Christian Thomas Kohl Sichtweisen aus Asien und Europa. Das zwischen den Dingen Liegende Nagarjuna und Alfred North Whitehead 1 Abstract In diesem Text geht es zunächst um eine Zurückweisung eines indologischen Interpretationsmusters, nach dem in Nagarjunas Philosophie den Dingen eine fehlende Existenz zugeschrieben wird. Das halte ich für einen Versuch, den Buddhismus auf die Stufe eines Aberglaubens herabzustufen. Weiterhin geht es um das zwischen den Dingen Liegende und um den Begriff der Abhängigkeit und um zahlreiche ganz ähnliche Begriffe, die der Philosoph A. N. Whitehead verwendet, um ein Prinzip zum Ausdruck zu bringen, das von ihm auch als die Verflochtenheit der Dinge bezeichnet wird. Ein viel früherer Hinweis auf das zwischen den Dingen Liegende stammt von dem indischen Philosophen Nagarjuna. Bei beiden Philosophen gibt es Dutzende von Begriffen und Bildern, die sich vom Denken an ein Objekt lösen, um sich mehr auf das zu konzentrieren, was zwischen den Dingen passiert, auf Zwischenräume und Zwischenzustände. Mein eigenes Beispiel dafür ist ein Vogelschwarm, der weder verklumpt noch auseinanderfällt. Solch ein Zwischenzustand lässt sich nicht auf einen einzigen Begriff festnageln, der die Vielfalt der Beziehungen zum Ausdruck bringen könnte. 2 1.Vorbemerkung „Wenn wir es nun, Sokrates, bei der Beantwortung so vieler Fragen über die Götter und die Entstehung des Universums nicht schaffen, eine Geschichte zu finden, die völlig in sich übereinstimmend und in allen Punkten ganz genau ist, solltest du nicht verwundert sein; denn es sollte schon genügen, wenn unsere Geschichte nicht weniger plausibel als andere ist. Wir müssen nämlich immer daran denken, dass wir alle bloß Menschen sind, ich, der ich sie erzähle, und ihr, die ihr sie hört, und dass uns deshalb bei diesen Fragen wohl eine wahrscheinliche Geschichte genügen muss…“ (Platon, Timaios). 3 2. Vorbemerkung Whitehead schreibt in seinem Buch Abenteuer der Ideen über Ähnlichkeiten von Ideen, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind, weil sie in unterschiedlichen Sprechweisen formuliert wurden. Und damit möchte ich in mein Thema einführen: Gibt es eine Entsprechung von asiatischen und europäischen Denkweisen? „Selbst scharfen Denkern fällt es mitunter schwer, die Entsprechungen zwischen Ideen zu sehen, die in unterschiedlichen Sprechweisen formuliert und durch unterschiedliche Beispiele illustriert worden sind. Manchmal ist es zwischen Philosophen, die genau die gleiche Idee auf verschiedene Weise formuliert hatten, zum erbitterten Streit gekommen. Deshalb muss man, wenn man in der Religion einen neuen Anfang machen will, der auf Ideen von profunder Allgemeinheit basiert, darauf gefasst sein, dass es tausend Jahre dauert, bis er sich durchsetzen kann. Religionen sind in dieser Beziehung wie die Spezies im Tierreich: keine von ihnen entsteht durch einen spontanen Schöpfungsakt in endgültiger Gestalt“ (A.N. Whitehead, Abenteuer der Ideen, Suhrkampverlag Frankfurt am Main 1971, S. 323). 3. 3. 4 3.Vorbemerkung Vorprägung. Können wir heute, im 21. Jahrhundert den indischen buddhistischen Philosophen aus dem 2. Jahrhundert verstehen? Werden wir nicht durch unsere eigenen Vorprägungen daran gehindert? In seinen Heraklit-Studien hat sich der fast 100-jährige Philosoph Hans-Georg Gadamer genau mit dieser Frage beschäftigt. Gadamer schreibt dort: „Unsere eigene Vorprägung sitzt so tief, dass sie im Verständnis anderer Kulturen und Geschichtswelten uns behindert. Um zu besserem Verständnis zu gelangen, muss man sich seiner eigenen Vorprägung bewusst zu werden versuchen“ Hans-Georg Gadamer, Der Anfang des Wissens, Philipp Reclam, Stuttgart 1999, S. 67). Meine Vorprägung, mit der ich die Philosophie Nagarjunas zu verstehen suche, ist durch die Auseinandersetzung mit Whiteheads Schriften geprägt und umgekehrt. Beide Philosophen haben sich von der Substanzmetaphysik und von Begriff der Subjektivität verabschiedet, beide haben das zwischen den Dingen Liegende als eine hängende und abhängige Grundlage angestrebt und mein Verständnis vorgeprägt. 5 4. Vorbemerkung A. N. Whitehead, Denkweisen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001: “Philosophische Wahrheiten sind daher eher in den Voraussetzungen der Sprache als in ausdrücklichen Feststellungen zu suchen”(S. 45). “Verbundenheit ist das Wesen jeglicher Art von Dingen”.(...) „Keine Tatsache ist nur sie selbst”.(...) “Dies bedeutet, dass immer da, wo ein Einzelfaktum erörtert wird, eine Voraussetzung unterschlagen wird, nämlich die Koordination mit der Umgebung, die erforderlich ist für die Existenz dieses Faktums”. (S.54) “Die Tatsache ist eine Abstraktion, zu der man gelangt, wenn man das Denken auf rein formale Beziehungen beschränkt, die schließlich als endliche Realität maskiert werden. Darum fällt Wissenschaft in ihrer Perfektion auf das Studium von Differentialgleichungen zurück. Die wirkliche Welt ist der Wissenschaft durch das Netz gegangen”. (S. 62) “Philosophie ist die Kritik der Abstraktionen, die spezifische Denkweisen beherrschen”. (S.89) “Diese gegenseitige Durchdringung ist eine fundamentale Erfahrungstatsache”. (S. 93) “Die Definition der Umgebung ist genau das, was in speziellen Abstraktionen übergangen wird”. (S. 95) “So suggerieren zum Beispiel einzelne Wörter, jeweils in 6 ihrer lexikalischen Bedeutung, und einzelne Sätze, abgetrennt durch Schlusspunkte, die Möglichkeit, vollständig von jeglicher Umwelt abstrahierbar zu sein. So kann man durchaus sagen, dass das Problem der Philosophie darin besteht, wechselseitige Verbindungen von Dingen zu verstehen, die auch ohne Bezug zueinander verstanden werden können. Aber eben diese Voraussetzung ist irrig. Wir sollten uns von ihr verabschieden und davon ausgehen, dass jede Entität – welcher Art auch immer – notwendigerweise über eine für sie wesentliche Verbindung mit dem Universum der Dinge verfügt. Diese Verbindung kann als die Seinsweise betrachtet werden”. (S. 105) “Alles, was in irgendeinem Sinne existiert, hat zwei Seiten, sein individuelles Selbst und seine Signifikanz im Universum. Und jeder dieser Aspekte ist ein Faktor des anderen”. (S. 146) “Die Umwelt dringt in die Natur jedes einzelnen Dings ein”. (S. 170) 7 1. Einleitung In der Geschichte des Buddhismus ist der indische Philosoph Nagarjuna, der wahrscheinlich im 2. Jahrhundert lebte, besonders durch zwei Schlüsselbegriffe seiner Philosophie bekannt geworden, es sind die Sanskritworte ‚Sunyata‘ und ‚pratityasamutpada‘. Auf diese Begriffe haben sich nicht etwa europäische Philosophen, sondern ausgerechnet europäische und amerikanische Philologen, also Sprachwissenschaftler, Indologen, gestürzt. „Schwerpunkt der klassischen Indologie war seit ihren ersten Anfängen die Sanskrit-Philologie, bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Studien der mittelindischen Sprachen (Pali und Prakrit-Dialekte) hinzu. Viele von der klassischen Indologie erstellte Übersetzungen oder Fachartikel bereicherten andere Wissenschaften wie zum Beispiel die vergleichende Sprach- und Religionswissenschaft oder Archäologie. Auch für die Zukunft bleiben noch zahlreiche Aufgaben, so etwa die deutsche Übersetzung wichtiger Sanskrit-Texte, die bislang nur in – oft unvollkommener – englischer Übertragung vorliegen. http://de.wikipedia.org/wiki/Indologie 8 Indologen haben den Schlüsselbegriff Sunyata meistens mit dem deutschen Wort ‚Leerheit‘ übersetzt und pratityasamutpada mit der Bezeichnung ‚abhängiges Entstehen‘. Diese Übersetzungen von einzelnen Wörtern, jeweils in ihrer lexikalischen Bedeutung, ohne Rücksicht auf den Textzusammenhang und auf die ausgesprochenen und nicht ausgesprochenen philosophischen Ideen, die dem Text zugrunde liegen und darüber hinaus zahllose philologische Interpretationen haben den Eindruck hervorgerufen, Nagarjuna hätte die Dinge für leer, nicht real, nicht existierend gehalten, für eine Halluzination oder Fiktion. [An dieser Stelle möchte ich an die philosophische Kurzdefinition einer Fiktion erinnern: „Das menschliche Vorstellungsgebilde der Welt ist ein ungeheures Gewebe von Fiktionen voll logischer Widersprüche, d. h. von wissenschaftlichen Erdichtungen zu praktischen Zwecken bzw. von inadäquaten, subjektiven, bildlichen Vorstellungsweisen, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit von vornherein ausgeschlossen ist.