Konferenz - Commission consultative des Droits de l`Homme

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Die Konvention der Vereinten Nationen zur Förderung und zum Schutz der
Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen
1. Die Commission consultative des Droits de l’Homme du Grand-Duché de
Luxembourg (CCDH)
Die Beratende Menschenrechtskommission des Großherzogtums Luxemburg
Die CCDH wurde vor 9 Jahren ins Leben gerufen auf Grund eines « Règlement du
Gouvernement en Conseil ».
Erst das Gesetz vom 21. November 2008 hat der Kommission eine legale Basis verliehen.
Die Kommission ist ein dem Premier beigeordnetes, beratendes Organ der luxemburgischen
Regierung zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte im Großherzogtum
Luxemburg. Zu diesem Zweck erstellt sie Gutachten, erarbeitet Studien, gibt Stellungnahmen
ab und formuliert Empfehlungen an die Adresse de Regierung was die allgemeine Gültigkeit
der Menschenrechte auf nationaler Ebene anbetrifft.
Das heißt auch, dass die Kommission nicht dazu befugt ist, sich um etwaige
Menschenrechtsverletzungen in Einzelfällen zu kümmern.
Die Kommission erfüllt die ihr zugedachte Aufgabe in völliger Unabhängigkeit: die bisher
erstellten regierungskritischen Gutachten sind dafür Beweis genug, dass die Kommission frei
von jeglicher Einflussnahme arbeitet und arbeiten kann.
In ihren Gutachten empfiehlt die Kommission der Regierung Maßnahmen zu ergreifen, die ihr
dazu geeignet erscheinen, die Menschenrechtsituation hier zulande zu verbessern.
Hier wird deutlich, dass die Kommission in ihren Einflussmöglichkeiten beschränkt ist : sie
ist zwar ein wichtiges, aber eben doch nur ein beratendes Organ, denn alle
Entscheidungsgewalt liegt letztlich allein bei der Regierung.
Die bisher der Regierung von der Kommission in vielen Gutachten vorgeschlagenen
Maßnahmen wurden nur teilweise, wenn überhaupt, befolgt und in reale Politik umgesetzt.
Dabei befinden sich Maßnahmen, die sich ohne großen materiellen oder finanziellen Aufwand
hätten verwirklichen lassen. Was oft fehlte war, schier und einfach, der dazu erforderliche
politische Wille.
Bisher erstellte Gutachten – um nur einige zu nennen – betrafen Themen wie die
Menschenrechtserziehung, die schulische Integration von Kindern mit spezifischen
Bedürfnissen, die Situation von Minderjährigen in der Strafanstalt, der Schutz personeller
Daten, den Immigrantenschutz usw.
Was die Arbeitsweise der Kommission angeht, so erstellt sie ihre Gutachten entweder auf
Anfrage hin der Regierung oder aus eigener Initiative auf Vorschlag eines ihrer Mitglieder
oder auf Grund einer Entscheidung der Vollversammlung ( « autosaisine » ).
Ein Letztes – und das betrifft auch die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen
und deren innerstaatliche Umsetzung – : die Kommission ist ausdrücklich dazu befugt, die
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Ratifikationsprozesse internationaler Menschenrechtsinstrumente und die damit verbundenen
von der Regierung unternommenen Anstrengungen zwecks Umsetzung der darin enthaltenen
Bestimmungen in nationales Recht zu überwachen.
2. Behindertenrechte sind Menschenrechte
Der Begriff der Menschenwürde kommt als Begriff von fundamentaler Bedeutung in allen
von den Vereinten Nationen verabschiedeten Menschenrechtskonventionen vor.
Bereits die Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – die selbst nur den
Status einer nicht rechtsverbindlichen Resolution hat – unterstreicht den Zusammenhang
zwischen der „Anerkennung der inhärenten Würde“ und den „gleichen und unveräußerlichen
Rechten aller Mitglieder der menschlichen Familie“.
Die allen Menschen innewohnende Menschenwürde ist der tragende Grund sowohl der
Gleichheit d.h. des Prinzips der Nicht-Diskriminierung als auch der Freiheit d.h. des Prinzips
der Selbstbestimmung oder Autonomie.
