Einführung in die Sportsoziologie 1. Der Gegenstand der Soziologie Gegenstand der Soziologie ist die Gesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe besteht darin, soziale Wirklichkeiten der empirischen Forschung zugänglich zu machen. Der Gesellschaftsbegriff der Soziologie umfasst jede Form des Zusammenlebens von Menschen zur Befriedigung individueller und gemeinschaftlicher Bedürfnisse. Im Zentrum soziologischer Untersuchungen stehen soziale Wirklichkeiten (gesellschaftl. Institutionen,…) und nicht so sehr die individuellen Akteure. Sozial ist der Kernbegriff der Soziologie (moralisches und politisches Sinnverständnis → etwas Positives, aber in der Soziologie → jedes Verhalten) Die wichtigsten mit sozialem Verhalten befassten Nachbardisziplinen sind die Anthropologie, Psychologie und Ökonomie. Anthropologie Spielt durch die Wesensbestimmung des Menschen für die soziologische Theoriebildung eine Rolle. Psychologie Der Gegenstand psychologischer Forschung umfasst die psychischen Grundlagen menschlichen Verhaltens und Erlebens wie sie in der Wahrnehmung, im Denken, in den Gefühlen, im Lernen, in der Bewegung und im Handeln wirksam werden. Ökonomie Mit der Ökonomie hat die Soziologie viele Berührungspunkte (z.B.:Wirtschaftssoziologie) Eine eigene unumstrittene Sozialtheorie wurde bislang nicht entwickelt. Theoretische Ansätze der Soziologie: Struktur-Funktionalismus Neo-Funktionalismus Systemtheorie,… Soziologische Theorien müssen immer wieder an der Wirklichkeit geprüft werden. Die Soziologie als Wissenschaft von der Gesellschaft ist nur als empirische Forschung möglich. 2. Der Gegenstand der Sportsoziologie Die Sportsoziologie befasst sich mit dem Zusammenhang von Gesellschaft und Sport bzw. dem Sozialen im Sport. Die Sportsoziologie hat einen noch relativ niedrigen Entwicklungsstand und befindet sich erst im Stadium der Definition. Die systematische Erfassung sozialer Tatbestände im Sport erfolgt mittels Theorien sowie soziologischer Forschungsmethoden und –techniken. Diese müssen allerdings sportbezogen sein. Angestrebt wird Objektivität. Das Erfassen sozialer Daten muss intersubjektiv überprüfbar sein. König hat 4 Theorien mit unterschiedlichem Abstraktionsgrad vorgeschlagen: . Hoher Abstraktionsgrad 1. Theorien hoher Komplexität 2. Theorien mittlerer Reichweite Grund lagenfors chung 3. Entwicklung von ad-hoc Theorien 4. Beobachtung empirischer Regelmäßigkeiten Bedarfs forschung Niedriger Abstraktionsgrad Meistens handelt sich um ad-hoc Beziehungen (z.B. in der Markt- und Meinungsforschung). Bei der Grundlagenforschung liegen meist Theorien mittlerer Reichweite vor. Mit steigendem Abstraktionsgrad, fällt jedoch die Überprüfbarkeit durch Methoden der empirischen Sozialforschung. Das Kriterium der Wissenschaftlichkeit erfordert – so Popper – aus Theorien Hypothesen zu folgern, die anhand der empirischen Beobachtung überprüfbar, d.h. messbar sein müssen. Eine Theorie ist so lange gültig, bis sie durch neue Erkenntnisse verworfen, relativiert oder modifiziert wird. Die Überprüfbarkeit einer Hypothese setzt deren Operationalisierbarkeit voraus. Die Art der Operationalisierung entscheidet über den Skalencharakter der Variablen, der seinerseits bestimmt, wie das Merkmal statistisch auszuwerten ist (Skalentypen: Nominal-, Ordinal-, Intervall-, Verhältnisskala). Ein Befragungsinstrument muss verlässlich sein und Gültigkeit besitzen, nur dann handelt es sich um Empirie. 3.Sport und Gesellschaft Gesellschaft bildet jenes umfassende soziale System, das im Verhältnis zu seiner jeweiligen Umwelt ein Höchstmaß an Selbstgenügsamkeit und relativer Selbstbestimmung erreicht hat und alle erhaltungsnotwendigen Funktionen erfüllen kann. Für das Funktionieren einer Gesellschaft ist entscheidend, inwieweit die Werte und Normen von der heranwachsenden Generation im Zuge ihrer Sozialisation gelernt, möglichst verinnerlicht und im alltäglichen Verhalten auch befolgt werden. Sport entsteht nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern entwickelt sich in konkreten sozialen Handlungskontexten, die eine Reflexion gesellschaftlicher Verhältnisse sind, in der sie vorkommen. Sport ist Ausdruck des soziokulturellen Systems, in dem er etabliert ist. Das Werte- und Normensystem, das einer Gesellschaft zu Grunde liegt, spiegelt sich im Sport der Gesellschaft wider. 3.1. Sport und Kultur: Werte in der Gesellschaft und im Sport Mit der Veränderung der Gesellschaft im Zuge der technologischen Revolution nimmt der Sport Formen an, die unserer modernen Gesellschaft nahe kommen. Standardisierung, Rationalisierung und Spezialisierung sind als Resultate des Leistungsprinzips in der Gesellschaft und im Sport gleichermaßen vertreten. Das Streben nach Chancengleichheit fungiert bei beiden nur als Ideal. American Football spiegelt die kulturellen Grundmerkmale der amerikanischen Gesellschaft wider. Komplexe Organisation, Spezialisierung und Arbeitsteilung des Sports decken sich exakt mit den Schlüsselcharakteristika der hoch industrialisierten amerikanischen Gesellschaft. Aggression am Footballfeld führt ebenso zum Erfolg wie sie in der amerikanischen Gesellschaft den Weg zur Spitze markiert. Der Schluss lautet, dass der Sport die Gesellschaft reflektiert. Der amerikanische Sport, wie die amerikanische Gesellschaft ist autoritär, bürokratisch und produktorientiert. Siegen ist alles. Athleten werden gekauft/verkauft und es wird erwartet, dass sie den Wünschen der Sponsoren entsprechen. Eine totale Unterordnung gegenüber Autoritäten, wie sie z.B. von Trainern personifiziert werden. Im Sport und in der Gesellschaft manifestiert sich ein sozialdarwinistisches Prinzip, „the survival of the fittest“. George Allen: „Winning is living“ „Every time you win, you’re reborn; when you lose, you die a little“ Das Verlangen nach Siegern ist in den USA sehr stark ausgeprägt und in allen Erscheinungsformen wiederzufinden. „A quitter never wins, a winner never quits“ “Never willing to be second best” Eskimos hingegen sind aufgrund ihrer rauen Umwelt aufeinander angewiesen und haben daher eine stark ausgeprägte Gruppenmoral. Sie legen daher im Sport großen Wert auf Kooperation und Geschicklichkeit. 