“ Hans Vaihinger: Philosophie des Als Ob, 1911, S. 14] 9 Stellvertretend und symptomatisch für die Indologie möchte ich hier nur zwei herausragende, bedeutende Gelehrte nennen, L. Schmithausen und Etienne Lamotte. Von Lamottes Übersetzungen habe ich viel gelernt. Schmithausen schreibt, über den Begriff Sunyata bei Nagarjuna: „Das Zustandekommen in Abhängigkeit von anderem läuft somit auf [In-Wahrheit] Nichtzustandekommen, auf [In-Wahrheit] Nichtexistieren hinaus, die Eigenwesenlosigkeit [nihsvabhavata] auf Sunyata im Sinne von Nichtigkeit“ ( L. Schmithausen, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Joachim Ritter, Karlfried Gründer [Hg.]; Bd. 10, Basel 1998, S. 629). Demnach soll Sunyata das Nichtzustandekommen, die Nichtexistenz oder die Nichtigkeit der Gegebenheiten [dharma] bezeichnen. [Hier möchte ich nur in ganz kurzgefasster Form in Erinnerung rufen, dass wir in der Philosophie unter den Begriffen der Substanz oder des Seins oder des Wesens der Dinge keineswegs eine chemische Substanz oder materielle Existenz oder die einfache Tatsächlichkeit oder das Dasein der Dinge verstehen, sondern die immaterielle Idee oder das Urbild eines Dings, etwas, das dauerhaft und unveränderlich, unabhängig von jeder 10 Art von Fremdbestimmung, aus sich selbst heraus existiert, körperlos ist, alle Dinge durchdringt und das wesentliche Sein der Dinge ausmachen soll. In der traditionellen griechischen Philosophie wurde es bereits von Platon mit dem griechischen Begriff ousia, eigenes Sein, oder dem Begriff der Idee bezeichnet oder auch mit noch anderen Begriffen, ohne eine Festlegung in der Wortwahl. Im Gegensatz dazu war für Platon die Existenz der Dinge nicht mehr als ein schattenartiges Abbild, eine zweitklassige Imitation der Idee oder des eigenen Seins. Die traditionellen indischen Philosophien bezeichneten ein derartiges eigenes Sein mit dem Terminus svabhava. Ein solches eigenes Sein wird von der buddhistischen Philosophie zurückgewiesen, keineswegs jedoch die Existenz der Dinge, das Dasein oder die Welt, in der wir leben. Allerdings muss bei dem Begriff des Seins der Hinweis des Philosophen Hans-Georg Gadamers bedacht werden, der bemerkte: „Was das Sein eigentlich meint, das auf diese Weise zustande gekommen sein soll, haben sie nicht gesagt“ Hans-Georg Gadamer, Der Anfang des Wissens, Stuttgart 1999, S. 147. Dabei ist zu beachten: All diese Sätze dienen nur der Bestimmung des Seins und des Absoluten. Sie sind natürlich ohne Rücksicht formuliert worden, 11 ob es auch wirklich etwas gibt, das diesen Bestimmungen entspricht. Mit diesen Worten vom Sein ist noch nichts über die Wirklichkeit des Seins gesagt. Wir haben es nur mit Worten zu tun.] Selbst unsere besten Ideen haben Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Auch der Begriff von Sunyata hat nicht den Rang eines Grundbegriffs oder einer Theorie für Alles. Sunyata ist ein eingeschränkter, nur für eine spezielle Fragestellung brauchbarer Begriff. Er bezieht sich auf die spezielle Fragestellung nach einem eigenen Sein oder nach etwas Absolutem, was in der Geschichte der Philosophie auch mit dem Begriff Substanz bezeichnet wurde. Es ist extrem voreilig, einfach bedenkenlos zu verallgemeinern und es ist eine unzulässige und unhaltbare Verallgemeinerung, die philosophische Idee der fehlenden Substanz der Dinge aufzublasen und nun alles als nichts zu erklären. Sunyata kann nicht auf die Existenz der Dinge ausgedehnt werden. Mit dieser Idee kann man nicht das Dasein in seiner einfachen Tatsächlichkeit in Abrede stellen. Das ist nicht nur ein Übersetzungsfehler, sondern ein kolossaler philosophischer 12 Fehlschlag, der die Philosophie Nagarjunas zu einem Aberglauben macht und zu einer zurückgebliebenen Schwärmerei, durch die wir das Vertrauen in den gesunden Menschenverstand, in jedes systematische philosophische Denken und in unsere sinnliche Wahrnehmung verlieren würden, wenn wir solch einer unhaltbaren und plumpen Verallgemeinerung Glauben schenken. Wir müssten jede Philosophie aufgeben, um von dem Aberglauben an die Nichtexistenz der Dinge überzeugt zu sein. Es gibt nichts, was diese aufgeblasene Wissenswolke einiger Sprachwissenschaftler irgendwie rechtfertigte. Etienne Lamotte, ein herausragender und hoch qualifizierter Übersetzer der Werke Nagarjunas und seines zentralasiatischen Übersetzers, Kumarajiva, dem wir mehrere bedeutende, umfassende Übersetzungen aus dem Chinesischen ins Französische verdanken, hatte Nagarjuna folgendermaßen verstanden: „Nicht aufgrund einer Leerheit sind die Wesen und Gegebenheiten leer, sondern sie sind leer, weil sie nicht sind“ ( Etienne Lamotte, Der Mahayana-Buddhismus, in: Heinz Becher & Richard Gombrich, Die Welt des Buddhismus, München 2002, S. 93). 13 Dadurch wollen uns zwei einflussreiche Gelehrte ( und mit ihnen zahlreiche indologisch geschulte Sprachwissenschaftler) überzeugen, in den philosophischen Arbeiten Nagarjunas ginge es um den Begriff des Nichts, um die Nichtexistenz und Unwirklichkeit der Dinge, sie würden im buchstäblichen Sinn Leere und Abwesenheit von Inhalt illustrieren. Gewiss, der Begriff ‚Sunyata‘ steht im Zentrum der Philosophie Nagarjunas, mit dem engumgrenzten Geltungsbereich, sich von der Vorstellung von einem eigenen Sein oder von etwas Absolutem zu verabschieden. Dieser beschränkte Geltungsbereich wird durch das Interpretationsmuster von Schmithausen und Lamotte über die Maßen ausgedehnt. Nach ihrer Interpretation soll von Nagarjunas Philosophie nicht nur die Vorstellung von einem ideellen Sein, von einer ideellen Essenz der Dinge, sondern auch die ganze materielle Existenz der Dinge bestritten werden. „Die Neigung zu übertriebenen Behauptungen ist schon immer eines der Grundlaster der Wissenschaft gewesen, und so hat man denn zahlreichen, innerhalb strikter Grenzen unzweifelhaft wahren, Aussagen, dogmatisch eine nicht bestehende universelle 14 Gültigkeit beigemessen“ (Whitehead). Immer wenn ich höre und lese, Buddha Sakyamuni oder Nagarjuna sollen die Dinge dieser Welt als ein Nichts oder als eine Fiktion und Einbildung erklärt haben, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit von vornherein ausgeschlossen ist, überfällt mich ein Gefühl der Lähmung, von Langeweile, von Misstrauen, Argwohn und Skepsis über solch verdrehte, absurde Beleidigungen des gesunden Menschenverstandes und der sinnlichen Wahrnehmung. Solch ein Amalgam von philosophischen Begriffen, solch einen verkorksten Tiefsinn und Aberglauben soll Nagarjuna gelehrt haben? [Der Begriff 'Aberglaube' hat eine lange Geschichte, nach einer modernen Definition des Sozialpsychologen Judd Marmor bezeichnet er heute Glaubenssätze und Praktiken, die wissenschaftlich unbegründet sind und nicht dem erreichten Kenntnisstand einer Gesellschaft entsprechen. Dagegen kann man die meisten Philosophien, auch die Philosophie Nagarjunas, als einen Versuch beschreiben, ein kohärentes, logisches, notwendiges System allgemeiner Ideen zu finden, durch das alle 15 Bestandteile unseres Erlebens interpretierbar werden. „Das Hauptverfahren der Philosophie im Umgang mit ihren Gegebenheiten ist die Methode der beschreibenden Verallgemeinerung“ (Whitehead).] Leider sind derartige philologischer Fehlschläge zu einem dogmatischen Interpretationsmuster der vergangenen 100 Jahren geworden. Soll das die philosophische Idee und die Aussage Nagarjunas sein? Soll das seinem Geist und seinen Absichten entsprechen? Wollte Nagarjuna die Außenwelt leugnen? Müssen wir jetzt etwa die Außenwelt beweisen, um eine Gegenposition einzunehmen? Die Existenz der Welt, in der wir leben, ist evident, man sieht sie doch, wir leben doch in ihr, wir sind doch ein Teil von ihr. Das reicht vollkommen aus für eine Zurückweisung des Aberglaubens an das Nichts. Die Welt, in der wir leben, wird eigentlich nur von extremen subjektivistischen Philosophien geleugnet wird. Doch haben solche extremen Sichtweisen nur einen geringen Erklärungswert über die Welt, wenn überhaupt. Deswegen sollten wir uns von solchen extremen Subjektivisten einfach nur verabschieden. Sie haben die gleiche scharfe Trennung zwischen 16 Geist und Materie akzeptiert, die sie bei ihren 'materialistischen' Gegnern bemerkt haben. Während für ihre 'materialistischen' Gegner die physische Natur die einzige Realität und der Geist eine Randerscheinung ist, ist für sie die die Natur reine Erscheinung und das Bewusstsein die einzige Realität. Bei Subjektivisten gibt es keine Verschmelzung von beidem. Durch ihr Interpretationsmuster haben Schmithausen und Lamotte Nagarjuna in die Nähe des idealistischen Philosophen George Berkeley (1685-1753) gerückt. Berkeley lehrte, dass eine vom Wahrnehmen und Denken unabhängige Außenwelt nicht existiert. Sollte Nagarjuna, der Begründer eines mittleren Weges, der alle extremen Denkweisen