In Artikel 1 heißt es: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten
geboren…“ und in Artikel 2 : „ Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung
verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied…“
Obwohl die Behinderung als möglicher Faktor von Diskriminierung in Artikel 2 nicht
erwähnt wird, so ist klar, dass er für alle Mitglieder der menschlichen Familie ohne
Ausnahme die gleichen Rechte und Freiheiten einfordert.
Artikel 3 sagt: „ Jeder hat Recht auf Leben…“ und Artikel 7: „ Alle Menschen sind vor dem
Gesetz gleich…“ . Artikel 22 etwa fordert: „Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht
auf soziale Sicherheit…“ und Artikel 23: „ Jeder hat Recht auf Arbeit…“
Menschenrechte sind in erster Linie Individualrechte: sie kommen jedem Mitglied der
Gesellschaft zu. Jeder einzelne Mensch hat Anspruch auf alle in der Allgemeinen
Menschenrechtserklärung verkündeten Rechte, sowohl auf die bürgerlichen und politischen
wie auch auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.
Menschenrechte sind unveräußerlich d.h. es handelt sich hierbei weder um Geschenke noch
um Privilegien, welche von der Gesellschaft dem Einzelnen zuerkannt (ggf. auch verweigert
oder wieder aberkannt) werden können, sondern um „ grundlegende Rechtspositionen“, „die
jedem Menschen aufgrund seiner Würde geschuldet sind“ (Heiner Bielefeld).
Der Staat als Garant des Rechte ist in mehrfacher Weise in die Pflicht genommen : er soll sie
zunächst als Vorgabe eigenen Handelns achten, darüber hinaus soll er von
Menschenrechtsverletzungen bedrohte Menschen aktiv schützen und schließlich soll er
Maßnahmen ergreifen, damit die Menschen von ihren Rechten einen tatsächlichen Gebrauch
machen können.
3. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Die in der Behindertenkonvention aufgeführten Rechte sind dieselben materialen Rechte wie
die in allen anderen Menschenrechtskonventionen enthaltenen Rechte. Sie werden lediglich
unter dem Blickwinkel der Menschen mit Behinderungen präzisiert und ggf. ergänzt.
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Ich möchte darauf hinweisen, dass die Behindertenorganisationen aktiv an der Ausarbeitung
der Konvention beteiligt waren und dass folglich das tagtäglich von Menschen mit
Behinderungen erfahrene Unrecht sozialer Stigmatisierung und Ausgrenzung eine wichtige
Triebkraft für die Arbeit an der Konvention war.
Frau Radtke wird in ihrem Vortrag auf die Rechte der Personen mit Behinderungen
ausführlicher eingehen. Ich möchte mich meinerseits damit begnügen, in Anlehnung an Prof.
Heiner Bielefeld, dem Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, auf das große
Innovationspotential der BRK hinzuweisen.
Laut Prof. Bielfeld markiert die Behindertenkonvention „einen grundlegenden Wechsel,
indem sie den traditionellen, primär an Defiziten orientierten Ansatz durch einen „diversityAnsatz“ ersetzt“. Behinderung wird nicht mehr wie bisher „von vornherein negativ gesehen,
sondern als normaler Bestandteil menschlichen Lebens und menschlicher Gesellschaft
ausdrücklich bejaht und darüber hinaus als Quelle möglicher kultureller Bereicherung
wertgeschätzt“. So werden z.B. die Kommunikationsformen, die Menschen mit spezifischen
Behinderungen – gehörlose Personen etwa – ausgebildet haben, als „genuine
Kulturerrungenschaften“ angesehen, die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung
verdienen.
Schon allein die in der Konvention gegebene Definition von Behinderung ist bemerkenswert.
„Behinderung, so heißt es, resultiert aus der Beziehung zwischen Personen mit
Beeinträchtigungen und den in Grundhaltungen und Umweltfaktoren bestehenden Barrieren,
derart, dass dies die vollständige und wirksame Beteiligung der Betroffenen auf der
Grundlage der Gleichheit mit anderen hindert.“
Behinderung wird als gesellschaftliche Praxis, als strukturelles Unrecht bestimmt.
