarisierte Rheinland war ein
Vertragsbruch.
Im August 1936 benutzte Hitler die Olympischen Spiele in Berlin als Propagandabühne für die
Weltöffentlichkeit. Der Vierjahresplan sollte das Deutsche Reich bis spätestens 1940
kriegsbereit machen. Das Regime unterstützte nun zusammen mit Mussolinis Italien den
faschistischen General Franco im Spanischen Bürgerkrieg gegen die dortige Republik auch
militärisch. Dies bot Hitler die Gelegenheit, die Einsatzfähigkeit seines Militärs im Kriegsfall zu
testen. Die Legion Condor der deutschen Luftwaffe zerstörte 1937 bei einem ersten
Flächenbombardement die baskische Stadt Guernica.
Am 20. Februar 1938 verkündete Hitler in einer Rede sein Ziel, alle Deutschen Mitteleuropas in
einem Staat zu vereinen. Am 12. März 1938 kam er einer beabsichtigten Volksabstimmung in
Österreich zuvor und verkündete nach dem Einmarsch der Wehrmacht (Unternehmen Otto),
unter dem Jubel der auf dem Heldenplatz versammelten Wiener, den „Eintritt meiner Heimat in
das Deutsche Reich“. Durch das praktisch unerfüllbare Karlsbader Programm provozierte Hitler
die Sudetenkrise, die am 29. September 1938 im Münchner Abkommen zur Angliederung des
Sudetenlandes an das Deutsche Reich führte.
Nach dem Anschlag auf Ernst Eduard vom Rath am 7. November 1938 in Paris inszenierten die
Nationalsozialisten die Novemberpogrome. Zum Teil als Zivilpersonen auftretende ortsbekannte
SA- und SS-Angehörige legten in zahlreichen Synagogen Feuer, misshandelten und
ermordeten viele deutsche Juden vor den Augen der Polizei, die befehlsgemäß nicht einschritt,
und deportierten ab dem 10. November Zehntausende Juden in die KZs. Die den Opfern
auferlegte „Judenbuße“ von über einer Milliarde Reichsmark wurde zur Finanzierung der
Aufrüstung als unmittelbare Kriegsvorbereitung genutzt.
Mitte März 1939 wurde die Slowakei als selbständiger Staat ausgerufen. Das danach von der
ehemaligen Tschechoslowakischen Republik verbliebene Gebiet wurde als Protektorat Böhmen
und Mähren vom Deutschen Reich abhängig. Eine Woche später wurde auch das Memelland
dem Deutschen Reich angegliedert.
Um sich den Rücken für seine Expansionsziele im Osten freizuhalten, schloss Hitler mit der
Sowjetunion im August 1939 den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. In dessen geheimem
Zusatzprotokoll wurde Polen für den Fall eines Krieges zwischen den beiden Staaten aufgeteilt.
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Dagegen versprach Hitler, nicht gegen Stalin zu agieren, falls dieser sich Finnlands
bemächtige, was er anschließend auch tat.
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Kriegszeit
Der Angriff auf Polen ohne Kriegserklärung am 1. September 1939 löste den Zweiten Weltkrieg
aus. Am 3. September erklärten zunächst Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich
den Krieg. Nach dem Sieg der Wehrmacht über Polen wurde dessen Westteil (Großpolen,
Westpreußen, Oberschlesien) von Deutschland annektiert und die Mitte zum
Generalgouvernement erklärt. Am 17. September besetzte die Rote Armee fast kampflos
Ostpolen; Polen wurde wie im Hitler-Stalin-Pakt vereinbart aufgeteilt.
Im so genannten „Blitzkrieg“ überrannte die Wehrmacht förmlich die Staaten Dänemark,
Norwegen und die Beneluxstaaten; Frankreich wurde 1940 besiegt und in zwei Zonen geteilt.
Der Norden und Westen Frankreichs blieb unter deutscher Besatzung, der östliche und südliche
Teil unter französischer Kontrolle; Marschall Pétain regierte von Vichy aus diesen „Rest
Frankreichs“ als Marionettenstaat des Deutschen Reichs. Hitlers Popularität war durch die
„Auslöschung der Schande von Versailles” auf ihrem Höhepunkt.
