Geschichte der PSYCHIATRIE und PSYCHOTHERAPIE in Stichworten II MODERNE: Beginn der biologischen (d.h. somatischen) Psychiatrie und der psychotherapeutischen Behandlungsverfahren, Siegeszug der Psychopharmaka. 1878 Jean Martin CHARCOT (1825 - 1893, 1853 Chef der Salpétrière, 1872 Prof. der pathol. Anatomie, 1882 Prof. der Neurologie, weltberühmter Neurologe) verwendet bei den schwerhysterischen Dauerpatienten seiner Klinik die Hypnose. Er hält die Hysterie für eine erbliche Erkrankung der inneren Kapsel, die Stigmata und Anfälle durch hysterogene Zonen (Ovarialdruckschmerz) bewirkt. Sein Schüler und Nachfolger Joseph BABINSKI (1857 - 1932) widerlegt seine neurologischen "Befunde" bei der Hysterie. 1883 Emil KRAEPELIN (1846 - 1926, Assistent bei Bernhard von GUDDEN in München (1824-1886, Psychiater Ludwig II. von Bayern), ab 1882 Hirnanatomie mit Flechsig bei Wundt, 1886 Prof. der Psychiatrie in Dorpat, 1890 in Heidelberg, ab 1904 in München) veröffentlicht sein "Kompendium der Psychiatrie", klassische Form als Lehrbuch ab 1899: er unterscheidet nach Ursache und Prognose exogene Psychosen (Fieberdelirium, Erschöpfungsirresein, progressive Paralyse, bei Hirntumoren, Abzessen und Dementia praecox als Selbstvergiftung) und endogene Psychosen (Rückbildungspsychosen, das manisch-depressive Irresein, Paranoia), Neurosen (u.a. Hysterie und Epilepsie), Psychopathien (u.a. Zwangsneurosen, Homosexualität) und Idiotie. Später zwei Formenkreise: Dementia präcox und manisch-depressives Irresein (MDI). „Opium-Kur“ bei endogenen Depressionen. 1884 Hauptwerk von Hippolyte BERNHEIM (1840 - 1919) "Die Suggestion und ihre Heilwirkung": die Hypnose ist kein besonderer hysterischer Zustand (Charcot: Faszinations- und Fixationshypnosen), sondern eine Fähigkeit jedes geistig Gesunden. "Nur die Suggestion ist das Wirksame." Die Hypnose ist ein Sonderfall der Suggestion. Die erste Schule von Nancy (Bernheim übernahm von Liébault [1823-1904] die Hypnose) beschäftigte sich mit der Suggestion. 1884 Paul Ehrlich färbt das Tb-Bakterium, wird Prof. 3 Jahre vor der Habilitation, 1908 Nobelpreis, Salvarsan 1886 Coca Cola (bis 1903 cocainhaltig). Club des Hachichin: Baudelaire, Balzac, Dumas, Victor Hugo. 1887 Julius Wagner von JAUREGG, Ordinarius in Wien, (1857 - 1940) empfiehlt die Fiebertherapie (ab 1907 Malaria) bei der progressiven Paralyse, 1927 bekommt er dafür den Nobelpreis. 1889 Pierre JANET (1859 - 1947, Prof. der Philosophie, 1903 der Medizin) berichtet über kathartische Therapie: Bewußtmachen der Erinnerungen in der Hypnose führt zur Heilung bei Neurosen (vorwiegend Psychasthenien). Vielseitiger Schriftsteller. Erster klinischer Psychologe. 1893 Erstes internationales Todesursachenverzeichnis, die „BERTILLION-KLASSIFIKATION“ 1894 "Studien über Hysterie" von Sigmund FREUD (1856 - 1939, 1885 bei Charcot, 1889 bei Bernheim) und Joseph BREUER (1842 - 1925): Konversion von Handlungsenergie in ein symbolisches Symptom, Therapie durch Befreien des eingeklemmten Affektes im "Abreagieren". 1899 "Traumdeutung" Ab 1896 Psychoanalyse mit freier Assoziation, Abstinenz und Spiegelhaltung. 