Morphologie und Syntax der polnischen Sprache

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WS 2006/2007: Einführung in die Slavische Sprachwissenschaft
Prof. Dr. P. Kosta/PD Dr. T. Daiber/Dr. Lilia Schürcks PhD
Morphologie und Syntax der polnischen Sprache
1. Deklination. Das polnische Nomen weist die folgenden morphologischen
Kategorien auf: Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Instrumental,
Lokativ, Vokativ), Numerus (Singular, Plural und Relikte des Duals) und Genus.
Diese Kategorien entscheiden in unterschiedlicher Weise über die
morphosyntaktischen Eigenschaften von Substantiven, Adjektiven, Pronomina
und Zahlwörtern. Unveränderbare Wortarten sind Adverbien, Partikeln,
Präpositionen und Konjunktionen. Zur Komplexität der polnischen Deklination
tragen vor allem zwei Faktoren bei
a. die heterogenen und oft konkurrierenden Kriterien zu Klassifikation
der Deklinationsparadigmen;
b. zahlreiche morphonologische Alternationen.
2. Konjugation.
Das polnische Verb
verfügt über die folgenden
morphologischen Kategorien: Tempus (Präsens, Präteritum, Futur), Modus
(Indikativ, Imperativ, Konjunktiv), Aspekt (perfektiv und imperfektiv), Diathese
(Aktiv, Passiv) und Person. Die wesentlichen Merkmale der Konjugation sind
folgende:
- der Singular verfügt über die drei „normalen“ Genera Maskulinum,
Femininum und Neutrum, der Plural hat nur zwei Werte, die
Personalform und die Sachform;
- das Futur von imperfektiven Verben wird mithilfe des Verbs być und
des Infinitivs oder 3 P.Sg. bzw.Pl. Prät. gebildet;
- das Präsens wird ausschließlich von imperfektiven Verben gebildet;
- ein Relikt des alten Hilfsverbs sind die beweglichen Endungen von
Präteritum und Konjunktiv.
3. Wortbildung. Von typologischen Gesichtspunkt unterscheidet sich das
polnische Wortbildungssystem nicht von dem der anderen slavischen Sprachen.
Das grundlegende Wortbildungsverfahren ist die Derivation, bei den
Substantiven herrscht die Suffigierung vor und bei den Verben die Präfigierung.
Die polnische Derivation zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
- die Existenz zahlreicher Wortbildungsmuster bei den Substantiva, oft bei
bei Beteiligung semantisch spezialisierter Suffixe, z.B. –nia;
- relativ wenig Verbalpräfixe, die jedoch häufig polysem sind;
- zahlreiche Diminutivbildungen, die gewöhnlich eine positive Einstellung
des Sprechers gegenüber dem Bezeichneten anzeigen;
In der Wortbildung der polnischen Gegenwartssprache gibt es eine Reihe neuer
Tendenzen:
- die Verbreitung des analytischen Komparativs;
- Entstehung neuer Wortbildungsmuster;
- Bildung substantivischer Komposita, in denen polnische und fremde
Elemente kombiniert werden.
4. Die Wortstellung ist relativ frei, das Grundschema SVO (Subjekt - Verb –
Objekt) kann auf vielerlei Arten realisiert werden. SVO gilt als unmarkierte
Wortfolge: in neutralen Kontexten wird die präverbale NP normalerweise als
Subjekt und die postverbale NP als Objekt interpretiert.
a. Autobus wyprzedził samochód.
b. Marek jest studentem.
c. Studentem jest Marek ( a nie Piotr).
d. Marek studentem jest ( a nie lekarzem).
Im Unterschied zum Deutschen muss ein polnischer Satz nicht unbedingt ein
finites Verb enthalten. Folgende Konstruktionen sind als Äquivalente zu finiten
Konstruktionen möglich:
- die sog. Unpersönlichen Formen auf –no/-to: zabito tysiące ludzi, oder
Ausdrücke mit się wie in mówi się;
- 3. Pers. Sg. N.: zabiło go;
- prädikative Formen adjektivischer Herkunft: powinien, godzien, wart;
- prädikative die aussehen wie ein Infinitiv, aber nicht konjugiert werden,
vgl. czuć, widać, słychać;
- unpersönliche Modalprädikative wie trzeba, warto, wolno;
- das Lexem to in Sätzen wie Piotr to artysta.
Topikalisierung:
a. Piotr przeczytał wczoraj książkę.
b. Książkę Piotr przeczytał wczoraj.
Genitiv der Negation:
a. Ewa kipiła te (Acc) książkę (Acc).
b. Ewa nie kupiła tej (Gen) książki (Gen).
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