1940/1941 besetzte Deutschland zusammen mit dem faschistischen Italien die Länder
Jugoslawien und Griechenland. Beide Länder wurden unter den verbündeten Diktaturen
aufgeteilt. Ihrer Eroberung folgte jedoch ein zermürbender Partisanenkrieg. Ungarn, Rumänien
und Bulgarien wurden als Verbündete des Großdeutschen Reiches gewonnen. Auf Bitten
Mussolinis wurden die italienischen Truppen in Nordafrika seit Januar 1941 durch deutschen
Verbände unterstützt, das Deutsche Afrikakorps, bekannt geworden durch
Generalfeldmarschall Erwin Rommel, den „Wüstenfuchs“.
Am 22. Juni 1941 marschierte die Wehrmacht in den sowjetisch besetzten Teil Polens ein und
überfiel unmittelbar danach unter umstrittenen Gründen die Sowjetunion selbst. In dem als
Vernichtungsfeldzug geplanten „Unternehmen Barbarossa“ drangen die deutschen Streitkräfte
bis Moskau, Leningrad und Stalingrad vor.
Die jüdische Bevölkerung in den besetzten Gebieten wurde erfasst und in Konzentrationslager
deportiert, unzureichend ernährt, zur Zwangsarbeit herangezogen und in dafür eigens
eingerichteten Gaswagen und Gaskammern in Vernichtungslagern ermordet. Besonders in den
besetzten Ostgebieten wurden auch viele Tausend Juden von den „Einsatzgruppen“ und von
SS-Einheiten erschossen und in Massengräbern verscharrt. Die Zahl der im Holocaust
insgesamt durch Erschießungen, Vergasungen, Hunger, Misshandlung, Zwangsarbeit und
Krankheiten umgekommenen Juden wird auf ungefähr sechs Millionen geschätzt. Ihr Eigentum
wurde enteignet und zu Reichseigentum erklärt. Auf diese Weise standen den
Besatzungstruppen finanzielle Mittel in Landeswährung zur Verfügung.
Im Winter 1941/1942 geriet die Offensive der Wehrmacht in der Sowjetunion ins Stocken. Am
11. Dezember 1941 erklärte Hitler, nach dem Angriff des deutschen Verbündeten Japan auf
den amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbor, den USA den Krieg, die Großbritannien mit
Gütern versorgten.
In der Schlacht von Stalingrad musste sie durch Fehlentscheidungen Hitlers ihre erste
(kriegsentscheidende) Niederlage hinnehmen. Bis Ende 1943 konnte die Rote Armee der
Sowjetunion, die auch von den USA mit Waffenlieferungen unterstützt wurde, weite Gebiete
zurückerobern. Am 13. Mai 1943 mussten die Achsenmächte in Nordafrika kapitulieren.
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Inzwischen war der seit 1924 ideologisch angekündigte und seit 1933 politisch angebahnte
Holocaust an den Juden im Gang (s.u.). 1943 begann der Bombenkrieg der Alliierten auf
deutsche Städte, bei dem etwa 300.000 Zivilisten ums Leben kamen. Am 18. Februar 1943
verkündete Goebbels in der Sportpalastrede den „Totalen Krieg“. Ab Ende 1944 flohen viele
Deutsche aus ihrer angestammten Heimat im Osten vor der anrückenden Roten Armee. 1944
eroberte diese weite Teile von Südosteuropa. Am 6. Juni begann die Invasion der westlichen
Alliierten in der Normandie, nachdem sie schon zuvor nach der Landung auf Sizilien von Süden
her Italien eroberten und gegen Hitler-Deutschland im Vormarsch waren. Am 20. Juli scheiterte
ein Attentat und ein Putschversuch von Wehrmachtsangehörigen und Mitgliedern der
Widerstandsgruppe des „Kreisauer Kreises“ gegen Hitler.