1905 "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie". 1910 Internat. Psychoanalytische Vereinigung, Bruch mit Eugen BLEULER, 1911 Bruch mit A. ADLER, 1913 Bruch mit C.G. JUNG, 1923 "Das Ich und das Es". 1896 Pfarrer Josef NEUMANN (Dominikanerpater Anno) gründet den Kreuzbund. 1898 Bayer bringt Diacetylmorphin (HEROIN) als Hustenmittel auf den Markt. Suchtstoff erst ab 1923! 1899 Sergej Sergejewitsch KORSAKOW (1854-1900) wird Prof. für Neurologie und Psychiatrie in Moskau. Er beschreibt das amnestische Syndrom, die (alkoholbedingte) Korsakow-Psychose. 1903 Emil FISCHER (1852 - 1919, Ernährungsforscher) synthetisiert das Barbiturat Veronal. 1904 Ivan Petrovich PAWLOW (1849 -1936) erhält den Nobelpreis für seine verdauungsphysiologischen Studien. Er macht die dabei an Hunden entdeckten bedingten Reflexe zur Grundlage alles Seelischen ("physiologische" objektive Psychologie), studierte Neurosen und Hypnose an Tieren. Hysterie und Schizophrenie sind für ihn chronische Hypnose. Brom, Ruhe und Kastration heilen. Ab 1913 in den USA Behaviorismus (WATSON, THORNDIKE): exakte, objektive Erfassung zentralnervöser Funktionen an Versuchstieren erklärt soziales Verhalten des Menschen. Ab 1950 Verhaltenstherapie (H.J. EYSENCK am Maudsley-Hospital in London): Lerntheorie gegen die Psychoanalyse. Neurotisches und psychotisches Verhalten ist abnormes, gelerntes Verhalten. Symptom- und problemorientierte Therapietechniken: aktive Desensibilisierung, Aversionstherapie, Token-Verstärkungssystem, Selbstsicherheitstraining, Reizüberflutung, Gedankenstop. 1970 kognitive Wende 1907 Dr. Alois ALZHEIMER (1864-1915, 1903-1912 Neuroanatom bei KRAEPELIN, ab 1912 Prof. der Psychiatrie in Breslau) beschreibt die Alzheimersche Krankheit: vorzeitige Hirn-Degeneration zw. 40. und 60. LJ mit Demenz. Begründet mit NISSL die Histologie der „Geisteskrankheiten“. 1908 Karl BONHOEFFER (1868-1948 Königsberg, Breslau, Berlin): Akuter exogener Reaktionstyp - viele Noxen, wenige Krankheitsbilder. 1917 Kriegszittern ist psychogen (hy). GA über von der Lubbe. 1911 Eugen BLEULER (1857 - 1939, Assistent bei von GUDDEN, Nachfolger von Forel in der Klinik Burghölzli bei Zürich) beschreibt im "Handbuch der Geisteskrankheiten" von Aschaffenburg die Dementia praecox als "Gruppe der Schizophrenien" mit Grundsymptomen (Denkzerfahrenheit, Parathymie, Depersonalisation) und akzessorischen Symptomen (Halluzinationen, Wahnideen, Störungen von Gedächtnis, Person, Sprache, Schrift). „Entscheidend ist, dass...der Affekt ein relatives Übergewicht über die Psyche erhält. Die Denkabläufe werden nicht mehr durch die Gesetze der Logik zusammengehalten, sondern durch die Logik der Affekte“. Er unterscheidet Richtungsprognose und Streckenprognose. Die Psychoanalyse Freuds ist für ihn die einzige ernstzunehmende Therapie bei den Schizophrenien. Die kalte Ganzpackung (bei Unruhezuständen) ist für ihn "der ärgste Restraint". 1912 C.G. JUNG: "Wandlungen und Symbole der Libido": Theorie des kollektiven Unbewußten (Nachweis mythologischer Wurzeln der Halluzinationen von "Miss Miller"). 