3.1.1. Zur Entwicklung des modernen Fußballs Bis zum 19. Jhd. war Fußball ein simples, wildes und unregelmentiertes Volksspiel. Die Kinder adeliger Familien gingen in Public Schools nicht um zu lernen, sondern um sich Eigenschaften wie z.B. Männlichkeit, Führertum und Unabhängigkeit anzueignen, wozu sich die rauen und brutalen Spiele bestens eigneten. Mit der Industrialisierung verschob sich die gesellschaftliche Balance zugunsten des Bürgertums. Es kam zu einer Phase der Verbürgerlichung. Thomas Arnold (Direktor der Public School in Rugby) konnte die traditionelle Form der Selbstverwaltung nicht abschaffen, ihm gelang es jedoch eine Überführung in ein geregeltes Herrschaftssystem durchzusetzen (Leitmotiv war die Notwendigkeit von Ordnung und anständigem Verhalten). Das Vergnügen des Fußballs lag nun nicht mehr in seiner brutalen Art, sondern wurde zunehmend von technischen und spielerischen Fähigkeiten abgelöst (Barrieren in Form von Regeln). Durch die Zivilisierung des alten Fußballspiels in Rugby, durch das Bürgertum, erfanden die Adeligen in Eton das Fußballspiel in seiner heutigen Form, um sich von der breiten Masse abzusetzen. Durch eine Zunahme der Absolventen der Public Schools wurde dieses Spiel jedoch ins Volk gebracht. Mit der zunehmenden Popularität kam es zur Professionalisierung und zum Streben nach Erfolg einer Mannschaft. Von der Oberschicht wurde eine vorbildhafte Affektkontrolle im Spiel angestrebt, doch durch die Einführung von Ligen und Meisterschaften folgerte das Gegenteil (Ausbrüche von Wut, Leidenschaft,… durch Alkoholeinfluss). 3.1.2. Interkulturelle Aspekte im Sport Allardt hat Hypothesen formuliert, die er anhand einer vergleichenden Typologie erstellt hat. Er klassifizierte Gesellschaft und Sport und stellte folgenden Zusammenhang fest: 1. Je höher die Arbeitsteilung, desto formalisierter sind die Regeln der Sportarten. 2. Je stärker die sozialen und politischen Zwänge, desto wichtiger ist körperliche Kraft anstelle von technischer Geschicklichkeit. 3. Je härter das Gehorsamkeitstraining, desto aggressiver sind die Sportarten. 4. Je niedriger die Arbeitteilung und je stärker die sozialen Zwänge, desto populärer sind Mannschaftssportarten. Bei einem interkulturellen Sportvergleich zwischen Amerika und Österreich, wurden Student(inn)en in Bezug auf die Wettkampf, Fitness- und sozialen Motive des Sporttreibens befragt. Man kam zu dem Schluss, dass vom Fitness-Boom sowohl österreichische, als auch amerikanische Student(inn)en erfasst wurden. Die hochgradige Wettkampforientierung kommt besonders bei den Amerikaner(inne)n zum Ausdruck und ist bei den Österreicher(inne)n nur gering vorhanden. Weber hat festgestellt, dass Leistung und Asketizismus als tragende Werte des Protestantismus die Grundwerte des Sports in protestantischen Ländern bilden. Untersuchungen bei den Olympischen Spielen haben dies bestätigt (Anteil der Protestanten an der Weltbevölkerung 8%, bis 1960 mehr als die Hälfte der Medaillen gewonnen). Beim Protestantismus handelt es sich um eine extreme Form von „innerweltlichen Asketizismus“ (Streben nach Beherrschung der Welt in einer asketischen Lebensführung als Weg zur Erlösung) → Leistungsethos im Sport und in der Gesellschaft. Die sozialistische Ideologie strebte die Beherrschung der weltlichen Ordnung sowie die Kontrolle über die Leistung in allen Bereichen gesellschaftl. Betätigungen an. Die ehemalige DDR war weltweit die erfolgreichste Sportnation (war protestantisch und sozialistisch). 3.2. Differenzierung und Trends im Sport Mit sozialer Schicht, Alter, Geschlecht,… verändern sich Form und Bedeutung des Sports. Im Verlauf der Entwicklung wurden die einzelnen Sportarten mehr und mehr differenziert und verändert. Sportlichkeit, Fitness, Fairness, Gesundheit,… sind nicht nur sportspezifische Sinnmuster und Wertvorstellungen, sondern ihren Niederschlag in einer Versportlichung der Gesellschaft. Sportivität steht als Chiffre für einen gesamten Lebensstil und bildet ein neues umfassendes Leitmuster unserer Alltagskultur. Die Rolle des Sports kann in verschiedenen Kreisen der Bevölkerung sehr unterschiedliche Beutungen für bestimmte Gruppen annehmen. Ein Beispiel dafür ist der Gegensatz zw. „alternativen Sport“ und „modernen Sport“. Elias meinte, dass die beobachtbare Reglementierung und Zurückdrängung von Gewaltanwendung auch im Sport ihren Niederschlag findet. Ein hohes Maß an Gewalt war im antiken Griechenland, sowie in den antiken griechischen Spielen vorherrschend. Beim Pankration kämpfte man unter Rücksicht auf Verluste, wodurch es zu schweren (tödlichen) Verletzungen kam. Zwischen griechischen Stadtsaaten kam es häufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen verbunden mit anschließenden Massakern an der gesamten männlichen Bevölkerung der besiegten Stadt. Das Ausüben von Grausamkeiten fand in der griechischen Gesellschaft keine Ablehnung. Heutzutage unterliegt die Gewaltanwendung der staatlichen Kontrolle, früher jedoch war man auf seine eigene physische Kraft angewiesen, um zu überleben. Der gesellschaftliche Wandel hat eine Disziplinierung des menschlichen Verhaltens in Gang gebracht. → Internalisierung Die Akteure verwirklichen im Sport im Wesentlichen die normativen, intellektuellen und kulturellen Leitbilder, die sie im Sozialisationsprozess erworben haben. Struktureigenschaften der Volksspiele und modernen Spiele Volksspiele Moderne Spiele Hoher Grad sozial tolerierter Niedriger Grad sozial tolerierter physischer Gewaltanwendung physischer Gewaltanwendung Emotionale Spontaneität Hohe Kontrolle über Emotionalität Geringe Zurückhaltung Hohe Zurückhaltung Offene und spontane Erzeugung einer Stärker kontrollierte, sublimierte