Informationen zum Thema „Partizipation“ und zur Tagung „Empowerment und Mitbestimmung“ Partizipation, also die Mitbestimmung und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, ist ein zentrales Anliegen der UNBehindertenrechtskonvention. Ob Wahlrecht, Mitwirkung an Gesetzgebungsverfahren, beim Aktionsplan oder an Verfahren des nationalen Monitorings: Behinderte Menschen sollen in politischen Prozessen gleichberechtigt partizipieren können wie andere Menschen auch. Doch dies ist im Jahr 2010 noch immer nicht selbstverständlich. Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention ist es, dass Menschen mit Behinderungen von allen Menschenrechten und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt Gebrauch machen können (Artikel 1). Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen Barrieren überwunden werden, die Menschen mit Behinderungen an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten gesellschaftlichen Partizipation behindern. Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit behinderte Menschen stärker in politischen Prozessen partizipieren können? Welche Vorgaben macht die UN-Konvention dazu? Welche Verantwortung tragen Staat und Gesellschaft und welche Beispiele für gelingende Partizipation gibt es schon in Deutschland? Die Jahrestagung der Monitoring-Stelle widmet sich diesen Fragen. In Vorträgen und Diskussionsforen werden gute Beispiele aus der Praxis vorgestellt und die Bedingungen für ihr Gelingen reflektiert. Die Tagung richtet sich an ein breites Publikum, insbesondere an Menschen mit Behinderungen sowie Mitarbeitende staatlicher und nicht-staatlicher Organisationen, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Eröffnungsvortrag: Partizipation behinderter Menschen: menschenrechtliche Grundlagen und praktische Voraussetzungen Referent: Stefan Trömel Der Vortrag beleuchtet die Mitbestimmung von behinderten Menschen und ihren Organisationen bei der Entstehung der UN-Behindertenrechtskonvention. Der Vortrag bestimmt Partizipation zwischen „Dabeisein“, Teilhabe, individueller Rechtsausübung und Mitbestimmung. Der Vortrag sieht die menschenrechtliche Begründung von Partizipation in der Anerkennung von Menschen mit Behinderungen als voll handlungsfähige Rechtssubjekte und als Träger von Menschenwürde. Die Konvention macht Partizipation so stark, weil sie die historisch bedingte Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen und die Erfahrungen der Ausgrenzung aus dem Bereich der politischen Partizipation überwinden will. Der Vortrag beschreibt den rechtlichen Umgang der UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Thema Partizipation. Der Vortrag sieht die in der UN-Behindertenrechtskonvention angesprochenen Bereiche der politischen Partizipation in der „individuellen Rechtsausübung“, in den Bereichen der Umsetzung und der Überwachung. Der Vortrag geht darauf ein, welche Strukturen und welche individuellen Kompetenzen notwendig sind, damit behinderte Menschen in politischen Prozessen partizipieren können. Der Vortrag thematisiert die Herausforderungen, die sich dabei stellen, etwa das Empowerment von Menschen mit Behinderungen, den Auf- und Ausbau der organisatorischen Kapazitäten, die Zusammenarbeit zwischen behindertenpolitischen 1 Organisationen, die inklusiven Partizipationsformen, die auch Menschen mit psychosozialen Problemen und Kinder mit Behinderungen einbeziehen. Der Vortrag zieht folgendes Fazit: Partizipation ist als Querschnittsanliegen sehr differenziert in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert worden: Die UNKonvention verpflichtet den Staat beispielsweise zur schrittweisen Verbesserung der Infrastruktur für die politische Partizipation von Frauen und Männern mit Behinderungen. Im selben Zuge verpflichtet sie zivilgesellschaftliche Akteure dazu, sich dafür einzusetzen, dass Menschen mit Behinderungen an politischen Prozessen teilnehmen und mitbestimmen können. Podiumsdiskussion: Partizipation behinderter Menschen: Aufgabe und Herausforderung Bei der Podiumsdiskussion werden folgende Fragen erörtert: Welche Impulse setzt die UN-Behindertenrechtskonvention in Bezug auf die politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen? Wo