Handout Prof. Dr. Christina Schenz Der offene Unterricht als Grundlage eines begabungsfördernden und individualisierenden Unterrichts Versuch einer allgemeinen Definition: Offener Unterricht ist eine Organisationsform des Unterrichts oder ein Unterrichtsprinzip, welche/s es jedem Schüler gestattet frei zu wählen, wo (räumlich) und wann (zeitlich) er in welcher Sozialform an selbst gewählten Inhalten und methodisch individuellem Weg diese Inhalte bearbeitet. Dabei gibt es eine möglichst hohe Mitbestimmung und Mitverantwortung jedes Schülers für die Infrastruktur der Klasse, die Regelfindung innerhalb der Klassengemeinschaft sowie der gemeinsamen Gestaltung der Schulzeit. Was ist „offen“? • Organisatorische Offenheit beschreibt inwieweit die Kinder die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit selbst bestimmen können (Raum/Zeit/Sozialform). • Inhaltliche Offenheit unterscheidet den Grad der Bestimmung des Lernstoffes durch die Kinder innerhalb der offenen Lehrplanvorgaben. • Methodische Offenheit beschäftigt sich mit der Fragestellung, inwieweit Kinder ihrem eigenen Lernweg folgen können • Soziale Offenheit bestimmt, inwieweit die Kinder Entscheidungen bezüglich der Klassenführung bzw. des gesamten Unterrichts mitentscheiden können, als auch bei Entscheidungen des sozialen Miteinanders (Aufstellen von Regeln) mitentscheiden können Formen offenen Unterrichts: Wochenplan • Definition: Der Wochenplan ist ein für einen bestimmten Zeitraum in der Regel 1 Woche) geltendes Aufgabenblatt. Die Aufgaben werden von der Lehrkraft (evtl. zusammen mit den Schülern) formuliert und zu Beginn der Woche ausgegeben. Der Wochenplan gilt öfter für die ganze Klasse und seltener für einzelne Schüler. Die Aufgaben werden in bestimmten Wochenplan- und Freiarbeitsstunden oder auch als Hausaufgaben von den Schülern möglichst selbstständig bearbeitet. • Geschichte des Wochenplan „Kind der Reformpädagogik“ Arbeitsschulbewegung Georg Kerschensteiner Bewegung vom Kinde aus Maria Montessori Daltonplan = einzelnes Kind kann sich seinen Lernplan selbst zusammenstellen und seine Zeit frei einteilen Helen Parkhurst • Begründung: 1 Nicht alle Kinder können zur gleichen Zeit die gleichen Aufgaben bewältigen und die gleichen Lernschritte gehen • Formen von Wochenplänen - geschlossener Plan - teiloffener Plan - offener Plan Freiarbeit • Definition: In der Freiarbeit entscheidet der einzelne Schüler relativ frei über seine Tätigkeit in vorgegebener Zeit, im vorgegebenem Raum, mit teilweise vorgegebenen Mitteln. Die Freiheit kann sich erstrecken auf Inhalte, auf Verfahrensweisen auf Sozialformen, auf Mittelgebrauch. Sie ist begrenzt durch Schulziele, durch die Rahmenbedingungen (Zeit, Regeln..), durch das Vorhandensein von Mitteln, durch die Wünsche anderer . • Geschichte Zur Zeit der Reformpädagogik war von freier Arbeit (Maria Montessori, Celestin Freinet) anstelle von Freiarbeit die Rede. Freiarbeit heute ist die schulgemäße Fortsetzung des Freispiels im Kindergarten und der Vorschule • Begründung: Freiarbeit soll den Kindern Gelegenheit geben, zunehmend selbständig Inhalt, Ziel und Gestaltung ihrer Aktivitäten zu wählen. Lehrer hat dabei die Möglichkeit Schüler zu beobachten und ihre Interessen sowie ihr Arbeitsverhalten kennen zu lernen. • Ziele: individuelle Fähigkeiten und Grenzen entdecken Neigungen erproben, neue Interessen gewinnen Auflockerung der Unterrichts • Einschränkungen: zu erfüllender Mindestumfang an Aufgaben • Aufgabe des Lehrers: Bereitstellen von Materialien, Aufgabenangebot Hilfe anbieten ohne sich aufzudrängen Projektunterricht • Definition: - Beteiligte planen selber, beraten, verständigen sich und führen den Plan selbst aus • Geschichte 2 verschiedene Ursprünge John