Privatdozentin Dr. Birgit Weitemeyer, Dresden Die Limited als Rechtsformalternative zur GmbH I. Einleitung Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in vielen Ländern der Welt übernommen worden ist1, steht in Deutschland auf dem Prüfstand. Die Bundesregierung arbeitet an einer GmbH-Reform2. Ein Grund hierfür ist die durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit der Artt. 43, 48 EGV3 eröffnete Konkurrenz durch die englische „private company limited by shares“ (Limited), die eine Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftskapital ohne ein Mindeststammkapital ermöglicht4. Damit stellt sich bei Unternehmensgründungen die Frage, ob und in welchen Fällen die Limited eine Rechtsformalternative zur deutschen GmbH sein kann. II. Die Gründung 1. Formalien a) Einer der Gründe für die Beliebtheit der Limited ist ihre unbürokratische Gründung. Die Anmeldung erfolgt nicht wie in Deutschland bei einem örtlich zuständigen Handelsregister, sondern bei einem zentralen Gesellschaftsregister, dem Companies House in Cardiff.5 b) Anders als nach § 2 I GmbHG bedarf die Gründung der Limited ebenso wie spätere Änderungen der Satzung (§ 53 GmbHG) nicht der notariellen Form. Die notwendigen Erklärungen sind auf gesetzlich vorgeschriebenen Formularen (Forms), die seit 2001 auch per Internet erhältlich sind sowie elektronisch ausgefüllt und übermittelt werden können, dem Companies House mitzuteilen. Einzureichen sind (s. 10 CA 1985): - Die Satzungsbestimmungen mit Außenwirkung, das Memorandum of Association, ist schriftlich abzufassen und von einem Zeugen zu unterschreiben (Mustersatzung in Table B). - Die Bestimmungen des Innenverhältnisses, die Articles of Association, können an eine gesetzliche Mustersatzung angelehnt werden (Table A). Sie sind nur einzureichen, wenn sie vom gesetzlichen Muster abweichen. Da sich der Mustervertrag in Table A aber In Russland etwa noch 1998: Föderales Gesetz Nr. 14 „Ob obščestvach s ograničennoj otvetstvennost`ju“ – OOO (Das Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) v. 8.2.1998, Sobranie Zakonodatel´stva Rossijskoj Federazii 1998, Nr. 7, deutsche Übersetzung in WiRo 1998, 252 ff. 2 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 29.5.2006, abrufbar auf der Homepage des BMJ. 3 EuGH, NZG 1999, 298 – Centros; NZG 2002, 1164 – Überseering; NZG 2003, 1064 – Inspire Art. 4 Verlässliche Zahlen zur Verbreitung der Limited in Deutschland sind nicht erhältlich, weil keine Aussage über die Erfüllung der Anmeldepflicht als Zweigniederlassung in das Handelsregister möglich ist, vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion v. 16.12.2005, BT-Drucks. 16/283, S. 2: ca. 400 Gewerbeanmeldungen monatl. bis August 2005. In den Jahren 2003 bis 2005 sollen ca. 30.000 neue Limiteds hinzugekommen sein, im Verhältnis zu GmbH-Neugründungen von 5,5 zu 1 (Limited), also ca. 20 %, vgl. Westhoff, GmbHR 2006, 525. 5 Mit einer Außenstelle in London, die für die englischen und walisischen Gesellschaften zuständig ist, in Edinburgh für die schottischen. 1 ändern kann, ist es empfehlenswert, den Gesellschaftsvertrag in einem Text festzuhalten.6 Der englische Gesetzgeber plant, die Aufspaltung des Gesellschaftsvertrags aufzugeben und eine einheitliche constitution zu schaffen.7 In Deutschland gehen Reformvorschläge in die Richtung, Mustersatzungen für GmbH vorzuschlagen,8 die Beraterfirma Goahaed bietet dies etwas bereits für die deutsche GmbH an. - Form 10 mit Angaben zur Gesellschaft, zu directors und secretary - Form 12 mit einer eidestattlichen Versicherung, dass eine limited nach den Vorschriften des CA 1985 gegründet werden soll und die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten worden sind. Eidesbeamte können alle englischen solicitors und barristers und notaries sein. Kosten 5 GBP (7,5 €). - Registrierungs-Gebühr in Form eines Schecks in Höhe von 20 £ (30 €). c) Es erfolgt eine formale Prüfung, ob der Name der Gesellschaft und der Satzungszweck zulässig sind. Nach der Prüfung sendet das Companies House eine Gründungsbescheinigung zu (certificate of incorporation). Mit dem dort bescheinigten Gründungsdatum ist die Gesellschaft rechtlich selbständig. Eine Vorgesellschaft und die Haftung für eine Unterbilanz im Stadium der Vorgesellschaft kennt das englische Recht daher nicht.9 Vorher abgeschlossene Verträge werden als Rechtsgeschäfte der Gründer angesehen.10 Gleichwohl greifen viele britische Unternehmer bei der Neugründung auf einen Mantelkauf zurück (Buying off the shelf), hierbei besteht aber natürlich das Risiko der Haftung für eventuell bestehende Verbindlichkeiten. d) Die Limited hat in England ein registered office zu unterhalten. Dies ist mehr als ein bloßer Briefkasten oder ein Postfach, muss aber nicht der eigentliche Geschäftssitz sein. Es handelt sich vielmehr um einen offiziellen Zustellungs- und Aufbewahrungsort.11 Hierzu bietet sich ein in England tätiger Rechtsanwalt oder Steuerberater an (solicitor, accountant). Dort müssen auch folgende Unterlagen aufbewahrt werden: - statutory registers oder staturory books: register of members (Gesellschafterregister), register of directors and secretaries (Geschäftsführer und Schriftführer), register of director´s interests in shares in debentures (Register der Beteiligungen der Geschäftsführer, ihre Ehepartner und Kinder), register of charges (Register der Vermögenslasten zulasten des Gesellschaftsvermögens); 6 Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005, § 4 Rn. 22. Mayson/French/Ryan, Company Law, 21. Ed., 2004 – 2005, S. 47. 8 Vgl. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2449. 9 Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 10 Rn. 12. 10 Michalsky, DStR 1991, 1660. 11 Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 1995, § 3 Rn. 616. 7 2 - Minute Book (Sammlung der Protokolle der Gesellschafter- und Direktorenversammlungen) - Accounts Documents (Buchhaltungsunterlagen und annual return) sind nicht aufzubewahren, wenn die ausschließliche Tätigkeit in Deutschland stattfindet. e) Erfordernisse in Deutschland: Zusätzlich hat die Limited in Deutschland beim Handelsregister gem. § 13e II 1 HGB die Eintragung als Zweigniederlassung zu beantragen.12 Die Vorschrift ist entsprechend auf ausländische Gesellschaften anzuwenden, da sie im Lichte der Niederlassungsfreiheit und der Zweigniederlassungsrichtlinie auszulegen ist.13 Tatsächlich ist zwar nur ein Bruchteil der Auslandsgesellschaften eingetragen14 und eine persönliche Haftung der für die Gesellschaft Handelnden nach § 11 II GmbHG analog wie bei fehlender Eintragung einer GmbH wird durch den BGH abgelehnt.15 Denn die Haftung für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten richte sich allein nach dem englischen Gesellschaftsrecht, das einen solchen Tatbestand nicht kennt. Aber bei der Entscheidung für oder gegen eine Rechtsform sollten die bestehende Rechtspflichten beachtet werden. Wird dem Handelsregister die fehlende Eintragung bekannt, kann es ein Zwangsgeld erheben. Für die HR-Eintragung sind folgende Unterlagen erforderlich:16 - öffentliche begl. Abschrift von beiden Teilen des Gesellschaftsvertrag nach § 13g II S. 1 HGB - beglaubigter Registerauszug des Companies House (certificate of incorporation) oder im Original als Nachweis des Bestehens der Gesellschaft nach § 13 e II S. 2 HGB, alternativ Bestätigung durch engl. Notar - unterschriebenen Gesellschaftsvertrag, wenn dieser nur elektronisch eingereicht worden ist, muss der Notar (notary public) beglaubigen, dass die Unterlagen mit den beim Companies House eingereichten identisch sind - Nachweis der Vertretungsverhältnisse gem. § 13g II S. 2 HGB, also Gesellschaftsvertrag oder Bestellungsbeschluss. Übt die Limited in Deutschland ein Gewerbe aus, hat sie dieses nach §§ 14, 55c GewO ebenso wie die GmbH in Deutschland anzumelden. Beim örtlich zuständigen FA ist eine BGH, NZG 2005, 508; Art. 3 Nr. 1 – 5, 7, 8 des Referentenentwurfs des MoMiG (o. Fn. 2) sieht die Klarstellung vor, dass auch allein im Inland tätige Auslandsgesellschaften eine Zweigniederlassung darstellen, Begr. S. 67 f. 13 OLG Hamm, GmbHR 2006, 1198. 14 Ca. nur 5.000 von 30.000, vgl. Leuering, ZRP 2006, 201, 204; Kornblum, GmbHR 2006, 28, 39. 