Erzeugung Vergnügen bereitenden Kampfstimmung einer Kampfstimmung (Spannung) Betonung von Gewalt und Kraft Betonung von Geschicklichkeit Die Hauptform von Gewalt im modernen Sport ist die instrumentelle Gewalt (gezieltes Foulspiel,…). Die Pervertierung des Leistungsprinzips, wobei der Erfolg die Mittel heiligt, erfasst immer mehr Bereiche des Sports. Gezielte Formen der instrumentellen Gewalt werden zunehmend im Training eingeführt. Es zeigt sich, dass der Sport die Erfolgsmentalität der Gesellschaft übernommen hat. Untersuchungen haben verdeutlicht, dass mit höherer Altersklasse, mehr sportlicher Erfahrung und Leistungsstärke, das Einhalten des „Fair play“ zunehmend als für den sportlichen Erfolg hinderlich eingeschätzt wird. Weiß/ und Russo haben neun Typen identifiziert die sich hinsichtlich ihres Körper- und Sportbewusstseins unterschieden: 1. indifferent körperbewusst 2. traditionell körperbewusst 3. gesundheitsbewusst, mäßig sportlich 4. hedonistisch sportlich 5. asketisch, partiell sportlich 6. asketisch sportlich 7. dynamisch sportlich 8. gesundheitsbewusst sportlich 9. traditionell unsportlich Insbesondere die hedonistische, genussbetonte Erlebnisweise des Sports (4.) verweist auf die tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandlungen der gegenwärtigen Zeit. Durch die einseitige Überbetonung der Vergnügensseite und des Genusses geraten andere, ethisch wertvolle Elemente des Sportbewusstseins in den Hintergrund. Die Freizeit hat die Arbeitszeit quantitativ längst überholt, und Freizeitbeschäftigung steht immer häufiger mit Sportausübung in Verbindung. → Vergnügungssport Aus dem Fahrrad wurde das Mountain-, Trekking oder Sandbike und aus den Rollschuhen die Inlineskater. 4.Sozialisation und Sport Der Mensch verfügt nicht wie die Tiere über eine Erbmotorik, sondern über eine Erwerbsmotorik (Storch). Er muss die Beherrschung seines Körpers genauso wie die Einführung in die soziale Umwelt lernen und ständig kontrollieren. Dies zeigen die Ausnahmefälle der sogenannten wilden Kinder wie „Kaspar Hauser“ und die „Wolfskinder von Midnapore“. Kaspar Hauser war bis zu seinem 16. Lebensjahr ohne soziale Kontakte, Erziehung,… eingesperrt. Er konnte kaum gehen und wusste nicht wie er von seinen Händen Gebrauch machen sollte. Emotionen werden auch ohne kulturelle Kontakte unmittelbar verstanden! Der Terminus soziokulturelle Frühgeburt (König) besagt, dass die erste natürliche Geburt durch die Prozedur und Mechanismen einer zweiten (soziokulturellen) Geburt in die jeweilige Kultur oder Gesellschaft hinein ergänzt wird. Die tatsächliche Ausprägung von Verhaltens- und Handlungsweisen kommt durch die Wirkung verschiedener Umweltfaktoren auf das Erbgut zustande. Den signifikanten Anderen (Vermittler), bei Kindern sind es meist die Eltern, obliegt die grundlegende Einführung des Individuums in die Gesellschaft: die Sozialisation. Die Eltern sind die Mittler zur sozialen Realität, die Vermittler der Perspektiven und Kriterien, die die Welt umgänglich und sinnvoll machen. Durch Zuneigung erfahren Kinder die psychische und physische Bedeutung sozialer Anerkennung. Kinder werden nicht nur in eine Familie, sondern auch in eine Gesellschaft hineingeboren. Die Sozialisationstheorie unterscheidet zwischen primärer (Kind wird zum Mitglied der Gesellschaft) und sekundärer Sozialisation (Vorgang, der sozialisierte Person in neue Ausschnitte der objektiven Welt einweist). McGee bezeichnet den Menschen übertriebener Weise als Marionette. Er bringt zum Ausdruck, dass der Großteil von dem, was Menschen sind und tun, von ihrer sozialen Umgebung abhängt. Gesellschaft ist aber nicht eine rigide, statische Einheit, die aus lauter Robotern besteht; es gibt auch Abweichler und Veränderer. Meads role taking: Indem das spielenden Kindern vorgibt, jemand anderes zu sein, lernt es, die Rolle eines vorgestellten anderen zu übernehmen und dass an jeden Menschen Erwartungen seitens der Umwelt herangetragen werden, auf die der Einzelne angemessen zu reagieren hat. Rollenerwartungen sind ein wichtiger Faktor im Rahmen der Sozialisation. Der Prozess der Antizipation der Reaktion anderer ist Verantwortlich für die Entwicklung des Selbst. Meads „I and me“: Während das „I“ die persönliche Identität zum Ausdruck bringt, stellt das „me“ die soziale Identität des Individuums dar. Identität steht zur Gesellschaft in einer dialektischen Beziehung, der Dialektik zwischen individuellem Dasein und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Indem die Umwelt auf den Menschen einwirkt, trägt sie zu dessen Identitätsbildung bei; gleichzeitig führt menschliches Handeln zu Resultaten, die Spuren in der Umwelt hinterlassen. Identität wird in Kommunikationsprozessen laufend bestärkt und gefestigt, oder in Frage gestellt und abgeändert. Alle Techniken des Körpers und Gewohnheiten tragen den Stempel der Gesellschaft. Mauss hat unter anderem die Techniken des Schlafens untersucht und wesentliche kulturelle Unterschiede festgestellt (Schlafen im Stehen, auf hartem Untergrund, in Gruppen, auf diversen Stützen für den Hinterkopf,…). Zurcher und Meadow interpretierten Nationalsportarten als Möglichkeit, Feindseligkeiten und Aggressionen, die während der familiären Sozialisation entstehen, im Rahmen genau festgelegter Regeln, Normen und Rituale abbauen zu können. Die mexikanische Familie ist sowie die mexikanische Gesellschaft autoritär und hierarchisch strukturiert. Die Sozialisation ist durch eine dominant patriarchische Stellung des Vaters geprägt. Kinder werden häufig bestraft → mächtiges Image des Vaters. Söhne eifern der starren Sozialisationsfigur des Vaters nach, zu dem sie eine passiv-aggressive Einstellung entwickeln, nach und terrorisieren z.B. jüngere Geschwister. Beim Stierkampf symbolisiert der Stier, mit seiner Männlichkeit, Kraft und Macht den Vater und der mutige „Matador“, den Sohn. Die Zuschauer können sich mit dem Mut des „Matadors“ identifizieren und