zurückgewiesen hat, selber ein extremer subjektivistischer Philosoph gewesen sein, der die Außenwelt infrage stellt? Wollte er zurückweisen, was offensichtlich existiert? Wollte Nagarjuna die Welt in der wir leben, leugnen? Oder war Nagarjuna ein 'Nihilist'? War er blind oder wollte er einfach nicht seinen Augen trauen? Zu derartig exotischen, absurden und zurückgebliebenen, altmodischen subjektivistischen Schlussfolgerungen und Unterstellungen können wir kommen, wenn wir die Bedeutung von einem zentralen 17 Begriff übersetzen, ohne nach den Ideen zu fragen, die dem Begriff und dem ganzen Text zugrunde liegen. Solche indologischen Unterstellungen haben die Diskussion um einen bedeutenden buddhistischen Philosophen vergiftet. Eine philosophische Interpretation und Diskussion beginnt nicht mit der Übersetzung von Begriffen, die man nicht verstanden hat, sondern mit Fragen nach den Ideen, die einem Begriff und dem ganzen Text zugrunde liegen. Mit solchen Fragen sind wir nicht am Ende, sondern am Anfang eines philosophischen Verstehens angekommen. Der Buddhismus hatte von Anfang an einen negativen Ruf, der ihm unterstellte, die Welt zu leugnen. Das ist ein grobes Missverständnis, weil ja gerade in der Erkenntnis der wolkenartigen, regenbogenartigen und nebulösen Wirklichkeit die Voraussetzung besteht, sich von der Welt zu befreien und alle Bindungen an diese Welt aufzugeben. Befreiung ist erst dann möglich, so lehrte Buddha Sakyamuni, wenn wir die Grundlosigkeit der Dinge sehen, ihr Hängen aneinander und ihre Bindungen untereinander. Wir hängen gierig 18 an den Dingen, solange wir nicht sehen, dass wir einer Fata Morgana nachjagen. Das sind die Kerngedanken Buddha Sakyamunis. Nagarjuna betont ebenso den flüchtigen, fragmentarischen, verschwommenen, sich in Luft auflösenden Charakter der Dinge, wenn er von ihnen sagt, sie seien nicht zusammen aber fallen auch nicht auseinander. Weder sind die Dinge zusammen, noch sind sie nicht zusammen, [MMK 6.8], sagt Nagarjuna wörtlich in seinem Hauptwerk. In meinen eigenen Worten: Solche 'Dinge' wie Vogelschwärme unterliegen wahrscheinlich nicht nur anziehenden Kräften, sondern auch abstoßenden Kräften, die verhindern, dass die Vögel miteinander verklumpen. Mit meinen Worten formuliert sind das die Kerngedanken Nagarjunas, die er in zahlreichen Bildern dargestellt hat, wie zum Beispiel in dem Bild vom Feuer und vom Brennstoff. Davon wird im 3. Teil dieses Textes die Rede sein. Vom Nichts zu sprechen, ist eine grobe Irreführung, der es an Feinfühligkeit und feiner Wahrnemung fehlt. Sprachwissenschaftler überschreiten ihre Kompetenz, wenn es um eine philosophische Interpretation der grundlegenden Ideen Nagarjunas geht. Der Buddhismus wäre schon längst nichts weiter als ein 19 Aberglaube, wenn er nicht von seinen Anfängen bis zur Gegenwart in Verbindung mit einer intellektuellen Bewegung gestanden hätte, mit einer Liebe nach Weisheit, wie wir die Philosophie nennen, mit einer Anstrengung der Vernunft, ein mehr oder weniger vollständiges philosophisches System zu formulieren. Dieses Streben nach Rationalität ist auch eine Grundlage der Religionsphilosophie, die sich im 18. Jahrhundert entwickelte, aus dem Bemühen, das Wesen und die Wahrheit des religiösen Glaubens aus der Vernunft zu begreifen, ohne Rücksicht auf Offenbarungsansprüche. Dabei schließe ich mich den Religionswissenschaftlern Mircea Eliade, Richard Otto, F. Heiler und G. Mensching an, die als einen Einheitsbegriff ‚das Heilige‘ ausgewählt hatten, um das in der religiösen Erfahrung ursprünglich Erscheinende zu bezeichnen. 'Das Heilige' ist auch für den Buddhismus ein Kennzeichen. Sprachwissenschaftler setzen sich über diesen rationalen Kern der buddhistischen Philosophie einfach hinweg. Durch ihre willkürlichen, irrationalen Fehlschläge der Übersetzungen eines Schlüsselbegriffs ist die Philosophie Nagarjunas erheblich geschwächt worden. Solche indologischen Sprachwissenschaftler haben ein vollständig veraltetes Bild von 20 der buddhistischen Philosophie geschaffen. Sie haben den Buddhismus auf eine Art mystischen Singsang über eine uneinsehbare Welt reduziert und zu einem zurückgebliebenen Aberglauben herabgestuft. Ich möchte das an dieser Stelle mit einem traditionellen Gleichnis von einem Bananenbaum belegen: 21 Bananenstaude. 22 Kommentar: Bananen sind eine Pflanzengattung in der Familie der Bananengewächse. Eine Banandenstaude hat keinen Stamm. Was wir für einen Stamm halten könnten ist ein Scheinstamm, der aus massiven Blattstielen besteht, die nicht verholzen. Das ist ein häufig genanntes Beispiel im frühen Buddhismus. Wir sollen alle Dinge so betrachten, ohne einen festen Kern, ohne eine Substanz. Von einer fehlenden Existenz der Bananen ist im Buddhismus überhaupt nicht die Rede. 23 Die Realität ist wie ein Nebel. 24 Kommentar: Auch Nebel ist ein traditionelles Gleichnis im frühen Buddhismus. Im Nebel erscheint alles weniger wirklich Von einem Nichts ist nicht die Rede. 25 Spiegelbild. Kommentar: Auch ein Spiegelbild ist nicht ein Nichts, auch ist es nicht leer Es existiert, es ist da. Es gibt ein Spiegelbild in einem Spiegel oder in einem See. Nur besteht es eben nur aus Licht, es stellt keine Verdoppelung der materiellen Wirklichkeit dar, es täuscht eine Verdoppelung vor. Es existiert in einem Zwischenbereich zwischen dem Nichts und einer materiellen Wirklichkeit. Vor allen Dingen ist es nicht greifbar. Wir können es nicht festhalten. Es fesselt uns nicht an diese Welt und wir können uns leicht von ihm befreien. Wenn wir alle Dinge wie ein Spiegelbild betrachten, können wir loslassen. 26 Wie sollten Nagarjunas Schlüsselbegriffe übersetzt werden? Für ganz ähnliche Fragen der Übersetzung und Interpretation ist der Bibelübersetzer Martin Luther (1483 – 1546) bekannt geworden. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29. April 2015 schreibt Reinhard Binger über eine Korrektur der Lutherbibel durch die Evangelische Kirche Deutschlands und nennt die Gründe, warum Theologen im Jahre 2015 an unzähligen Stellen zum Deutsch Martin Luthers zurückkehren. Binger schreibt: „Charakteristisch für Luthers Übersetzung war insgesamt, dass er recht frei mit den einzelnen Wörtern der Urtexte umging. ‚Die Grammatik soll nicht über die Bedeutung herrschen‘, sagte Luther einmal. Übersetzung war für den Reformator immer auch Auslegung. Nicht die Bedeutung einzelner Worte, sondern die Theologie eines Textes wollte er so präzise und prägnant wie möglich ins Deutsche übertragen. Vom Ergebnis sind die in Leipzig versammelten Fachleute noch immer angetan“. Nagarjuna hat bisher keinen philosophischen Übersetzer vom Rang Martin Luthers gefunden, wir sind durch philologische Methoden des Übersetzens noch immer mit dem Ergebnis konfrontiert, dass Nagarjunas Philosophie als nihilistisch, 27 schwierig, dunkel und bestenfalls exotisch gilt. Auch werden ihr viele paradoxe und nebulöse Tiefsinnigkeiten unterstellt, mit denen uns Nagarjuna Rätsel aufgegeben haben soll. Dadurch wollen uns Sprachwissenschaftler dann weismachen, Nagarjunas Philosophie könne mit europäischen philosophischen Ideen kaum verstanden, verglichen und interpretiert werden. Während Nagarjuna bei Indologen und Sprachwissenschaftlern seit zwei oder drei Generation eine Hochkonjunktur erlebt, haben sich europäische Philosophen in den letzten 200 Jahren nur ganz selten mit indischen Philosophien auseinander gesetzt. Indische Philosophien waren für sie bestenfalls Weisheitslehren, aber nicht Philosophie. Darauf ist der Philosophie-Historiker Elmar Holenstein in seinem PhilosophieAtlas eingegangen. Holenstein schreibt: „Der Forschungsstand ist heute ein anderer als in den Jahrzehnten unmittelbar vor und nach 1800. Zu viele der wahrhaft großen Philosophen außerhalb Europas waren Kant (1724 -1804) und Hegel (1770 – 1831) wohl noch nicht einmal dem Namen nach vertraut, etwa Nagarjuna, Vasubandhu, Bhartrihari, Dharmakirti, Shankara, Gangesha in Süd-Asien, Xun Zi, Wang Bi, Fazang Zhu Xi, Wang Yangming, Yi Hwang und Ogyu 28 Sorai in Ostasien“. (…) Von der Mehrzahl dieser Gelehrten sind Texte überhaupt erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts in europäische Sprachen zugänglich gemacht worden“(1). Eine bedeutende Ausnahme war übrigens der Philosoph Karl Theodor Jaspers (1883 – 1969). Nagarjuna hat seine Idee von der Wirklichkeit keineswegs nur in den Begriffen 'Sunyata' und 'Pratityasamutpada' zum Ausdruck gebracht. Diese beiden Sanskrit-Begriffe sind in seinem Hauptwerk [MMK] nur eine zusammenfassende Verallgemeinerung von 25 Gleichnissen, mit denen