FG Greifswald Zwischenergebnis Wintervogelzählung Februar 2015 Auch der dritte Zähltermin unserer Wintervogelzählung 2014/15 hatte überhaupt keinen „Wintercharakter“, im Gegenteil, es lag ein Hauch Frühling in der Landschaft und die ersten Feldlerchen sangen. Bei überwiegend Sonnenschein und einer Tageshöchsttemperatur um 68°C dachte keiner an Winter. Um so spannender die Zusammenfassung der Ergebnisse. Wie reagierten die Vögel? Aber der Reihe nach. Auch bei der Februar-Zählung haben wir wieder alle Zähstrecken besetzen können, sodass alle drei Zählungen jeweils die gleichen Strecken betreffen. An der Zählung beteiligten sich 12 Zähler, allen ein Danke für das Mitmachen und das Übermitteln der Ergebnisse. Hier nun das Zwischenergebnis der Februar-Zählung in der Übersicht: Dez. Strecken Offenland: 14; 50,9 km; 58 Arten, 2.133 Ind.; (1,1 Arten bzw. 41,9 Ind./km) Jan. Strecken Offenland: 14; 50,9 km; 62 Arten, 3.864 Ind.; (1,2 Arten bzw. 75,8 Ind./km) Feb. Strecken Offenland: 14; 50,9 km; 63 Arten, 3.849 Ind.; (1,2 Arten bzw. 75,5 Ind./km) Dez. Strecken Wald: 7; 25,24 km; 29 Arten; 879 Ind. (1,1 Arten bzw. 34,8 Ind./km) Jan. Strecken Wald: 7; 25,24 km; 28 Arten; 781 Ind. (1,1 Arten bzw. 30,9 Ind./km) Feb. Strecken Wald: 7; 25,24 km, 34 Arten; 717 Ind. (1,3 Arten/km bzw. 28,4 Ind./km) Dez. Strecken Stadt: 4; 9,65 km; 33 Arten; 859 Ind. (3,4 Arten bzw. 88,1 Ind./km Jan. Strecken Stadt: 4; 9,65 km; 31 Arten; 1.289 Ind. (3,2 Arten bzw. 133,6 Ind./km) Feb. Strecken Stadt: 4; 9,65 km; 33 Arten; 1.140 Ind. (3,4 Arten bzw. 118,1 Ind./km) Offenland Im Offenland wurden die 14 Strecken bearbeitet. Somit ist auch in dieser Zählperiode keine Strecke ausgefallen. Auf den 14 Strecken wurden 63 Arten mit 3.849 Ind. erfasst. Gegenüber der Januar-Zählung ist dies kein Unterschied! Bei der Erwartungshaltung „Frühling“ aufgrund der Witterung wäre eine höhere Individuenzahl zu erwarten gewesen. Im Februar 2014, der ja auch schon sehr mild verlief, wurden auf den gleichen 14 Strecken dagegen nur 58 Arten mit 2.058 Ind. erfasst. Auch wenn das Gesamtarteninventar der drei Zählungen im Offenland in diesem Winter 78 Arten umfasst, scheint es so, dass bei einer Zählung auch unter milden Witterungsbedingungen kaum mehr als als 65-70 Arten und 4.000 Ind. erreichbar wären. Die wenigsten Vögel wurden auf der Strecke Hohemühl ermittelt (1,6 Arten bzw. 3,1 Ind. pro km). Die höchste Arten- und Individuendichte wurde auf der Strecke Kowall (7,9 Arten bzw. 507,9 Ind. pro km). Ein Trupp von 918 Saatgänsen brachte hier die Individuendichte kräftig nach oben. Als witterungsbedingte „Frühlingsarten“ wurden 7 Rotmilane, 12 Kraniche, 126 Feldlerchen, 58 Wiesenpieper, 1 Singdrossel und 1 Rohrammer gemeldet. Aber auch 2 Zwergschnepfen, 4 Rebhühner waren Arten, die nur ausnahmsweise bei Wintervogelzählungen erfasst wurden. Mit Ausnahme des Rotmilans, der erstmalig bei unseren Wintervogelerfassungen registriert wurde, waren alle anderen Arten schon in früheren Zählungen registriert worden. Wie bei den früheren Zählungen ist aber hauptsächlich der unterschiedliche Siedlungsanteil ursächlich für die weite Spannweite der Artenzahl der Offenlandzählstrecken von 5 bis 22 S. 1 Arten. Daran, dass das Offenland trotzdem der artenärmste Lebensraum ist, hat sich in der Gesamtbewertung jedoch nichts geändert. Etwas interessanter stellt sich die Situation