Anfang 1945 beschlossen die Alliierten auf der Konferenz von Jalta die Aufteilung des Reiches
nach dem Krieg. Um den Alliierten keine brauchbare Infrastruktur zu hinterlassen erteilte Hitler
am 19. März 1945 den Nerobefehl, der aber nur teilweise ausgeführt wurde. Im April erreichten
die sowjetischen Truppen die Reichshauptstadt und es kam zur Schlacht um Berlin. Hitler tötete
sich am 30. April im Bunker der Reichskanzlei, nachdem er testamentarisch Admiral Karl Dönitz
zu seinem Nachfolger als Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht bestimmt
hatte. Neben Hitler töteten sich in der Folge auch andere führende Funktionäre, so Joseph
Goebbels und Heinrich Himmler – dieser jedoch erst später in Gefangenschaft, nachdem er mit
gefälschten Ausweisen gestellt wurde. In den frühen Morgenstunden des 7. Mai 1945
schließlich unterzeichnete Generaloberst Jodl – von Dönitz hierzu autorisiert – die
bedingungslose Kapitulation der deutschen Streitkräfte, die durch Unterzeichnung einer
weiteren Kapitulationsurkunde ratifiziert am nächsten Tag in Kraft treten sollte.
Der Zweite Weltkrieg dauerte in Südostasien noch bis zum 12. August an. Er forderte
insgesamt etwa 60 Millionen Tote. In den letzten Kriegsmonaten und im Anschluss an die
Besetzung des Reichs wurden die meisten noch verbliebenen Deutschen aus Osteuropa
vertrieben.
Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Schon vor der Machtübernahme begann der Widerstand verschiedenster Gruppen gegen die
Nationalsozialisten. In der Zeit des Nationalsozialismus selbst beschränkte sich der Widerstand,
der immer mit Lebensgefahr verbunden war, auf eine verschwindend kleine Minderheit der
deutschen Bevölkerung, wohingegen dieser Widerstand in den im Zweiten Weltkrieg besetzten
Gebieten, beispielsweise im Partisanenkrieg, größere Ausmaße angenommen hatte.
Kurz nach der Machtübernahme der NSDAP waren vor allem kommunistische,
sozialdemokratische und andere linke Gruppen aktiv. Diese wurden jedoch innerhalb weniger
Jahre durch die Gestapo und die SS stark geschwächt. Im Reich konnte beispielsweise der
katholische Bischof von Münster und Kardinal Clemens August Graf von Galen durch seine
öffentliche Verurteilung der Morde an den Behinderten dazu beitragen, dass die Aktion T4 von
den Nationalsozialisten eingestellt wurde. Einzelpersonen der evangelischen Bekennenden
Kirche wie etwa Pastor Martin Niemöller oder Dietrich Bonhoeffer schlossen sich nach
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Widerstandskreisen an. Bonhoeffer musste wie viele andere
NS-Gegner seinen Mut im KZ mit dem Leben bezahlen. Der kommunistische Einzelkämpfer
Georg Elser verübte am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Bombenattentat
auf Hitler, das dieser aber überlebte, weil er den Saal unerwartet kurz vor der mit einem
Zeitzünder eingestellten Detonation der Bombe verließ. Elser wurde bald gefasst und im April
1945 im KZ Dachau ermordet. Die Münchner studentische Widerstandsgruppe Weiße Rose um
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die Geschwister Hans und Sophie Scholl rief in mehreren Flugblättern zum Widerstand gegen
das NS-Regime auf. Außerdem suchte diese Gruppe Kontakt zu Widerstandskreisen in der
Wehrmacht. Die bedeutendsten Mitglieder der Gruppe wurden im Februar 1943 gefasst und
vom Volksgerichtshof unter dem Vorsitz des berüchtigten Richters Roland Freisler zum Tode
verurteilt und kurze Zeit später hingerichtet. Im Kölner Raum traten die Edelweißpiraten auf,
einige Gruppen von aus der bündischen und kommunistischen Tradition kommenden
Jugendlichen, die sich zunächst gegen die Uniformität der Hitler-Jugend wandten, im Lauf des
Krieges aber auch zu konkreten Widerstandsaktionen übergingen, die bis hin zu Sabotageakten
reichten. Die Widerstandsgruppe Rote Kapelle bestand aus verschiedenen unabhängigen
Gruppen, die auf mehreren Ebenen gegen das Regime arbeitete.