er die Wirklichkeit untersucht, dargestellt und verglichen hat. Welche Ideen liegen diesen 25 Gleichnissen zugrunde? Der Kerngedanke Nagarjunas besteht in dem Hinweis auf das zwischen den Dingen Liegende und wird mit verschiedenen Begriffen bezeichnet, mit dem Begriff des Zusammenhangs der Dinge, mit dem Begriff der Abhängigkeit und des Zusammenseins. Das sind alles vage Begriffe, die schwer in konkrete Worte zu fassen sind. Auch ergänzende und ähnliche Begriffe aus anderen Philosophien und Wissenschaften können nicht die vage Bedeutung auflösen. Ich meine solche Begriffe 29 wie beispielsweise Bindungen, Verschränkungen, Zwischenräume, Verwicklungen, Verflochtenheit, Wechselspiel, oder die wechselseitige Verbundenheit der Dinge. Oder Gobertis Hinweise auf die Mitte, die Vereinigung, auf den Durchgang, den Übergang, den Weitergang, den Abstand, die Entfernung, das Band und auf den Kontakt. (2) Diese und zahlreiche weitere Begriffe bringen etwas andere Aspekte von dem, was zwischen den Dingen passiert, zum Ausdruck. Bis heute gibt es keinen einzelnen, einzigen oder zusammenfassenden Begriff für die etwas schwerfällige Bezeichnung von dem zwischen den Dingen Liegendem, den ich von Albert Einstein übernommen habe, als er von einem Feld sprach. Es ist nicht immer von genau demselben Sachverhalt die Rede. Die Worte Sunyata und Pratityasamutpada können nur als Sammelbegriffe für das zwischen den Dingen Liegende verstanden werden. Sunyata und Pratityasamutpada lassen sich nicht durch ein einziges Wort übersetzen, auf einen einzigen, konkreten Begriff festnageln. [Eine Nebenbemerkung: Seit dem 7. Jahrhundert ist das Wort Sunyata von Brahmagupta in die indische Mathematik 30 eingeführt worden, wo es die Zahl 0 bezeichnet, eine Zahl, die sich in der Mitte zwischen den positiven Zahlen und den negativen Zahlen befindet 8-7-6 -5 -4 -3 -2 -1 0 +1 +2 +3 +5 +6 +7 +8 https://de.wikipedia.org/wiki/Null An dieser Zahlenreihe sieht man, dass Sunyata eher die Mitte als eine Leerstelle oder Leerheit bezeichnet.] Die Hauptströmungen der europäischen Philosophien haben sich nicht mit dem beschäftigt, was zwischen den Dingen passiert. Sie sind ganz andere Wege gegangen. Sie haben vor allem seit Platon (428 – 348 vor Christus) die extremen Ideen des Absoluten, des Seins und der Substanz oder aber seit René Descartes (1596 – 1650) das gegenteilige Extrem, das unabhängige Subjekt thematisiert. Sie konnten seit Aristoteles (384 – 322 vor Christus) mit Zwischenzuständen gar nichts anfangen. Denn bereits Aristoteles hatte ein logisches Prinzip formuliert nach dem ein Sachverhalt entweder besteht oder nicht, tertium non datur, ein Drittes gibt es nicht. Es ist ein Denken in einem Schwarz-Weiß-Schema ohne Zwischenbereiche. 31 Es durchzieht die europäische Philosophiegeschichte und Wissenschaftsgeschichte wie ein roter Faden, von Aristoteles bis heute. An dieser Stelle möchte ich das Schwarz-Weiß-Schema durch einige Bilder zurückweisen, die das Dritte darstellen, den Zwischenzustand zwischen Tag und Nacht. 32 1. Claude Monets Abenddämmerung. 33 2. Abenddämmerung 34 3. Abenddämmerung 35 4. Abenddämmerung 36 5. Abenddämmerung 37 6. Abenddämmerung 38 7. Abenddämmerung 39 8. Abenddämmerung 40 Kommentar: Tag und Nacht sind weder zusammen, noch nicht zusammen. Der Abend befindet zwischen Tag und Nacht. Er kann auch als ein Zwischenraum bezeichnet werden. Der Abend ist mit dem Tag und mit der Nacht verbunden und verschränkt, er stellt einen Übergang dar. Er kann nicht als ein Nichts oder als leer bezeichnet werden. Diesem grundlegenden logischen Prinzip des Aristoteles wagten erst im 20. Jahrhundert einige Mathematiker und Physiker zu widersprechen. Für die Mathematik war es besonders Jan Brouwer (1881 – 1966). Für die Physik begann es bereits mit Faraday (1791-1867) und Maxwell (1831-1879). Aber darauf soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. 41 Magnetfeld. Es bedurfte eines kühnen Gedankensprunges, um zu erkennen, dass nicht das Verhalten von Körpern, sondern das von etwas zwischen ihnen Liegendem, das heißt, das Verhalten des Feldes, für die Ordnung und das Verständnis der Vorgänge maßgebend sein könne» [Albert Einstein, Leopold Infeld, Die Evolution der Physik, Rowohlt, Hamburg 1957, Seite 194]. 42 Allerdings gibt es in der europäischen Philosophie des 20. Jahrhunderts vereinzelte Ansätze, die in die gleiche Richtung weisen, in die Nagarjuna vor fast 2000 Jahren gegangen ist. Es sind Ansätze, die durchaus mit Zwischenzuständen und Zwischenräumen etwas anfangen konnten. Ein Ansatz ist von A.N. Whitehead (1861 – 1947) vertreten worden. Er soll in kurz gefasster Form mit Nagarjunas Ansatz verglichen werden. 43 2. Alfred North Whitehead A. N. Whitehead war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein außerordentlicher Mathematiker, Philosoph und Wissenschaftsphilosoph, der die philosophische Tradition Europas als eine Reihe von Fußnoten zu Platon charakterisierte und sie gegen den Strich bürstete. Whitehead war ein historischer Philosoph, es ging ihm jedoch nicht um die geschichtlichen Ablauf der Philosophie, ihm ging es darum, die erhellenden Potentiale der betrachteten Philosophen für die gegenwartsbezogene Diskussion bestimmter philosophischer Sachfragen zu erkunden. Seine Rückblicke waren problembezogene Prüfungen dessen, was von der Vergangenheit zu lernen ist. Whitehead integrierte sich selber in diese philosophische Tradition Europas, um die beiden grundlegenden Ideen der europäischen Philosophie, die Idee des Absoluten und des unabhängigen Subjekts, abzuschütteln und hinter sich zu lassen. Damit hat Whitehead den europäischen Denkweisen eine neue Richtung gegeben. Welche Richtung? Auf das zwischen den Dingen Liegende, wie es Albert Einstein (1879-1955) für die Physik seit Faraday formulierte, auf die Mitte, die Vereinigung, den Durchgang, den Übergang, auf die Beziehung und das Band 44 zwischen den Dingen, auf den Kontakt, wie es ein recht unbekannter Gelehrter, Vincenzo Gioberti 1864 in Neapel formulierte (2). Whiteheads organistische Prozessphilosophie ist von Christoph Kann zusammengefasst worden und soll hier nicht noch einmal dargestellt werden. Doch dient seine gelungene Darstellung als eine bequeme Grundlage für diesen kleinen Überblick: Christoph Kann, Fußnoten zu Platon. Philosophiegeschichte bei A. N. Whitehead. Felix Meiner Verlag Hamburg 2001. Hier soll an einen wichtigen Punkt der Philosophie Whiteheads erinnert werden. Ich meine vor allem den Begriffe der wechselseitigen Abhängigkeiten der Dinge oder der wechselseitigen Verbundenheit der Dinge und ganz ähnliche Begriffe, die ich ohne einen Vollständigkeitsanspruch darstellen möchte. Sie lassen sich nicht auf einen Begriff bringen. Whitehead verwendet immer wieder andere Begriffe, er lässt sich nicht auf einen Begriff festnageln, „denn der voreilige Gebrauch irgendeines geläufigen Worts muss unweigerlich dazu führen,“ meint Whitehead in Abenteuer der Ideen, „dass wir den angestrebten Grad von Allgemeinheit nicht erreichen“. „Wir 45 brauchen die Ausdrücke „zusammen“, „das immanent Schöpferische“, „die Konkreszenz“, „das Erfassen“, „das Fühlen“, „die subjektive Form“, „die Gegebenheiten“, „Wirklichkeit“, „Werden“ und „Prozess“, sagt Whitehead. Relationalität oder die wechselseitige Abhängigkeit der Dinge. Für diese und ähnliche Begriffe hat sich weder bei Whitehead selber noch in seiner Wirkungsgeschichte ein einzelner Begriff durchgesetzt. Wie beiläufig taucht der Begriff der Abhängigkeit auf, wenn eine unabhängige, unbewegliche, starre Existenz der Dinge negiert wird (Seite 66 bei Christoph Kann). Wie ein roter Faden durchzieht er Whiteheads Gesamtwerk. Wirkliche, konkrete Dinge sind abhängig von anderen konkreten Dingen, sie befinden sich in einer Vernetzung mit ihrer realen Welt (Seite 196). Whitehead spricht von einer offensichtlichen Verbundenheit des Universums (Seite 201). An einer anderen Stelle ist von Relationen die Rede, sie bezeichnen die Beziehungen oder auch die inneren Relationen, die alle Realität aneinander binden (Seite 208). Bei unseren Anschauungen - macht Whitehead gegenüber Immanuel Kant geltend – geht es nicht nur um abstrakte Daten. 