1912 Patentschrift über MDMA (3,4 Methylen-Dioxymethamphetemin, XTC) als Appetitzügler (Merck) 1913 Karl JASPERS (1883 - 1969, Psychiater, Psychopathologe, Existenzialphilosoph): "Allgemeine Psychopathologie" (1946 überarbeitet) Beginn der wissenschaftlichen Psychopathologie. Er unterscheidet das rationale "statische Verstehen" vom einfühlenden "genetischen Verstehen" im Wesenszusammenhang. Schizophrene Symptome sind unverstehbar. Pathographien: Strindberg, van Gogh 1922, Hesekiel 1947. 1919 Hermann SIMON (1867 - 1947, "Direktor der Provinzheilanstalt Gütersloh") führt die Arbeitstherapie in seiner Klinik ein. 1924 Vortrag in Innsbruck, AT setzt sich in Holland, der Schweiz, England durch. 1929: "Aktivere Krankenbehandlung in der Irrenanstalt". 1920 Die Freiburger Karl L.L. BINDING (Jurist) und Alfred E. HOCHE (Psychiater und Dichter, 1865-1943): "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens, ihr Maß und ihre Form". Sozialdarwinistische "Erlösung" "leerer Persönlichkeitshülsen", „minderwertiger Ballastexistenzen“, „seelenloser Wesen“. HOCHE gibt 1933 aus Protest gegen die Nazis als einer der wenigen seinen Lehrstuhl in Freiburg auf. 1920 Karl KLEIST (1879-1960), Schüler von Wernicke, kommt als Professor für Psychiatrie und Neurologie aus Rostock nach Frankfurt. Er sieht im Gegensatz zu Kraepelin nicht nur zwei Psychosen, sondern eine Vielzahl (Angst- und Glückspsychosen, Motilitätspsychosen), bearbeitete die postoperativen Psychosen neu. Karl LEONHARD führt sein Werk fort. 1920 Jacob Levi MORENO beginnt in Wien mit "Gruppentherapie" (Stegreif-, Rollenspiele, Straßentheater). Er führt ab 1925 das Psychodrama in den USA ein. 1921 Ernst KRETSCHMER (1888 - 1964): "Körperbau und Charakter" 1921 J. KLAESI führt "Somnifen-Dauernarkosen" ein. Psychosen sind „Kunstwerke der Verzweiflung“. 1922 Hans PRINZHORN (1886-1933) veröffentlicht die "Bildnereien der Geisteskranken" 1923 Emilie COUÉ (1857 - 1926, Apotheker, Psychotherapeut, mit BAUDOUIN zweite Schule von Nancy) Gruppenhypnosen mit allgemeinen Suggestionen ("Es geht vorüber, es geht vorüber", "Von Tag zu Tag geht es mir besser!"). Für ihn wirkt bei jeder Suggestion nur die Autosuggestion. 1926 Erster Allgemeiner ärztlicher Kongress für Psychotherapie in Baden-Baden (537 Teilnehmer). 1926 Alfred ADLER: "Handbuch der Individualpsychologie". 1932 Lehrstuhl in New York. 1928 I.H. SCHULTZ (1884 - 1970, führender Vertreter der nicht-psychoanalytischen Psychotherapie) beschreibt das von ihm entwickelte "Autogene Training", gründet 1926 AÄGP, 1951 Lindauer PW mit. 1929 Hans BERGER (1873 - 1941) entwickelt in Jena das EEG (Elektro-Encephalogramm). 1931 Kurt SCHNEIDER (1887 - 1967, neben Karl Jaspers Hauptvertreter der phänomenologischen Psychiatrie): "Klinische Psychopathologie". Er unterscheidet Symptome 1. Ranges: akustische Halluzinationen (dialogische, kommentierende, imperative Stimmen, Gedankenlautwerden), Leibhalluzinationen, Wahnwahrnehmungen und schizophrene Ich-Störungen (Eingebung, Entzug, Ausbreitung von Gedanken, Willensbeeinflussung) von Symptomen 2. Ranges: sonstige akustische, optische u.a. Halluzinationen, Leibhalluzinationen i.e.S., Wahneinfall. 