auf dem Artniveau dar, wenn man die Veränderungen der Dominanzen und der Abundanzen (Ind/10km) von Dez bis Feb bzw. zum Vorjahr betrachtet. Art Amsel Kohlmeise Goldammer Feldsperling Haussperling Mäusebussard Nebelkrähe Saatkrähe Ringeltaube Stockente Wacholderdrossel Kiebitz Feldlerche DomDez % DomJan % DomFeb % AbuDez Ind/10km AbuJan Ind/10km AbuFeb Ind/10km AbuFeb 2014 4 4 16 6 6 1 5 2 1 1 4 0 0 2 2 6 1 3 1 2 4 <1 8 36 <1 <1 1 3 2 1 4 1 2 25 <1 1 2 4 3 17,5 15,7 67,3 25,1 24,3 4,1 19,2 7,5 5,3 4,5 15,5 0 0 13,3 17,5 43,5 4,7 24,1 7,1 15,9 29,8 0,6 59,9 270,8 0,6 0,4 10,8 21,6 15,7 5,5 30,8 4,3 17,1 189,4 1,8 9,2 17,3 33,4 24,7 5,1 19,8 10,2 4,9 23,4 7,3 9,0 16,1 4,7 22,8 13,3 95,6 64,2 Bei der überwiegenden Zahl der erfassten Arten liegen die Abundanzwerte im Februar im Bereich der Werte der Januarzählung. Beispielsweise ist jedoch die Dichte der Goldammer kontinuierlich gesunken, während die Dichte der Kohlmeise stetig zu nahm. Möglicherweise hängt die große Zahl der Kohlmeisen im Kulturland mit schlechteren Bedingungen in den Wäldern zusammen. Einen drastischen Sprung weist wieder die Wacholderdrossel auf. Nachdem die Beerenvorräte in der offenen Landschaft aufgebraucht waren, sank ihre Dichte auf weniger als ein Zehntel des Januarwertes. Vom Mäusebussard wurden insgesamt 22 Ind. (Jan 36) erfasst. Mit 4,3 Ind./10 km ist das eine geringe Dichte. Sehr wahrscheinlich war ein Teil der Wintergäste bereits abgezogen. Gab es auf Usedom doch schon Tagessummen von 50 ziehenden Mäusebussarden (B Schirmeister).. Das trifft ganz sicher auch auf den Raufußbussard zu. Er war im Feb mit 3 Ind. vertreten (Jan 9 Ind.). Auch beim Raubwürger gab es offenbar bereits Zug - Feb 3, Jan 1 Ind. Leichten Zuzug gab es offenbar auch bei Bläss- und Saatgans und beim Singschwan, jedoch waren keine nennenswert große Ansammlungen zu verzeichnen, ebenso war ihre Verteilung nur au einzelne Strecken begrenzt. Den Sprung in den Frühling brachten dann der Kiebitz und die Feldlerche. Während die Feldlerche auf 78,5% der Kontrollstrecken vertreten war (128 Ind. erfasst), wurde der Kiebitz nur auf 4 Strecken angetroffen (170 Ind.). Dabei fällt auf, dass im Februar 2014 auf den gleichen Strecken beide Arten in größere Anzahl vertreten waren (Feldlerche 327 Ind., Kiebitz 46 Ind.). Daraus resultiert für die Feldlerche eine mittlere Winterabundanz (drei Zählungen) von 8,4 Ind./10 km. Die bisher höchsten Werte wurden in den Wintern 2008/09 und 2013/14 mit 6,4 bzw. 21,6 Ind./10 km ermittelt. Insgesamt war die Reaktion der Offenlandarten auf die milde Witterung also verhaltener als vielleicht zu erwarten war. Wald Im Wald wurden wieder auf 7 Zählstrecken 34 Arten mit nur 717 Ind. erfasst (Feb 2014: 39 Arten, 1.093 Ind.). Die größte relative Artenzahl (7,1 Arten/km) wurde mit 17 beobachteten Arten im Wampener Wald ermittelt. Ebenso war dort mit 51,7Ind./km die größte relative S. 2 Individuenzahl zu verzeichnen. Dies ist jedoch deutlich weniger wie im Vorjahr als zahlreiche Erlenzeisige und Fichtenkreuzschnäbel zu einem Spitzwert führten. Die höchste absolute Artenzahl (19 Arten) wurde in der Lubminer Heide registriert dies resultiert lediglich aus der langen Zählstrecke, betrug doch die relative Artenzahl dort nur 3,2 Arten/km. Die geringste relative Arten- und Individuendichte wurde im Wendorfer Holz (1,8 Arten bzw. 21,5 Ind. pro