46 Den Daten entsprechen wechselseitige Zusammenhänge der Realisierung (Seite 229) in einem mehrstufigen Empfindungsprozess. Christoph Kann fasst Whitehead's Sichtweise zusammen: „Initiiert durch die Aristotelische Substanzmetaphysik hat für Whitehead die Philosophie einen Weg eingeschlagen, der den Gesichtspunkt einer universellen Bezogenheit der Erfahrungswirklichkeit sowie den platonisch Grundgedanken vom Sein als Werden preisgegeben hat“ (Seite 239). Bei der Substanzmetaphysik bleibe - nach Whitehead – die Frage nach Zusammenhängen und Beziehungen zwischen den Dingen außerhalb der Betrachtung, eine Welt, in der es Beziehungen zwischen realen Individuen gibt, wird „schlechthin unverständlich“ (Seite 126). Whitehead meint, auch bei den mathematischen Grundlagen der Physik Isaak Newtons lassen sich keine inneren Gründe des Zusammenwirkens angeben (Seite 181). Es fehlen reale Beziehungen zu realen Subjekten und realen Objekten (Seite 171). Auch fehlt die Kategorie des Bezogenseins der Dinge, schreibt Whitehead an einer anderen Stelle mit ganz ähnlichen Worten (Seite 132). Denn gemäß unserem natürlichen 47 Bewusstsein und unserer Selbsterfahrung erscheint die Natur nicht als ein Nebeneinander isolierter Materieteilchen, sondern als ein Geflecht organisch verbundener Wesenheiten (Seite 182). Geflecht Dieses Geflecht zwischen den Dingen, taucht unter verschiedenen Bezeichnungen auf. Whitehead nennt es auch Beziehungsfeld (Seite 183), manchmal ist von einer notwendigen Kohärenz oder Bezogenheit aller Glieder eines Systems die Rede (Seite 108) oder von einem Kraftfeld (Seite 185) 48 Kraftfeld oder von elementaren Prozesseinheiten, die den materiellen Dingen zugrunde liegen, statt der überholten Idee eines leeren Raumes (Seite 185). Whitehead weist darauf hin, in der neuen Physik gebe es eine Wechselwirkung mit der Umgebung (Seite 186), atomare Einheiten werden von einem Feld umfasst, das zugleich das Feld anderer Organismen ist (Seite 187). Hier wird deutlich, wie Whitehead Einheiten der Physik zum Modell für seinen Begriff einer organistischen Wirklichkeit nimmt, wie Christoph Kann zutreffende betont (S. 188). Es geht Whitehead immer wieder um die wesentliche Verbundenheit der Dinge (S. 127) und um den Strukturzusammenhang der Geschehnisse (S. 187), was 49 manchmal nexus oder Funktionszusammenhang genannt wird (Seite 188). 50 Verbindungen 51 Verbindungen 52 Verbindungen 53 U-Bahnnetzt. Le Metro. Paris 54 Schienennetz Deutsche Bahn 55 3. Nagarjuna „Wenn Darwin oder Einstein Theorien verkünden, die unsere Ideen modifizieren, dann ist das ein Triumph der Wissenschaft. Wir sagen nicht, dass die Wissenschaft schon wieder eine Niederlage erlitten hat, weil ihre alten Ideen aufgegeben wurden. Wir wissen, dass ein weiterer Schritt der wissenschaftlichen Einsicht gelungen ist. Die Religion wird ihre alte Kraft nicht wieder erlangen, solange sie Veränderungen nicht in demselben Geiste begegnen kann wie die Wissenschaft. Ihre Prinzipien mögen zeitlos sein, aber der Ausdruck dieser Prinzipien verlangt eine kontinuierliche Weiterentwicklung“. [A.N. Whitehead. Wissenschaft und moderne Welt. 219] Nagarjuna war ein bedeutender und einflussreicher buddhistischer Philosoph Indiens. Wahrscheinlich lebte er im 2. Jahrhundert. In seinem Hauptwerk, Mulamadhyamaka-Karika, Lehrstrophen über die grundlegenden Lehren des Mittleren Weges [MMK (2)], war die erste Frage nicht die nach dem Geist oder dem Bewusstsein, sondern nach den Dingen der Welt, in der wir leben. Besonders hat Nagarjuna auf die Abhängigkeit der physischen Objekte von anderen Objekten hingewiesen. 56 Dadurch hatte er eine neue Sichtweise für das zwischen den Dingen Liegende eröffnet. Hier ein Überblick von einigen Bildern von abhängigen, an einander gebundenen Objekten, die Nagarjuna in den 25. Kapiteln der MMK untersucht. Seine Bilder, Metaphern, Allegorien oder symbolische Beispiele haben eine Frische und Realitätsnähe, die abstrakte philosophische Ideen und Begriffe nie erreichen können: 1. Ein Ding und seine Ursache. 2. Der Geher, das Gehen und die begangene Strecke. 3. Der Seher und das Sehen. 4. Ursache und Wirkung. 5. Kennzeichen und Zu-Kennzeichnendes. 6. Leidenschaft und der von Leidenschaft Ergriffene. 7. Entstehen, Bestehen und Vergehen. 8. Tat und Täter. 9. Der Sehende und das Sehen. 10. Feuer und Brennstoff. 11. Anfang und Ende. Leid und Ursachen des Leids. 13. Der Junge und der Alte, süße Milch und saure Milch. 14. Etwas und etwas anderes. 15. Der Begriff des Seins und der Begriff des Nichts. 16. Bindung und Befreiung. 17. Tat und ihre Frucht. 18. Der Begriff der Identität und der Begriff der Verschiedenheit. 19. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 20. Der Grund und die Frucht. 21. Entstehen und Vergehen. 22. Der Gedanke ‚den 57 Buddha gibt es über den Tod hinaus’ und der Gedanke ‚es gibt ihn nicht’. 23. Das Reine und das Unreine. 24. Der Buddha und bodhi [Erwachen]. 25. Nirvana und das Seiende. Mein Kommentar: Ein Ding ist nicht unabhängig von seinen Bedingungen, aber auch nicht identisch mit ihnen, ein Geher existiert nicht ohne eine begangene Strecke, aber er ist auch nicht eins mit ihr. Bei einem Seher gibt es weder eine Identität mit dem Sehen, noch eine Trennung vom Sehen. Es gibt keine Ursache ohne eine Wirkung und keine Wirkung ohne eine Ursache. Der Begriff ‚Ursache’ hat keine Bedeutung ohne den ergänzenden Begriff der ‚Wirkung’. Ursache und Wirkung sind nicht eins, aber sie fallen auch nicht in zwei getrennte Begriffe auseinander. Ohne ein Kennzeichen können wir nicht von einem Zu-Kennzeichnenden sprechen und umgekehrt. Wie sollte es einen von Leidenschaft Ergriffenen geben, ohne Leidenschaft? Ohne eine Tat gibt es keinen Täter, ohne Brennstoff kein Feuer. Bei diesen Bildern, die meistens aus Zwei-Körper-Systemen, manchmal aus zwei oder drei Begriffen bestehen, sind die Körper oder Begriffe nicht eins, aber sie fallen auch nicht auseinander. Die Körper sind abhängig von einander, sie sind aneinander gebunden. Sie befinden sich in einem 58 Zwischenzustand, in dem sie weder richtig zusammen, noch richtig getrennt sind. Etwas passiert zwischen ihnen. Das ist der erste und wichtigste Aspekt der Philosophie Nagarjunas. Er soll uns öffnen für das zwischen den Dingen Liegende und für einen Umgang mit den Dingen, bei denen wir nicht immer auf Granit beißen müssen, bei dem wir das Loslassen lernen können. 59 Abb. 1. MMK, 1. Kapitel : Ursache und Wirkung. Eine Hochgeschwindigkeits-Photographie von Harold E. Edgerton. Foto: http://www.artsology.com/gfx/edgerton/edgerton_banana. jpg Kommentar: Ein Geschoss, das gerade durch eine Banane durchgedrungen ist. Die Durchdringung des Geschosses ist die direkte Ursache für die Wirkung: die Banane beginnt zu platzen. Ursache und direkte Nahwirkung können nicht voneinander getrennt werden, weder zeitlich noch räumlich. Beide Prozesse sind nicht dasselbe, aber es sind auch nicht zwei getrennte Prozesse. Die zwei Prozesse sind abhängig von einander. Sie sind aneinander gebunden. Sie befinden sich in einem Zwischenzustand, in dem sie weder zusammen, noch getrennt sind (etwas passiert zwischen ihnen). 60 Abb. 2. MMK, 2. Kapitel: Ein Läufer und die gelaufene Strecke. http://images.wallpapersmela.com/2014/08/Usain-bolt-HDwallpapers.jpg Usain Bolt (links im Bild). Kommentar: Ein Mensch ist nicht unabhängig von seinen Bedingungen, aber auch nicht identisch mit ihnen. Ein Läufer existiert nicht ohne eine gelaufene Strecke, aber er ist auch nicht eins mit ihr. Ein Läufer und die gelaufene Strecke sind weder eins noch zwei getrennte Körper. Das wichtigste Kennzeichen der Körper ist ihre Interdependenz, ihr fehlendes eigenes Sein oder ihre fehlende unabhängige Existenz. 61 Abb. 3. MMK, 8. Kapitel: Tat und Täter. Foto: http://fighting.de/wp-content/uploads/2012/04/fighting.jpg Kommentar: Wenn es keine Tat gibt, gibt es auch keinen Täter. Beide existieren nicht für sich alleine. Tat und Täter sind keine isolierten Komponenten. Sie entstehen nur in Abhängigkeit von einander. Sie sind aneinander gebunden. Nicht das Verhalten von Körpern, sondern das zwischen ihnen Liegende, das Zusammenspiel, das motorische Nervensystem, zwischen einem Täter, dem Boxer, und seiner Tat, dem Schlag, ist entscheidend. 62 Abb. 4. MMK.10. Kapitel: Feuer und Brennstoff. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fa/Lightma tter_firebreath.jpg Kommentar: Ohne Feuer gibt es keinen Brennstoff. Ohne Brennstoff gibt es kein Feuer. Die materiellen oder immateriellen Komponenten eines Zwei-Körper-Systems existieren nicht isoliert, sie sind nicht eins und existieren doch nicht unabhängig voneinander. Etwas passiert zwischen diesen Körpern und deswegen sind sie nicht substantiell real. Nagarjuna betont eine zentrale Idee: Die Körper sind nicht getrennt und sie sind nicht eins. Das wichtigste Kennzeichen der Körper ist ihre Abhängigkeit von einander und ihre Bindung aneinander. 