15 BGH, NZG 2005, 508 16 Vgl. OLG Hamm, GmbHR 2006, 1198. Im Einzelnen ist vieles streitig, etwa ob übersetzte Unterlagen einzureichen sind, ob die Übersetzung durch einen öffentlich bestellten Übersetzer erfolgt sein muss und ob der Übersetzer von dem betreffenden Bundesamt bestellt worden sein muss. 12 3 Steuernummer, beim FA Hannover-Nord die Umsatzsteuernummer, die Umsatzsteueridentifikationsnummer bei FA Saarlouis zu beantragen. 2. Kosten a) Kosten der Gründung für die Limited - Eidestattliche Erklärung - Gebühr beim Companies House - Aufschlag für Gründung innerhalb 24 h - Kosten für Rechtsberatung etc. hinsichtlich englischen Gesellschaftsvertrags: Gesamkosten über gewerbliche Agenturen ca. 250 bis 400 €. b) Gründungskosten für die GmbH - Notar - Handelsregister - Rechtsberatung durch Anwalt: insgesamt ca. 1300 €, also ca. 1000 € mehr - Go ahaed bietet eine Standard-GmbH für ca. 700 € an c) Laufende Kosten für die Limited - Unterhaltung eines registered office in England - Jährliche Rechnungslegungsunterlagen sowie sonstige Reports erstellen und einreichen - Neben dem director, der auch der einzige Gesellschafter sein kann, muss ein secretary bestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Art Schrift- oder Protokollführer. Er darf nicht mit dem einzigen director identisch sein (s. 283 CA 1985). Es kann ein solicitor (RA) oder tax advisor (Steuerberater) oder chartered accountant (WP) diese Aufgabe wahrnehmen. Da mit der Übernahme dieser Aufgaben die Überwachung von Fristen verbunden ist, die das Companies House streng ahndet, sollte die Aufgabe eine mit dem englischen Recht versierte Person wahrnehmen. - Von gewerbliche Argenturen werden Kosten von ca. 300 € pro Jahr genannt. Also hat man die Mehrkosten für die GmbH von 1000 € in ca. 3 Jahren wieder heraus. Denn für die Limited ist auch eine Rechnungslegung nach den Vorschriften des HGB vorzunehmen, die von der englischen abweicht. Es handelt sich daher um echte Zusatzkosten. 3. Dauer der Eintragung 4 In England dauert die Gründung einer Limited nur wenige Tage (max. 5 Werktage), bei einer zusätzlichen Gebühr erhält man seine Gesellschaft innerhalb von 24 h. In Deutschland wird eine durchschnittliche Zeitdauer von 3017 oder 45 Tagen genannt.18 Es ist natürlich unfair, dies mit den Eintragungsfristen in Ruanda oder Nigeria zu vergleichen, 19 denn in Deutschland finden umfangreiche materielle Prüfungen zur Aufbringung des Stammkapitals, zur Bewertung von Sacheinlagen und von weiteren Gründungsvoraussetzungen statt. Zu begrüßen sind Maßnahmen zur Straffung des Eintragungsverfahrens. So können nach dem geplanten MoMiG gegebenenfalls erforderliche staatliche Genehmigungen für die Geschäftstätigkeit (§ 8 I Nr. 6 GmbHG) nach der Eintragung nachgereicht werden20. Die flächendeckende Einführung der elektronische Führung des Handelsregisters ab dem 1.1.2007 verspricht eine weitere Verkürzung das Eintragungsverfahren21. Für die Praxis ist nach einer aktuellen Untersuchung die kurze Eintragungsdauer entscheidend.22 In Deutschland greift man hierfür oft auf Vorratsgesellschaften zurück, die mit einem Aufschlag von ca. 10 % des Mindeststammkapitals von Rechtsanwälten angeboten werden. III. Anwendbares Recht und Gerichtsstand 1. Rechtsgrundlagen Der BGH hat sich nach den drei grundlegenden Entscheidungen des EuGH zu dieser Frage der Gründungstheorie angeschlossen und die früher allgemein praktizierte Sitztheorie zur Anwendung des internationalen Gesellschaftsrechts aufgegeben. Nach der Gründungstheorie bemisst sich das anzuwendende Gesellschaftsrecht nach dem Recht des Gründungsstaates, auch wenn die Gesellschaft später ausschließlich in einem anderen Staat tätig wird.23 Das für interne gesellschaftsrechtliche Vorgänge sowie für die Haftung der Gesellschafter und der Geschäftsführer anzuwendende Recht beruht daher auf dem englischen Recht. Das ist im wesentlichen der Companies Act 1985 (CA 1985), ergänzt um den Companies Act 1989 (CA 1989) sowie um common law. Für alle anderen Rechtsfragen ist es in vielen Bereichen noch nicht geklärt, welches Recht anwendbar ist. Dies bestimmt sich grundsätzlich nach dem deutschen IPR. Wenn nach 17 Römermann, NJW 2006, 2065, 2066. Reichel, ZRP 2004, 184 m.w.Nw. 19 Reichel aaO. 20 Art. 1 Nr. 6 des Referentenentwurfs des MoMiG (o. Fn. 2). 21 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I, 2553, vgl. Begr. z. RegE, BR-Drucks. 942/05; BR-Drucks. 942, S. 86. 22 Becht/Mayer/Wagner, Corporate Mobility and the Costs of Regulation, Working Paper des European Corporate Governance Institut, vgl. Teichmann, NJW 2006, 2444 Fn. 1. 23 BGHZ 153, 353 = NJW 2003, 1607; BGH NJW 2003, 1461; NZG 2004, 1001; NJW 2005, 3351 f. für Vertragsstaaten des EWR-Abkommens; NJW 2005, 1648 für USA. 18 5 deutschem IPR deutsches Recht zur Anwendung kommt, kann dies aber gleichwohl einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit darstellen, wenn die deutschen Regeln strenger sind. Dieser Eingriff kann wiederum gerechtfertigt sein, wenn die Anwendung der strengeren Regeln aus wichtigen Gründen des Allgemeinwohls erforderlich und geeignet und nicht diskriminierend ist, sondern für alle gleich gilt. Daraus ergibt sich im Moment folgendes Bild: Die Fragen der Vertretungsmacht des directors bestimmen sich gem. § 12 EGBGB nach dem Personalstatut für die Gesellschaft, also nach englischem Recht.24 Für Verträge, die die Limited mit Sitz in Deutschland schließt, gilt hingegen nach Art. 28 II EGBGB das Recht des Staates, in dem die Hauptverwaltung derjenigen Gesellschaft liegt, die die vertragscharakteristische Leistung erbringt. Für die durch die Limited getätigten Geschäfte gilt folglich deutsches Recht. Die Parteien haben es aber nach Art. 27 EGBGB in der Hand, ein anderweitige Rechtswahl zu treffen, soweit es sich nicht um Verträge mit Verbrauchern handelt (Art. 29 II EGBGB). Das Arbeitsrecht mit den Arbeitnehmern richtet sich nach deutschem Recht. Die Vereinbarung englischen Rechts ist möglich, ist aber begrenzt, als dem Arbeitnehmer dadurch nicht der Schutz zwingender deutscher Gesetze entzogen wird.25 2. Gerichtsstand Gem. Art. 2 der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsordnung (EuGVVO) sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaates zu verklagen. Für Gesellschaften bestimmt sich dies gem. Art. 60 EuGVVO nach ihrem satzungsmäßigen Sitz (registered office = England), ihre Hauptverwaltung (Unternehmensleitung = Deutschland) oder ihre Hauptniederlassung (Hauptverwaltung = Deutschland). Weichen satzungsmäßiger Sitz und Hauptverwaltung voneinander ab, wie bei der Limited, hat der Kläger ein Wahlrecht. Eine Ausnahme besteht nach Art. 22 Nr. 2 EuGVVO für bestimmte gesellschaftsinterne Streitigkeiten wie Klagen, die die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben. Für diese Fälle sind die Gerichte des Mitgliedstaates ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft ihren Sitz hat. Bei der Entscheidung hierüber wendet das Gericht die Vorschriften seines eigenen internationalen Privatrechts an. Nach der inzwischen allgemein anerkannten Gründungstheorie ist der Sitz der Limited in England, so dass 24 OLG Celle, NJW-RR 2006, 324; OLG München, GmbHR 2006, 603. Bieger/Goldstein/Helmreich/Hippel/Schneider/Schwarz, Die englische Limited in der Beratungspraxis – eine Alternative zur GmbH?, 2004, S. 21. 