Konsensus „Toxoplasmose – Screening und Therapie in Österreich“ Konsensuspapier „Toxoplasmose – Screening und Therapie in Österreich“ In Österreich besteht seit 35 Jahren ein flächendeckendes serologisches ToxoplasmoseScreening, das Schwangere mit gestationaler Erstinfektion detektiert und einer Behandlung zuführt. Ziel der antiparasitären Behandlung ist das Vermeiden der fetalen Infektion und damit der konnatalen Toxoplasma-Infektion bzw. der konnatalen Toxoplasmose. Obwohl das Screening im Prinzip auch 2010 unverändert zur Anwendung kommt, fordern Neuerungen der serologischen Nachweismethoden, auf denen das Screening basiert, neue, noch sensiblere Methoden des direkten fetalen Erregernachweises und die Ergebnisse umfassender Nachuntersuchungen von Kindern infizierter Mütter einen breiten Konsens in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Nachuntersuchung. 1. Screening Blutabnahmen für das Screening nach gestationaler Erstinfektion mit Toxoplasma gondii müssen zur Feststellung des Infektionsstatus bei allen Schwangeren möglichst früh (vor Schwangerschaftswoche neun) erfolgen. Schwangere mit gesicherter präkonzeptioneller Infektion oder positivem Toxoplasmaspezifischem IgG aus Vorschwangerschaften oder früheren Tests müssen in dieser und folgenden Schwangerschaften nicht mehr getestet werden. Seronegative Schwangere sollten nach dem Ersttest alle acht Wochen serologisch kontrolliert werden, um Infektionen (Serokonversionen) möglichst früh und damit effektiv behandeln zu können. Da es zum gegebenen Zeitpunkt unrealistisch erscheint, Schwangere nur zur Erhebung der ToxoplasmaSerologie einzuberufen, sollen die serologischen Untersuchungen im Rahmen der Schwangerenuntersuchungen beim Gynäkologen veranlasst werden. Die Verantwortung für deren zeitgerechte Durchführung und die Maßnahmen, die nach einer Serokonversion gesetzt werden müssen (Therapie, weiterführende diagnostische Maßnahmen), trägt der behandelnde Frauenarzt. Bei Verdacht auf akute Infektion („primär hoher Titer“, „signifikanter Titeranstieg“) können durch Einbinden des Referenzlabors unnotwendige Therapien vermieden werden. Beträgt der Abstand zwischen letztem negativen Ergebnis aus der Schwangerschaft und Geburt mehr als acht Wochen, soll Nabelschnurblut des Neugeborenen gewonnen werden und auf das Vorliegen Toxoplasma-spezifischer Antikörper untersucht werden. Auf die Konsensuspapier Toxoplasmose März 2010 1 Konsensus „Toxoplasmose – Screening und Therapie in Österreich“ Nabelschnurblutprobe als letzte Möglichkeit, ein infiziertes Neugeborenes zu detektieren, soll bei unklarem Infektionsstatus der Mutter zurückgegriffen werden. 2. Behandlung der Schwangeren Ziel des Behandlungskonzeptes ist es, nur jene Schwangeren zu behandeln, die mit hoher Sicherheit eine gestationale Infektion aufweisen. Das sind dokumentierte Serokonversionen und Frauen mit signifikant steigenden Antikörperkonzentrationen. Neben wiederholten IgGund IgM-Tests können Ergebnisse der Bestimmung der IgG-Avidität zur Anwendung gelangen. Bei serologischem Verdacht auf akute Infektion in der Frühschwangerschaft sollten durch Einbindung des Referenzlabors Zusatztests mit höherer Trennschärfe zur Anwendung kommen (z.B. Sabin-Feldman Test), um eine monatelange Behandlung der Schwangeren zu vermeiden. Sollten Ergebnisse späterer Labortests eine präkonzeptionelle Infektion bestätigen, kann die begonnene