63 4. Ergebnis Nagarjuna und Whitehead haben es abgelehnt, sich auf einen einzigen Begriff festzulegen, der das zwischen den Dingen Liegende bezeichnet. Sogar solche wichtigen Bezeichnungen wie Zwischenzustände der Dinge, die Zwischenräume, die Zwischenbereiche und die verflochtenen Zusammenhänge sind nicht umfassend. Die Dinge gleichen einem Regenbogen oder einer schwebenden, luftigen, in einander fließenden, leichten Wolke. Durch ihre Bindungen haben sie auch etwas Unwirkliches an sich, das sich schwer in Worten aber vielleicht etwas leichter in Bildern darstellen lässt. Bei einem Zwischenzustand verklumpen die Dinge nicht miteinander, aber sie sind auch nicht getrennt voneinander, ganz ähnlich wie bei einem Vogelschwarm die Einheit nicht durch einen Zusammenprall der einzelnen Vögel hergestellt wird. Welch ein befreiender Anblick! 1. https://www.youtube.com/watch?v=XH-groCeKbE 2. http://www.weltderphysik.de/gebiete/fluide/news/2013/rolle nde-schwärme-mikrokugeln-organisieren-sich-selbst/ 64 5. Anhang I A. N. Whitehead: „Abenteuer der Ideen“. Einige Textauszüge. Einige Textpassagen aus Whiteheads Buch „Abenteuer der Ideen“ [A.N. Whitehead. Abenteuer der Ideen. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1971] sollen die eben erwähnten einzelnen Begriffe zusammenhängend darstellen und seine philosophischen Methoden kurz erläutern. Whitehead schreibt dort: „Die Aufgabe der Philosophie besteht darin, eine Zusammenordnung von Ideen auszuarbeiten, die sich in den konkreten Fakten der realen Welt manifestieren soll. Sie sucht nach den allgemeinen Zügen, die die vollständige Realität eines Faktums charakterisieren, und ohne die jedes Faktum den Charakter einer Abstraktion annehmen müsste. Die Wissenschaft dagegen abstrahiert und begnügt sich damit, das Faktum nicht in seiner Vollständigkeit, sondern nur im Hinblick auf gewisse wesentliche Aspekte zu verstehen. Die Wissenschaft und die Philosophie kritisieren sich wechselseitig, und die eine regt immer das Vorstellungsvermögen der anderen an. Philosophische Systeme haben die Aufgabe, die konkreten Fakten zu erleuchten, von denen die Einzelwissenschaften 65 abstrahieren. Und die Einzelwissenschaften sollten ihre Prinzipien in den konkreten Fakten finden, die das philosophische System ihnen präsentiert. Die Geschichte des Denkens ist die Geschichte der Fehlschläge und Erfolge dieses gemeinsamen Unternehmens“(S. 286). Etwas später lesen wir: „Die griechische Auffassung vom gegliederten Zusammenhang der Harmonie ist durch den Fortschritt des Denkens gerechtfertigt worden. Aber die lebhafte Vorstellungskraft der Griechen neigte auch dazu, jeden Faktor des Universums mit einer ganz eigenständigen Individualität auszustatten, wie sie sich z. B. in dem selbstgenügsamen Reich der Ideen beobachten lässt, das in Platons frühem Denken dominierte und hin und wieder auch in seinen späteren Dialogen noch durchschlägt. Man kann den Griechen aus dieser exzessiven Individualisierung keinen Vorwurf machen. Denn schließlich baut ja unser ganzes Sprechen auf dem gleichen Irrtum auf. Wir sprechen habituell von Steinen, Planeten und von Tieren, ganz so, als ob es möglich wäre, dass ein individuelles Ding auch nur einen Augenblick lang losgelöst von seiner Umwelt existieren könnte, die in Wahrheit doch ein notwendiger Bestandteil seines eigenen Wesens ist. 66 Diese Weise des Abstrahierens ist einfach eine Denknotwendigkeit, bei der die entsprechende systematisch geordnete Umwelt stillschweigend vorausgesetzt und in den Hintergrund verdrängt wird. Das ist eine Feststellung, der man nicht widersprechen kann“(S. 297). „Die Newtonsche Physik“, so schreibt Whitehead einige Seiten danach, „beruht auf der Vorstellung, dass jedes Stück Materie eine vollkommen unabhängige Individualität besitzt: jeder Stein müsste sich danach absolut vollständig beschreiben lassen, ohne dass man auf irgendeinen anderen materiellen Körper einzugehen brauchte. Es wäre denkbar, dass er sich - gleichsam als der einzige Bewohner des Universums – allein in einem überall gleichförmigen Raum befände und immer noch der gleiche Stein wäre, der er jetzt ist. Und es wäre auch nicht nötig, bei seiner Beschreibung auf seine Vergangenheit oder Zukunft einzugehen: er lässt sich immer jetzt, in diesem Augenblick, vollkommen adäquat begreifen. Das ist die konsequente Newtonsche Grundvorstellung, die im Lauf der Entwicklung der modernen Physik Stück für Stück verschwand und preisgegeben wurde. Sie beruht ganz und gar auf der Annahme der ‚eindeutigen Lokalisierbarkeit‘ (simple 67 location) und der ‚Äußerlichkeit‘ aller Beziehungen zwischen Körpern ( external relations), wobei es allerdings im letzteren Punkt zu einigen Meinungsverschiedenheiten kam. Newton neigte dazu, diese Beziehungen als Druck und Stoß zwischen sich berührenden Körpern aufzufassen; seine unmittelbaren Nachfolger – so z.B. Roger Cotes – fügten dem noch den Begriff der Fernwirkung hinzu. In beiden Fällen aber blieb das, was vorlag, ein rein in der Gegenwart aufgehendes Faktum, nämlich das Bestehen einer äußerlichen Beziehung zwischen Körpern, die sich entweder berührten oder voneinander entfernt waren. Die gegenteilige Auffassung, nach der Beziehungen ‚intern‘ beziehungsweise wesenszugehörig sind, ist in ihrer Darstellung meist durch eine Sprache verzerrt worden, die die Äußerlichkeit der Beziehungen im Sinne Newtons als Voraussetzung enthält. Den meisten Vertretern dieser Auffassung, selbst F.H. Bradley, ist es so gegangen. Man muss sich hier darüber klar werden, dass nicht nur Beziehungen die durch sie zueinander in Beziehung gesetzten Dinge modifizieren, sondern dass auch das Umgekehrte gilt und die Dinge das Wesen der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen modifizieren. Eine Beziehung ist nichts Abstrakt – Universales, sondern genauso konkret wie die 68 Dinge, zwischen denen sie besteht. Das ist eine Wahrheit, die z.B. durch den Gedanken, dass die Ursache der Wirkung immanent bleibt, illustriert wird. Wir werden ein Verständnis der Natur finden müssen, in dem diese konkrete Verbundenheit physischer und geistiger Funktionen ihren Ausdruck findet, ebenso wie die Verbundenheit zwischen Vergangenheit und Gegenwart und der konkrete Zusammenhang unter physischen Realitäten, die für sich betrachtet individuell verschieden sind. Die moderne Physik hat den Standpunkt der eindeutigen Lokalisierbarkeit aufgegeben. Die physischen Dinge, die wir als Sterne, Planeten, Felsbrocken, Moleküle, Elektronen, Protonen und Energiequanten bezeichnen, muss man sich als Modifikationen eines Feldes vorstellen, das sich über die Gesamtheit von Raum und Zeit erstreckt. Diese Modifikation ist in einem bestimmten Bereich besonders intensiv, und das ist nach normalem Sprachgebrauch der Ort, wo sich der fragliche Gegenstand befindet. Aber sie bereitet sich von dort – mit endlicher Geschwindigkeit – bis in die entferntesten Raum – Zeitbereiche aus. Es ist selbstverständlich ganz natürlich und für gewisse Zwecke auch vollkommen angemessen, wenn man 69 diesen Zentralbereich der Erregung als das Ding selbst anspricht, das sich dort befindet. Aber man kommt in Schwierigkeiten, wenn man diese Denkweise zu lange durchhält. Denn in der Physik ist das Ding mit dem identisch, was es tut, und was es tut, ist eben genau diese Ausbreitung eines Erregungsvorgangs. Und man kann den Zentralbereich auch nicht von den entfernteren Bereichen der Erregungsausbreitung trennen. Das Ding widersetzt sich hartnäckig dem Versuch, es als ein rein gegenwärtiges Faktum aufzufassen“(S. 301 – 303). Die folgenden Zitate sind dem Kapitel ‚Zur philosophischen Methode‘ entnommen: „Unbestreitbar ist in der Philosophie der Einfluss der früheren Literatur viel größer als in allen anderen Wissenschaften, und mit Recht. Aber die Ansicht, dass sich in ihr ein technisches Vokabular herausgebildet hätte, das für alle Zwecke und für alle vorkommenden Bedeutungsnuancen hinreichend wäre, ist vollkommen unbegründet. Tatsächlich ist die philosophische Literatur ja so ungeheuer umfangreich und die Vielzahl der philosophischen Schulen so groß, dass sich überall eine Fülle von Belegen für die – höchst verständliche und endschuldbare – Unkenntnis irgendeines bestimmten Sprachgebrauchs finden lässt“(S. 406 – 407). 