Der vereinzelt und vergleichsweise selten vorkommende Widerstand von Privatpersonen, der
sich eher im Stillen abspielte, entsprang oft einer moralischen Abscheu gegen die Taten des
Regimes oder aus Mitleid mit den Opfern. Er reichte von der Verweigerung des Hitlergrußes bis
hin zur verbotenen Versorgung mit Lebensmitteln für Zwangsarbeiter oder dem Verstecken von
Verfolgten, meist Juden.
Hitler überlebte mehrere Anschläge, darunter das bis heute bekannteste Attentat vom 20. Juli
1944, das vom militärischen Widerstand, der auch Kontakt zur Widerstandsgruppe Kreisauer
Kreis hatte, organisiert worden war. Im Anschluss an das Sprengstoffattentat, das von Oberst
Claus Schenk Graf von Stauffenberg durchgeführt wurde, kam es in Berlin in der „Operation
Walküre“ zu einem Putschversuch, der aber nach dem Bekanntwerden von Hitlers Überleben
schnell in sich zusammenfiel und niedergeschlagen wurde. Die unmittelbaren Akteure des
Putschversuchs, Mitglieder der Wehrmacht, unter ihnen auch Stauffenberg selbst, wurden noch
in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 erschossen. Im Zuge der folgenden Ermittlungen
kam es zur Entdeckung weiterer Umsturzpläne aus den Jahren 1938 bis 1944. Bis zum
Kriegsende wurden in Prozessen vor dem Volksgerichtshof, die anfangs in Ausschnitten in der
Wochenschau gezeigt wurden, über 200 Personen im Zusammenhang mit dem Attentat vom
20. Juli zum Tode verurteilt. Mehreren populären Generälen (u. a. Erwin Rommel, Günther von
Kluge), die in den Verdacht der Mitwisserschaft gerieten, wurde der Ehrensuizid nahegelegt.
Widerstand leisteten auch in Deutschland oder im Exil lebende Künstler wie der kritische
Schriftsteller und Dramatiker Bertolt Brecht und andere, die sich mit ihren Mitteln – meist
publizistisch – gegen das NS-Regime wandten.
Von den Alliierten wurde der Widerstand in Deutschland selbst, anders als der in den besetzten
Gebieten, so gut wie nicht unterstützt, vielmehr führte das alliierte Kriegsziel einer
bedingungslosen Kapitulation zu einer indirekten Solidarisierung mit der Führung und ließ auch
nach einem Staatsstreich kaum günstigere Friedensbedingungen erwarten.
Judenvernichtung
Der Holocaust, der systematische Völkermord an etwa sechs Millionen Juden und
„Judenmischlingen“, darunter über drei Millionen Polen und 1,8 Millionen Kindern, war das
größte Verbrechen der Nationalsozialisten. Er begann mit Massenerschießungen von Juden
und polnischen Führungskräften durch besondere „Einsatzgruppen“ im Polenfeldzug. Es folgten
großangelegte Deportationen („Umsiedelung“) und Internierungen in Ghettos und Arbeitslager,
wo bereits Hunderttausende als Zwangsarbeiter umkamen. Dorthin wurden auch deutsche und
österreichische Juden deportiert; mit Massakern wie dem in Babij Jar (29./30. September 1941)
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und Riga (29. November – 1. Dezember 1941) wurden überfüllte Getthos für nachrückende
Judentransporte geleert.
Mit dem Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945 weiteten sich die Judenmorde zum
flächendeckenden Völkermord aus. Zur Durchführung der Aktion Reinhardt ab Juni 1941
wurden drei Vernichtungslager eingerichtet; ab Dezember 1941 begannen die ersten Morde in
Gaswagen nach dem Vorbild der Aktion T4. Damit sollte die Wirkung von Giftgas getestet
werden, um effektiver töten zu können und moralische Skrupel der Mörder bei
Massenerschießungen zu vermeiden. Auf der geheimen Wannseekonferenz am 20. Januar
1942 organisierten Vertreter aller wichtigen NS-Behörden die begonnene „Endlösung der
Judenfrage“ im Detail und verabredeten europaweite Deportationen von bis zu 11 Millionen
Juden in die osteuropäischen Getthos und Lager. Bis Sommer 1942 waren die Krematorien im
KZ Auschwitz-Birkenau fertiggestellt; nun wurden die Massenmorde auf industrielle Vergasung
konzentriert. Die Verwertung des Eigentums der etwa drei Millionen Vergasten wurde bis ins
Detail geregelt.