steht Deutschland in Bezug auf die politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen? Welche Strukturen und individuellen Kompetenzen müssen vorhanden sein, um die politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen zu fördern? Welche Aufgaben und Herausforderungen stellen sich für Staat und Zivilgesellschaft? Diskussionsforen am Nachmittag Jedes Forum widmet sich einem bestimmten Handlungsfeld, das in der UNBehindertenrechtskonvention thematisiert wird. Die Foren dienen dazu, Fragen der Partizipation von Menschen mit Behinderungen zu vertiefen. Forum 1 behandelt Partizipation in Bezug auf die Umsetzung der UN-Konvention, Forum 2 in Bezug auf die Überwachung der Konvention und Forum 3 in Bezug auf die aktive Wahrnehmung von individuellen Rechten. Ablauf der Foren Expertinnen und Experten geben kurze mündliche Beiträge. Sie beziehen sich auf die thematischen Schwerpunkte der Foren. Der Blick richtet sich auf gute Beispiele. Im Anschluss besteht Zeit für Fragen und Diskussion. Forum 1: Partizipation bei Umsetzungsprozessen Die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt von den Staaten, die sie unterzeichnet haben, dass diese bald nach Inkrafttreten der Konvention geeignete Maßnahmen zur Umsetzung ergreifen. Vor dieser Aufgabe stehen Bund und Bundesländer derzeit. In Artikel 4 Absatz 3 führt die Konvention aus: Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen und beziehen sie aktiv ein. 2 Forum 1 wendet sich der Frage zu, welche Bedeutung die Partizipation von Menschen mit Behinderungen in Umsetzungsprozessen hat. Die aktuelle Diskussion über die Aktionspläne steht im Vordergrund. Zwei Referenten berichten über die Art und Form der Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in entsprechenden Prozessen in Rheinland-Pfalz und Thüringen. Darüber hinaus werden Ansätze der Partizipation in Projekten der internationalen Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt. Im Anschluss an die kurzen Beiträge werden die Möglichkeiten von Partizipation in Umsetzungsprozessen gemeinsam diskutiert. Forum 2: Partizipation im Verfahren der Staatenberichtsprüfung Die UN-Behindertenrechtskonvention sieht Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen in der Verantwortung, einen Beitrag zur Überwachung der Umsetzung zu leisten. In Artikel 33 Absatz 3 der Konvention steht: Die Zivilgesellschaft, insbesondere Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, wird in den Überwachungsprozess einbezogen und nimmt in vollem Umfang daran teil. Die Bundesregierung soll im März 2011 einen Bericht über die Einhaltung der Konventionsrechte und über erste Umsetzungsschritte vorlegen. Diesen Bericht nimmt der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum Anlass, sich mit der Situation von behinderten Menschen in Deutschland zu beschäftigen und sich über den Umsetzungstand eine Meinung zu bilden. Dieses Verfahren nennt man Staatenberichtsprüfung. Forum 2 behandelt das Verfahren der Staatenberichtsprüfung und beschäftigt sich mit folgenden Fragen: Wie können sich zivilgesellschaftliche Organisationen im oben genannten Verfahren beteiligen? Wie funktioniert die Parallelberichterstattung? Welche Erfahrung haben deutsche Nichtregierungsorganisationen mit Parallelberichterstattung gemacht? Und welche Unterstützung von internationaler Seite gibt es? Forum 3: Demokratische Willensbildung Für die demokratische Willensbildung ist die Partizipation von Menschen mit Behinderungen von zentraler Bedeutung. Partizipation in diesem Bereich ist eng verknüpft mit der Wahrnehmung eigener Rechte. Können Menschen mit Behinderungen am politischen Alltag unseres demokratischen Gemeinwesens tatsächlichen gleichberechtigt teilhaben? Welche Bedeutung haben „Empowerment“-Programme für die Befähigung, eigene Rechte im Alltag wahrnehmen zu können? Wie sieht es etwa mit der Ausübung des Wahlrechts, der Interessensvertretung in Einrichtungen oder der Partizipation in den zahlreichen Fragen der Kommunalpolitik aus? In Forum 3 soll anhand konkreter Beispiele darüber diskutiert werden, wie Menschen mit Behinderungen besser an Prozessen der politischen Willensbildung beteiligt werden können. 3