Kilometer) ermittelt. Im Bereich der Kontrollstrecke erfolgte jedoch auch im Zeitraum der drei Winterzählungen in größerem Umfang Holzeinschlag. Die relative Artendichte aus der Summe aller Waldzählstrecken (Dez und Jan mit 1,1 und Feb mit 1,3 Arten/km) weist im Verlauf des Winters 2015/15 keine gravierenden Schwankungen auf, liegt aber leicht unter der des Vorwinters. Beim Vergleich der Dominanzen und Abundanzen der drei Zählungen ergibt sich: Art DomDez DomJan % % Buntspecht 6 9 Blaumeise 9 14 Kohlmeise 16 18 Sumpfmeise 3 6 Haubenmeise 2 1 Tannenmeise 1 4 Kleiber 7 11 Erlenzeisig 10 9 Wintergoldhähnchen 13 12 Amsel <1 1 Fichtenkreuzschnabel <1 1 DomFeb AbuDez Ind/10km % 10 20,6 4 32,5 17 54,3 6 11,9 2 8,3 2 5,2 10 24,2 26 33,3 3 43,6 2 2,8 3 0,8 AbuJan AbuFeb Ind/10km Ind/10km 29,3 43,2 57,1 17,8 2,8 13,1 34,5 27,7 38,4 3,9 1,6 29,7 12,7 47,9 16,6 4,8 4,4 28,5 74,5 9,5 6,4 9,1 AbuFeb 2014 39,6 26,1 54,7 15,5 8,7 11,9 26,9 101,0 13,1 5,5 40,0 Bei dem Vergleich der Individuendichte ergeben sich sich zum Teil größere Fluktuationen. Auffällig sind diese bei Blaumeise, Haubenmeise und Tannenmeise, ohne dass eine plausible Begründung genannt werden kann. Auffällig ist aber das die Abundanzen der Meisen (außer Haubenmeise) im Februar geringer ausgefallen sind als im Januar. Die gilt auch für Kleiber und Waldbaumläufer. Besonders krass ist jedoch die Abnahme des Wintergoldhähnchens im Verlauf des Winters. So umfasste die Februarsumme nur 24 Ind., was gegenüber der Dezembersumme einem Rückgang von 78% entspricht. Eine ähnliche Tendenz war beim Wintergoldhähnchen auch im Winter 2013/14 zu verzeichnen. Ob dies alles nur aus der Erfassungsgenauigkeit und dem Zufall resultiert ist zu bezweifeln, lagen doch alle drei Zählungen also Dez-Jan-Feb bezüglich ihrer Individuensumme ca. 30% unter der des Vorwinter. Da bei beiden Wintern ein recht milder Witterungsverlauf zu verzeichnen war, müssen weitere Faktoren eine Rolle gespielt haben. An erster Stelle ist hier an die Nahrungsverfügbarkeit zu denken. Jedoch liegen darüber keine aussagekräftigen Daten vor. Augenscheinlich war die Waldbaumfruktifikation im Herbst 2014 jedoch relativ gering. S. 3 Ein Beispiel für die Entwicklung des Herbst-Wintervogelbestandes zeigt das vorstehende Diagramm. Der geringste Vogelbestand auf der 5,9 km langen Kontrollstrecke in der Lubminer Heide war am 11. Februar zu verzeichnen. Ebenso ist die Spanne der Abundanz des Buntspechtes in den unterschiedlichen Wäldern wieder beachtlich (alle Zahlen Ind./km): Bsp-dez 11 Bsp-jan 12 Bsp-feb 12 Bsp-dez 12 Bsp-jan 13 Bsp-feb 13 Bsp-dez 13 Bsp-jan 14 Bsp-feb 14 Bsp-dez 14 Bsp-jan 15 Bsp-feb 15 Wampen 4,2 3,8 3,8 4,2 2,5 3,3 3,8 5,0 3,3 4,2 6,7 5,8 Eldena 1,4 n.e. 2,4 0,5 0,9 0,5 1,0 1,4 1,4 0,5 1,9 1,9 Wend.H 3,7 4,5 8,7 4,7 5,5 4,2 6,3 2,9 8,1 1,6 4,2 4,2 Lu-Hei 2,3 3,0 1,4 2,8 3,7 1,7 3,6 2,7 2,5 1,0 1,2 1,9 F-Died 0,4 0,9 1,1 0,4 1,8 0,4 0,7 3,1 2,7 2,9 2,7 2,4 Mittel 2,4 3,1 3,4 2,5 2,9 1,8 3,1 3,0 3,7 1,9 2,9 2,9 Insgesamt lag die Abundanz des Buntspechtes im Winter 2014/15 bei nur etwa 80% der des Vorwinters, in dem er die größte Abundanz der letzten vier Jahre aufwies. Buchfink, Bergfink, Birkenzeisig waren nur sehr spärlich vertreten. Dabei überrascht besonders die sehr geringe Zahl der Buchfinken (14 Ind.), trotz des sehr milden Winters. Das zeigt, dass der Buchfink weitgehend