Ausstellung Jae-Eun Jung, Braunschweig Herzlich Willkommen zu der Ausstellung „Umgebung“ der koreanischen Künstlerin JaeUn Jung aus Braunschweig. Sie gehört zu den vielen Persönlichkeiten, die sich aus dem für uns Europäer fernen Korea aufgemacht haben, die Kultur Mitteleuropas aus eigener Erfahrung kennenzulernen. Neugier auf die scheinbar fortschrittlichen Entwicklungen in Europas Kulturen, werden hierbei vielmals adaptiert. Die Künstlerin, 1971 in Seoul, Süd-Korea geboren, studierte an der dortigen Kunsthochschule von 1991 – 1995 und schloss mit dem Bachelor Degree ab. Danach verließ sie ihre Heimat und kam nach Europa. Sie ließ sich ein auf die hier herrschende fremde Kultur, die fremde und für sie nicht einfache deutsche Sprache, das fremde Klima und die hier herrschenden Umgangsformen. Zunächst lebte sie in Münster und wechselte dann nach Braunschweig wo sie 1999 ihr Studium an der Hochschule für Bildende Künste aufnahm und 2003 mit ihrem Diplom in Freie Kunst abschloss. Daran anschließend war sie 2004 Meisterschülerin bei Professor Norbert Tadeusz. Und wenn meine Information richtig ist, wird sie und ihr Mann bald ihr Zuhause hier in Lippstadt haben. Seither beteiligte sich JaeUn an verschiedene Gruppenausstellungen und gestaltete in den letzten Jahren auch Einzelausstellungen, so auch zuletzt im KunstHaus am Schüberg in Ammersbeck, nahe Hamburg. Und jetzt, zu Beginn dieses Jahres, ist sie nun hier bei uns im Kunstturm. Liebe Frau Jung, wir freuen uns über Ihr Dasein und Ihre mitgebrachten Kunstwerke, die in den knapp 4 Wochen hier bei uns im Turm für alle Interessierte zu sehen sein werden. Das Thema der Ausstellung heißt wie schon Eingangs gesagt: „Umgebung“. Ich möchte den Faden der an anderer Stelle aus Anlass einer Ausstellung mit ihren Bildern gesponnen wurde nicht aufgreifen und die Kunst JaeUns in direkter Linie zur Choson-Hofkultur sehen. Die Künstlerin ist, nur weil ihre menschenleeren Darstellungen dies vermuten möchten, meines Erachtens hiervon weit entfernt und ihre Arbeiten sind im heute und jetzt, einer modernen Bildsprache verankert. Vielmehr steht ihre Umgebung als Synonym für >Umfeld<, für >Milieu<, für die Darstellung der natürlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse unserer heutigen Gesellschaft. Sie selbst sagt über ihre Arbeiten: „Ich beobachte meinen Lebensraum, sei es nun die Nachbarschaft, Verwandtschaft oder der Freundeskreis.“ Wo aber ist die Nachbarschaft, Verwandtschaft oder der Freundeskreis? Wir finden keine Darstellung von Personen in ihren Bildern, aber wir finden ihre Spuren, die auf die Anwesenheit hindeuten, wenngleich dem Fokus des Betrachters der Bilder, entrückt. JaeUns Bildsprache lässt uns teilhaben an den profanen Dingen die uns umgeben, sie erlauben uns Rückschlüsse auf die nicht anwesende Person, wie auch auf das soziale Umfeld. Die Künstlerin kreist ihr Thema und ihre Objekte ein, um sie schließlich im Zentrum der Aufmerksamkeit zu präsentieren, einzelne Gegenstände erhalten hierbei formatfüllende Präsenz. Weiterhin sagt die Künstlerin: „Ich male Räume und die Gegenstände, die ich im Alltag sehe. Jeder Raum hat seine eigene Atmosphäre und durch die Gegenstände, die zu sehen sind, wird der Mensch gegenwärtig.“ In der Tat: die Anordnung von Gegenständen, seien es nun Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, wie das Trinkglas, der Teller, das Besteck, Stühle, Sessel, Bett etc. suggerieren dem Betrachter der Bilder, dass gerade eben noch jemand zugegen war oder aber jeden Moment wieder erscheinen wird. Oder aber sind wir es selbst, „ist der Betrachter im Bild“, nicht sichtbar mit Hilfe einer Stellvertreterfigur sondern real, im Sinne eines Spiegels wird hier die Beziehung zwischen gemaltem Objekt und Betrachter neu definiert, wie es Dr. Martin H. Schmidt, anlässlich einer Ausstellung mit Arbeiten von JaeUn formulierte. Die Künstlerin möchte mit ihrer Malerei, ihren Darstellungen, uns, den Betrachter, über den Sinn unseres eigenen Lebens zum Nachdenken bringen. In vielen Bildern fällt ihre „verschleierte“ Farbigkeit auf, sie erwecken den Eindruck einer gewissen Melancholie, einer Melancholie die auf unsere älter werdenden Gesellschaft, immer wieder umschrieben mit demografischer Wandel, aufmerksam machen will. Bilder wie „Wasser und Einkaufsroller“ oder „Weihnachtsbaum“ verweisen auf Alter und Einsamkeit. Auch die akribisch dargestellten Tapeten und Teppiche sind der älteren Generation geschuldet, wohl kaum der Jüngeren. JaeUns Bildaussage zielt oft auf Einsamkeit, Alleinsein. Maximal ein Gedeck auf dem Tisch lassen keinen anderen Rückschluss zu. Bei aller vorzufindenden „Trostlosigkeit“ in manchen ihrer Bilder, platziert sie oft ein Glas Wasser. Für JaeUn ein positives Symbol: Wasser steht für das Leben, wie sie selber sagt. Einen weiteren Aspekt finden wir in dem Bild, dass auch auf ihrer Einladungskarte war. „Abendessen“. Scheinbar in einer Lokalität. Was fällt auf, jeweils eine Person an einem Tisch mit vier Stühlen. Typisch für uns Mitteleuropäer? Jedenfalls können wir dies Verhalten durchaus feststellen, wenn wir einmal selbst ausgehen um in einem Lokal zu speisen oder auch nur etwas zu trinken. Nun, die Südeuropäer sind da einwenig anders gestrickt. Dies soll keine Kritik von mir an unser aller Verhalten sein, nein, das Bild zeigt uns die Beobachtung durch eine Künstlerin, die genau hinsieht und registriert, eine offensichtliche Abkapselung oder Abwendung zwischenmenschlicher Kontaktnahme. Um dies so klar sichtbar zu machen, muss es wohl einer Künstlerin bedürfen, die aus dem fernen Korea zu uns gekommen ist. Liebe Gäste, lassen sie uns nun gleich sehen und durch die Künstlerin für uns entdecken, was unser Leben noch bereit hält. Danke für ihre Aufmerksamkeit. Ralf Saadhoff, Vorsitzender von KIT