im Falle eines schlechten Kampfes, Vorwürfe von Feigheit und Kraftlosigkeit auf ihn projizieren, die sie selbst in der Schlacht mit dem Vater einstecken mussten. Die Familien in den USA sind demgegenüber in Richtung Demokratie und Gleichheit orientiert. Jedoch verlangt es gelegentlich nach Autorität, was zu Konflikten führt. Es entstehen Feindseligkeiten die nicht direkt gegenüber den Eltern geäußert werden können, da diese Kameraden und Kumpel sind. Da die amerikanische Gesellschaft unpersönlich, bürokratisch, materialistisch,…ist, kann erwartet werden, dass das legitime Ventil für Feindseligkeit komplex ist. Aggressionen im Baseball werden im Rahmen genau festgelegter Regeln, Normen und Ritualen ausgelebt. Hemmingway: „Wir sind bei Spielen nicht vom Tod, seiner Nähe und seiner Vermeidung fasziniert. Wir sind vom Sieg fasziniert, und wir ersetzen die Vermeidbarkeit des Todes durch die Vermeidbarkeit der Niederlage.“ Laut Dollard, „standardisiert jede Gesellschaft ihre eigenen zulässigen Muster und unterscheidet sich von anderen in der Art, wie Feindseligkeit ausgedrückt werden darf. 4.1. Geschlechtsrollen im Sport Geschlechtsrollen sind gesellschaftliche Normen bzw. Erwartungen bezüglich des Verhaltens von Frauen und Männern, und daher ein soziales und kein biologisches Phänomen. Jede Kultur hat eine für sie bezeichnende Auffassung von Geschlechtsrollen mit eigenen Spielregeln für geschlechtstypisches Verhalten. Meads Schilderung der kulturellen Tradition des Südseestammes der Tschambuli verweist auf eine Psychologie der Geschlechter, die der europäischen entgegengesetzt ist. Indem den Heranwachsenden geschlechtstypische Regeln, Normen und Definitionen ständig auferlegt werden, orientieren sie sich daran. Als wesentliches Instrument der Geschlechtsidentität der Burschen dürfte sich ein instrumentelles Verhältnis zum eigenen Körper herausbilden, wobei Kraft, Leistung und Belastbarkeit dominieren. Bei den Mädchen steht ein gefühlvoller, ästhetischer Umgang mit dem Körper im Vordergrund (→ andere Qualität des instrumentellen Verhältnisses). Die Werte und Deutungssysteme des Sports beziehen sich eher auf instrumentelle und funktionale denn auf expressive Deutungen. Spitzenathleten stammen häufig aus Familien, in denen maskuline Werte (Leistung, Wettbewerb,…) vorhanden sind. Da das Werte- und Normensystem im Sport auf Männer zugeschnitten ist, entspricht es dem Handlungspotential der Frauen eher weniger. Ob der Einzelne Sport ausübt, hängt vor allem auch davon ab, ob z.B. Gewalt und Aggression, Besiegen und Besiegtwerden, das Heben schwerer Gewichte,…den Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen entsprechen und seine Identität bestätigen. Bei Männern steht das Körper-Haben, bei Frauen das Körper-Sein im Vordergrund (Plessner). Wenn Frauen z.B. joggen gehen, möchten sie vielleicht ihre Figur in Form halten, während Männer möglicherweise ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen wollen. Insgesamt lässt sich eine Ausweitung und Differenzierung der Sportkultur feststellen, an der beide Geschlechter vermehrt partizipieren. Identität wird zunehmend über den Körper erfahren und vermittelt. 4.2. Soziale Schichtung im Sport Ursachen: Wertstruktur, Macht, Organisation, Eigentumsverhältnissen, genetischen Vorgaben,… Je entwickelter und komplexer eine Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, umso mehr soziale Schichten sind erkennbar. Die soziale Schichtung kann aufgezeigt werden nach objektiven Merkmalen (Einkommen, Beruf,…) oder nach subjektiven Faktoren (Prestige, Anerkennung,…). Wenn jemand einer bestimmten sozialen Schicht angehört, hat er einen bestimmten sozialen Status. Der Gesamtstatus setzt sich aus mehreren Einzelstatus zusammen. Statusinkonsistenz bezeichnet das Rangieren von Individuen auf unterschiedlichen Höhen einzelner Statusbereiche. Von einer Statuskristallisation spricht man, wenn ein hoher Einkommensstatus mit einem hohen beruflichen Status einhergeht. 4.2.1. Physischer Habitus Bourdieu entwickelte in seinem Hauptwerk „Die feinen Unterschiede“ eine Theorie des sozialen Raums. Unterschiedliche Existenzbedingungen weisen jeweils Grundmuster auf, die systematische Konfigurationen in den diversen Lebensbereichen generieren. Die Erzeugnisse dieser Grundmuster lassen sich als Habitus bezeichnen, dessen Merkmale für die Wahrnehmung und Beurteilung von Menschen und deren sozialer Zuordnung relevant sind. Der Habitus ist als kulturelles Unbewusstes zu bezeichnen, eine Art der Verhaltensnormierung, die als Nährboden in den verschiednen Bereichen des Denkens und Handelns die entsprechenden Schemata liefern. Im Geschmack, sei es in Urteilen über Kunst, Film,…manifestiert sich die soziale Position. Es ist notwendig, neben der Erfassung des Zusammenhangs zwischen Schicht und Sportart auch die Bedeutung und Funktion dieser Sportart zu analysieren. Erst daraus ergibt sich der Grund für die bewusste oder zumeist unbewusste Entscheidung für eine Sportart. 4.2.2. Körperethos Interesse und Aufmerksamkeit, die Individuen ihrem Köper widmen, z.B. ihrer angenehmen oder nicht angenehmen physischen Erscheinung, den physischen Empfindungen der Lust oder Unlust, wachsen mit ansteigender sozialer Hierarchie. Im Gegensatz dazu nimmt die Ausdauer, die dem Körper entgegengesetzt wird, und die physische Kraft im Sinne des Gewinnes, der aus dem eigenen Körper gezogen werden kann, mit steigender sozialer Hierarchie ab. Wir können erkennen, dass selbst körperliche Ausdrucks- und Umgangsformen starke gesellschaftliche und schichtspezifische Prägung erfahren. Wie sich am Beispiel der Medizin demonstrieren lässt, geht die Fähigkeit zur Entschlüsselung von Signalen des Körpers mit dem Niveau der vorhandenen Denk- und Kategoriensystems einher. Wer nur geringe Interpretationsleistungen setzen kann, wird auch seinen Körper weniger verstehen. Auch hier bestehen Zusammenhänge zwischen sozialer Schicht und Interpretationsleistung. Bourdieu: Gegensatz zwischen dem Darauflos-Reden breiter Schichten und der hochgradig zensierten Sprache der höheren Schicht. In der Körpersprache steht ein heftiges Gestikulieren, der Bedächtigkeit und Zurückhaltung höheren Ranges gegenüber. Mit steigender sozialer Schicht geht der Anteil von schwer verdaulichen, fetthaltigen und dick machenden Lebensmitteln verloren. Den unteren Schichten ist die Kraft des männlichen Körpers wichtig, daher scheinen ihnen billige, nahrhafte und kräftigende Speisen angebracht. Den Angehörigen freier Berufe sind geschmackvolle, leichte und nicht dick machende Speisen lieber, da ihnen die Gestalt und das Aussehen wichtig sind. Sportarten werden genutzt um schlank zu werden, Muskeln zu kräftigen, einen höheren Status zu gewinnen und um eventuell soziale Beziehung zu knüpfen die für den Beruf wichtig sein könnten. 