1933 Manfred SAKEL (1900 - 1957) berichtet Besserung von Psychosen durch Insulinkoma und Insulinkrampf (Zufallsentdeckung bei der Therapie von Drogenabhängigen). 1933 „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14.7.33 („Aufartung“, „Ausmerzung“). 1935 Frieda FROMM-REICHMANN (1889-1957, jüdische Bankierstochter, Schülerin von I.H. Schultz, H. Sachs, G. Groddeck, ca. 1924-1934 „Ehe“ mit Erich Fromm [1900-1980], ab 1934 in USA): 1924-1933 psych. Privatklinik in HD, ab 1935 in Chestnut Lodge Psychoanalyse mit chronisch Schizophrenen (u.a. auch Tanztherapie nach Mary Wigman in Frieda´s Cottage). Sie prägt den Begriff der "schizophrenogenen Mutter", ist Frau Dr. Fried im „Rosengarten“ (von Hanna Green [Joanne Greenberg, *1932]). 1935 Die Anonymen Alkoholiker (AA) werden von Bill und Dr. Bob in den USA gegründet. Christliche Einflüsse auf Anregung von C.G. Jung ("Spiritus contra spiritum") und die Oxfordbewegung (1833-45 u.a. durch J.H. Newman in England, ab 1874 in den USA und Europa). 12 Regeln. 1935 Die Reichsärzteordnung vom 13.12.1935 führt von der Gewerbeordnung zur Gleichschaltung der Ärzte als „herausgehobene Minorität“ („Der Wille des Führers ist der reale Wille der Gemeinschaft.“). 1936 L. von MEDUNA (1896 - 1964): künstliche Epilepsie mit Kampfer, später Cardiazol heilt Schizophrenie. Psychochirurgie: W. Freeman + J.W. Watts: präfrontale Lobotomie, Fiamberti: transorbitale Lobotomie 1937 H.H. MERRIT und T.J. PUTNAM entdecken die antiepileptische Wirkung von Diphenylhydantoin. 1938 Ugo CERLETTI (1887 - 1963) und L. BINI führen den Elektroschock ein. 1985 unilateraler ES. LSD wird von Sandoz synthetisiert. (wird 1965 von Sandoz vom Markt genommen). 1939 Euthanasieprogramm auf Geheimbefehl Hitlers vom 1.9.39: Massentötung von 5.000 missgebildeten Kinder und ca. 70.000-100.000 erwachsenen Geisteskranken ("Aktion T4", u.a. durch Verhungern/CO). Gasmordanstalten: Bernburg, Brandenburg, Grafeneck/Stuttgart, Hadamar/Limburg, Hartheim/Linz, Sonnenstein/Pirna. 20.8.1940 Denkschrift von Prof. Dr. Gottfried EWALD (1888-1963), Göttingen. Widerstand u.a. durch Friedrich von BODELSCHWINGH (1877-1946, Bethel), Pfarrer BRAUNE (Hoffnungstal) und "verheerende Predigt" des Bischofs von Münster, Graf von GALEN am 3.8.1941. Am 24.8.41 offizieller Abbruch der Aktion, danach "wilde" Euthanasien (insgesamt ca. 200.000 psychisch Kranke). 1933-45 ca. 350.000 Zwangssterilisierungen. In Schweden 1953-1976: 62.000!! 1940 Paul SCHRÖDER (1873-1941 Ordinarius für Neurologie und Psychiatrie in Leipzig) gründet die „Deutsche Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik“. Heinrich Hofmann („Struwwelpeter“), Villiger, Heinze sind Gutachter für Kindestötungen. Reinhard LEMPP 1998: „Was damals passierte, kann man nicht beschreiben!“ T4-Aktion war Probelauf für den Holocaust über Tarnorganisationen. 1942 Harald SCHULTZ-HENCKE (1892 - 1953): "Der gehemmte Mensch, Entwurf eines Lehrbuches der Neo-Psychoanalyse" (Amalgam 2/3 Freud, 1/3 Adler und Jung - ohne Libido und Metapsychologie). 