25 6 englische Gerichte zuständig sind.26 Gem. Art. 5 Nr. 1 EuGVVO gilt dies auch für gesellschaftsrechtliche Klagen, die nicht den Bestand der Gesellschaft betreffen, sich aber unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Dem englischen Gerichtsstand läßt sich entgehen, wenn die Parteien, also die Gesellschafter, schriftlich (Art. 23 I lit. A EuGVVO) bestimmen, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaates für bestimmte Rechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig sind, wenn eine der Personen ihren Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hat. Eine entsprechende Gerichtsstandsklausel ist später, aber grundsätzlich auch bereits in dem Gesellschaftsvertrag nach englischem Gesellschaftsrecht zulässig (in den articles of association). Die Parteien werden sich wohl regelmäßig auf diese Vorgehensweise, auch im Nachhinein, einigen, da die englischen Prozesskosten höher sind, der Kläger diese auch bei einem Obsiegen nicht voll erstattet bekommt und er die Vollstreckbarkeit des englischen Urteils in Deutschland beantragen müsste. Daneben wird vertreten, dass regelmäßig bereits der ausschließliche Gerichtsstand in Deutschland sei. Für rein betriebsbezogene Streitigkeiten gilt der ausschließliche Gerichtsstand der Niederlassung nach Art. 5 Nr. 5 EuGVVO, wenn der Rechtsstreit am Ort der Niederlassung Zweigniederlassung entstanden verfügt, ist. Da resultierten die deutsche zwangsläufig alle Limited nur über Streitigkeiten aus eine der Niederlassung, so dass von daher schon deutsche Gerichte zuständig seien.27 Beide Ansichten führen im Ergebnis dazu, dass deutsche Gerichte englische Gesellschaftsrecht anzuwenden haben. Nach § 293 ZPO muss in diesem Fall die klagende Partei das anzuwendende Sachrecht vortragen und beweisen wie einen Sachverhalt. Es gilt nicht der Satz: iura novit curia. IV. Erfordernis eines Mindestkapitals und Risiken der Kapitalaufbringung Bei der GmbH besteht ein Mindestkapital von 25.000 €, von dem bei der Anmeldung bei einer Bargründung mindestens die Hälfte eingezahlt sein muss (§ 7 II GmbHG). Aus wirtschaftlichen Gründen kann es sinnvoll oder im Fall der Sachgründung sogar geboten sein, wenn in der Zeit zwischen der Gründung der Gesellschaft und der Eintragung im Handelsregister, durch welche die GmbH gem. § 13 I GmbHG als juristische Person erst entsteht, mit der Geschäftstätigkeit bereits begonnen wird, vor allem bei den in Deutschland im europäischen Vergleich längeren Eintragungsverfahren der Handelsregister28. Unter Aufgabe des früheren Vorbelastungsverbots hat der BGH die GmbH in Gründung als eine Gesellschaft sui generis eingeordnet, die als Vor-GmbH bereits Rechte erwerben und 26 Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1087. Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 5 Rn. 21. 28 Hierzu Gernoth, BB 2002, 837 ff.; Ries, BB 2004, 2145 ff. 27 7 Verpflichtungen eingehen kann29. Darüber besteht heute Konsens, da mit der Eintragung und .der Entstehung der GmbH als juristische Person das gesamte Aktivvermögen insbesonders bei einer Sachgründung ohne weitere Übertragungsakte auf diese übergehen muss. Wenn dies nicht auch für die Verbindlichkeiten gälte, würden Haftung und Haftungsgrundlage getrennt. Zum Ausgleich ist nach dem Rechtsgedanken des § 9 GmbHG zu gewährleisten, dass im Zeitpunkt der Eintragung das versprochene Stammkapital unversehrt seinem Wert nach der Gesellschaft zur Verfügung steht. Ist dies wegen der Belastung mit Verbindlichkeiten nicht der Fall, haften die Gesellschafter für die Differenz sowohl bis zur Eintragung im Handelsregister (Verlustdeckungshaftung)30 als auch nach der Eintragung (Unterbilanz-, Differenz-, Vorbelastungshaftung)31 persönlich und vom Umfang nicht auf ihre noch offenen Einlageverpflichtungen beschränkt, jedoch nur im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft und entsprechend ihrer Beteiligung am Stammkapital. Ausgenommen von der Haftung sind die satzungsmäßig festgelegten Gründungskosten32. Während die Gläubiger die Gesellschafter wegen der vor Eintragung bestehenden Verlustdeckungshaftung direkt in Anspruch nehmen können, wenn die VorGmbH vermögenslos ist, vor allem bei der Abweisung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse, wenn sie keinen Geschäftsführer hat, weitere Gläubiger nicht vorhanden sind oder es sich um eine Ein-Mann-Vor-GmbH handelt33, hat der BGH kürzlich eine Außenhaftung nach der Eintragung bei einer vermögenslosen Einpersonengesellschaft abgelehnt, da mit der Entstehung der juristischen Person das Trennungsprinzip gelte34. Die Vorbelastungshaftung verjährt entsprechend § 9 II GmbH in zehn Jahren35. Für die Voraussetzungen der Unterbilanzhaftung ist die GmbH bzw. deren Insolvenzverwalter beweispflichtig. Wegen der mit der Beweisführung verbundenen Schwierigkeiten besteht aber eine sekundäre Beweislast der Gründergesellschafter, wenn im Zeitpunkt der Eintragung keine Vorbelastungsbilanz erstellt worden war36. Auch durch spätere Kapitalzuführungen erlischt die Unterbilanzhaftung nicht ohne weiteres. Es gilt der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. Diese für den Erstattungsanspruch nach 29 BGHZ 80, 129 (141) = NJW 1981, 1373. BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507 unter teilweiser Aufgabe von BGHZ 80, 129 (144) = NJW 1981, 1373 u. 91, 148 (152) = NJW 1984, 2164; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. (2006), § 11 Rdnr. 29; a.A. Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. (2004), § 11 Rdnr. 15: Außenhaftung, jeweils m. w. Nachw. 31 BGHZ 80, 129 (132) = NJW 1981, 1373; 134, 333 = NJW 1997, 1507; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG (o. Fn. 30), § 11 Rdnr. 15 m. w. Nachw.: allg. M. 32 BGH, NZG 1998, 102; NZG 2006, 390 (391). 33 BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507; BAG, NZA 2006, 673 m. w. Nachw. Das hat u.a. den Vorteil, dass nicht zusätzliche Kosten für die Anmeldung im Insolvenzverfahren oder die Klage gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner entstehen. 34 BGH, NZG 2006, 64. 35 Goette, DStR 2006, 714 (715). 36 BGH, NZG 2003, 393; NZG 2006, 390 (391). 30 8 § 31 GmbHG entwickelten Grundsätze37 überträgt der Senat auf die Vorbelastungshaftung. Da ihr Zweck darin besteht, dass der Gesellschaft das ihr von ihren Gesellschaftern versprochene, in ihrer Satzung verlautbarte Stammkapital wenigstens im Augenblick ihrer Eintragung tatsächlich seinem Wert nach unversehrt zur Verfügung steht, ist diese Haftung ist wie ein Anspruch auf Leistung fehlender Bareinlagen zu behandeln und unterliegt denselben strengen Regeln der Kapitalaufbringung wie die ursprüngliche Einlageschuld38. Hiernach muss die Unterbilanz in der Absicht der Erfüllung dieses Anspruchs nach außen erkennbar mit einer entsprechenden Tilgungszweckbestimmung ausgeglichen werden. Dies erklärt sich daraus, dass der Anspruch der GmbH gegen die Gesellschafter auf Erbringung ihrer Einlage nach § 19 II S. 1 GmbHG nicht erlassen werden kann39. Ein automatisches Erlöschen durch Zweckerreichung infolge der anderweitigen Auffüllung des Haftungsfonds, wenn sich die Vermögenssituation der GmbH verbessert und sie über ein ihrem Stammkapital entsprechendes Vermögen durch nicht ausgeschüttete Gewinne oder über eine auflösungsfähige Kapitalrücklage i.S. des § 272 II Nr. 4 HGB verfügt, ist daher ausgeschlossen40. Der Gesellschafter kann entsprechend § 19 II S. 2 GmbHG auch nicht einseitig gegen den Anspruch auf Ausgleich der Unterbilanz mit Forderungen aufrechnen, die er gegen die GmbH besitzt41. Nur die Gesellschaft kann mit dem Anspruch auf Ausgleich der Unterbilanz gegen einen vollwertigen42, fälligen (§ 271 BGB) und liquiden43 Anspruch des Gesellschafters, etwa auf Auszahlung des Jahresgewinns oder nach Auflösung von Kapitaloder Gewinnrücklagen, aufrechnen44. Unter anderem aus dem Grund, das Risiko einer persönlichen Haftung in der Phase vor der Eintragung zu vermeiden, bietet die Beraterbranche den Gründern gegen Entgelt bereits eingetragene GmbH-Mäntel auf Vorrat an. Allerdings hat der BGH diesen Weg erschwert, weil er die erstmalige operative Nutzung einer Vorratsgesellschaft als wirtschaftliche Neugründung bewertet und fordert, dass in diesem Fall ebenfalls ausreichend Vermögen in Höhe der Stammkapitalziffer vorhanden sein muss. Fehlt es hieran, greift die 45 Unterbilanzhaftung ein . Das gleiche gilt, wenn ein bereits gebrauchter GmbH-Mantel erworben wird, bei dem die wirtschaftliche Tätigkeit eingestellt worden war, so dass unter BGHZ 144, 336 (341) = NZG 2000, 883 – Balsam/Prodeco. BGH, NZG 2006, 390 (392) m. Nachw. auf die h.M. in der Literatur. 39 BGHZ 144, 336 (340 ff.) = NZG 2000, 883; BGH, NZG 2003, 1116. 40 BGH, NZG 2006, 390 (392), unter Hinw. auf BGHZ 144, 336 (341)= NZG 2000, 883 – Balsam/Procedo unter Aufgabe von BGH, NJW 1988, 139. 41 BGH, NZG 2006, 390 (392); NZG 2003, 1116. 42 Hierzu BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168. 43 Hierzu Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG (o. Fn. 30), § 19 Rdnr. 22; Gehrlein, BB 2006, 910 (911). 