4.2.3. Die populären Sportarten der unteren Schichten Angehöriger unterer Schichten neigen zur Ausübung von Sportarten, die eine gewisse Schmerzunempfindlichkeit erfordern und den Einsatz des ganzen Körpers verlangen (Boxen, Eishockey, Fußball,…). Weitere Merkmale dieser Sportarten sind Gewalt, Körperkontakt und Kampf. Das Gewaltmoment wird von Geheule und Kampfgeschrei, sowie dem optischen Erlebnis von ramponierten Körpern symbolisch verstärkt. In England z.B. wurde beim Rugby ein intensiver Männlichkeitskult entwickelt (Singen von obszönen Liedern, boshafte Beschädigungen, exzessives Trinken, Nacktheit,…). Interessant ist auch, dass die meisten populären Sportarten in ihrer Entstehung den Freizeitvergnügungen der Oberschicht entstammen (siehe Fußball). In unteren Schichten existiert neben dem instrumentellen Verhältnis zum Körper auch ein instrumentelles Verhältnis zur Natur, das auf die Erzielung von Nutzen aus der Natur abgestellt ist. 4.2.4.Die Sportarten der oberen Schichten In Amerika sind diese Sportarten Polo, Yachting und das Trainieren von Rennpferden. Ebenso ist es in England und Frankreich, wo noch die Jagd hinzukommt. In Österreich zählt Tennis, Golf, Skilaufen, etc. zu den Sportarten der oberen bürgerlichen Schicht. Ein wesentliches Merkmal ist wie man diese Sportart betreibt, und dies erfordert eine weitere Differenzierung. Beim Tennis heben sich die Reichen durch besondere Kleidung und Mitgliedschaften in noblen Clubs von der breiten Masse ab. Beim Skifahren spielt die Wahl des Skiortes und der Zeitpunkt des Skiurlaubs eine wichtige Rolle. In Sportarten wie Golf, Yachtsegeln, Springreiten, Skilaufen,…spielt das Betreiben an separaten Orten und die freie Zeitgestaltung eine große Rolle, da freiberufliche oft einen längeren Arbeitstag haben. Ein weiteres Merkmal besteht in einer deutlichen Absetzung von kollektiven Zwängen. Man bestimmt frei den Rhythmus seiner Anstrengung den man investieren möchte. Bei diesen Sportarten geht es außerdem um den Kampf gegen die Natur. Jugendliche aller Schichten neigen in der Adoleszenz ihre Kraft, Macht und Stärke zu erproben (→ z.B.: Kraftsport). Es ist jedoch anzunehmen, dass die Merkmale des Sports der oberen und unteren Schichten des Sports eine zunehmende Vermischung erfahren werden. Sport wird heutzutage in allen Sozialschichten betrieben, entscheidend für die Auswahl einer bestimmten Sportart ist von Bourdieu als Geschmack bezeichnet, der wiederum ein Produkt des persönlichen Lebensstils ist. 4.2.5. Soziale Schichten und Sportengagement Empirische Untersuchungen belegen übereinstimmend diesen Zusammenhang: 1. Angehörige mittlerer und oberer Schichten treiben häufiger Sport und investieren mehr Zeit darin; der Anteil derer, die noch nie Sport betrieben haben, ist in unteren Schichten höher 2. Je neuer die Sportart, desto höher der soziale Status derer, die ihn zuerst ausüben. 3. Je größer die Bedeutung von Individualleistungen, desto höher der soziale Status; Mannschaftssportarten werden häufiger von unteren Sozialschichten ausgeübt. 4. Mitglieder oberer Schichten bevorzugen Sportarten mit geringem oder keinem Körperkontakt. 5. In unterer Schichten existiert ein instrumentelles Verhältnis zum Körper sowie zur Natur → es dominieren Sportarten die kaum oder keinen Naturbezug haben. 6. Das Sportengagement von Angehörigen unterschiedlicher sozialer Schichten zeigt qualitative Unterschiede Generell sind von der Sozialstruktur her folgende Variablen für das Sportengagement wichtig: Alter: In so gut wie allen Sportarten ist die Jugend am aktivsten; ab 60 wird kaum mehr Sport betrieben Geschlecht: Männer sind grundsätzlich sportlicher; es gibt mehr Männersportarten; Wahl der Sportart meist nach Rollenvorstellung Bildung/beruflicher Status: mit steigendem Bildungsniveau nimmt Sportaktivität zu; Bauern treiben fast keinen Sport Einkommen: höheres Einkommen → mehr Chancen zur Sportausübung Wohnortgröße: Jugendliche städtischer Regionen nutzen Sportangebote mehr In Österreich lassen sich eine deutliche Verbreiterung der Sportpartizipation und eine Steigerung der Ausübungsfrequenz feststellen. 60% betreiben zumindest gelegentlich, 48% mehrmals pro Monat, 40%mehrmals pro Woche Sport. Sport wird auch in zunehmenden Maße auch von höheren Altersgruppen betrieben. Rangreihe der Sportarten: Radfahren löste Schwimmen an der Spitze, durch eine Entwicklung die durch die Industrie induziert wurde, ab. Skilauf ist als Nationalsportart ein Identitätsglied des modernen Österreicher und zählt mit Tennis und Golf zählen zu den Wunschsportarten. Traditionelle Sportarten (Turnen, Wandern, Leichtathletik,…) haben an Attraktivität verloren. 5. Soziale Gruppe und Sport Die Erforschung der sozialen Gruppe stellt eine wesentliche Aufgabe dar, zumal der Mensch kulturell notwendige Verhaltensmuster zum größten Teil als Gruppenmitglied übernimmt. Der gemeinsame Nenner der Gruppen ist die Interaktion, die für jedes Gruppenmitglied zu verschiedenen Ergebnissen führt. Moreno konnte bei Test mit Kleinkindern feststellen, dass mit zunehmendem Alter der Gruppenmitglieder ein Fortgang von einfachen zu komplexen Gruppenstrukturen vor sich geht. Die Phase vom 4. bis zum 9. Lebensjahr gilt als Vorstufe der sozialen Reifung. In der 1. Stufe der sozialen Reifung (9.