1946 Alexander MITSCHERLICH und stud. med. Fred MIELKE beobachten ab 9.12.46 den Nürnberger Ärzteprozess. 1947: „Das Diktat der Menschenverachtung“, 1948: „Medizin ohne Menschlichkeit" 1946 T.F. MAIN beschreibt die therapeutische Gemeinschaft, Maxwell JONES führt sie 1976 in die Klinik ein: Patient wird Partner im sozialen Kosmos der Klinik; Gruppen von 30-100 Patienten. 1947 Josuah BIERER eröffnet in London die erste psychiatrische Tagesklinik: Marlboro-Day-Hospital ("Psychiatrie ohne Bett", Umzentrierung psychiatrischer Arbeit auf ambulante Therapie). D.E. CAMERON eröffnet fast gleichzeitig eine Tagesbehandlungsstätte in Montreal. Vorläufer: Tageskliniken in Moskau um 1930. 1962 erste deutsche TK durch D. Bosch und C. Kulenkampff in Frankfurt a.M. 1986: 80-100 Tageskliniken in D, ca. 400 Tageskliniken in GB! 1947 Arbeitstagung der Ärztekammer in Bad Nauheim. Victor v. Weizsäcker: "Neuordnung der psychotherapeutischen Tätigkeit"; Doz. Dr. A. Mitscherlich: "Bericht über den Nürnberger Prozeß". 1948 ICD 6: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten, Verletzungen u. der Todesfolgen. 1948 Alfred KINSEY (1894-1956, Gallwespenexperte): „Das sexuelle Verhalten des Mannes“. 1954: ...Frau 1949 Gottfried KÜHNEL gründet die Neurosenklinik TIEFENBRUNN bei Göttingen (vorher Tb-Klinik "Rasemühle"). 1953 OA Dr. med. Werner SCHWIDDER, 1971-85 Prof. Dr. med. Franz S. HEIGL. 1951 CHLORPROMAZIN (Megaphen) wird von dem englischen Militärchirurgen LABORIT als Neuroleptikum (Mittel gegen Schizophrenie) empfohlen. Delay und Deniker beschreiben 1952 die antimanische und neuroleptische Wirkung. 1955 weltweite Einführung. 1952 DSM I der APA gegen die europäische ICD. 1952 Hans Jürgen EYSENCK: "Wirksamkeit der Psychotherapie". Die Psychoanalyse ist unwirksam, nur die Verhaltenstherapie ist messbar erfolgreich (??). Beginn vergleichender Psychotherapieforschung. 1952 Hans-Jörg WEITBRECHT (1909-1975, Bonn) führt den Begriff „endoreaktive Dysthymie“ ein. 1953 Kodifizierung der Psychoanalyse u.a. wegen der „korrigierenden emotionalen Erfahrung“ Franz G. ALEXANDERs (1891-1964, 1932-1956 Leiter des psychoanalytischen Institutes in Chicago). 1955 Michael BALINT (1896 - 1970, Schüler von Hanns Sachs und Sandor Ferenczi): "Der Arzt, sein Patient und die Krankheit". 1949 bzw. 1956 Beginn der Balint-Gruppen mit Enid BALINT in London. 1957 Gaetano BENEDETTI und Christian MÜLLER veranstalten in Basel ein "Erstes Internationales Symposium Psychotherapie bei Schizophrenie". 1958 PSYCHYREMBEL von Prof. Dr. Willibald (19001987). 1957 Roland KUHN entdeckt die depressionslösende Wirkung von Imipramine (Tofranil) 1958 Haloperidol wird von dem Belgier B. Hermans synthetisiert und von Paul JANSSEN eingeführt. 1958 Aufhebung des Halbierungserlasses der Nazis von 1942; 1981 kaufmännische Buchführung. 