44 BGH, NZG 2006, 390 (392); a.A. Priester, in: Festschrift f. Ulmer (2003), S. 477 (491), der eine konkludente Aufrechnung seitens der Gesellschaft annimmt. 45 BGHZ 155, 318 (327) = NZG 2003, 972 für gebrauchten GmbH-Mantel; offengelassen in BGHZ 153, 158 = NZG 2003, 170 für Vorratsgesellschaft, aber Konsequenz aus der Anwendung der Gründungsvorschriften: Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG,§ 3 Rdnr. 13; ebenso Goette, DStR 2004, 461, 464. 37 38 9 dieser Rechtsform ein neues Unternehmen betrieben werden kann46. Eine Erleichterung stellt es lediglich dar, dass der maßgebende Zeitpunkt hierfür nicht wie bei der rechtlichen Neugründung die unter Umstände späte Eintragung, sondern die Anmeldung zum Handelsregister ist47. Die englische Limited kennt das Erfordernis eines Mindestkapitals und damit Schutzvorschriften zu seiner Aufbringung nicht. Die Gesellschaft muss zwar ein Nennkapital (nominal share capital) haben, das in Anteile für die Gesellschafter aufgeteilt ist. Gibt es nur einen Gesellschafter, kann dieser auch nur 1 Pence, normalerweise 100 £, haben. Die Angabe kann auch in Euro erfolgen. Neben dem Fehlen einer Unterbilanzhaftung sind im englischen Recht weitere Besonderheiten gegenüber den Erfordernissen bei der GmbH festzustellen: - Es gilt nicht das in Deutschland bestehende Verbot der Einlage von Dienstleistungen. - Eine Aufrechnung durch die Gesellschafter mit einer Forderungen gegenüber der Gesellschaft ist dem Gesellschafter bei der Kapitalaufbringung nicht verboten (s. 738 (2) CA 1985), anders nach § 19 II GmbHG. - Bei der Bewertung von Sacheinlagen gilt zwar die consideration doctrine, nach der die Einlage einen wirtschaftlichen Wert verkörpern muss. Die Bewertung ist aber weitgehend frei und findet ihre Grenze nur, wenn eine Einlage gänzlich fehlt oder sie vom director nicht bewertet wurde oder bei vorsätzlichen Missbrauchsfällen und bei Betrug.48 Eine staatliche Prüfung bei der Gründung wie in Deutschland exisitert aber nicht. - Es gelten nicht die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage, die nach deutschem Recht dazu führen, dass nach § 19 V GmbHG analog die Bareinlage nochmals geleistet werden muss, wenn statt einer versprochenen Bareinlage versteckt eine Sacheinlage geleistet wurde.49 Diese Grundsätze wendet der BGH auch bei dem innerhalb von Konzernen sehr beliebten Cash-Pooling an, bei dem die gesamten Barreserven zur besseren Anlagemöglichkeit bei einem Konzernunternehmen gebündelt werden oder demjenigen Konzernunternehmen zur Verfügung gestellt werden, bei dem sie gerade gebraucht werden.50 Außerdem kann dies zur Haftung nach § 30 GmbHG führen.51 All dies sind Gründe, warum das Eintragungsverfahren in England deutlich kürzer ist. Denn vor der Eintragung muss gar nicht geprüft werden, ob die Einlageverpflichtung von den 46 BGHZ 155, 318 = NZG 2003, 972; OLG Jena, NZG 2004, 1114. BGHZ 155, 318 (327) = NZG 2003, 972; Goette, DStR 2004, 461. 48 Pennington, S. 177. 49 BGHZ 155, 329, 338 f. = NJW 2003, 3127, 3129 f.: das dingliche und das schuldrechtliche Geschäft sind unwirksam, daher Ansprüche aus § 812 und § 985 BGB. 50 BGH, ZIP 2006, 665; ZIP 2006, 331; hierzu Priester, ZIP 2006, 1557 ff. 51 BGHZ 157, 72, 75 f. = NJW 2004, 1111. 47 10 Gesellschaftern erfüllt worden ist. Die Zahlung hat erst nach interner Aufforderung durch den director zu erfolgen.52 Auch steht es den Gesellschaftern grundsätzlich frei, ob sie ihre Gesellschaft mit Eigen- oder Fremdkapital ausstatten, so dass es keine Vorschriften zu eigenkapitalersetzenden Darlehen der Gesellschafter gibt,53 das ein fremder Dritter in dieser Situation der Gesellschaft nicht gegeben hätte und das deshalb wie Eigenkapital behandelt wird (vgl. § 32a I GmbHG und § 135 InsO54 sowie die Rechtsprechung des BGH zu §§ 30, 31 GmbHG analog55). Im MoMiG sind Reformen zu diesem Punkt geplant, so sollen die Regeln, die die Rechtsprechung aufgestellt haben, entfallen, die gesetzlichen Vorschriften sollen in der Insolvenzordnung geregelt werden, so dass sie dann nach hM auch auf die Limited anwendbar wären.56 Angesichts dieses für deutsche Vorstellungen großzügigen Umgangs mit dem Eigenkapital als Schutz vor Insolvenzen fragt man sich, wie die englische Praxis hiermit zurecht kommt. Denn es ist ja zu erwarten, dass sich der Rechtsverkehr in Deutschland darauf auch einstellen wird. Die Gläubiger bestehen etwa auf private Sicherung durch die Directoren oder die Gesellschafter,57 was allerdings bei dem geringen Mindestkapital der deutschen GmbH dort regelmäßig ebenso der Fall ist.58 Der EuGH hat die Frage, ob die Vorschriften über ein Mindestkapital einen geeigneten Gläubigerschutz darstellen, ausdrücklich offen gelassen.59 Ob die geplanten Änderungen im GmbH-Recht nach dem MoMiG60, wonach das Mindeststammkapital der GmbH auf 10.000 € gesenkt werden soll, nennenswerte Erleichterungen bringt, ist fraglich. Das Für und Wider eines ausgefeilten Kapitalschutzes nach deutschem Vorbild soll hier nicht diskutiert werden. Unternehmensgründungen bedürfen aber bereits nach geltendem Recht nur eines Mindestkapitals von 25.000 €, von dem bei einer Bargründung die Hälfte eingezahlt werden muss61. Diese Mittel können teilweise ohne Haftungsfolgen für Zwecke der Gesellschaft ausgegeben werden, denn die 52 Mellert/Verfürth, Wettbewerb der Gesellschaftsformen, 2005, Rn. 60. Wachter, GmbHR 2004, 89, 92; Fleischer, DStR 2000, 1015, 1017. 54 Gesellschafter ist in der Insolvenz nur nachrangiger Gläubiger, Anfechtung und Rückzahlung sind nach § 135 InsO, § 6 AnfG, § 32 GmbHG möglich. 55 Ausschüttungs- und Rückzahlungssperre auch außerhalb der Insolvenz nach BGHZ 90, 370, 381 = NJW 1984, 1891. 56 Begr. zum Referentenentwurf, S. 83; Hommelhoff, Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006, 115, 121. 57 Zum englischen Gläubigerschutz vgl. Fleischer, DStR 2000, 1015; Schall, ZIP 2005, 965; Gernoth, Pseudo Foreign Companies, 2005. 58 Wachter, GmbHR 2004, 89, 92; Sandrock, BB 2005, 897, 898; Goette, DStR 2005, 197, 198; Happ/Holler, DStR 2004, 732 zur Bonitätsprüfung des internen Ratings. 59 EuGH v. 30.9.2003, GmbHR 2003, 1260 ff. 60 O. Fn. 2. 61 Für Einpersonengesellschaften gilt zusätzlich § 7 II S. 3 GmbHG, der durch Art. 1 Nr. 5 MoMiG (o. Fn. 2) abgeschafft werden soll. 53 11 Anschaffung etwa von langfristig zu nutzendem Anlagevermögen führt als bloßer Aktivtausch nicht zu einer Unterbilanz, sondern erst ein später eintretender Wertverlust62. Außerdem wird in der Praxis die Freiheit, das Geld als Fremdkapital zur Verfügung stellen zu können, geschätzt.63 V. Gesellschaftsstruktur und Geschäftsführer Auf die Unterschiede in der Gesellschaftsform gehe ich nur soweit ein, wie es für den Vergleich mit der GmbH relevant ist, dh. soweit sich hieraus Erschwernisse, Erleichterungen oder Risiken ergeben können. a) Die Limited kann seit 1992 ebenso wie die GmbH (§ 1 GmbHG) gem. s. 1 (3A) CA 1985 als Einmanngesellschaft gegründet werden. In diesem Fall ist die Adresse des registered office, die Registrierungsnummer, dem Ort der Registrierung und dem Namen der Gesellschaft auf der gesamten geschäftlichen Korrespondenz anzugeben (s. 351 CA 1985). b) Der Name der Gesellschaft muss nicht den Namen eines oder aller Gesellschafter enthalten (s. 25 (2) CA 1985), auch der Geschäftszweck muss sich in dem Namen nicht widerspiegeln.64 Der Name darf nicht mit dem einer anderen Gesellschaft verwechselt werden oder gar identisch sein (s. 26 CA 1985), dies kann beim Companies House telefonisch oder per Internet geklärt werden. Nach § 349 CA 1985 muss der Name der Gesellschaft auf allen Rechnungen und Geschäftsbriefen deutlich erkennbar sein, sonst droht die persönliche Haftung der Geschäftsführer.65 Ungeklärt ist, ob bei der Eintragung als Zweigniederlassung das deutsche oder das großzügigere engl. Firmenrecht zur Anwendung kommt.66 So ist nicht geklärt, ob der Name „GmbH“ nach deutschem Recht geführt werden kann; nach englischem Recht ist dies aber unproblematisch.67 Für die Anwendung des deutschen Rechts mit seinem Irreführungsverbot in § 18 HGB spricht sich etwa das LG Limburg/Lahn aus, so dass ein Nichtgesellschafter im Firmennamen nicht genannt werden kann.68 c) Im Memorandum ist die Object Clause anzugeben, dh der Unternehmensgegenstand. In der Praxis englischer Gesellschaften finden sich hierzu oft seitenweise Angaben, was auf die lange Zeit geltende ultra-vires-Lehre zurückzuführen 62 ist. Hiernach durften nur K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. (2002), § 34 III 4 c), 5, will die Haftung sogar nur bei operativen Verlusten eingreifen lassen. 