-13. LJ) übernehmen Kinder Funktionen innerhalb der Gruppe und es entstehen soziale Normen. In der 2. Stufe der sozialen Reifung (ab 13. LJ) bilden sich vielschichtigere Gruppenstrukturen. Strukturen der vorangegangenen Phase bleiben erhalten. Bedingungen für Vorhandensein einer sozialen Gruppe: Gemeinsame Motive, Ziele und Interessen Gemeinsame Sprache, die gruppenspezifische Züge annehmen kann Gemeinsames Werte- und Normensystem Wir-Gefühl (Gruppensolidarität) Längerfristiges Zusammenwirken der Gruppenmitglieder Man unterscheidet: 1. Kleingruppe: face-to-face Beziehungen; überschaubare, direkt Kontakte zwischen den Mitgliedern (bis 20 P.) 2. Großgruppe: direkte gegenseitige Interaktion kann nicht stattfinden (ab 20 P.); z.B. Gewerkschaften, politische Verbände,… 3. Primärgruppe: besondere Form der Kleingruppe (Familie, Clique,…); große Bedeutung von Werte- und Normvermittlung, sowie von Intimität und Intensität von Beziehungen; wahrscheinlich am weitesten verbreitet; alle anderen Formen sind Sekundärgruppen 4. Formelle Gruppe: Mitgliedsbeziehungen sind unpersönlich; die Organisation funktionsspezifisch, also auf fest umgrenzte Zwecke bezogen (Forscherteam) 5. Informelle Gruppe: kleine, ungeplante auf unmittelbare face-to-face Beziehungen basierende Gruppierung; meist als Binnenordnungen formeller Gruppen spontan entstanden 6. Totale Gruppe: kaum Handlungsspielräume und Möglichkeiten der Selbstentfaltung für Individuen (Sekten) Aus der Sicht des Einzelnen wird zwischen Eigen- und Fremdgruppe unterschieden. Fremdgruppen können als Bezugsgruppen oder als Gleichaltrigengruppen auf den Einzelnen Einfluss haben. Zur Messung gruppeninterner Beziehungsstrukturen dient die Soziometrie und zur Darstellung die Soziomatrix, ein Säulendiagramm oder ein Soziogramm. Im Sport spielen Bezugsgruppen wie z.B. Zuschauer eine wichtige Rolle, zumal sich aus den Wechselwirkungsverhältnissen dieser Gruppe bestimmte Figurationen ergeben. Elias/Dunning: Es variiert beim Fußballspiel das Spielniveau nicht bloß wegen bestimmter Eigenschaften einzelner Spieler, sondern auch wegen der Figuration der Spieler zueinander. 5.1. Gruppenkohäsion Das Interesse liegt am Zusammenhang von Kohäsion und Erfolg einer Sportmannschaft. Kohäsion wirkt sich vor allem dort positiv auf die Mannschaftsleistung aus, wo es sich um Mannschaften mit einer interdependenten Aufgabenstruktur handelt, also ein hohes Maß an wechselseitiger Interaktion gegeben ist (interagierende Gruppe), wie z.B. im Fußball. Bei Mannschaften mit independenten Aufgabenstrukturen (z.B. Rudern), wo die Mitglieder mehr oder weniger nebeneinander agieren (koagierende Gruppe), steht Kohäsion nicht notwendig mit der Mannschaftsleistung in Zusammenhang. Zielführend bei der Erforschung des Zusammenhalts bei Sportmannschaften scheint der „Sport Cohesiveness Questionaire“ (SCQ) nach Meding zu sein. Er misst: die Stärke der persönlichen Beziehung zwischen den Spielern die Stärke des Einflusses, den jeder Spieler auf die Mannschaftsmitglieder und den Trainer hat wie gern die Spieler in ihrer Mannschaft spielen wie stark sich die Spieler zu ihrer Mannschaft hingezogen fühlen welchen Wert die Spieler der Mitgliedschaft ihrer Mannschaft beimessen wie gut die Zusammenarbeit in der Mannschaft ist den Grad an mannschaftlicher Geschlossenheit Meding kam zu dem Schluss, dass die Items „teamwork“ und „closeness“ am besten zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Teams trennen. Zu berücksichtigen ist, dass Kohäsion einer zeitlichen Entwicklung bedarf. In Gruppen mit hoher wahrgenommener Kohäsion fühlen sich die Mitglieder zufriedener → Dropout-Rate ist geringer, die Leistungsmotivation höher,… 5.2. Gruppengröße und –aufgabe Ringelmann stellte in den 80ern bei der Ermittlung der Kraftleistung von jungen Männern beim Tauziehen fest, dass mit steigender Gruppengröße die Individualleistungen fielen. Dieser Ringelamm-Effekt beruht auf einerseits auf fehlerhafter Koordination der Interaktionen und Handlungen der Gruppenmitglieder, und andererseits auf Motivationsverlust. → eine Verbesserung der Teamkoordination stellt ein wichtiges Ziel des Mannschaftstrainings dar. Um Motivationsverluste in Mannschaften zu vermeiden sollte der individuelle Beitrag erkennbar gemacht und belohnt werden. Mit steigender Gruppengröße sinkt die Gruppenkohäsion und die Zufriedenheit aufgrund mangelnder Interaktionsmöglichkeiten. Vergebene Subaufgaben an Gruppenmitglieder sollten sinnvolle Teilbereiche entstehen lassen, welche sich in Hinblick auf die Gesamtaufgabe bestmöglich ergänzen müssten. Aufgabe des Trainers ist es Einzelaufgaben zu delegieren und auf Veränderungen im Spielverlauf passend zu reagieren und das Aufgabensystem zu modifizieren. Thomas beschreibt 5 Aufgabentypen: 1. Additive Aufgaben: Gruppenleistung ergibt sich aus der Summe der potentiellen Einzelleistungen, abzüglich der durch Motivations- und Koordinationsverlust hervorgerufene Leistungsverminderung 2. Kompensatorische Aufgaben: Gruppenleistung besteht aus dem Durchschnitt der Einzelleistungen; Fehler und Schwächen Einzelner gilt es auszugleichen 3. Disjunktive Aufgaben: Gruppenleistung ist dann hoch, wenn ein kompetentes Gruppenmitglied vorhanden ist, das die richtige Aufgabenlösung weiß und in der Lage ist, seinen Lösungsvorschlag in der Gruppe so zu präsentieren, dass er akzeptiert wird. 4. Konjunktive Aufgaben: es tragen alle Gruppenmitglieder zur Aufgabenlösung bei; sind diese Aufgaben nicht unterteilbar (selten), entspricht das Gruppenergebnis der Leistung des schwächsten 5. Aufgaben mit Ermessenspielraum: Gruppe hat die Möglichkeit, über die Art der Aufgabenerledigung und das Verhältnis von Einzel- und Gruppenleistung selbst zu entscheiden. Das Verhältnis von Gruppenleistung zur Einzelleistung lässt sich keineswegs eindeutig klären, da Gruppen selten das leisten, was sie unter optimalen inneren und äußeren Bedingungen leisten könnten. Die Gruppenleistung hängt vom Aufgabentypus ab. 6. Sport als soziale Institution Sport ist kulturspezifisch und sozial durchformt ein Abbild der Gesellschaft. Im Sport besteht die Möglichkeit durch Aufgabenbewältigung soziale Anerkennung zu erlangen, was in der modernen Gesellschaft immer wichtiger zu werden scheint. 