Die Prinzipien der Reichsverfassung von 1871 Ziel der Verfassung war eine Balance von Unitarismus und Föderalismus: Unitarismus: Streben nach einem einheitlichen, zentral regierten Staat. Föderalismus: Form des Zusammenschlusses von Staaten, die allen Beteiligten ein gewisses Maß an Selbstbestimmung und Eigenverantwortung belässt. Reichsgründung war nicht Erfolg des dt. Volkes, sondern Preußens Bundesstaaten behielten die Staatshoheit über eigene Verwaltung, Justiz und Kultur kleinere Staaten wie Bayern und Württemberg hatten Sonderrechte bezüglich des Rechtes auf Gesandtschaften, des Kriegsministeriums und des Post- und Bahnwesens Bundesstaaten hatten starkes Einwirkungsmöglichkeit auf die Reichspolitik über den Bundesrat beim Reich lag Verfügungsgewalt über Streitkräfte, Zollwesen, Handel, Verkehr und Postwesen Die Einkünfte daraus flossen dem Reich zu allerdings reichte dieses Geld nicht (v.a. für Streitkräfte), deshalb mussten „Matrikularbeiträge“ durch Bundesstaaten geleistet werden Bundesrat war wichtigstes Reichsorgan Preußen hatte im Bundesrat 17 von 41 Stimmen (Vetorecht bei 14 Stimmen) und hatte 2/3 des Reichsgebietes und der Einwohner Bundesrat konnte Gesetzesvorschläge beim Reichstag einbringen Bundesrat MUSSTE zustimmen bei: verabschieden von Gesetzen, Auflösung des Reichstags und Kriegserklärungen & Friedensschlüssen durch den Kaiser Kontrolle über Einhaltung der Reichsgesetze Reichstag wurde durch allgem. und gleiches Wahlrecht gewählt Bismarck wollte dadurch die Liberalen für das neue Reich gewinnen hatte wenig Rechte, weil der Bundesrat zustimmen musste alleiniges Recht zur Bewilligung des Staatshaushalts, allerdings die Militärausgaben ausgenommen (machten 4/5 des Staatshaushaltes aus) Legislaturperiode: 3 Jahre, ab 1888 fünf Jahre Wahlberechtigung aller Männer ab 25; gleiches, direktes, geheimes Mehrheitswahlrecht Staatsoberhaupt war der Deutsche Kaiser, der gleichzeitig König von Preußen ist Repräsentanz nach außen konnte ohne Zustimmung anderer Organe Verträge (u.a. mit anderen Staaten) abschließen erklärte mit Zustimmung des Bundesrats Krieg & Frieden Hatte denOberbefehl über Bundesheer & Reichsflotte inne ernannte & entließ Bundesbeamte, Reichskanzler (so wurde z.B. Bismarck 1890 von Wilhelm dem II. entlassen) und Offiziere ohne die Zustimmung anderer Reichskanzler war höchster vom Kaiser ernannter Regierungsbeamter einziger Minister des Reiches Vorsitzender des Bundesrats leitete die gesamte Verwaltung des Reichs Probleme der Verfassung: keine echte Gewaltenteilung Kaiser hat politische UND militärische Führung inne Kanzler vom Kaiser voll abhängig Reichstag (Volksvertretung) nur schwache Stellung in der Verfassung Der Reichstag konnte vom Bundesrat mit Zustimmung des Kaisers aufgelöst werden Gesetzesinitiative nur mit Zustimmung des Bundesrates konstitutionelle Monarchie - keine parlamentarische Monarchie Mitspracherecht des Parlaments nur bei Handel, Verkehr, Zöllen Kriegserklärungen alleinige Sache von Kaiser und Bundesrat Arbeiterfrage und nationale Minderheiten: schwache Volksvertretung in der Politik war Grund für schlechte Integration der Arbeiterschaft, die immerhin 20 – 30 % der Bevölkerung ausmachte In Preußen lebten nationale Minderheiten: 2,4 Mio. Polen, 60 000 Litauer 80 000 Dänen in Schleswig Versuch Bismarcks, Deutsch zur Amtssprache zu erheben Polen & Dänen wehren sich gegen Germanisierungspolitik und wollen das Reich verlassen Aufgrund des fehlenden Minderheitenschutzes in der Verfassung breitete sich Nationalismus aus Handelsgesetzbuch (HGB 1865), Strafgesetzbuch (StGB 1872), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB 1900), die im wesentlichen heute noch gültig, bringen wirtschaftliche Verbesserungen wachsende Einwohnerzahlen: 1871: 41 Mio.; 1914: 67 Mio. Deutscher Kaiser Ernennt Entlässt Oberbefehl Bundesrat Einberufung Auflösung Verwaltung Gesetzgebung Kontrolle Vorsitz: Reichskanzler Veto mit 14 Stimmen Reichstag § 397 Abgeordnete Streitkräfte Etatbewilligung, Gesetzesinitiative und -zustimmung Bundes Reichs-heer marine 58 Vertreter der Regierungen 25 Bundesstaaten 3 Jahre Ab 1888 5 Jahre Wahlberechtigte Bürger über 25 Jahre Allgemeines, gleiches und geheimes Wahlrecht