unabhängig von der Witterungssituation den Nordosten im Winter nahezu völlig räumt. Auch beim Bergfink war von der Masseninvasion, die in Süddeutschland verzeichnet wurde, nichts zu spüren. Ebenso waren Fichtenkreuzschnäbel nur gering vertreten. Allerdings konnte in der Netzebander Heide ein Paar beim Nestbau beobachtet werden. Als „Frühjahrsvögel“ kamen in der Februarzählung in der Lubminer Heide zwei Kraniche und drei Hohltauben mit in die Bilanz. Stadt In der Stadt wurden wie im Jan wieder 4 Strecken erfasst, wobei die Zählstrecke Anklamer Landstraße mit 24 Arten und 428 Ind. die meisten Vögel aufwies. Mit 3,4 Arten bzw. 118,1 Ind./km wies die Stadt im Vergleich der drei untersuchten Lebensräume wieder, wie zu erwarten, die größte relative Arten- und Individuendichte auf. Nachstehend einige Ergebnisse für in der Stadt häufige Arten. Art Amsel Feldsperling Haussperling Grünfink Kohlmeise Blaumeise Ringeltaube Elster Dohle Saatkrähe Nebelkrähe Lachmöwe DomDez DomJan DomFeb AbuDez % 6 1 15 3 9 5 2 3 8 16 5 6 % 8 2 19 4 8 4 4 2 4 12 7 7 % 10 2 25 5 11 4 6 2 1 12 4 8 AbuJan AbuFeb AbuFeb 2014 Ind/10km Ind/10km Ind/10km 69,4 107,8 114 6,2 21,8 24,9 175,1 251,8 299,5 34,2 47,7 59,1 104,7 101,6 128,5 61,1 51,8 47,7 25,9 47,4 70,5 30,1 30,1 26,9 90,2 47,7 14,5 181,3 161,7 139,9 57,0 95,3 44,6 65,3 98,4 92,2 53,1 22,7 195,3 44,5 82,8 43,0 50,8 29,7 22,7 66,4 50,8 26,6 S. 4 Gegenüber dem Jan wurden im Feb nur 2 Arten mehr erfasst, wobei der Artenwechsel immerhin 8 Arten umfasste (5 zusätzlich, 3 nicht erfasst Arten). Darunter zwei Arten, die seltener in der Stadt, bzw. an ungewöhnlicher Stelle angetroffen wurden. Diese waren ein Graureiher am Regenwasserteich Wendelstein und ein Paar Birkenzeisige mit Revierverhalten an der Anklamer Straße. Nur sieben Arten erreichten eine Dominanz > 5%, wobei die drei häufigsten Arten Haussperling, Saatkrähe und Kohlmeise fast die Hälfte (48%!) der Gesamtdominanz umfassen. Die Dominanz der vier in der Stadt angetroffenen Krähenvögel betrug nur 19% und hat sich gegenüber dem Vorjahr abermals geringfügig verringert. Für die Kohlmeise wurde, wie schon im Vorjahr, eine ungewöhnlich hohe Dichte registriert. Nachdem schon im Dez und Jan hohe Dichten in der Stadt gemeldet wurden, erreichte sie im Feb mit 128,5 Ind./10 km einen Spitzenwert. Die Kohlmeisen die im Wald fehlten waren nun in der Stadt und im Offenland – aber das ist vielleicht doch zu simpel. Auch für die Amsel wurde eine große Abundanz ermittelt, obwohl auch bereits schon einige Gesangsreviere zu verzeichnen waren. Etwas überraschen war der mit 71% hohe Anteil von Amselmännchen auf der Zählstrecke Anklamer Straße (n=52) während auf dem Wall ausgeglichene 50% (n=14) ermittelt wurden. Da im Vorjahr auch auf Usedom unter ziehenden Amseln die Männchen deutlich überwogen (B Schirmeister) sollten bei zukünftigen Zählungen möglichst Angaben zum Anteil der Geschlechter erfolgen. Vielleicht gibt es da Unterschiede im Zugverhalten von Männchen und Weibchen. Während die Reaktion der Vögel auf die vorfrühlingshaften Bedingungen der Februarzählung im Offenland sehr moderat ausfiel, kam es im Wald im Gegensatz zur Erwartung sogar zu einer Abnahme und die Stadt hatte mit einer hohen Dichte von Amseln und Kohlmeisen dann auch noch interessante Aspekte. Aber gerade die Veränderungen sind ja das Spannende. Dietrich Sellin S. 5