63 Leuering, ZRP 2006, 201, 202 m.w.Nw. 64 Luke, Die U.K. Limited, Rechtliche Grundlagen und praktische Hilfen, 2005, S. 25. 65 Just, Die englische Limited in der Praxis, 2. Aufl. 2006, Rn. 65. 66 OLG Frankfurt aM, GmbHR 2006, 259 m.w.Nw. 67 Römermann, NJW 2006, 2065, 2066. 68 LG Limburg/Lahn, GmbHR 2006, 260 m abl. Anm. Römermann. 12 Rechtsgeschäfte geschlossen werden, die sich mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft vereinbaren ließen. War das Rechtsgeschäft hiervon nicht umfasst, war es unwirksam und der Geschäftsführer haftete persönlich. Nach s. 3A CA 1985 gilt diese Lehre zwar mittlerweile als überholt. Nach dieser Vorschrift genügt die allgemeine Angabe „to carry on business as a general commercial company“ (sog. catch-all-clause). Da aber noch nicht abschließend geklärt ist, ob es der Gesellschaft hiernach erlaubt ist, das Unternehmen selbst zu verkaufen, und weil die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig sind, wenn sie den Unternehmensgegenstand überschreiten, finden sich auch heute noch ausführliche Beschreibungen des Unternehmensgegenstand.69 Die englische Literatur empfiehlt dies, Rechtsprechung hierzu steht aus. Misslich ist dies vor allem deshalb, weil die Limited in Deutschland als Zweigniederlassung in das Handelsregister einzutragen ist. Dadurch entstehen zusätzlich hohe Gebühren für die Veröffentlichung der seitenlangen Aufzählungen (Bsp. 1.800 oder 3000 €). Der EuGH hat diese Praxis kürzlich gebilligt.70 Das Gericht ist aber nicht darauf eingegangen, ob die Eintragung des ausführlichen Unternehmensgegenstandes nach deutschem Recht erforderlich ist, da dies eine Frage der Auslegung des nationalen Rechts ist. Nach englischer Rechtslage könnte das Problem entschärft werden, wenn der englische Gesetzgeber wie geplant die Angaben zum Unternehmensgegenstand ganz aufgibt.71 Zusätzlich folgert die deutsche Rechtsprechung aus § 13e II S. 3 HGB, dass zumindest der Gegenstand der Zweigniederlassung bezeichnet wird, und dies konkret und nicht allgemein. Allerdings geht die Meinung der meisten Oberlandesgerichte dahin, dass es ausreicht, wenn nur der Gegenstand der Zweigniederlassung angegeben wird (Bsp. Herstellung von Kartenmaterial für Fahrradtouren).72 Das deutsche Handelsregister habe nicht zu prüfen, ob dies mit dem Geschäftsgegenstand der Limited übereinstimmt, da die Überprüfung des Unternehmensgegenstandes nach englischem Recht den deutschen Gerichten untersagt sei. Die teure Veröffentlichung in Printmedien wird in Deutschland spätestens bis Ende 2008 ein Ende haben, wenn die Bekanntmachung nur noch im Internet erfolgt.73 d) Die Organe der Limited sind der director oder mehrere directors, der secretary (Schriftführer) und die Gesellschafterversammlung (members). Der director ist anders als der deutsche Geschäftsführer nicht an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden.74 Das bedeutet aber, der Geschäftsführer kann sich gegenüber der 69 Gesellschaft Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005, § 4 Rn. 17; Just, Die englische Limited in der Praxis, Rn. 70; Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 10 Rn. 17. 70 EuGH, GmbHR 2006, 707 - Innoventif Limited, m. Anm. Wachter. 71 Clause 39 f. Company Law Reform Bill 2006, hierzu companieshouse.gov.uk, wonach Clause 33 (1) keine Angaben zum Unternehmensgegenstand mehr enthalten soll. 72 OLG Frankfurt aM, NZG 2006, 515; OLG Hamm, GmbHR 2005, 1130; GmbHR 2006, 1198; OLG Düsseldorf, NZG 2006, 317; OLG Jena, NJ 2006, 180 73 S. Art. 61 IV EGHGB n.F. 13 schadensersatzpflichtig machen, wenn er gegen die Gesellschaftsinteressen verstößt, anders als im deutschen Recht bei weisungsgemäßem Handeln.75 e) Anders als nach § 181 BGB kennt das englische Recht kein Verbot des Selbstkontrahierens. Der Director hat lediglich die Pflicht, etwaige Insich-Geschäfte den anderen directors und den Gesellschaftern gegenüber offenzulegen (s. 317 CA 1985), bei Verletzung droht eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft. Generell macht sich der Geschäftsführer schadensersatzpflichtig, wenn er den Interessen der Gesellschaft zuwider handelt. Zwar kann Clause 85 Table A abbedungen und die Vornahme von Insichgeschäften im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, allerdings ohne dass auf die Offenlegungspflicht der directors gegenüber den Gesellschaftern verzichtet werden kann, sondern nur gegen dem board of directors. Die generelle Befreiung vom Verbot des § 181 BGB ist damit nach englischem Recht nicht zulässig und kann in das Handelsregister der Zweigniederlassung nicht eingetragen werden.76 Die rechtsgeschäftliche Vollmacht unterliegt nach dem Wirkungslandprinzip (Art. 32 EGBGB) dem Land, in dem die Wirkungen der vom Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte eintreten. Daher versucht die Praxis, rechtsgeschäftlich einen ständigen Vertreter der Zweigniederlassung zu bestellen (der Begriff taucht in § 13 HGB auf), der von dem Verbot des § 181 BGB befreit werden kann. Hierzu liegen bereits Entscheidungen vor, die eine dahingehende Satzungsklausel aber wegen Irreführung ablehnen, wenn der ständige Vertreter und der director personenidentisch sind.77 f) Ein Vorteil der Limited soll es sein, dass hierdurch Personen zu Geschäftsführern bestellt werden können, die in Deutschland einem gewerberechtlichen Verbot unterliegen. Die gem. 8 III S. 1 GmbHG gegenüber einem deutschen Handelsregister abzugebende Erklärung, dass eine zum Geschäftsführer zu bestellende Person nicht wegen einer Insolvenztat vorbestraft ist, wird von dem ausländischen Register nicht verlangt.78 Zwar können auch nach englischem Recht directors oder faktische Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft sowie Personen, denen gerichtlich die Eignung für das Amt des Geschäftsführers entzogen worden ist, nicht als director bestellt werden (s. 11, s. 2 – 4, s. 6 – 9 Companies Directors Disqualification Act 1986). Personen, die eine Privatinsolvenz erlitten haben, dürfe nur auf gerichtliche Zulassung als director bestellt werden (s. 11 Companies Directors Disqualification Act 1986). Das gleiche gilt bei der Verurteilung wegen 74 Mellert/Verfürth, Wettbewerb der Gesellschaftsformen, 2005, Rn. 69. Vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 42 Rn. 76 OLG München, GmbHR 2005, 1302; GmbHR 2006, 603 Rn. 13; OLG Celle, GmbHR 2005, 1303; OLG Frankfurt aM ,NZG 2006, 830. 77 OLG München, GmbHR 2006, 603 m. Anm. Werner; OLG Hamm, GmbHR 2006, 1198; vgl. aber OLG Frankfurt aM, NZG 2006, 830 zur Limited als Komplementärin einer KG. 75 14 einer schweren Straftat im Zusammenhang mit der Gründung oder Führung einer Gesellschaft sowie bei kontinuierlicher Verletzung von Mitteilungspflichten gegenüber dem Companies House. Bei Nichtbeachtung haften die directors persönlich für die Schulden der Gesellschaft (s. 15 Companies Directors Disqualification Act 1986). Diese Bestellungsverbote gelten aber nur bei Verstößen gegen die eigene Rechtsordnung. In Deutschland muss die sonst bei der GmbH notwendige dahingehende Erklärung nach § 8 III S. 1 GmbHG bei der Zweigniederlassung nicht gemacht werden. Diese fehlende Abstimmung bietet im Moment noch Schutzlücken.79 Allerdings finden öffentlich-rechtliche und ordnungsrechtliche Vorschriften des deutschen Rechts auch auf Auslandsgesellschaften Anwendung. Daraus ergibt sich, dass die deutschen Verbote des Gewerberechts auch für die Limited gelten.80 Eine Gewerbeuntersagung gegenüber einer Limited ist auch möglich, wenn einer Person der Betrieb eines Gewerbes untersagt ist, und dieser hinter der Gesellschaft steht.81 Fraglich ist nur, ob bestehende Gewerbeverbote der Eintragung der Zweigniederlassung im 82 Handelsregister entgegenstehen oder allein gewerberechtlich gegen das Unternehmen und den Geschäftsführer vorzugehen ist.83 Das OLG Jena hat diese Frage nach § 28 II FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.84 VI. Haftung der Gesellschafter und Geschäftsführer Für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten gelten auch bei einer Auslandsgesellschaft allein die Haftungstatbestände des englischen Rechts.85 Das bedeutet grundsätzlich ebenso wie bei der GmbH (§ 13 GmbHG), dass die persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen ist (durch Regelung im memorandum nach s. 2 (3) CA 1985, sog. liability clause). Aber sowohl das deutsche als auch das englische Recht kennen persönliche Haftungstatbestände. 