Außer den Juden betrachteten die Nationalsozialisten auch Roma, Sinti, Jenische (als Zigeuner
und Asoziale bezeichnet), Slawen und Homosexuelle als „lebensunwert“ und „rassisch
minderwertig“. Diese Gruppen – die größte unter ihnen etwa 2,5 bis 4 Millionen sowjetische
Kriegsgefangene – wurden ebenfalls massenhaft ermordet, teilweise ebenfalls in den
Vernichtungslagern. Hauptgrund für diese Verbrechen war die Rassen- und LebensraumIdeologie, die Hitler 1924 in „Mein Kampf“ dargelegt hatte und die seit 1939 in einem Weltkrieg
verwirklicht wurde. Anhänger der Linksparteien, Zeugen Jehovas, oppositionell eingestellte
Jugendliche waren schon vor Kriegsbeginn als politisch unerwünschte Gruppen verfolgt und zu
Tausenden ermordet worden.
Die NS-Herrscher versuchten ihre Verbrechen möglichst geheim zu halten und mit
Euphemismen wie Umsiedlung oder Sonderbehandlung zu tarnen. Die Deutschen erfuhren
durch private Berichte und Andeutungen in Medien dennoch genug Details, um auf den
organisierten Judenmord schließen zu können. Das spurlose Verschwinden jüdischer
Nachbarn, das Ziel ihrer öffentlichen Abtransporte wurden wahrgenommen, aber nicht weiter
hinterfragt. Der Satz „du kommst sonst ins KZ“ war seit 1933 ein Drohwort für fast jeden.
Gerüchte über die Lager „im Osten“ kamen mit den Fronturlaubern praktisch in jedes Dorf,
alliierte Rundfunksender, die trotz Verbot gehört wurden, meldeten die Massenmorde. Der
polnische Geheimdienst lieferte den Briten bereits 1942 den Beweis für den Massenmord in
Auschwitz.
Die ständigen Angriffe gegen jüdische Bevölkerungsteile seit April 1933 wurden zum Teil passiv
akzeptiert und von den Nutznießern begrüßt. Enteignungsartige „Arisierungen“ selbst kleinster
Geschäfte oder Betriebe hatten immer Nutznießer und geschahen vor den Augen der örtlichen
Bevölkerung. Gegenüber der Mittäterschaft oder Gleichgültigkeit der meisten Deutschen waren
Rettungsaktionen für Juden eine seltene Ausnahme. Oskar Schindler bewahrte rund 1.200
jüdische Zwangsarbeiter aus Krakau vor der Ermordung. Das von der Bekennenden Kirche
1938 eingerichtete Büro Grüber verhalf vor allem Judenchristen bis zu seiner Schließung 1940
heimlich zur Ausreise.
In den Nürnberger Prozessen wurden nur führende Personen unter anderem wegen
Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrecher verurteilt. Eine wirkliche Aufarbeitung
der NS-Verbrechen und ihrer Ermöglichung begann in Westdeutschland erst um 1960.
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Quellen / Literatur
Artikel in der Wikipedia
1. Weltkrieg
19. Jahrhundert
Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg
Aufklärung
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Bismarck
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Staaten
Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts
USPD
Wilhelm II. (Deutsches Reich)
Zeitalter der Aufklärung
Zeitalter des Imperialismus
Zeittafel zur Französischen Revolution
Unterrichtsstoff KBMS
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Hartmann, Peter C, - Geschichte Frankreichs
Wolfgang Schmale - Geschichte Frankreichs
Thamer, Hans-Ulrich - Die Französische Revolution
Leo Trotzki - Geschichte Der Russischen Revolution
Deutschland & Europa - Ausgabe 11.1997 - 1848-49 Revolution
Andreas Wirsching - Deutsche Geschichte Im 20. Jahrhundert
Jürgen Kochendörfer, Erhard Rumpf - Geschichte und Geschehen
Morel - Aufklärung oder Indoktrination
Seite 28
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