Dewey Hugo Gaudig Berufsbildung Arbeitsschulbewegung William Heard Kilpatrick Reformpädagogik Projektmethode als Anwendung 2 zweckvollen Handelns • Merkmale - Situationsbezug - Orientierung an Interessen der Beteiligten - Zielgerichtete Planung - Produktorientierung - Behandlung aktueller Probleme • Ziele: - • Selbstständigkeit Nachhaltigkeit Kooperation Fertigkeiten Fachwissen Ablauf/ Artikulation 1. Projektinitiative 2. Projektskizze 3. Projektplan 4. Ausführung 5. Abschluss Lernzirkel/Übungszirkel • Definition: Das Stationenlernen, auch als Lernen an Stationen, Stationenbetrieb oder Lernzirkel bezeichnet, ist eine Lehrtechnik bei der die Schüler in der Regel selbstgesteuert und eigentätig anhand vorbereiteter Materialien, die in Stationen angeordnet sind, lernen. • Merkmale: - Thematische Festlegung, aber Freiheit bei Aufgaben, Reihenfolge, Lernzeit, soziale Form „Wahlfreiheit“ - Form des: Selbstständigen, selbsttätigen und differenzierenden Unterrichts • „Geschlossener Zirkel“ - Stationen bauen aufeinander auf (müssen dann in der Reihenfolge sein) - Negativ: Alle Kinder müssen an einer Station anfangen, bei Langsamen bildet sich ein Stau Eventuell muss man Stationen mehrfach aufbauen • „Offener Zirkel“ - Reihenfolge egal - Kinder können bei beliebiger Station anfangen (Kinder wählen die 1. Station nach eigenen Interessen/ Lerntyp aus) • Phasen/ Artikulation des Zirkels 1. Orientierungs- u. Strukturierungsphase 2. Wahlphase 3. Arbeitsphase 4. Schlussphase Lernwerkstatt • Def.: Lernort innerhalb einer Schule, der durch seine Ausstattung mit Geräten (Werkzeugen) und Materialien es ermöglicht, lernen als Werken und Wirken, als Produzieren und Gestalten zu organisieren • 4 Lernmodelle 3 - Das Arbeitsplan-Modell - ähnlich Wochenplan-Arbeit - genaue Materiallisten und detailliert beschriebene Arbeitsprogramme (Experimentiervorschläge, Untersuchungsschritte, Baupläne…), z.B. auf Karteikarten - Kinder können sich benötigte Materialen, Arbeitsplatz, Partner, Arbeitsbeginn selber zusammenstellen ( verlässliche Grundlage) - Das Buffet- Modell - Tages-, Wochen- oder Monatsthema wird per Anschlag angesagt und dann aus Fundus der Lernwerkstatt Materialtische, Büchertische, Themenlisten zusammengestellt - Das Stationen Modell - ähnlich Lernziel - Lernen an Stationen mit Laufzettel, Lernpfad, Übersichtsplan Fortschrittlisten - Das Impuls Modell - geht von Anregungsgehalt der Lernwerkstatt insgesamt aus: In ihr findet man immer etwas interessantes - Lernende finden persönliches Lernmotiv, entwickeln eigenes Arbeitsprogramm gibt keine gezielten Arbeitsvorgaben, -aufträge Literaturverzeichnis Krüger, Rudolf, Schulleiter-Handbuch. Projekt Offener Unterricht, Braunschweig 1991. Hegele, Irmintraut, Lernziel: Offener Unterricht. Unterrichtsbeispiele aus der Grundschule, Weinheim/Basel 1994. Kasper, Hildegard/Piechorowski, Arno, Offener Unterricht an Grundschulen. Berichte englischer Lehrer, Ulm 1978. Morgenthau, Lena, Was ist offener Unterricht?. Wochenplan und Freie Arbeit organisieren, Müllheim an der Ruhr 2003. Amlung, Ullrich/Jungbluth Uli, Seminarwerkstatt offener Unterricht: Am Beisspiel Adolf Reichweins lernen, Luchterhand 2000. Bönsch, Manfred, Selbstgesteuertes Lernen in der Schule. Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Schulformen, Braunschweig 2006. Waibel, Eva Maria, Entwicklung der Person durch offenen Unterricht. Das Kind im Mittelpunkt: Nachhaltiges Lernen durch Persönlichkeitserziehung, Augsburg 2008. 4 Jürgens, Eiko, Die ,,neue“ Reformpädagogik und die Bewegung Offener Unterricht. Theorie, Praxis und Forschungslage, Sankt Augustin 6 2004. Wallrabenstein, Wulf, Offene Schule – Offener Unterricht. 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