1. Haftung nach englischem Recht - Nach englischem Recht besteht die Haftung aus wrongful trading nach s. 214 Insolvency Act 1986. Der director haftet, wenn er trotz Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und wenn die Insolvenz unvermeidbar war, weiterhin Rechtsgeschäfte 78 Wachter, ZNotP 2005, 122, 130; Heckschen, NotBZ 2005, 24, 27. Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005, § 1 Rn. 49. 80 Zu § 35 GewO s. OLG Dresden, Senat für Bußgeldsachen, ZIP 2006, 1097; zu § 3 Nr. 4 S. 1 SteuerberaterG s. FG Köln, EFG 2006, 682, Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH unter dem Az. III B 198/06; FG Rheinl.-Pfalz, EFG 2006, 1286. 81 VG Sigmaringen v. 18.5.2006, 1 K 635/06. 82 So OLG Jena, NZG 2006, 434; vgl. auch OVG Münster, NZG 2005, 897. 83 So OLG Oldenburg, GmbHR 2002, 29. 84 OLG Jena, NZG 2006, 434. 85 BGH, NJW 2005, 1648 m Anm. Eidenmüller 1618 u. Paefgen, GmbHR 2005, 957. 79 15 abschließt, statt ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Der director ist dafür beweispflichtig, dass er nichts von der Krise wußte. Anders als nach deutschem Recht knüpft dies nicht an die Zahlungsunfähigkeit oder an das Bestehen einer Unterbilanz an (§ 64 GmbHG). Rein tatsächlich exisistieren in England nur wenige Urteile, aber die deutschen Gerichte können das englische Recht anwenden und mit Leben füllen (s.o.).86 Allerdings ist noch offen, ob der Haftungstatbestand in Deutschland anwendbar ist. Ordnet man den Tatbestand als insolvenzrechtliche Norm an, würde er ein englisches Insolvenzverfahren erfordern.87 Ist die Norm dagegen gesellschaftsrechtlich einzuordnen, könnte auch ein deutscher Insolvenzverwalter zuständig sein. In beiden Fällen würde die Haftung aber die Durchführung eines Insolvenzverfahrens voraussetzen, so dass die Haftung nicht greift bei der Abweisung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse.88 Hier ist so gut wie alles offen. Betont wird, dass neben dem Anspruch aus dem englischen Gesetzesrecht ein ergänzender Schadensersatzanspruch der Gläubiger gegenüber dem director aus Richterrecht besteht.89 - Den Gesellschaftsgläubigern haften die directors bei betrügerischer Geschäftsführung, die zur Insolvenz der Gesellschaft geführt hat (fraudulent trading, s. 213 Insolvency Act 1986). Hierfür muss jedoch die Absicht des Betrugs nachgewiesen werden, so dass diese Haftung nicht sehr wirksam ist. Außerdem billigt die englische Rechtsprechung dem director die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang zu (sunshine doctrine).90 Beide Haftungstatbestände greifen auch bei faktischen Geschäftsführern ein (shadow directors), die einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.91 - Im Gegensatz zu den Vorschriften über die Kapitalaufbringung sind die Vorschriften über die Kapitalerhaltung im englischen Recht eher strenger als im deutschen. Auszahlungen an die Gesellschafter dürfen nur aus erwirtschafteten Gewinnen erfolgen.92 Nach s. 263 CA 1985 dürfen Dividenden nur aus bereits erwirtschafteten Gewinnen abzüglich der realisierten Verluste ausgeschüttet werden (profits available for distribution). Die seit Bestehen der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinne müssen die gesamten Verluste übersteigen. Damit besteht auch ohne das Vorliegen eines festen Stammkapitals eine Ausschüttungssperre mit ähnlicher Funktion wie im deutschen Recht § 30 GmbHG. Verletzt der director diesen Grundsatz, hat die Gesellschaft gegenüber dem director einen Anspruch auf Schadensersatz, der director kann sich dann an den Gesellschafter halten, der die Auszahlung erlangt hat. Die Rückzahlung kann die Gesellschaft auch 86 Hierzu Habersack/Verse, ZHR 2004, 174, 184 ff.; Bachner, EBOR 2004, 293, 318; Hirte, ECFR 2004, 71, 103. So LG Kiel, BB 2006, 1468, 1469. 88 Wachter BB 2006, 1463 ff. 89 Schall, DStR 2006, 1229. 90 Fleischer, DStR 2000, 1015, 1018; Mellert/Verfürth, Wettbewerb der Gesellschaftsformen, 2005, Rn. 76. 91 Burg, GmbHR 2004, 1379, 1382; Just, Die englische Limited in der Praxis, Rn. 132. 92 Schall, ZIP 2005, 965 (969); Zöllner, GmbHR 2006, 1, 6. 87 16 direkt von dem Gesellschafter verlangen, wenn dieser nicht gutgläubig war.93 Das gilt auch, wenn auch unter engeren Voraussetzungen als in Deutschland, bei verdeckten Gewinnausschüttungen.94 Daraus ergibt sich etwa auch eine persönliche Haftung des directors, wenn er eine überbewertete Sacheinlage in den Bilanzen ausweist.95 - Vernachlässigenswert sind bislang vereinzelte Entscheidungen dass Gesellschafter persönlich haften müssen, wenn die Gesellschaft als bloße Fassade fungiert und ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, rechtliche Verpflichtungen zu umgehen (Jones v Lopman 1962 1 All ER 442). Ebenso wenn die Gesellschaft als bevollmächtigte Vertreterin (agent) der Gesellschaft agiert, etwa wenn die beherrschende Gesellschaft selbst eine Körperschaft ist (Firestone Tyre & Rubber Co v Lewellin 1975, 37 TC 111 (HL)). Allerdings sind die Risiken einer Anwendung des englischen Gesellschaftsrechts durch deutsche Gerichte noch nicht geklärt. - Wenig bekannt ist die persönliche Haftung des directors für die Schulden einer insolventen Gesellschaft, wenn unter einem ähnlichen Namen wie der insolventen Gesellschaft ein neues Unternehmen gegründet wird (§§ 216, 217 Insolvency Act 1986),96 sog. Schutz vor „phoenix companies“. 2. Haftung nach deutschem Recht - Nach Art. 40 I EGBGB findet bei unerlaubten Handlungen das Recht des Staates Anwendung, in dem der Verletzte und der Ersatzpflichtige ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Gewöhnlicher Aufenthalt von Gesellschaften ist der Sitz ihrer Hauptverwaltung. In der Regel gilt daher deutsches Recht. Gibt es keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, dann gilt gem. Art. 40 I EGBGB das Recht des Handlungsortes, an dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist.97 Ist der Handlungserfolg an einem anderen Ort als dem Handlungsort eingetreten, kann der Verletzte auch die Anwendung des Rechts des Erfolgsortes verlangen. Unter diesen Voraussetzungen wird diskutiert, ob die Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung in Betracht kommen kann. Ein derartiger Haftungstatbestand ist aber schon in Deutschland nicht anerkannt. - Daneben besteht die Möglichkeit der Haftung wegen existenzvernichtendem Eingriff, der in Deutschland die Haftungslücke schließt, wenn durch den Eingriff die Unterbilanz nicht verstärkt, sondern erst herbeigeführt wurde.98 Auch hierbei handelt es sich wohl 93 ss. 272, 273 CA 1985. Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, 2002, S. 154. 95 Hierauf weist Schall, DStR 2006, 1229, hin. 96 Hierzu High Court of Justice - Court of Appeal v. 28.11.2003 – A2-0624/03, EWiR s. 216 IA 1/05, 709 m Anm. Schall. 97 Art. 40 I S. 1 EGBGB; Schall, ZIP 2005, 965, 973 ff.; Zöllner, GmbHR 2006, 1, 7. 98 Hierzu Fröhlich/Strasser, ZIP 2006, 1182 ff.; Römermann, NJW 2006, 2065 (2068); Zöllner, GmbHR 2006, 1 (7 f.). 