Grundhaltungen aber lassen sich ändern, und bestehende materielle Barrieren lassen sich
abschaffen. Aus der Sicht de Betroffenen bedeutet dies, laut Prof. Bielefeld, den „Übergang
vom passiven Erleiden eines vermeintlich natürlichen Schicksals hin zu einer aktiven Kritik
an … diskriminierenden gesellschaftlichen Einstellungen und Strukturen“.
Beide Aspekte des Verständnisses von Behinderung, der sog. „diversity-Ansatz“ wie auch die
Kritik an gesellschaftlichen ausgrenzenden Strukturen sind unverzichtbar für das
Empowerment der Betroffenen. Die Konvention gibt Menschen mit Behinderungen ein Mittel
an die Hand, um selbstbewusst und kritisch zugleich ihre Rechte einzufordern.
Ungewöhnlich ist, laut Prof. Bielefeld, auch „wenn in der Konvention… die Zielsetzung eines
verstärkten Zugehörigkeitsgefühls… aufgeführt wird“. Dahinter steht die Einsicht, dass ein
autonomes selbst bestimmtes Leben nur in sozialen Bezügen möglich ist. Die Konvention
fordert, gegen die Unrechtserfahrung sozialer Ausgrenzung und Bevormundung, eine
freiheitliche und gleichberechtigte soziale Inklusion.
Das in Artikel 24 formulierte Recht auf Bildung etwa schließt ohne Zweifel die allgemeine
staatliche Verpflichtung zu einem inklusiven Bildungssystem ein.
Die zwischen Deutschland, Lichtenstein, Österreich und der Schweiz abgestimmte
Übersetzung der Behindertenkonvention verwendet zwar den Begriff „Integration“ überall
dort, wo eigentlich „Inklusion“ gemeint ist. Die englische Version aber, die maßgebend ist,
spricht allein von „inclusion“.
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Zwischen dem schulischen Integrationskonzept und dem schulischen Inklusionskonzept
besteht aber ein grundlegender Unterschied:
Nach dem Integrationskonzept besuchen Schüler mit Behinderungen gemeinsam mit
denjenigen ohne Behinderungen allgemein bildende Schulen. Dabei wird den Schülern mit
Behinderungen eine sonderpädagogische Unterstützung zuteil, die es ihnen ermöglichen soll,
das von der Schule vorgegebene Leistungsniveau zu erreichen.
Das Inklusionskonzept hingegen beinhaltet einen lernzieldifferenzierten Unterricht. Das
geforderte Leistungsniveau soll der Leistungsfähigkeit der Schüler mit Behinderungen
angepasst werden. Andernfalls wäre in der Schulpraxis die überwiegende Mehrzahl der
Schüler mit Behinderungen durch einen zielgleichen Unterricht überfordert.
Die Umsetzung des Inklusionskonzeptes impliziert weit reichende Veränderungen des
Schulwesens als solchem, was etwa die Schulorganisation, die Lehrpläne, die Pädagogik, die
Didaktik oder die Lehrerausbildung anbetrifft.
Man kann durchaus berechtigte Zweifel daran hegen, ob das neue luxemburgische
Schulgesetz, das einen kompetenzorientierten Unterricht vorsieht, der Forderung eines
lernzieldifferenzierten Unterrichts gerecht wird und überhaupt gerecht werden kann.
Die Verpflichtung für die Vertragsstaaten, bildungspolitische Maßnahmen zu ergreifen, um
das durch die Konvention vorgegebene Inklusionsziel zu erreichen, beginnt unmittelbar nach
dem Inkrafttreten der Konvention.
Es bleibt also zu hoffen, dass die Ratifikation der Konvention durch den luxemburgischen
Staat bald erfolgt und dass deren Bestimmungen zügig in politische Realität umgesetzt
werden. Darüber wird u. a. die beratende Menschenrechtskommission zu wachen haben.
Robert Altmann
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