Liebe Freundinnen und Freunde, danke, dass ich zur Eröffnung

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Liebe Freundinnen und Freunde,
danke, dass ich zur Eröffnung dieser Messe eingeladen wurde, welche zeigt, dass es
möglich ist, eine solidarischere und integrativere Gesellschaft zu schaffen.
Vor etwa vier Jahren habe ich Herrn Dr. BAN KI MOON, Generalsekretär der
Vereinten Nationen, etwas mitgeteilt, das ich beobachtet hatte und das mich zugleich
ermutigte und beunruhigte: Ich sagte ihm, dass ich während der ganzen Zeit, seitdem
ich mit meiner Behinderung lebe, die atemberaubenden Fortschritte in Wissenschaft
und Technologie, welche jedes Jahr sich zu beschleunigen scheinen, mit Erstaunen
wahrgenommen habe. Die Technologie zur Verbesserung der Barrierefreiheit scheint
hingegen leider zu stagnieren.
Ich bin der Auffassung, dass die Wissenschaft gegenüber der Barrierefreiheit
hinsichtlich der sozialen Verantwortung in der Schuld steht. Ich frage mich, was
geschah mit den Erfindungen dieser Ära der künstlicher Intelligenz, Robotik,
Nuklearmedizin, Nanotechnologie etc., welche das Leben der Menschen mit
Behinderung verändern sollte?
Heute sind beispielsweise die Computerchips so günstig und wir sehen, dass deren
Zukunft in der völligen Unsichtbarwerdung besteht. Sie haben bereits begonnen, Teil
unserer Gewohnheiten, unserer Kleidung, unserer Möbel zu werden, wobei sie sogar
auf Banalitäten Anwendung fanden; aber was geschah mit den BRAIN GATE, jenen
Chips, die - ins Gehirn von Personen mit schwerer Behinderung verpflanzt - es
ermöglichen, eine "erweiterte Wirklichkeit" zu schaffen, sodass sie das Produkt ihrer
Vorstellungskraft äußern können? Ich glaube, wir werden viele Überraschungen mit
nach Hause nehmen, wenn wir die Kreativität betrachten, welche deren obligatorische
Abstraktion hervorrufen kann.
Vergessen wir nicht, dass die künstlichen Innenohrschnecken elektronische Geräte
mit dem biologischem Neuronensystem verbinden.
Was geschah mit den Siliziumchips, welche die Netzhaut des Blinden mit Neuronen
verbinden? Sie gestatteten ihm damals eine Auflösung von 50 Pixeln und
versprachen, dass es in der Zukunft Tausende davon wären?
Oder dieser Helm, der einem Elektroenzephalogramm ähnelt, welcher den Menschen
mit schwerer Körperbehinderung ermöglichen soll, einen Roboter zu haben, der wie
ein Avatar funktioniert?
Es wird gearbeitet, aber nicht mit der Schnelligkeit, die wir benötigen.
Was geschah mit jenem Exo-Skelett, das anfangs einem auf die Person gesetzten
Lastenaufzug ähnelte? Und welches heute mit den Nanoröhren unsichtbarer Teil
unserer Kleidung sein könnte. Es werden große Anstrengungen unternommen, welche
dies empfíndlich beschleunigt haben, aber ich fürchte, dass der Preis immer noch
unerschwinglich hoch sein wird für die Mehrheit der Menschen mit Behinderung.
Und so könnte ich Hunderte weiterer Beispiele aufzählen. Das Problem ist, dass die
Technologie noch weit entfernt ist von jenen, die sie am dringendsten brauchen.
Daher komme ich mit viel Enthusiasmus auf diese Messe REHAB, denn
Veranstaltungen wie diese stellen eine Einladung an die solidarische Technologie dar.
An eine Technologie, die nicht nur teure Spielzeuge für reiche Kinder produziert, die
den Apparaten der Kommunikations- und Computersysteme nicht nur Romanhaftes
und beinahe nicht notwendige Funktionen hinzufügt, sondern auch der Wissenschaft
ihr menschliches und solidarisches Antlitz zurückgibt.
Wie WILLIAM GIBSON sagte: "Die Zukunft ist bereits hier, ihre Umverteilung ist
jedoch misslungen".