94 17 aber um eine gesellschaftsrechtliche Rechtsfigur,99 die zudem dann nicht greift, wenn von Anfang an zu wenig Eigenkapital vorhanden war. - Die Haftung nach deutschem Recht ist nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder § 823 II BGB iVm Untreue, Betrug oder Insolvenzstraftaten möglich.100 Schwierigkeiten bereitet hier meist der Beweis der Schädigungs- oder Betrugsabsicht. Allerdings kommt es auch vor, dass sie dies beweise lässt, wie der Fall des LG Kiel zeigt, wo ein „Bettelschreiben“ des Gesellschafter/Geschäftsführers an einen Freund aufgefunden worden ist, aus dem sich ergab, dass der Geschäftsführer von der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ausgehen musste und dennoch weiter Geschäfte tätigte. - Noch offen ist, ob die Haftung wegen Insolvenzverschleppung nach § 823 II BGB i.V. mit § 64 I GmbHG eingreift. Das hängt vor allem davon ab, ob man den Haftungstatbestand als insolvenzrechtlich,101 als Haftung aus unerlaubter Handlung oder als gesellschaftsrechtlich102 einordnet. - Ebenso greift die öffentlich-rechtlich ausgestaltete Haftung der Geschäftsführer der Limited nach § 69 AO für rückständige Abgabenschulden103 - sowie nach § 823 II BGB i.V.m. § 266a StGB wegen Vorenthaltung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.104 - Zum Insolvenzrecht sollen auch die Novellenregeln zum Eigenkapitalersatzrecht gehören.105 VII. Mitbestimmungsrecht Überwiegender Auffassung nach findet das Recht Unternehmensmitbestimmung auf die Limited keine Anwendung. 106 der deutschen Selbst wenn deutsches Recht Anwendung finden würde, erstreckt sich wohl schon das deutsche MitbestG 1979 und das BetrVG 1952 nicht auf ausländische Gesellschaften. Dies würde auch Verwerfungen mit der andersartigen Struktur der englischen Gesellschaftsform führen (eingliedriges board als Führungsorgan statt Geschäftsführer und Aufsichtsrat).107 Wendet man das deutsche Mitbestimmungsrecht analog an, wäre darin wohl eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu sehen. So 99 ist es fraglich, ob man die So AG Bad Segeberg, ZInsO 2005, 558, 559; aM Goette, ZIP 2006, 541, 545, aber dann Eingriff in die Niederlassungsfreiheit. 100 Wachter, DStR 2005, 1817, 1821 f. 101 So LG Kiel, BB 2006, 1468 = GmbHR 2006, 710 m. zust. Anm. Leutner/Langner; Wachter, BB 2006, 1463 ff.: dann deutsches Recht. 102 So Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005, § 16 Rn. 36; Gross/Schork, NZI 2006, 10, 14 dann englisches Recht. 103 FG München v. 26.4.2006, 14 V 133/06. 104 Vgl. BGH, NJW 2006, 3573 zur Reichweite der Haftung bei einer deutschen GmbH. 105 So Goette, ZIP 2006, 541, 546; aM Klaus J. Müller, BB 2006, 837, 838. 106 Junker, NJW 2004, 728, 729 m.w.Nw. 107 Kamp, BB 2004, 1496, 1499. 18 Unternehmensmitbestimmung zu den zwingenden Erfordernissen der Allgemeinheit zu rechnen ist, die nach der Rspr des EuGH eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen kann, da keine Unternehmensmitbestimmung kennt. ausländische 108 Rechtsform eine entsprechende Im Gegensatz zur Unternehmensmitbestimmung findet bei der betrieblichen Mitbestimmung durch die Bildung von Betriebsräten bei mindestens fünf wahlberechtigten Beschäftigten deutsches Recht Anwendung. Hier kommt es nämlich allein auf die Belegenheit des Betriebs, nicht der Gesellschaft an.109 VIII. Rechnungslegung und Publizität Gem. s. 221 CA 1985 hat die Gesellschaft täglich Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben vorzunehmen und muss ein Vermögensverzeichnis aufstellen. Die Unterlagen sind am Ort des registered office oder an einem anderen durch die directors bestimmten Ort aufzubewahren (s. 222 CA 1985), also auch in Deutschland. Jährlich ist ein Jahresabschluss aufzustellen, dieser umfasst wie in Deutschland die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechtnung. Hinzu kommen noch ein Geschäftsbericht der directors und ein Prüfungsbericht der Wirtschaftsprüfer (nicht für Gesellschaften mit einem Jahresumsatz von max. 5,6 Mio. GBP und Bilanzsumme von max. 2,8 Mio. GBP, ss. 249, 388 A CA 1985, sog. „very small company“, vergleichbar in Deutschland nach § 316, 267 HGB). Der Jahresabschluss ist nach englischen Rechnungslegungsvorschriften vorzulegen, die von den in Deutschland gebräuchlichen erheblich abweichen.110 Für größere, international agierende Gesellschaften ist die kein Problem, da diese heute schon in der Regel neben den deutschen Abschlüssen solche nach internationalen Rechnungslegungsstandards erstellen, um hier eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Für Konzerne besteht sogar die Möglichkeit, einen befreienden Konzernabschluss nur nach internationalen Regeln aufzustellen (§ 291 HGB). Die Bilanz, GuV, Geschäftsbericht und Prüfbericht des WP sind dem Companies House innerhalb von 10 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres einzureichen (s, 244 (1) (b) CA 1985) und können dort von jedermann eingesehen werden. Anders als in Deutschland wird diese Pflicht streng überwacht, es drohen Strafen und Bußgelder gegen den director und gegen die Gesellschaft (s. 242 (2) und 242A CA 1985) sowie die Zwangslöschung.111 Das deutsche Recht ist jedoch ebenfalls in diese Richtung durch das EHUG verschärft worden.112 108 Zur Diskussion vgl. Bayer, AG 2004, 534 ff. m. w. Nachw.; Wachter, GmbHR 2004, 88, 92; Kallmeyer, DB 2004, 636, 638; Meilicke, GmbHR 2003, 793, 805; Müller-Bonnani, GmbHR 2003, 1235, 1237 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1089; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590. 109 Wachter, GmbHR 2004, 88, 92. 110 Ausf. Klaus J. Müller, DB 2006, 824 ff. 111 Vgl. Geier, Der Konzern 2006, 421, 422 f.; AG Duisburg, NZG 2003, 1167. 112 Vgl. § 325 I HGB n.F., hierzu Leuering, ZRP 2006, 201, 204. 19 Muss die in Deutschland tätige Limited nun noch zusätzlich einen deutschen Abschluss erstellen? Ob die Buchführungspflicht nach § 238 HGB auch für ausländische Kaufleute gilt, oder ob es ausreicht, wenn die Gesellschaft nach § 352a HGB den englischen Abschluss beim deutschen Handelsregister ihrer Zweigniederlassung abgibt, ist noch nicht geklärt. 113 Dahinter steht die Frage, ob die Rechnungslegung an das Gesellschaftsrecht oder an öffentlich-rechtliche Vorschriften anknüpft. Allerdings bleibt die Gesellschaft in Deutschland steuerpflichtig. Dazu muss endweder eine Überleitungsrechnung erstellt werden, die sich aus der englischen Jahresbilanz ergibt, oder es muss doch parallel eine deutsche Buchführung für die Steuerbilanz erstellt werden.114 Anders als in Deutschland, wo nur bestimmte gesellschaftsrechtliche Veränderungen bei Handelsregister anzumelden sind, hat der director oder secretary einmal jährlich eine Jahresmeldung – Annual Return – an das Companies House abzugeben. Diese muss den Namen der Gesellschaft, die Registriernummer, den Gesellschaftstyp, die Adresse des registered office, die Adresse, unter der sich das Gesellschaftsregister befindet, falls es nicht dort aufbewahrt wird, die Art der Geschäftstätigkeit, die nach einem Klassifizierungssystem bestimmt wird (UK Standard Industrial Classification SIC-Codes), den Namen und die Adresse des secretary, den Namen, Wohnadresse, Geburtsdatum, Nationalität und Beruf des directors, das Referenzdatum, den Nominalwert der ausgegebenen Anteile, die Namen und Adressen der Gesellschafter sowie die Zahl und Art der von ihnen gehaltenen Anteile enthalten. In den Folgejahren müssen nur die Änderungen nachgetragen werden. Die Gebühr beträgt jährlich etwa 30 £. Darüber hinaus sind weitere Änderungen zu melden, zB die Belastung von Grundstücken, auch solchen, die außerhalb Englands gelegen sind (ss. 395 ff. CA 1985). Allerdings machen nach einer aktuellen Studie ca. 80 % aller „deutschen“ Limiteds von der Ausnahmemöglichkeit für sog. dormant companies Gebrauch, die keine wesentlichen Geschäftsvorfälle in Großbritannien haben.115 An diesen Regelungen zeigt sich, dass das englische Gesellschaftsrecht als Ausgleich für die beschränkte Haftung weniger die Bereitstellung von Kapital als die Publizität für die Öffentlichkeit vorsieht, die sich über den Vermögensstand der Gesellschaft genau informieren können soll. 113 Dafür Graf/Bisle, IStR 2004, 873, 874; Hirsch/Britain, NZG 2003, 1100, 1102; dagegen Hüffer, in: Staub, HGB, vor § 238 Rn. 1; vgl. Kessler/Eicke, DStR 2005, 2101, 2103. 114 Zu vereinfachend die Broschüre von Go ahead, S. 9. 115 Westhoff, GmbHR 2006, 525. 