Zugänglich für alle? Das Ziel einer barrierefreien Gesellschaft Vortrag am 05. Mai 2009 Europäischer Protesttag, Fulda von Marianne Hirschberg (Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft) Informationen zum IMEW • Das IMEW wurde 2001 als gemeinnützige GmbH gegründet • Finanziert wird das IMEW vor allem durch die Stiftung Deutsche Behindertenhilfe – Aktion Mensch • www.imew.de Die Gesellschafter Die 9 Gesellschafter des IMEW aus dem Kreis der Behindertenhilfe und –selbsthilfe: ISL Gliederung • Allgemeine Menschenrechte • Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen • Ziele der Konvention • Schwerpunkt: Barrierefreiheit • Umsetzungsprozess • Ausblick MenschenrechtsKonventionen 1948: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1979: Konvention der Rechte von Frauen 1990: Konvention der Rechte von Kindern 2003: Konvention der Rechte von Wanderarbeitern Dezember 2006: Vereinte Nationen verabschieden die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen 26.03.2009: UN-Behindertenrechts-Konvention ist geltendes Recht in Deutschland Ziel der UNKonventionen: • Leitprinzip: Würde des Menschen • Menschen stärken (engl. „Empowerment“) durch: – Formulierung ihrer Ansprüche auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe – Rechtsverbindliche Verankerung dieser Ansprüche – Verknüpfung mit möglichst wirksamen Instrumenten zu ihrer Durchsetzung Freiheits- und soziale Rechte • Als Abwehrrecht • Einschränkung von Freiheit abwehren • Gegen staatliche und andere Eingriffe in die persönliche Freiheit, z.B.: Ausschluss aus dem Schulsystem, Gemeinschaften • Als Anspruchsrecht • Anspruch auf soziale Dienste und Leistungen • Anspruch auf ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben • Bsp.: barrierefrei zugängliche Wahllokale UN-BehindertenRechts-Konvention (UN-BRK) • Keine Sonderrechte, sondern Konkretisierung des allgemeinen Menschenrechtsschutzes – aufgrund der besonderen Gefährdung behinderter Menschen • Perspektive von Menschen mit Behinderung sichtbar machen • Menschen mit Behinderungen haben an der Entwicklung der UN-BRK mitgearbeitet – Perspektive ändert sich, wenn behinderte Menschen mitwirken (z.B.: Th. Degener, S. Arnade für Deutschland) – Beispiel für Beteiligung der Zivilgesellschaft Paradigmenwechsel von der Wohltätigkeit für Menschen mit Behinderung zu den Rechten von Menschen mit Behinderung Nicht mehr: • Ausgrenzende Fürsorge • Abwertendes Mitleid • Wohlmeinende Bevormundung • Patient/innen Sondern: • Uneingeschränkte Teilhabe • Völlige Gleichstellung • Recht auf Selbstbestimmung • Bürger/innen (BMGS 2003) Definition von Behinderung Eine Behinderung entsteht in der Wechselwirkung zwischen Menschen mit langfristigen Beeinträchtigungen und Barrieren (Umwelt oder Einstellungen, Vorurteilen) (UN-BRK Artikel 2) Bewusstseinswandel • Beachtung von Behinderung als einem Bestandteil menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft – Als Merkmal kultureller Vielfalt wertschätzen – Nicht generell negativ bewertet – Einschränkungen beeinträchtigen das Leben von Menschen mit Behinderungen • Förderung des Bewusstsein für die Rechte und die Würde behinderter Menschen und ihre soziale Wertschätzung (Art. 8) – Achtung und Selbstachtung behinderter Menschen – Gesellschaftliche Aufklärung Barrierefreiheit (Art. 9) Staaten müssen gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen an allen Lebensbereichen gleichberechtigt teilhaben können. Wenn es Hindernisse gibt, muss der Staat Maßnahmen treffen, sie abzubauen. Barrierefrei müssen sein: – Gebäude, Straßen, Transportmittel, Schulen, Wohnhäuser, medizinische Einrichtungen und der Arbeitsplatz – Information und Kommunikation Barrierefreiheit bedeutet: Überall: Design für alle – Rampen, leicht zu öffnende Türen für Menschen im Rollstuhl – Assistenz durch Menschen oder Tiere – Texte und Beschilderungen in Brailleschrift – Einsatz von Gebärdensprache und Bereitstellen von Dolmetscher/innen – Vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten – Einfache Sprache Wie kann unsere Gesellschaft barrierefrei werden? • Über die Umsetzung von: – UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung – Behindertengleichstellungsgesetz – Sozialgesetzbuch IX • Durch die Verinnerlichung des Menschenrechts-Ansatzes – In der Wahrnehmung – Im eigenen Handeln – In politischen Forderungen Umsetzungsprozess • Mechanismen: – Rechenschaftspflicht gegenüber UN – Bundes- & Landesgesetzgebung überprüfen – Gesetze mit Sanktionsmöglichkeiten versehen – Schulgesetze ändern – Erstellung von Aktionsplänen mit Behindertenverbänden – Jede Förderung an Barrierefreiheit knüpfen • Wer ist zuständig? – Gesetzgeber von Bund und Ländern – Interministerielle Koordinierung durch unabhängiges „Monitoring“ • Perspektiven für Betroffene und Verbände: – Umsetzung der BRK einfordern – Aktiv werden, Informieren, Klagen Schlussfolgerungen • Vertragsstaaten müssen: – Menschenrechte sicher stellen – Benachteiligungen verhindern – Eigene Gesetzgebung anpassen • Deutschland hat erheblichen Nachholbedarf: – Fehlende Umsetzung von SGB IX, BGG und AGG • Bewusstsein der UN-BRK: Gewinn für alle – Behinderte Menschen nicht als defizitär wahrnehmen, sondern als Bestandteil der menschlichen Vielfalt – Für alle: Keine Fixierung auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit, Jugendlichkeit und Fitness Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!