6.1. Ein Paradigma der Anthropologie Sport ist Ausdruck eines spezifischen menschlichen Verhaltnes, und markiert weiters ein soziales Handlungsfeld in dem sich der Mensch selbst darstellt. 6.1.1. Weltoffenheit: Portmann: „Umweltgebunden und instinktgesichert – so können wir in vereinfachender Kürze das Verhalten des Tieres bezeichnen. Das des Menschen mag demgegenüber weltoffen und entscheidungsfrei genannt werden.“ → Umwelteinwirkungen prägen die menschliche Entwicklung und andersherum; die Menschwerdung findet in Wechselwirkung mit der Natur statt. Gehlen bezeichnet den Menschen als Mangelwesen, weil er nicht, so wie Tiere, über einen Pelz, Giftzähne, Hörner oder Klauen, etc. verfügt. Die Umweltbeziehung des Menschen ist demnach nicht determiniert, außer durch seine Weltoffenheit. Die wirkliche Welt des Sports ist immer auch anders möglich, weil sie auf kulturellen Selektionsmechanismen beruht (Komplexitätsreduktion auf das Überbieten). 6.1.2. Exzentrizität: Exzentrizität bezieht sich auf das Verhältnis, in dem der Mensch zu sich steht. Nach MerleauPonty hat der Körper instrumentellen Charakter, weil der Mensch ihn als Mittel erfährt und über ihn verfügen kann. Mit dem Bewusstsein von sich, respektive dem Wissen über sich kann er sich selbst betrachten bzw. von außen wahrnehmen. Der Einzelne sieht sich selbst bzw. sein Verhalten vom Standpunkt all jener Gruppen, denen er angehört. Weil der Mensch in der Lage ist, mit sich selbst zu kommunizieren sowie in sich selbst Handlungen auszulösen, die er auch in anderen auslöst, kann er am Prozess teilnehmen, der aufgrund seines Verhaltens in anderen Personen abläuft und so sein Handeln kontrollieren (zwischen eigenen und fremden Verhaltenserwartungen). Plessner spricht deshalb von einer exzentrischen Positionsform. Berger/Luckmann: „Homo sapiens ist immer und im gleichen Maßstab auch Homo socius.“ Sport ist nichts Naturgegebenes, sondern ein künstlerisches Produkt (Kulturprodukt), eine Extension des Menschen. 6.1.3. Anerkennung: Das Bedürfnis nach Anerkennung stützt sich auf diverse Fähigkeiten, durch die ein vorteilhafter Eindruck entsteht. Goffmann analysiert in „The Presentation of Self in Everyday Life“ die vielfältigen Praktiken, Tricks und Listen die sich der Einzelne zu nutze machte, um einen vorteilhaften Standpunkt anderen gegenüber einnehmen zu können. Der Mensch wendet dabei viel Energie an „face work“ auf, um ein günstiges Image seiner Person aufrechtzuerhalten. → wir alle spielen Theater! Menschliches Verhalten zielt a priori auf Anerkennung ab. Moralisch abzulehnen ist es, sich in eine besser Position, durch ein Schlechtmachen anderer, zu manövrieren. Krockow: „Menschliches Verhalten ist niemals nur Handeln, an sich, sondern immer zugleich für mich und für andere; es ist Selbstinszenierung, Darstellung – eben: Präsentation, die auf Erfolg als Anerkennung zielt.“ Spitz stellte Mitte der vierziger Jahre bei Untersuchungen in Krankenhäusern fest, dass es bei Kleinkindern durch mangelnde affektive Zuwendung zu teils irreversiblen psychischen, sozialen und physischen Schädigungen kam. Durkheim stellte fest, dass ein geringes Maß an Solidarität bzw. Integration mit hohen Selbstmordraten in Zusammenhang steht! Selbstmord ist kein persönlicher Akt, sondern ein Produkt von sozialen Kräften: Kollektivkräften. In diesem Zusammenhang sollten die Begriffe Soziabilität und Sozialität erwähnt werden. Sie bedingen einander, wobei Soziabilität ein Teil der Lösung des Problems Sozialität ist. Um Anerkennung einer Gesellschaft zu erlangen, übernimmt der Mensch ihre Perspektiven und Kriterien und bemüht sich zu tun, was sie von ihm erwartet. Weil die Gesellschaft der Endzweck ist, auf die der Mensch ausgerichtet ist, verliert sein Handeln das Ziel, wenn er sich ihr entfremdet. 6.2. Soziale Anerkennung im Sport Im sportlichen Handeln, das auf soziale und kulturelle Wertvorstellungen bezogen ist, formen sich Handlungsmuster aus, die mit sozialer Akzeptanz verbunden sind. Sport erlaubt die Herausbildung eines Selbst und steht sinnbildlich für das Leben und für die menschliche Kultur, er ist eine Metapher der menschlichen Existenz. Sport vermag es, elementare Wünsche der Menschen zu erfüllen und sorgt mithin für deren seelische Balance. Indem der Sportler seiner Handlung aus der Perspektive des Sich – Zuschauenden plant und entwirft bzw. sich selbst als Teilnehmer einer Interaktion vom anderen her sieht, wird er sich seiner selbst ansichtig und der Instrumentalität seines Körpers bewusst (exzentrische Positionalität). Das Verhältnis, in dem er zu sich steht, ist das Movens für sportliches Handeln und verweist auf die Gesellschaft, zu der er gehört. Mead: „Das Kind muss die Haltung aller Beteiligten in sich haben. Die vom Teilnehmer angenommenen Haltungen der Mitspieler organisieren sich zu einer bestimmten Einheit, und diese Organisation kontrolliert wieder die Reaktion des Einzelnen“ (= Fähigkeit, die Rolle des „generalisierten Anderen“ einnehmen zu können). Das Erreichen des Bewusstseins seiner selbst erfolgt insofern über die anderen, als deren wirklichen oder auch nur vermeintlichen Verhaltenserwartungen Folge leistet und dafür Anerkennung erntet. Popitz kategorisierte die Anerkennungsbedürfnisse des Menschen in 5 „Typen sozialer Subjektivität“. 