20 IX. Die Besteuerung von Limited und GmbH In England gibt es eine Körperschaftsteuer, eine Abzugssteuer auf Zinsen an der Quelle, die Umsatzsteuer sowie eine Art gewerbliche Miet- und Grundsteuer von der Gemeinde, aber keine Gewerbesteuer. Die Körperschaftsteuer ist im Gegensatz zu Deutschland progressiv/degressiv ausgestaltet (Gewinne bis 10.000 0%, bis 50.000 23,75 %, bis 300.000 19 %, bis 1,5 Mio. 32,75 %, ab 1,5 Mio 30 %). Beträgt der zu versteuernde Gewinn etwa 270.000 £, dann ist der effektive Steuersatz bei 18,3 %, in Deutschland beträgt er dagegen immer 25 %. Die Limited ist schon unbeschränkt steuerpflichtig mit ihrem Welteinkommen in England, wenn sie dort nur den Gründungssitz hat (residence). In Deutschland ist sie ebenfalls unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 I Nr. 1 KStG im Rahmen eines Typenvergleichs), wenn sie dort nur den Sitz ihrer Geschäftsleitung hat (§ 10 AO). Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist sie nach dem DBA D/GB nur dort unbeschränkt steuerpflichtig, wo der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung liegt. In diesem Fall ist nur eine deutsche Steuererklärung bei den deutschen Finanzämtern vorzulegen. Daneben greift die deutsche Gewerbesteuer (§ 2 I GewStG iVm. § 15 II EStG) ein sowie die Umsatzsteuer, die sich nach dem Ort der Leistung richtet (§ 1 UStG). Der in Deutschland tätigen Gesellschaft wird es kaum gelingen, das deutsche FA zu überzeugen, dass der Geschäftssitz in England liegt mit seinen zum Teil niedrigeren Steuersätzen. Selbst wenn das aber der Fall sein sollte, unterfällt die deutsche Zweigniederlassung als Betriebsstätte dem deutschen Körperschaftsteuerrecht, von der englischen Körperschaftsteuer ist sie dann nach dem DBA befreit. Eine Möglichkeit zum Steuersparen liegt darin, dass die Vergütung der directors in England mit seiner niedrigeren Einkommensteuer versteuert werden kann (Art. 11 III DBA D/GB). Bei der Besteuerung der Geschäftsführer in Deutschland besteht der Nachteil, dass eigenkapitalersetzende Darlehen nach englischem Gesellschaftsrecht nicht anerkannt werden und daher die Vorschrift des § 17 IV EStG (nachträgliche Anschaffungskosten für nicht zurückgezahlte Darlehen an die GmbH) nicht geltend gemacht werden kann. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen unterliegt der Stamp Duty von 0,5 % des für den Anteil bezahlten Preises, während in Deutschland bei einem Stammkapital von 25.000 € etwa 168 € Notarkosten anfallen. Der Stamp Act 1981 enthält aber Ausnahmen von diesem Grundsatz, so für die unentgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen an den Ehepartner. X. Insolvenz Nach Art. 3 I EuInsVO (Europäische InsolvenzVO 1346/2000 des Rates v. 29.5.2000 über Insolvenzverfahren) sind die Gerichte des Mitgliedstaates für das Insolvenzverfahren 21 zuständig, wo die Gesellschaft ihren Mittelpunkt des hauptsächlichen Interesses hat (center of main interest = COMI). Dieser liegt bei in Deutschland tätigen Gesellschaften in Deutschland, auch wenn eine widerlegliche Vermutung besteht, dass dies jeweils der satzungsmäßige Sitz ist.116 Die Insolvenzfähigkeit bestimmt sich in diesem Fall ebenfalls nach deutschem Recht (lex fori concursus, Art. 4 EuInsVO), ebenso die Insolvenzgründe (Art. 4 II S. 1 EuInsVO) und das Insolvenzverfahren.117 Es ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber daher ergänzende Haftungstatbestände am ehesten auf dem Gebiet des Insolvenzrechts schafften wird.118 Umstritten ist lediglich, welches Recht für die Insolvenzantragspflicht gilt (s.o. zu den Haftungstatbeständen). Ca. 2.500 Insolvenzanträge sollen von Limiteds in Deutschland seit Ende 2002 gestellt worden sein.119 XI. Die Vererbung von Gesellschaftsanteilen an der Limited und an der GmbH Nicht zu unterschätzen sind auch die Risiken des englischen Erbrechts. Es findet eine Nachlaßverwaltung von regelmäßig einem Jahr statt. Verstirbt ein Gesellschafter, so wird der testamentarisch bestimmte Erbe executor oder executrix. Diese müssen vor Gericht belegen, dass sie die rechtmäßigen Erben des Verstorbenen sind. Nach der Prüfung erteilt das Gericht den Erben eine Urkunde, mit der sie über die Erbmasse verfügen können. 120 Gesetzliche Erben erhalten auf Antrag ebenfalls eine Legitimationsurkunde (letter of administration). Nach Vorlegen der Urkunde werden die Erben von der Gesellschaft anerkannt. Die rücken nur auf Antrag in die Stellung des verstorbenen Gesellschafters ein. Ein Problem stellt auch die englische Inheritance Tax dar, die ab einem Nachlass mit einem Wert von 275.000 £ (= knapp 400.000 €) 40 % (in Deutschland in Steuerklasse I 7 – 30 %, bis 500.000 € 15 %)121 des Verkehrswertes beträgt, für betriebliches Vermögen lediglich dadurch abgemildert, daß nur die Hälfte dieses Vermögen besteuert wird (in Deutschland § 13a I Freibetrag pro Erwerber 225.000 €, restl. Wert nach § 13a II nur zu 65 %, Bewertung nach der Steuerbilanz ohne stille Reserven, § 12 V 2 ErbStG, § 109 I BewG), der anders als im deutschen Recht auch nicht durch Freibeträge für Kinder (in Deutschland 205.000 € für Kinder, in England 55.000 £ für Ehefrau bei ausländischem Domizil) abgemildert wird. Umgehungsversuche durch lebzeitige Übertragung durch vorweggenommene Erbfolge werden ebenfalls erfasst.122 Die Erbschaftsteuer wird auch nicht von einem Doppelbesteuerungsabkommen erfasst. Allerdings besteht für Betriebsvermögen eine 116 Jetzt bestätigt durch den High Court of Justice für den in eine Limited umgewandelten Nürnberger Anlagenbauer Brochier , vgl. FAZ v. 28.12.2006, S. 11; vgl. auch EuGH, Slg. 2006, I-03813 - Eurofood. 117 BGHZ 154, 185. 118 Teichmann, NJW 2006, 2444, 2449. 119 Römermann, NJW 2006, 2065, 2069. 120 Impey/Montague, Running a Limited Company, 4th ed., 2004, S. 50. 121 § 19 ErbStG. 122 Vgl. Albrecht, Die steuerliche Behandlung deutsch-englischer Erbfälle, 1992. 22 Erleichterung (Business Property Relief bei einer Beteiligung von 25 % an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft unter bestimmen Voraussetzungen Steuerfreiheit, Anteile müssen aber anschließend sieben Jahre gehalten werden). XII. Die Limited & Co. KG Die Vorteile der Personengesellschaft (Gewerbesteueranrechnung, kein Halbeinkünfteverfahren, Geltendmachung von Verlusten, keine Mitbestimmung) und der Kapitalgesellschaft (Haftungsbeschränkung, Drittorganschaft, Besteuerung des Geschäftsführergehalts als Betriebsausgabe und beim Geschäftsführer als Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, damit Minderung der Gewerbesteuer) werden kombiniert durch die GmbH und Co. KG. Inzwischen ist es allgemein anerkannt, dass die rechtsfähige Limited auch Komplementärin einer KG sein kann.123 XIII. Fazit Gerade für den Einzelunternehmer, der seine persönliche Haftung beschränken will, ist die Rechtsform der Limited wegen der im Vergleich zu einer GmbH mit dem Mindeststammkapital von 25.000 € (oder künftig 10.000 €) wegen der im Verlauf der Geschäftstätigkeit erhöhten Kosten bei der doppelt vorzunehmenden Rechnungslegung und den sonstigen Formalien in England sowie bei der Eintragung der Zweigniederlassung in Deutschland, bei der Rechtsberatung im Hinblick auf das englische Gesellschaftsrecht und das in Deutschland anwendbare Recht sowie wegen der Gefahr eines Erbfalls nicht zu empfehlen. Das gilt umso mehr, als davon auszugehen ist, dass das Eintragungsverfahren künftig straffer ablaufen wird. Für größere Gesellschaften mit internationalem Betätigungsfeldern bietet die Limited als Holding deutscher Gesellschaften die Vorteile der internationalen Bekanntheit sowie der Tatsache, dass die deutsche Unternehmensmitbestimmung umgangen werden kann. Weiterführende Literatur: - Ebke, Überseering und Inspire Art: Die Revolution im Internationalen Gesellschaftsrecht und ihre Folgen, in: Festschrift für Thode 2005, S. 593-613 - Ego, Europäische Niederlassungsfreiheit der Kapitalgesellschaft und deutsches Gläubigerschutzrecht, Nomos 2006 - Römermann, Die Limited in Deutschland – Alternative zur GmbH?, NJW 2006, 2065 ff. - Leuering, Die GmbH und der internationale Wettbewerb der Rechtsformen, ZRP 2006, 201 ff. - Pohl, Die „deutsche Limited“, in: Festschrift für Raupach 2006, S. 375-389 - Teichmann, Reform des Gläubigerschutzes im Kapitalgesellschaftsrecht, NJW 2006, 2444 ff. 123 BayObLG, NJW 1986, 3029; OLG Frankfurt aM, NZG 2006, 830 m.w.Nachw.; a.A. AG Bad Oeynhausen, GmbHR 2005, 692. 23 - Wegen/Schlichte, GmbH oder EU-inländische Gesellschaft – die Qual der Wahl für Unternehmer und Berater in der Praxis, RIW 2006, 801 ff. - Wilms, Die englische Ltd. in deutscher Insolvenz, Nomos 2006 24