xxxx cand. med. vet. 9. Semester Gießen, den 12. März. 2008 Befundbericht Über ein fixiertes Präparat eines Urogenitaltraktes einer Katze. Die Untersuchung findet im Rahmen der Prüfung im Fach „Allgemeine Pathologie und spezielle pathologische Anatomie und Histologie“ im zweiten Abschnitt der Tierärztlichen Prüfung am xx.03.08 in der Zeit von 08.15 bis 09.45 Uhr in der Sektionshalle des Institutes für Veterinärpathologie der Justus-Liebig-Universität Gießen statt. Der Urogenitaltrakt der Katze stammt aus dem Sektionsgut des Instituts für VeterinärPathologie der Justus-Liebig Universität Gießen. Ein Vorbericht liegt nicht vor. Es liegen beide Nieren vor. Die eine Niere wurde in der Längsachse durchgeschnitten und liegt vollständig vor. Die andere Niere wurde ebenfall längs durchgeschnitten, liegt aber nur zur Hälfte vor. Beide Nieren sind aus der Kapsel gelöst. Des Weiteren sind die beiden Ureteren, die Harnblase und die Urethra vollständig vorhanden. Die Lymphknoten sind nicht vorhanden. Das Gewicht ist nicht bekannt. Die Größe der vollständigen Niere beträgt ca. 5 x 3 x 4 cm, die halbe Niere hat die Maße 5 x 1,5 x 4 cm. Die Blase hat einen Durchmesser von 4 cm. Die Ureteren haben eine Länge von ca. 15 cm. Da es sich um ein formalinfixiertes Präparat handelt riecht es nach dem Fixationsmittel. Die Konsistenz ist derb. Die Nierenoberfläche ist unregelmäßig. Man kann feine beige-farbene, kuppelförmige, stecknadelkopf bis linsengroße Verfärbungen erkennen. Diese Veränderungen sind nicht scharf begrenzt. Die Kapsel der vollständigen Niere weist braun-rote unregelmäßige Verfärbungen auf. Auf der Schnittfläche der Nieren kann man im Bereich der Nierenrinde zahlreiche kuppelförmige Herde erkennen, die auch in die Tiefe ziehen. Pathologisch-anatomische Diagnose: mittelgradige chronische multifokale granulomatöse Entzündung Differentialdiagnose: tumoröse Zubildungen Abszess Epikrise Die granulomatöse Entzündung kann verschiedene Ursachen haben. Bei der Katze kommt höchstwahrscheinlich eine Infektion mit dem FIP-Virus in Frage. Die „feline infektiöse Peritonitis“ wird durch das FIP-Virus verursacht. Dabei handelt es sich um einen Biotyp der felinen Coronaviren (FCoV). Ein anderer Biotyp ist das „Feline enterale Corona-Virus“ (FeCV). Es ist schwach virulent und es wird davon ausgegangen, dass das FIPV durch Mutation bestimmter Gene aus FeCV hervorgeht. Die felinen Coronaviren sind weltweit verbreitet und werden vor allem fäkal-oral und/oder über Aerosole übertragen, selten kommt es zu einer diaplazentaren Übertragung. Dabei ist ein enger Kontakt zu infizierten Katzen bzw. deren Sekreten notwendig. Die Inkubationszeit beträgt bis zu vier Monaten. Das Virus weist eine hohe Tenazität auf, es ist in eingetrockneten Sekreten noch über Wochen infektionsfähig. Betroffen sind alle Altersgruppen von Katzen, wobei sich eine höhere Inzidenz für Katzen im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren und für Katzen über 5 Jahre feststellen lässt. Die Erreger werden oronasal aufgenommen und dringen in die Epithelzellen des Verdauungs- und Respirationstraktes ein. Dort replizieren sie im Cytoplasma. Werden die Viren frei, befallen sie die regionären Lymphknoten. Nach erneuter Vermehrung kommt es zur Virämie. Dabei sind sie mit Makrophagen und Monozyten assoziiert. Durch diese werden sie in die unterschiedlichen Organe verschleppt. Man unterscheidet zwei Formen der FIP: Die effusive (auch feuchte oder seröse) Form, die mit Serositis und Exsudation in die großen Körperhöhlen einhergeht. Klinisches Anzeichen ist eine Aszites und die dadurch entstehende Vorwölbung des Abdomens. Bei einer Pleurabeteiligung kann es auch zur Dyspnoe kommen. Weitere Symptome sind anhaltendes Fieber, Anorexie, Gewichtsverlust und Mattigkeit. Pathologisch-anatomisch findet man eine diffuse Peritonitis und/oder Pleuritis sowie eine Aszites. Dazu kommen disseminierte nekrotische Plaques auf den Serosen in Form von stecknadelspitz bis linsen großen Knötchen, Fibrinausschwitzungen und/oder fibroblastische Verwachsungen in der Bauch- und Brusthöhle. Histologisch kann man perivaskuläre Nekrosen und fibrinösnekrotisierende Entzündungen feststellen. Die nichteffusive (trockene oder granulomatöse)Form mit granulomatösen Entzündungen in den parenchymatösen Organen und Lymphknoten. Klinische Anzeichen sind unspezifische Verschlechterungen des Allgemeinzustands, chronisches Fieber und Gewichtsverlust. Selten kann es zu einem Organversagen – besonders bei Leber und Nieren - kommen. Ebenfalls können zentralnervöse Erscheinungen aufgrund einer Meningoenzephalitis auftreten. Pathologisch- anatomisch lassen sich multiple, grau-weiße Knötchen mit einer Größe von 0,5 – 2 cm in den Nieren, viszeralen Lymphknoten, Leber, Darm, Lunge, Augen und Gehirn feststellen. Histologisch zeigen sich perivaskuläre Granulome oder Pyogranulome, Vaskulitis oder Thrombovaskulitis. Im ZNS können manchmal