xxxxxxxxxxxxxx Cand. Med. vet. 7. Semester Gießen, den xxxxxxxxxx Krankenbericht Über einen Patienten der Klinik für Kleintiere, Chirurgie, der Justus Liebig Universität Gießen. Die Untersuchung findet am xxxxxxxx in der Zeit von 20.00 bis 20.15 Uhr in der Operationsvorbereitung statt. Anamnese: Am xxxxxxxx wird der 6 Wochen alte Welpe aus der Klinik für Kleintiere, Innere Medizin in die Chirurgie überwiesen. Der Besitzer berichtet, dass der Hund schon seit längerem im Bauch gluckst, wenn er getrunken hat. Um 3.00 Uhr wurde er gefüttert und gegen 10.00 Uhr fiel dem Besitzer auf, dass er nach erhöhter Wasseraufnahme sofort erbrach. Auch nach Futteraufnahme erbrach er sofort. Daraufhin konsultierte der Besitzer seinen Haustierarzt, der Medikamente gegen Erbrechen verabreichte. Da die Symptome weiter anhielten, konsultierte der Besitzer einen weiteren Haustierarzt. Dieser fertigte ein Röntgenbild mit Kontrastmittel an und überwies den Welpen in die Klinik für Kleintiere, Innere Medizin der Justus Liebig Universität Gießen mit Verdacht auf Zwerchfellruptur. Der Hund ist einmalig gegen Parvovirose geimpft und wurde zuletzt am xxxxx entwurmt. Er wird mit eingeweichtem Trockenfutter gefüttert und war nicht im Ausland. Des weiteren hält der Besitzer noch das Muttertier, 6 Welpen und eine weitere Hündin. Aus der Besitzerakte geht hervor, dass bereits vor einigen Wochen ein Welpe aus dem gleichen Wurf wegen gastro-ösoghagealer Invagination euthanasiert wurde. Signalement: Bei dem zur Untersuchung vorgestellten Tier handelt es sich um einen 6 Wochen alten, nicht kastrierten weißen Schäferhundrüden mit dem Namen „Bianco of white beauty“. Er besitzt eine rassetypische weiße Fellfärbung ohne Abzeichen. Besitzer ist Frau xxxxxxxxxxxxxxx. 1 Allgemeine klinische Untersuchung (Status präsens): „Bianco“ belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Er ist ruhig und nimmt aufmerksam mit geringgradig reduziertem Allgemeinbefinden an seiner Umgebung teil. Ernährungs- sowie Pflegezustand sind als gut zu bezeichnen. Die Pulsfrequenz beträgt 132/min, die Atemfrequenz ist 48/min. Die Körperinnentemperatur ist 38,3°C. Spezielle klinische Untersuchung: Haare / Haut Das Haarkleid ist geschlossen, dicht und glänzend. Haarausfall, Juckreiz und Parasiten sind nicht feststellbar. Der Hautturgor ist erhalten, auch ansonsten weist die Haut keinerlei Veränderungen auf. Schleimhäute Die Konjunktival- und Maulschleimhäute sind rosa-rot, feucht, glatt, geringgradig pappig und ohne Auflagerungen. Lymphsystem Die Lnn. mandibulares, cervicales superficiales und poplitei sind nicht vergrößert und von prall-elastischer Konsistenz. Sie sind gut abgrenzbar, verschieblich und weder vermehrt warm noch schmerzhaft. Zirkulationsapparat Die kapillare Rückfüllzeit an der Maulschleimhaut liegt unter 2 Sekunden. Die Episcleralgefäße sind gut konturiert. Die Herzfrequenz liegt bei 132 Schlägen pro Minute. Der Herzschlag ist kräftig, regelmäßig, gut abgesetzt und es sind keine Nebengeräusche zu auskultieren. Die Pulsfrequenz stimmt mit der Herzfrequenz überein. Die Pulswelle ist kräftig, regelmäßig, gleichmäßig und symmetrisch. Respirationsapparat Die Atemfrequenz liegt bei 48 Zügen pro Minute. Sie ist regelmäßig. Die Lunge ist bei Auskultation geringgradig verschärft. 2 Verdauungsapparat Während der Untersuchung wird kein Kot abgesetzt. Die Bauchdecke ist mittelgradig gespannt. Die Palpation des Abdomens ist im kranialen Bereich schmerzhaft. Am Nabel lässt sich ein Bruch ohne Vorfall von Bauchhöhlenorganen palpieren. Urogenitaltrakt Während der Untersuchung wird kein Urin abgesetzt. Die äußeren Geschlechtsorgane sind adspektorisch und palpatorisch unauffällig. Bewegungsapparat Die Untersuchung erfolgt im Stand, sowie in der Bewegung. Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Es sind keine pathologischen Veränderungen festzustellen. Nervensystem Der Patient ist sehr aufmerksam und nimmt rege an seiner Umgebung teil. Er zeigt keinerlei Verhaltensstörungen. Oberflächen- und Tiefensensibilität sind erhalten, sowie die Reflexe (Corneal-, Lidschluss-, Pupillar-, Anal-, und Patellarreflex). Weiterführende Untersuchung: Röntgen Es werden Röntgenbilder des Thorax und des Abdomens in zwei Ebenen (laterolateral und ventro-dorsal) angefertigt. Darauf erkennt man eine gastro-ösophageale Invagination. Diagnose: Ösophageale Hiatushernie 3 Differentialdiagnosen: Paraösophageale Hiatushernie Zwerchfellruptur Nebenbefund: Hernia umbilicalis Epikrise: Ösophageale Hiatushernie: Dieses Krankheitsbild bezeichnet die Verlagerung von Magenanteilen in die Brusthöhle. Invagination des Magens in den Ösophagus ist sehr selten und vermutlich die Folge eines Megaösophagus kombiniert mit übersteigerter Magenperistaltik. Der Megaösophagus stellt eine Erweiterung des Ösophagus infolge Parese oder Paralyse dar. Bei Hunden mit Megaösophagus bleibt der untere Ösophagussphinkter entweder geschlossen, weil der Öffnungsreflex fehlt und er seinen normalen Ruhetonus aufrechthält, oder wie bei diesem Welpen steht er offen, weil er seinen Tonus verloren hat. Der kongenitale Megaösophagus der Welpen kann ganze Würfe betreffen und muss bei verschiedenen Rassehunden (Drahthaar-Foxterrier, Zwergschnauzer, Deutscher Schäferhund, Deutsche Dogge, Irish Setter) als Erbkrankheit angesehen werden. Die Expression des genetischen Defektes ist quantitativ, weshalb einige Wurfgeschwister stark, andere anscheinend gar nicht betroffen sind. Es wird eine verzögerte Maturation der Ösophagusinnervation (v.a. der afferenten Nerven) postuliert. Die Hunde erbrechen unmittelbar nach dem Abschlucken des Futters. Auch Speichel kann nicht immer kontinuierlich geschluckt werden. Im Erbrochenen zeigen sich oft kaffeesatzähnliche Blutbeimengungen. Die Palpation des Abdomens ist schmerzhaft. Der Krankheitsverlauf schreitet sehr schnell fort und entzieht sich dadurch häufig der klinischen Diagnose. Beim Röntgen nach Kontrastmittelgabe stellt sich der Ösophagus stark erweitert dar, im präkardialen Abschnitt ist eine Aussparung zu erkennen, die in ihrer Größe und Form dem vorgefallenen Magenteil entspricht. Der eingeschobene Teil zeigt sich als Negativbild. Gesichert wird die Diagnose durch eine Probelaparotomie. Nebenbefund: Hernia umbilicalis Ein Nabelbruch kommt beim Hund häufig vor und stellt einen Vorfall von präperitonealem Fettgewebe oder Netz durch die nicht ganz geschlossene 4 Nabelpforte dar. Als Entstehungsursache werden eine zu kurze Abnabelung, aber auch Veranlagung angenommen. Bei kleineren Nabelbrüchen von Junghunden, bei denen nur etwas präperitoneales Fettgewebe vorgefallen ist, kann auf eine Operation verzichtet werden. Epikrise der Differentialdiagnosen: Die Ursache einer Paraösophagealen Hernie ist eine Entwicklungsstörung, als deren Folge Teile der den Ösophagus hufeisenförmig umschließenden Hiatusmuskulatur fehlen. Dadurch verlagert sich die Pars abdominalis des Ösophagus bzw. ein proximaler Magenabschnitt durch den Hiatus oesophageus in das Cavum mediastini serosum. Der stark erweiterte Hiatus oesophageus stellt die Bruchpforte dar. Im Röntgen kann nach Kontrastmittelgabe ein Teil des Magens im Thorax neben der Speiseröhre gesehen werden, der untere teil der Speiseröhre ist erweitert, die Kardia seitlich verlagert. Ist der Rand des Hiatus sehr schwach, so vermag der dislozierte Teil des Magens leicht wieder zurückgleiten, und der Röntgenbefund bleibt