70 Whitehead schreibt einige Seiten später: „Diese Bezeichnungsweisen sind so gewählt worden, um der Bedingung Genüge zu tun, dass die Sprechweise einer sich entwickelnden Theorie nach Möglichkeit zwanglos aus der Sprechweise der großen Meister hervorwachsen sollte, die ihre Grundlagen gelegt haben. Der Sprachgebrauch, der zu einer bestimmten Zeit in bestimmten philosophischen Schulen herrscht, bildet immer nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Gesamtvokabular der philosophischen Tradition“. (…) „Mit Hilfe der gerade gängigen Sprechweisen kann man immer nur die Lehrmeinungen der gerade herrschenden Schule und ihrer anerkannten Varianten zum Ausdruck bringen“. Und die Forderung, dass eine andere Lehrmeinung, die in anderen Teilen der Tradition wurzelt, sich ebenfalls auf diese Sprachauswahl beschränken müsste, läuft auf nichts anderes hinaus als auf den dogmatischen Anspruch, dass gewisse Vorannahmen niemals revidiert werden dürften. Dann sind nur die Lehrmeinungen zulässig, die sich mit Hilfe des geheiligten Vokabulars zum Ausdruck bringen lassen. Was man vernünftigerweise fordern darf ist, dass jede Lehrmeinung sich in ihren Sprechweisen auf die eigene Tradition gründen sollte. Und wenn in dieser Beziehung Vorsorge getroffen worden ist, 71 kann man in der lauten Entrüstung über eingeführte Neologismen nicht mehr sehen als ein Maß für den unbewussten Dogmatismus des Entrüsteten“ (415). Die Methoden der Philosophie. Immer wieder kommt Whitehead auf die Rolle zu sprechen, die der Philosophie und ihren Methoden zukommen. Er schreibt: „Das Hauptverfahren der Philosophie im Umgang mit ihren Gegebenheiten ist die Methode der beschreibenden Verallgemeinerung“(S. 416). Auf diese Methode der beschreibenden Verallgemeinerung ist Whitehead immer wieder zurückgekommen. So schreibt er beispielsweise in seinem Werk Prozess und Realität: „Die wichtigste Methode der Mathematik ist Deduktion; die der Philosophie ist deskriptive Verallgemeinerung“ ( Zitiert in: Christoph Kann, op. cit., S.144). Auch für die Metaphysik macht Whitehead in Prozess und Realität Verallgemeinerungen geltend: „Metaphysische Kategorien sind nicht dogmatische Feststellungen des Offensichtlichen, sie sind vorläufige Formulierungen der allgemeinen Prinzipien“(Zitiert in: Christoph Kann: op. cit. S. 145). Für die Forschungsmethode spielt die Verallgemeinerung auch eine Rolle. Die wahre Forschungsmethode „geht aus von der 72 Grundlage einzelner Beobachtungen, wodurch Anwendbarkeit gewährleistet werden soll. In einem zweiten Schritt hebt die Methode von diesem Ausgangspunkt ab, ‚schwebt durch die dünne Luft phantasievoller Verallgemeinerung und versenkt sich dann wieder in neue Beobachtungen, die durch rationale Interpretation geschärft sind‘“(Christoph Kann, op. cit. S. 110). Das Allgemeine. Später lesen wir bei Whitehead über das Allgemeine: „Schon das erste undeutliche Aufdämmern eines großen Prinzips pflegt von einer ungeheuren emotionalen Kraftentfaltung begleitet zu sein. Die turbulente Fülle der einzelnen Handlungen, die aus solchen komplexen, einen Kern tiefer Intuition umgebenden Gefühlen entspringen, fällt in primitiven Zeiten oft abstoßend und bestialisch aus. Schließlich aber bildet sich in der zivilisierten Sprache eine ganze Gruppe von Wörtern heraus, von denen jedes die allgemeine Idee in irgendeiner speziellen Form verkörpert. Wenn wir das Allgemeine erkennen wollen, das in diesen speziellen Ausprägungen enthalten ist, müssen wir die ganze Gruppe der entsprechenden Wörter einer vergleichenden Betrachtung unterziehen, in der Hoffnung, das ihnen gemeinsame Element zu entdecken. Das ist ein für die Zwecke der philosophischen 73 Verallgemeinerung unbedingt notwendiges Vorgehen; denn der voreilige Gebrauch irgendeines geläufigen Worts muss – infolge der mit seiner üblichen Konnotationen – unweigerlich dazu führen, dass wir den von uns angestrebten Grad von Allgemeinheit nicht erreichen“(S. 417). „Um also durch philosophische Verallgemeinerung – als Verallgemeinerung des Erlebnisakts zu verstehen – zum Begriff des fundamentalen, konkret Wirklichen (final actuality) zu gelangen, bedarf es einer scheinbaren Redundanz von Ausdrucksformen: und zwar weil wir darauf angewiesen sind, dass die jeweils verwendeten Wörter sich wechselseitig korrigieren. Wir brauchen die Ausdrücke ‚zusammen‘, ‚das immanent Schöpferische‘, ‚die Konkreszenz‘, ‚das Erfassen‘, ‚das Fühlen‘, ‚die subjektive Form‘, ‚die Gegebenheiten‘, ‚Wirklichkeit‘, ‚Werden‘ und ‚Prozess‘ (S. 419). 74 6. Anhang II Christian Thomas Kohl Denken und Sehen: Ein Zusammenspiel 1. „Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen“. Ist eine solche Bemerkung im 21, Jahrhundert noch denkbar, ist darin noch irgendeine Erkenntnis enthalten, widersprechen nicht alle Philosophien und Wissenschaften einer solchen naiven Aussage? Welche Philosophie oder Wissenschaft interessiert sich heute noch für das Sehen? Max Planck hatte 1941 in einem Vortrag in Berlin bemerkt, dass vom Sehen, Hören, Tasten im wissenschaftlichen Weltbild nicht die Rede sei. [1] Der Aristotelesforscher Ingemar Düring sagte uns im Jahre 1966: Nach einer Meinung die schon Aristoteles mit fast allen Philosophiekollegen teilte, sei das philosophische Denken die höchste menschliche Aktivität und der oberste Wert [2]. Wer wollte dem widersprechen? Denkweisen, besonders philosophische und wissenschaftliche Denkweisen, können nicht vom Sehen infrage gestellt werden. Auch die Väter des modernen wissenschaftlichen Denkens, Kopernikus, Kepler, Galilei, Descartes und Newton haben seit dem Jahre 1500 75 Aristoteles nicht widersprochen, jedenfalls nicht in der Frage des Denkens. Sie haben das wissenschaftliche, abstrakte Denken noch einmal eine Stufe höher gehoben. Sie haben es in eine mathematische Form gegossen. Galilei sprach für ein ganzes wissenschaftliches Zeitalter, als er sagte, das Buch der Natur sei in der Sprache der Mathematik geschrieben. Mathematische Formeln und geometrische Formen, Naturgesetze, all das konnte niemand sehen. Mit dem Sehen konnte man nicht die Fallgesetze bestätigen oder widerlegen. Mit den Augen konnte man nur die Sonne täglich aufgehen sehen. Man konnte nicht sehen, dass sich die Erde um ihre eigene Achse dreht. Aber man konnte so etwas denken und mathematisch berechnen. Dementsprechend ist der Satz von René Descartes wahrscheinlich der bekannteste Satz der Philosophie und Wissenschaft der modernen Welt: Ich denke, darum bin ich. Denken ist wichtig, meinte René Descartes, das Sehen und die anderen Formen der Wahrnehmung spielen beim Verstehen der Welt keine Rolle. 2. Und eine zweite Selbstverständlichkeit wurde von nun an behauptet: Denken und Sehen sind zwei getrennte Dinge, sie haben nichts mit einander zu tun. Die Wahrnehmung und die 76 wahrgenommen Dinge wurden seit dem 16. Jahrhundert abgewertet. Das Sehen und die gesehenen Natur, farbige Vögel und bunte Landschaften, sich immer wieder neu bildende Wasserwellen, helle und dunkle Gegenstände im Licht, diese unendliche Vielfalt der konkreten Bilder, die wir mit unseren Augen sehen, sie wurden abgewertet. Sie sollten eine geringere Bedeutung und Wirklichkeit haben, die mehr den Bereichen der Träume, Visionen, Fiktionen, Illusionen und Phantasien, zugeordnet wurden. Bis heute nennen wir solche inneren Dinge Phänomene. Das war nur ein anderes Wort für Erscheinungen. Ganze Philosophien und Wissenschaften wurden nach diesem schillernden Begriff genannt: Phänomenologie. Von nun an wurden die Menschen in eine Welt der Erscheinungen versetzt. Die konkrete Welt, in der wir leben, hieß nun Erscheinung und die konkreten Dinge dieser Welt wurden nur noch als subjektive, abstrakte Phänomene zur Kenntnis genommen. Es war keine Welt für Menschen, die sich auf das Sehen verlassen hatten. Viele wissenschaftliche Denkweisen versuchten uns nun eines Besseren zu belehren. Man braucht nur ein beliebiges Physikbuch über Farben aufzuschlagen, um zu erfahren, dass die Welt farblos sein soll. Farben, so behauptete schon Isaac 77 Newton, gibt es nicht in dieser Welt. Farben gibt es nur in unserem Bewusstsein (‚in our minds’, wie Newton es formulierte). Farben, so belehrte uns Isaac Newton, sind nur die Dispositionen von Dingen, bestimmte Lichtstrahlen zu reflektieren [3]. Farben, so belehrte uns Newton, gibt es nur im menschlichen Wahrnehmungsapparat, im Bewusstsein. Wo dieser Ort genau liegen soll ist keine ausgemachte Sache, jedenfalls nicht da draußen, in der Natur. Das Sehen spielt keine Rolle mehr beim philosophischen oder wissenschaftlichen Erkennen der Welt. Es war vollkommen getrennt vom begrifflichen Denken. Es konnte dem Denken nicht mehr in die Quere kommen, wenn es darum ging, die Welt zu erkennen und zu verstehen. Das Sehen hatte in den physikalischen Wissenschaften und in den verschiedensten Spielarten der Phänomenologie abgewirtschaftet. 