fokale oder diffuse Granulome, eine pyogranulomatöse Meningitis und eine Ependymitis auftreten. Daneben können Mischformen vorkommen. In der Klinik können sich zentralnervöse Erscheinungen, wie Ataxie, Parese und Änderungen im Verhalten, zeigen, die auf eine Meningoenzephalitis zurückzuführen sind. Typisch sind auch Augenläsionen, wie Kornealödeme und –trübungen, Chorioiditis, Retinitis und Iridozyklitis. Bei der FIP kommt es zur Bildung von Antigen-Antikörperkomplexen. Diese Immunkomplexe zirkulieren im Blut. Es kommt zu einer Verbrauchskoagulopathie, die zu Gefäßschädigungen führt. Diese Schäden in den Endothelien ermöglichen den Übertritt von großen proteinreichen Flüssigkeitsmengen, die sich in den großen Körperhöhlen sammeln. Die Nephritis ist folgendermaßen zu erklären. Es handelt sich um granulomatöse Ablagerungen. Diese entstehen durch die bereits angesprochenen Immunkomplexe. Sie zirkulieren im Blut und setzen sich in den kleineren Gefäßen ab. Dadurch kommt es zu Gefäßschäden. Es bilden sich Granulome. Diese stellen sich als Anhäufungen von neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen dar. Meist ist zentral eine Nekrose mit Fibrineinlagerungen zu finden. Um diese Nekrosen haben sich antigenpräsentierende Makrophagen gelagert, in denen das FIP-Antigen nachgewiesen werden kann. Eine weitere Ursache für granulomatöse Entzündungen ist die Tuberkulose. Die Tuberkulose wird durch Mycobakterium tuberculosis, bovis oder avium verursacht. Je nach Tierart, Erreger und Reaktionslage des infizierten Individuums kommt es zu vorwiegend exsudativen oder proliferativen granulomatösen Entzündungen. Bei den vorwiegend proliferativen Entzündungsformen treten Granulome auf, die zur zentralen Nekrose mit dystrophischer Verkalkung neigen. Bei guter Abwehrlage werden die Tuberkel durch faserreiches Granulationsgewebe abgegrenzt. In diesen abgeheilten Herden findet man entweder keine oder nur wenige Tuberkelbakterien, die bei geschwächter Immunlage wieder zum Aufflammen der Krankheit führen können. Im Ablauf der Tuberkulose lassen sich verschiedene Phasen unterscheiden. Die Veränderungen, die sich an den Eintrittsstellen (Lunge oder Darm) zeigen, bezeichnet man als Primärinfekt. Von diesen Primärherden gelangen die Bakterien, meist in Makrophagen, zu den regionären Lymphknoten. Dadurch entstehen tuberkulöse Primärkomplexe. Wenn Bakterien nun, z.B. wegen einer schlechten Abwehrlage des Organismus, in die Blutbahn gelangen, kann dies zu einer Bildung multipler Tuberkel in anderen Organen führen. Diesen Vorgang nennt man Frühgeneralisation. Bei schneller starker Aussaat der Bakterien (akute Generalisation) entsteht die akute Miliartuberkulose, bei wiederholter, schubweiser Aussaat kommt es zu einer protrahierten Generalisation mit verschieden alten und damit auch unterschiedlich große Herden. Primärkomplex und Frühgeneralisation werden zusammen als Erstinfektionsperiode bezeichnet. Die erneute hämatogene Ausbreitung nennt man Spätgeneralisation. Genaulome an der Niere entstehen meist im Rahmen der hämatogenen Streuung in der Spätgeneralisation Eine wichtige Differentialdiagnose für eine granulomatöse Entzündung ist eine tumoröse Zubildung. Da der vorliegende Urogenitaltrakt von einer Katze stammt, ist die wahrscheinlichste Möglichkeit, dass es sich um eine Leukose handelt. Die Leukose ist eine systemische neoplastische Proliferation von Blutzellen und/oder deren Vorläuferzellen. Geschwülste hämolymphatischer Gewebe werden ebenfalls zu den Leukosen gerechnet. Manche Leukosen können durch Viren (felines LeukoseVirus FeLV) ausgelöst werden. Bei den Haustieren kommen in erster Linie lymphatische Leukosen (malignes Lymphom, Lymphosarkom) vor, myeloprolieferative Erkrankungen sind dagegen eher selten. Die Leukose kann multizentrisch auftreten oder auch auf einzelne Organe beschränkt bleiben. In der Niere stellt sich die Leukose bei der Katze vor allem durch eine vollständige tumorös-wuchernde Durchsetzung der Rinde dar. Da die Tumoren sich auf der Oberfläche der Niere vorwölben, fühlt sich das Organ knotig an. Die Niere ist aufgrund von massiven Zubildungen oft hochgradig vergrößert. Auch Abszesse in der Kapsel können differentialdiagnostisch für eine granulomatöse Entzündung in Betracht gezogen werden. Diese können durch hämatogene Streuung aus anderen entzündlich veränderten Gebiete verursacht werden. Bei den Verfärbungen in der Kapsel handelt es sich wahrscheinlich um Einblutungen. Im vorliegenden Fall kann man an den Nieren gut erkennen, dass die granulomatösen Veränderungen gefäßassoziiert auftreten. Dies spricht für eine FIP-Infektion. Eine Vergrößerung der Nieren liegt nicht vor. Somit kann man tumoröse Erkrankungen, wie z.B. die Leukose erst einmal ausschließen. Jedoch sollte zur sicheren Diagnosestellung eine histologische und immunhistologische Untersuchung des veränderten Gewebes erfolgen. -----------------------------------