Behandlung der Schwangeren wieder abgesetzt werden („Sicherheitstherapie im Verdachtsfall“). Mit fortschreitender Schwangerschaftsdauer steigt das fetale Infektionsrisiko exponentiell. Auf die fetale Infektion im dritten Trimenon, die in Nachuntersuchungen den Hauptanteil der übersehenen Serokonversionen stellt, ist von geburtshilflicher Seite besonders zu achten. Die PCR aus durch Amniozentese gewonnenem Fruchtwasser sollte ab Schwangerschaftswoche 16 allen Schwangeren mit gestationaler Infektion angeboten werden, weil einerseits das PCR-Ergebnis die Empfehlung der medikamentöse Therapie der Schwangeren modifiziert und andererseits der fetale Infektionsstatus zum Geburtszeitpunkt definiert ist: PCR-positive Neugeborene werden von Geburt an ein Jahr behandelt, bei PCRNegativität kann diese Behandlung unterbleiben. Sicherheitstherapien für Kinder mit hohem Infektionsverdacht können so vermieden werden. Die Amniozentese sollte vor medikamentöser Therapie der Schwangeren erfolgen, doch muss eine bereits begonnene antiparasitäre Therapie zur Amniozentese nicht unterbrochen werden. Im Gegensatz zur früheren Beobachtung, dass die Sensitivität der PCR in der Spätschwangerschaft sinkt, kommt in Österreich eine Methode zur Anwendung, die auch im dritten Trimenon höchste Sensitivität und Spezifität sicherstellt. Die Ausweitung der PCR-Diagnostik auf das dritte Trimenon wird empfohlen. Konsensuspapier Toxoplasmose März 2010 2 Konsensus „Toxoplasmose – Screening und Therapie in Österreich“ Die Therapie an die Schwangere, wie Dauer der Therapiezyklen, Einnahme, Nebenwirkungen und Zeitpunkte von Therapieabbrüchen müssen aus Gründen der Qualitätssicherung dokumentiert werden. Eine Toxoplasma-Infektion stellt keine Indikation zur Einleitung der Geburt vor dem Termin dar und ist auch kein Grund für die Durchführung einer Sectio caesarea. 3. Follow-up der Kinder im ersten Lebensjahr Nicht infizierte Kinder von Frauen mit gestationaler Primoinfektion und solche mit konnataler Toxoplasma-Infektion und konnataler Toxoplasmose müssen im ersten Lebensjahr serologisch nachkontrolliert werden (nach Geburt, 3, 6, 9, 12, 15 Monate). Endpunkt der Untersuchung ist bei Nichtinfizierten Seronegativität mit 15 Monaten, sowie normale Funduskopie und normale kraniale Ultraschalluntersuchungen im ersten Lebensjahr. Bei Infizierten persistieren die Toxoplasma-spezifischen Antikörper lebenslang. Da bei konnataler Infektion die IgG-Antikörper am Ende des ersten Lebensjahres niedrig sein können, besteht die Möglichkeit, dass Labors, deren Testsysteme diese niedrigen Antikörperkonzentrationen nicht erkennen, falsch negative Ergebnisse liefern. Für diese zahlenmäßig sehr kleine Gruppe von Patienten empfiehlt sich daher die Paralleleinsendung an ein Referenzlabor. Bei Neugeborenen mit konnataler Infektion kann die diagnostische Liquorpunktion unterbleiben, weil ihr Ergebnis keine therapeutische Konsequenz hat. Dauer und Art der verordneten Therapiezyklen und eventuelle Nebenwirkungen (z.B. Anämie) sollen bei allen Patienten im ersten Lebensjahr in einer Checkliste dokumentiert werden. Kinder mit konnataler Infektion sollen auch nach dem ersten Lebensjahr jährlich serologisch und ophthalmologisch kontrolliert werden. Beilagen: 1) Toxoplasmose Algorithmus 3) Toxo Checkliste Gynäkologie 2) Therapieschema Toxoplasmose 4) Toxoplasmose Checkliste Kind Konsensuspapier Toxoplasmose März 2010 3