1. Anerkennung als Zugehöriger einer Gruppe Anerkanntsein zielt hier auf ein Sein wie andere. Dieser Typus mit gering ausgeprägter Individualität wird sich in Sportarten mit Massencharakter und Vereinsbasis finden lassen. Das Moment der Nähe und die Sicherung der Zugehörigkeit werden durch permanent symbolische Rituale erprobt. 2. Anerkennung in einer zugeschriebenen Rolle Die Handlungsmuster zugeschriebener Rollen werden Merkmale zugeordnet, die von Geburt an bestimmbar sind, wodurch das Selbstwertgefühl von Geburt an darauf hin sozialisiert wird. Die besondere soziale Rolle ist maßgeblich. Im Sport bedeutet dies die besondere Betonung einer sozialen Komponente durch sportliche Aktivität. 3. Anerkennung in einer erworbenen Rolle Hierbei geht es nicht nur um die Rollenbewährung, also die Aufgabe, einer Rolle gerecht zu werden, sondern auch um den Erfolg des Rollenerwerbs. Dieser Typus bietet die Grundvoraussetzung für den heutigen Profisport. 4. Anerkennung in einer öffentlichen Rolle Überall, wo viele zusammenkommen und zum Zusehen und Zusehen bereit sind, bietet sich Raum für die Wirkung öffentlicher Rollen. Sportler sind in den Medien oft präsenter als Politiker. 5. Anerkennung der persönlichen Identität Diese soziale Subjektivität insistiert auf der sozialen Bestätigung einer Existenz im Singular. Das Anders-Sein soll gesellschaftliche Bestätigung erhalten. Es wird versucht, Sport bewusst durch Individualsportarten zu erleben. Im Vordergrund stehen das Naturerlebnis oder gehobene soziale Kontakte, nicht das Leistungstreben. Sport ist u.a. eine Zufluchtsstätte für unterprivilegierte Gesellschaftsmitglieder geworden. Das zeigt sich an der Situation der Schwarzen in den USA, die Sport als einzige Möglichkeit sahen, sich in der Gesellschaft zu bestätigen. Dies wird auch als Grund verwendet, um die herausragenden Leistungen der Schwarzen, gegenüber denen der Weißen zu erklären. Doch auch hier gab/gibt es in den USA genauso wie in der Gesellschaft Rassenschranken (Sport ist ein Mikrokosmos der Gesellschaft). In den Massensportarten bilden schwarze Athleten eine deutliche Mehrheit. Krockows These besagt, dass der Sport eine Art Ersatz- und Ausgleichsreaktion gegenüber den Frustrationen der Arbeitswelt ist. Es steht außer Frage, dass die rasante Ausbreitung des Sports mit der Industrialisierung in Zusammenhang steht. 6.2.1. Aktion und Präsentation in der Gesellschaft und im Sport Gebauer: Ob eine Leistung vorliegt, entscheidet die für den Handelnden relevante Bezugsgruppe. Normen entscheiden darüber, ob es sich um eine wirkliche Leistung handelt. Eine Leistung existiert nur in Bezug auf solche und/oder andere Bewertungsstandards, aus denen der Beobachter bestimmte Züge, die als Leistungskriterien gelten anerkennt. Was als Leistung gilt, kann je nach Werten und sozialen Standards von Gesellschaft zu Gesellschaft, aber auch innerhalb einer Gesellschaft im Sinne der Bedeutung von Subsystemen verschieden sein. Eine Leistung in der G. resultiert aus einer Aktion, die bestimmte, sozial etablierte Leistungskriterien aufweist und aus einer Präsentation als einer Aktion, die den Leistungsnormen einer Gesellschaft entspricht. Erst eine erfolgreiche Präsentationsleistung führt zur sozialen Annahme der Aktionsleistung. D.h. der Einzelne wird so handeln müssen, dass die anderen von ihm in bestimmter Weise beeindruckt werden. Das Leistungsprinzip gilt als Legitimation von sozialer Ungleichheit. Durch die Arbeitsteilung die durch die Industrialisierung vermehrt entstand kam es auch zu einem Verlust der vermittelten Unmittelbarkeit, die eben in der Verschränkung von Handeln und Ansehen, von Aktion und Präsentation gestiftet wird. Soziale Bezüge entstehen nämlich nur, wenn im Arbeitsvollzug zugleich Ansehenskomponenten enthalten sind. Hospitalismus, Pensionierungstod, Sonntagsneurose,…nichts zu tun haben, zu nichts nütze sein, wirkt sich genauso fatal aus wie Arbeit ohne Ansehenskomponente. → In dieser Situation bietet sich Sport an. Er vermag es, das menschliche Verlangen an individueller Erfüllung und sozialer Anerkennung zu stillen, woraus das Selbstwertgefühl entsteht. Krockow: „Was den Leistungs- und Wettkampfsport auszeichnet, was er symbolisiert, ist die überschaubare, eindeutige und allgemein einsichtige Einheit von Aktion und Präsentation, eine Einheit, die es sonst fast nirgends mehr gibt.“ Leistung wird im Sport auf quantifizierbare Dimensionen reduziert: Nur Tore, sek., cm, etc. zählen. Diese Komplexitätsreduktion auf eindeutige Zeichen bringt Aktion und Präsentation zum Verschmelzen und bestätigt die Identität des Sportlers. Die Leistungsstandards des Sports sind sowohl den aktiven als auch den passiven Teilnehmern bekannt, wodurch das Ansehen des Sportlers mit seiner Leistung steigt bzw. fällt. Krockow bezeichnet Sport als symbolische, konzentrierte Darstellung der Grundprinzipien der Industriegesellschaft. „Der Sport bringt die Prinzipien der Industriegesellschaft viel besser zum Ausdruck als sie selbst.“ Es sind dies Chancengleichheit, Konkurrenz, Objektivität, Vergleichbarkeit, Messbarkeit, Zuweisung von Rangpositionen,…die der Sport besser verwirklicht als die es Industriegesellschaft es sonst tut. Im Grunde genommen geht es immer darum, die Bewunderung anderer zu erregen und auf diese Weise das eigene Selbstwertgefühl zu stärken. 6.3. Sport als soziales Phänomen Da das gesellschaftliche Werte- und Normensystem auch im Subsystem Sport vertreten ist, repräsentiert der Sport einen Bereich, in dem die Grundprinzipien der Gesellschaft zur Anwendung gelangen und soziale Bezüge entstehen. Über das System gemeinsam verstandener und akzeptierter Werte ermöglicht der Sport den Aufbau und die Bestätigung von Identitäten und somit die ersehnte soziale Integration. Die idealtypischen quantifizierbaren Maßeinheiten bzw. die Technizität und Neutralität der Regelungen, die sportliches Handels auf eindeutige Symbole reduzieren und über die sich der Sport in idealisierter Form als soziales Handeln erschließt, machen ihn zu einer universellen Kommunikationsform, die jeder versteht.