3. Allerdings wagten in Europa einige Seher und Querdenker zu widersprechen. Sie widersprachen beiden grundlegenden Annahmen europäischer Philosophien und Wissenschaften, die das Denken und die die dualistische Trennung von Sehen und Denken betrafen. Ohne Vollständigkeitsanspruch möchte ich 78 einige Hinweise auf solche Querdenker geben. Der erste europäische Physiker, der das Sehen wieder aufwertete, war meines Erachten der Physiker Michael Faraday. Sein Kollege, der berühmte mathematische Physiker James Clerk Maxwell schreibt über Faraday in der Einleitung seines Werkes 'Treatise on Electricity and Magnetism' im Jahre 1873: « Faraday sah beispielsweise vor seinem geistigen Auge Kraftlinien, die den gesamten Raum durchdringen, wo Mathematiker Kraftzentren sahen, die sich über eine Entfernung hinweg anziehen; er gewahrte ein Medium, wo jene nichts anderes als Distanz sahen « [4]. 4. Auch über den Philosophen Ludwig Wittgenstein haben wir Hinweise, die von dem Philosophen Ray Monk im Sommer 2012 stammen, nach denen es Ludwig Wittgenstein mehr um das Sehen, als um das Denken ging. Er dachte offenbar in Bildern [5]. 5. Der Philosoph Hans Blumenberg hat sein Leben einem Gebiet gewidmet, das man vielleicht einen Zwischenbereich zwischen dem Sehen und dem philosophischen Denken in abstrakten 79 Begriffen nennen könnte : Es ist das Denken in Metaphern oder sollten wir sagen, das Sehen von Metaphern ? [6] 6. Der Gehirnforscher und Neurobiologe Semir M. Zeki ist nach intensiven Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass Sehen sich nicht vom Verstehen trennen lässt. Er widerspricht nachdrücklich der dualistischen Konzeption Immanuel Kants, nach der Wahrnehmen und Verstehen zwei grundverschiedene Fähigkeiten seien [7]. 7. Mit anderen Methoden als mit den Methoden der Neurobiologie ist Irvin Rock in seinen psychologischen Studien über die Wahrnehmung zu ganz ähnlichen Ergebnissen gekommen, wenn er am Ende seiner vielfältigen Untersuchungen schreibt : « Trotz der Autonomie der Wahrnehmung gegenüber dem Bewußtsein würde ich sie als intelligent betrachten : Intelligent drückt dabei Fähigkeiten aus, wie sie in ähnlicher Form für Denkprozesse typisch sind : Beschreibung, Schluss und Problemlösung » [8]. 8. Als ein letztes Beispiel für die Aufwertung des Sehens möchte ich einen bedeutenden Maler zu Wort kommen lassen : 80 Cy Twombly (1928-2011) : ‘The image cannot be dispossessed of a primordial freshness which ideas can never claim’. ‚Dem Bild kann eine ursprüngliche Frische nicht genommen werden, die Ideen niemals für sich beanspruchen können’. [9] Anmerkungen zum Anhang II [1] Vgl. Max Planck. Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft. München 1971, S.22 [2]. Ingemar Düring, Aristoteles, Heidelberg 1966, S. 220. [3]. Isaac Newton, Optics., zitiert in: Edwin Arthur Burtt, The Metaphysical Foundations of Modern Physical Science, Kegan Paul, London 1925, p. 233. Newton schreibt: “so colours in the object are nothing but a disposition to reflect this or that sort of rays more copiously than the rest“. [4] James Clerk Maxwell, Treatise on Electricity and Magnetism zitiert in: Giulio Pruzzi: Maxwell: Der Begründer der Elektrodynamik, Spektrum der Wissenschaft, 2/2000, Heidelberg 2000, Seite 48 [5] Vgl.Ray Monk : http://www.newstatesman.com/culture/artand-design/2012/08/ludwig-wittgenstein%E2%80%99spassion-looking-not-thinking 81 [6] Vgl. Hans Blumenberg, Quellen, Ströme, Eisberge, Herausgegeben von Ulrich von Bülow und Doris Krusche, Suhrkamp Verlag Berlin 2012. Blumenberg schreibt in seinem Nachlass, Seite 258 :« Die Metapher erfrischt den Verstand ; aber sie bedarf auch der Auffrischung durch den Verstand ». [7] Semir M. Zeki. Das geistige Abbild der Welt. In : Gehirn und Bewußtsein. Mit einer Einführung von Wolf Singer. Spektrum. Akademischer Verlag. Heidelberg 1994, S. 332 [8] Irvin Rock. Wahrnehmung. Vom visuellen Reiz zum Sehen und Erkennen. Spektrum. Akademischer Verlag. Heidelberg 1998, S. 198 [9] Hier die ursprüngliche Formulierung des Satzes von Cy Twombly, er ist von John Crowe Ransom (1888-1974) http://quotes.dictionary.com/the_image_cannot_be_disposses sed_of_a_primordial http://www.full-stop.net/wpcontent/uploads/2011/07/twombly6.jpg 82 Cy Twombly 83 7. Anmerkungen (1) Elmar Holenstein, Philosophie-Atlas: Orte und Wege des Denkens. Amman Verlag, Zürich 2004, S. 19 (2) Vgl. Paolo Zellini, Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit. Verlag C.H. Beck. München 2010, S. 71 (3) Nagarjuna: Die Philosophie der Leere: Nagarjunas Mulamadhyamaka-karikas. Übersetzung des buddhistischen Basistextes mit kommentierenden Einführungen / Bernhard Weber-Brosamer, Dieter M. Back. Wiesbaden Harrassowitz 1997 [ MMK ] (4) A.N. Whitehead, Abenteuer der Ideen. Suhrkamp Verlag AG, 2000 84 8. Literaturauswahl a) Vorsokratiker Geoffrey S. Kirk, Die vorsokratischen Philosophen: Einführung, Texte und Kommentare von Geoffrey S. Kirk, John E. Raven und Malkom Schonfield, Stuttgart 1994 Hans-Georg Gadamer, Der Anfang der Philosophie, Stuttgart 1996 Hans-Georg Gadamer, Der Anfang des Wissens, Stuttgart 1999 b) Platon Hans-Georg Gadamer, Wege zu Plato, Stuttgart 2001 Carl Friedrich von Weizsäcker, Ein Blick auf Platon, Stuttgart 1988 c) Aristoteles Ingemar Düring, Aristoteles, Heidelberg 1966 d) Geschichte der Metaphysik Heinrich Schmidinger, Metaphysik. Ein Grundkurs, Stuttgart, Berlin Köln 2000 e) Klassische Mechanik Edwin Arthur Burtt, The Metaphysical Foundations of Modern physical Science, London 1925 Stephen Shapin, Die wissenschaftliche Revolution, Frankfurt am Main 1998 85 K. Simonyi, Kulturgeschichte der Physik, Leipzig/Jena/Berlin 1980 Alexandre Koyré, Galilei, Berlin 1988 f) Philosophie Clément Rosset, Le réel et son double. Essai sur l'illusion, Gallimard 1984 A.N. Whitehead. Wissenschaft und moderne Welt. Suhrkamp Frankfurt 1988 A.N. Whitehead, Abenteuer der Ideen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1971 A. N. Whitehead, Denkweisen, Suhrkampverlag, Frankfurt 2001 Christoph Kann, Fußnoten zu Platon, Philosophiegeschichte bei A.N. Whitehead, Hamburg 2001 g) Nagarjuna Nagarjuna, Die Philosophie der Leere, Nagarjunas Mulamadhyamaka-Karikas, Bernhard Weber-Brosamer/Dieter M. Back [Hg.], Wiesbaden 1997 Etienne Lamotte, Traité de la Grande Vertue de Sagesse de Nagarjuna, Mahaprajnaparamita-sastra, Tome I-V, Louvain 1944 ff. h) Etwas ausführlichere Literaturangaben in: Christian Thomas Kohl, Buddhismus und Quantenphysik: Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit, Windpferdverlag, Oberstdorf 2013 86 9.Kurzbiographie. Christian Thomas Kohl, 1945 geboren, hat in Berlin und Paris Politikwissenschaft, Geschichte der Philosophie und Geschichte der Physik studiert, seine Schwerpunkte sind die Geschichte der Quantenphysik aber auch die Geschichte des frühen Buddhismus. Seit 1975 ist sein Schwerpunkt Asien. Zunächst hat er indonesische Musik bei Gutama Soegijo in Berlin studiert, dann widmete er sich Konzertveranstaltungen mit asiatischer Musik in Freiburg und seit 1985 bemüht er sich darum, asiatische Denkweisen mit denen der Quantenphysik zu vereinen. Seit 1990 Oberstufenlehrer für das Fach Geschichte an Rudolf Steiner Schulen in der Schweiz und in Deutschland. Seit 2010 nimmt er als invited speaker an internationalen Konferenzen an den Universitäten von Bangkok, Honkong und Guntur, Südindien, zum Thema 'Buddhismus und Wissenschaften' teil. Buchveröffentlichung: 1. Christian Thomas Kohl. Buddhismus und Quantenphysik. Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit. Windpferdverlag 2013 87 2. Christian Thomas Kohl. Nagarjuna and Quantum Physics. Akademikerverlag Saarbrücken 2012 3. Christian Thomas Kohl. Denkweisen aus Asien und Europa. Akademikerverlag Saarbrücken 2012 Email: [email protected] Homepage: http://ctkohl.googlepages.com 88 89 Januar 2015. Guntur. Acharya Nagarjuna University. A UGC sponsored International seminar on Understanding the Contemporaneity of Acharya Nagarjuna’s Philosophy in the Global Context was organized by Center for Mahayana Buddhist Studies on 28-30, January 2015 in the University. The Chief Guest was Prof. Christian Thomas Kohl, Dept. of Education, University of Freiburg, Germany. Vice-Chancellor Prof. K.V. Rao presided over the Inaugural. The Rector, the Registrar, the Principal of College of Arts, Commerce and Law also spoke on the occasion. Participants from the United States of America, Germany, South Korea, and Srilanka participated in the Conference. Dr. L. Udaya Kumar was the Conference Director. Faculty members of the Department, research scholars, and students also participated. 89