infolge der dann eingetretenen normalen Lagerung ohne Aussage. Vermehrter Unterdruck im Thorax bei Dyspnoe begünstigt den Vorfall in den Thorax. Zwerchfellrupturen sind meist die Folge von Traumen nach Unfällen oder Beißereien und führen zu auffälligen klinischen Erscheinungen, die um so ausgeprägter sind, je mehr Abdominalinhalt (Magen, Darm, Milz, Leber) in den Thoraxraum vorgefallen ist. Hauptsymptom ist eine deutliche Dyspnoe bei vorwiegend kostaler Atmung, außerdem ist das Abdomen stark aufgeschürzt. Bei der Palpation fühlt sich der Bauchraum unausgefüllt an; die im Bauchraum verbliebenen Organe sind als strangförmige Anteile zu ertasten. Bei Vorfall der Leber und der Milz sowie bei starker Ansammlung von Bauchhöhlenflüssigkeit ergibt die Perkussion einen gedämpften Schall; ist der Magen und Darm vorgefallen, so ist ein tympanischer Schall zu erheben. Die Auskultation lässt im Bereich der vorgefallenen Organe keine Atemgeräusche erkennen, jedoch im Thorax sind für den Bauchraum typische Geräusche zu hören. Mit Hilfe einer Kontrastmitteldarstellung kann eine Zwerchfellruptur beim Röntgen eindeutig diagnostiziert werden. Therapie: Die Ösophageale Hiatushernie kann innerhalb weniger Stunden durch Schock zum Tod führen. Die Behandlung einer Hiatushernie erfolgt operativ durch Reposition der vorgefallenen Bauchhöhlenorgane, Verengung des Hiatusringes, wobei mittels Matratzennähten die Muskulatur um die Kardia zusammengezogen wird. Dabei sollte weder das Lumen der Kardia eingeengt noch die Ausdehnungsfähigkeit des Zwerchfells beeinträchtigt werden, jedoch muss sich die Hiatusmuskulatur als vollständiger Ring darstellen. Anschließend ist eine Gastropexie angebracht. 5 Aufgrund des Megaösophagus muss die Nahrung inhaltsreich, jedoch flüssig und in kleinen Portionen häufiger am Tag vorgesetzt werden, und zwar in hochgestellten Näpfen, da sonst die Gefahr besteht, dass das Futter nicht abgeschluckt werden kann. Eine kräftige, entfettete Fleischbrühe ist sinnvoll, da Peptone den Muskeltonus der Kardia und des Pylorus fördern. Durchgeführte Operation: Anästhesie Narkoseeinleitung mit 0,9ml Polamivet als Analgetikum und 0,3ml Diazepam i.v. . Diazepam wirkt anxiolytisch, antikonvulsiv, antiaggressiv, sedierend, hypnotisch und zentral muskelrelaxierend. Nach Intubation wird die Narkose über Inhalation von Isofluran in O 2 erhalten. Während der Narkose wird der Welpe beatmet und mit Monitoring (CO 2, Puls, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung) überwacht. Er erhält 10ml/h DeltajoninVollelektrolytlösung. Operation Der Zugang zur Bauchhöhle erfolgt in der Linea alba über einen ca. 12 cm langen Hautschnitt, der kaudal im Nabelbruch endet. Der Magen wird vorsichtig repositioniert und kontrolliert. Die Magenwand ist zunächst geringgradig bläulich verfärbt. Es wird eine Magensonde geschoben und der Magen wird mehrfach gespült bis die Flüssigkeit klar ist und die Magenwand von physiologischer Färbung ist. Anschließend digitale und visuelle Kontrolle des Zwerchfells. Es ist vollständig intakt und es besteht kein Hinweis auf ein vergrößerten Hiatus. Milz und Darm sind physiologisch. Der Magen wird durch Gastropexie in physiologischer Lage in der Linea alba mit 5 Einzelheften vernäht. Die Bauchhöhle wird mit Sultanschen Diagonalheften mit einem 2-0er Biosyn-Faden vernäht. Die Unterhaut wird fortlaufend mit einem 3-0er Biosyn-Faden, die Haut in Einzelheften mit einem 3-0er Resolon-Faden genäht. Prognose: Sie ist als vorsichtig bis ungünstig zu stellen, da bedingt durch den Megaösophagus eine Invaginationsgefahr bestehen bleibt. Tritt zusätzlich eine Aspirationspneumonie auf, ist die Prognose infaust. ____________________ (xxxxxxxxxxxx) 6