1959 Ronald D. LAING (1927-1988, Tavistock-Klinik, 1962-1976 Leiter der Londoner Langham Klinik): "The divided Self" (1972: "Das geteilte Selbst. Eine existenzialistische Studie über geistige Gesundheit und Wahnsinn"). Beginn der Antipsychiatrie: Schizophrenie gibt es nicht, sie ist Folge der kranken Gesellschaft und Unterdrückungsgrund. "Self-Service-Station für zerbrochene Menschen" in Kingsley Hall. Hippie-Prophet und Drogenfreund. 1965 LSD wird von Sandoz vom Markt genommen. 1960 Der dänische Psychiater Mogens SCHOU beweist u.a. an seinem jüngeren Bruder die phasenverhindernde Wirkung des Lithiums (z.B. Quilonum, Hypnorex) bei MDP (John CADE [1912-1980] beschrieb 1949 die antimanische Wirkung). Bis 1990 mehr als 330 Arbeiten über Lithiumtherapie. 1960 Librium (Sternbach, USA) kommt als erster Tranquilizer auf den Markt, 1962 wird Valium als Psychopharmakon und Muskelrelaxans eingeführt. Ab 1970 wird das Suchtpotential erkannt. 1961 - 1968: Franco BASAGLIA (1924-1980) löst als Chefarzt ab 1963 die Anstalt Gorizia auf. 1968: "Die negierte Institution - oder die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen..." 1978 Abschaffung der psychiatrischen Anstalten in Italien durch das "Gesetz 180". Entstehung von Angehörigen-Initiativen gegen das Gesetz: 1984 mehr als 20.000 Mitglieder, wollen wieder "Anstalten". 1961 Goffman kritisiert in „Asyle“ die krankmachende Wirkung der „totalen Institution“. 1963 M. LORGE empfiehlt Carbamazepin gegen Epilepsie und epileptische Wesensänderung. 1963 DOLE und NYSWANDER empfehlen in den USA Methadon gg Opiatmissbrauch („Dealer in Weiß“). 1966 Der Antipsychiater SCHEFF bezieht die Labeling-Theorie (Howard Becker, *1963) auf psychische Erkrankungen. Psychiatrische Diagnosen sind für ihn „Fabrikation des Wahnsinns“. 1965 ICD 8. 1967 Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für ambulante Psychoanalysen, 1987 für VT. 1967 Kurt HÖCK führt in der DDR die Intendierte Dynamische Gruppenpsychotherapie ein (IDGP). 1968 Das Bundessozialgericht erkennt den chronischen Alkoholismus als Krankheit an. 1979 Empfehlungsvereinbarung zwischen Krankenkassen und Rentenversicherern. 1985 etwa 250 stationäre Behandlungseinrichtungen. Nachsorgevereinbarung 1985. 1992 Rückzug aus den nieders. LKH. 1969 B. PFLUG und R. TÖLLE: Schlafentzug (Wachtherapie) wirkt bei endogenen und s.a. Depressionen. 1970 Aaron ANTONOWSKI (1923-1974, amer.-israelischer Medizinsoziologe): Salutogenese bei NS-Opfern 1971 Das BTM-G löst Opiumgesetz von 1929 ab. 1981 Reform des BTMG („Therapie statt Strafe“, § 35). 1973 ROSENHAN „On being sans in insanse places“: 8 gesunde Pseudopatienten (4 Psychologen, 1 Kinderarzt, 1 Psychiater, 1 Maler, 1 Hausfrau) sind 3 bis 93 Tage wg. Halluzinationen in psychiatr. Kliniken. 1976 Anneliese Michel verstirbt am 1.7.76 nach 9monatigen "Exorzismen" in Klingenberg. 1976 A. Goldstein diskutiert in Science die Suchtdisposition durch Enkephaline. A. Herz im Nervenarzt 1995; 66: 3-14: μ-(ß-Endorphin), δ- (Enkephalin), κ-(Dynorphin)-Rezeptoren. 1972 Buprenorphin. ICD 9. 1977 VAUGN, LEFF, BROWN, Wing: Rezidive von Schizophrenien bei High-expressed-emotions-Familien: Bei über 35 h Gesichtszeit/ Woche = 69% (mit Neuroleptika 53%, ohne Med. 92%), unter 35 h 28% (mit Med. 15, ohne Med. 42%). Low-EE-Fam.: 13% Rezidive (mit Med. 12%, ohne Med. 15%). Irrelevant: Alter, Hospitalisierungsdauer; relevant: Beruf, Familie. Rezidive bei üblicher/familienth. Nachbehandlung. 