Ich erfuhr, dass es genau hier in Karlsruhe war, wo das Wort "Informatik" erschaffen
wurde um das Jahr 1957. Die Bürgermeisterin sagt aus gutem Grund, dass man genau
hier die meiste medizinische Technologieforschung in Deutschland findet. Die
Technologiegeschichte von Karlsruhe mit ihrem Institut und als regionaler Vorreiter
sowie die Betreuung der Menschen mit Behinderung, insbesondere Kinder und
Jugendliche, sind erbauliche, inspirierende Aspekte.
Mit diesen Beispielen sollten wir die Personen der Wissenschaften mehr motivieren,
ihrer soziale Verantwortung gerecht zu werden. Irgendwann glaubte man, dass die
Wissenschaft unabhängig sei von dem, was der Mensch mit seinen Erkenntnissen
anstellt. Aber nein, jede Person der Wissenschaften sollte zu einem Aktivisten der
Solidarität werden.
Ich bin damit einverstanden, dass die Gesellschaft den Zustand der Behinderung
achtet. Aber wäre es nicht noch besser, wenn die Personen mit Behinderung
auswählen könnten zwischen verschiedenen Möglichkeiten des Lebensstils?
Andererseits:
Die Menschen mit Behinderung werden zunehmend - dank des Potenzials, das sich
aus ihrem Zustand ableiten lässt - zu Akteuren sowie Begünstigten der Entwicklung
und leisten einen bedeutenden Beitrag zur Wohlfahrt, zum Fortschritt und zur
Diversität der Gesellschaft.
In keinem Land kann man von Entwicklung sprechen, wenn ausschließende Kriterien
aufrechterhalten werden, wenn soziale Ungleichheit bestehen bleibt, wenn keine
soziale Inklusion hervorgebracht wird; und selbstverständlich: wenn keine
Barrierefreiheit besteht.
Die Barrierefreiheit führt zu einem Umdenken und zu Veränderungen im Verhalten
der Gesellschaft. Wir Menschen weisen eine Dualität auf, welche uns zugleich in der
Vergangenheit verankert und uns andererseits motiviert, uns zu verändern und unsere
Umgebung zu verändern.
Uns wurde glauben gemacht, dass wir nichts verändern könnten. Das ist nicht richtig.
Wir sind für die Veränderung geschaffen. Unser Gehirn, welches hierfür der Motor
ist, verfügt über eine biologische und physiologische Grundlage, die Veränderungen
ermöglicht. Eine Zukunft, die man sich wünscht, würde einen Mentalitätswandel
beinhalten.
Die Barrierefreiheit ist eine Kultur, ein Lebensstil zum Erschaffen einer würdigeren
Gegenwart und einer Zukunft des Friedens für alle ohne Ausnahme und ohne
Exklusion.
Die Barrierefreiheit als eine große Investition zu betrachten anstatt sie als eine Frage
des Umsetzens einer Rechtsnorm aufzufassen; dies trägt zur Steigerung der
Wertschöpfungskette bei, was einem breiten Spektrum der Gesamtbevölkerung
zugute kommt und nicht nur jenen mit besonderen Bedürfnissen.
Wie TOMÁS BERRING sagte: "Die Welt ist eine Gemeinschaft von Individuen,
keine Sammlung von Gegenständen".
Denn Behinderung ist nicht Unfähigkeit, sondern Vielfalt und so sind Messen wie
diese, die allen die letzten Neuerungen im Bereich der Barrierefreiheit zur Verfügung
stellen, von der Welt benötigte Messen, um sich selbst erkennen zu können als auf
wunderbare Weise vielfältiger Planet.
Und dies musste an so einer Stadt wie dieser geschehen, die Fächerstadt wegen ihrer
Planung, aber auch "Fächer" wegen ihrer Großzügigkeit beim Zeigen der großen
Bandbreite an Möglichkeiten, die eine Technologie mit menschlichem Antlitz der
Welt bringen kann.
Freundinnen, Freunde, Brüder, Schwestern und Forscher, anwesende Vertreter
staatlicher Stellen, danke für die Aufmerksamkeit.
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