1977 Die "Psychiatrie-Enquete" (von 1975-1977) beschreibt "brutale Realitäten" in der Psychiatrie. Douglas Bennett: "Lieber gar keine Behandlung als solche Behandlung!" Die Reformpsychiatrie beendet langsam die Verwahrpsychiatrie. DGSP (Deutsche Gesellschaft für soziale Psychiatrie) 1980: "Zerschlagt die Großkrankenhäuser!" Gründung und Vermehrung von "flankierenden Einrichtungen", Ausbau sozial-psychiatrischer Dienste, Ausdifferenzierung des Therapieangebotes der psychiatrischen Kliniken. Ambulante Behandlungsmöglichkeiten: 1977-1987 Verdreifachung der Zahl der Nervenarztpraxen (43% mit -Psychotherapie-, 87% führen Psychotherapie durch). 1980 DSM III (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), die Klassifikation psychischer Krankheiten der American Psychiatric Association (APA) wird veröffentlicht. Vorarbeiten u.a. durch den Philosophen C.G. Hempel 1961 und R. Spitzer 1974. Operationaler, "atheoretischer", beschreibender Ansatz: exakt definierte Ein- und Ausschlusskriterien mit eindeutigen Verknüpfungsregeln verbessern die Reliabilität (Genauigkeit) psychiatrischer Diagnosen. ´52 DSM I, ´68 DSM II, ´87 DSM III R. ´95 DSM IV. 1984 Luc CIOMPI beginnt in Bern mit Soteria (1977 Moshe in San Francisco) 1984 Dr.Dr.Bartholdy ist Postbote Gert Postel. 1994 NA im BfW Berlin, 1995-97 OA in Zschadraß, JVA 9901 1985 P.R. McHUGH, renommierter Psychiater der John Hopkins University, kritisiert heftig die Antipsychiater Goffman, Laing, Szasz, Foucault in: „Hexen, multiple Persönlichkeiten u. and. psychiatrische Artefakte“ 1986 Peter Lehmann, *1950, Dipl.-Päd. wird vom BVG (1983 BGH) Herausgabe seiner KG 1977 verweigert. 1989 Gesundheitsreformgesetz (GRG): MDK statt VÄD (1925), ´93 Gesundheitsstrukturgesetzt, ´95 Pflegeversicherung (N. Blühm), ´00 Solidaritätsstärkungsgesetz, ´03 Gesundheitsstrukturenreformgesetz. 1990 Psychiatrie-Personalverordnung PV Psych durch das BMS und Norbert Blühm: Bis 1995 steigt Personalausstattung der psychiatrischen Kliniken durch einen Stufenplan in 5 Jahren auf das Doppelte. 1991 Meyer AE, Richter F, Grawe K u.a.: Forschungsgutachten zur Frage eines Psychotherapeutengesetzes 1991 1992 1993 1996 Anstieg der Drogentoten auf 2.125/Jahr, NUB-Richtlinien: Methadonsubstitution nach Fachkunde. Gründung des Bundesverbandes Psychiatrieerfahrener e.V. am 11.10.92 in Bedburg-Hau. Der Ärztetag beschließt u.a. den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und den Nervenarzt. Die ICD 10 der WHO wird verbindlich für die Diagnosen-Verschlüsselung in der Arztpraxis (Dilling 1997 – „atheoretisch“ und multiaxial [3 Achsen, DSM IV: 5 Achsen]). 1´97 Verschiebung auf ´98 und Überarbeitung, BMG Andr. Fischer 7´99: ab 1.1.00 verbindlich! Austr. DRG ab 11´00/1´03 außer Psychiatrie! 1998 Verbändetreffen gg sex. Missbrauch in Psychotherapie und psychosoz. Beratung: § 174c,1 v.26.1.98 Dr. med. W. Scherf, Nds. LKH Hildesheim. Stand: 8. Oktober 2003