pr_viscg

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Merseburg, 15.05.95
FH Merseburg
Fachbereich Chemie- und Umweltingenieurwesen
Praktikum Physikalische Chemie
Komplex: Stoffcharakterisierung, Transporteigenschaften
Versuch: Gasviskosität (4h)
1. Versuchsausstattung
-
RANKINE-Gasviskosimeter
Thermostat
Stoppuhr
Membran-Vakuumpumpe
2. Aufgabenstellung
- Mittels eines RANKINE-Gasviskosimeters ist die Viskosität zweier Gase relativ zu Luft zu
bestimmen.
- Die Wärmeleitfähigkeiten der Versuchsgase sind abzuschätzen.
- Für ein Gas ist die Temperaturabhängigkeit der Viskosität zu messen; es sind die
Konstanten B und C der SUTHERLAND-Gleichung zu bestimmen.
3. Grundlagen
Im SI besitzt die Gasviskosität  die Einheit Pa s; wegen der niedrigen Zahlenwerte wird
häufig die Einheit mPa s] verwendet. Der älteren Größe 1 P (Poise) entsprechen 0,1 Pa s.
Nennen Sie neben der Viskosität noch andere Transporteigenschaften!
Für die Durchflußgeschwindigkeit V/t einer (inkompressiblen) Flüssigkeit, die laminar
durch eine Kapillare der Länge l und des Radius r strömt, gilt das Gesetz von HAGENPOISEUILLE
V   r 4
(1)

 p2  p1  ,
t 8  l
wenn (p2 - p1) das treibende Druckgefälle ist. Für (kompressible) Gase gilt dagegen die
modifizierte Beziehung
V
  r 4  p22  p12 
(2)


,
t 16   l  p0 
wobei p0 eine apparaturabhängige Größe ist. Werden alle apparaturspezifischen Größen zu
einer Konstanten
  r 4  p22  p12 
(3)
K
16  l  p0  V
zusammengefaßt, die durch eine Kalibriermessung für eine konkrete Apparatur zu
bestimmen ist, bleibt als einfache Auswertegleichung für die Viskositätsversuche (analog zur
Bestimmung der Flüssigkeitsviskosität durch Kapillarviskosimeter):
 = K t
(4)
Anders als bei Flüssigkeiten steigt die Viskosität eines Gases mit steigender Temperatur.
Bei einer Flüssigkeit ist die Hauptursache der "inneren Reibung" die zwischenmolekulare Wechselwirkung;
eine Temperaturerhöhung bewirkt eine Abnahme dieser Wechselwirkungen und damit eine Abnahme der
Viskosität. Für Gase spielt dieser Effekt eine ganz untergeordnete Rolle. Hier wird die innere Reibung durch
Molekülsprünge (thermische Bewegung, "BROWNsche Molekularbewegung") zwischen benachbarten,
unterschiedlich schnell strömenden Schichten verursacht. (Wo befindet sich in einem Gas, das durch ein Rohr
strömt, die langsamste Schicht?) Diese Molekülsprünge zwischen den strömenden Schichten, die mit steigender
Temperatur zunehmen, verursachen Impulsübertragungen, die die jeweils schnellere Schicht abbremsen und
damit die innere Reibung erhöhen. Die Impulsübertragung wird durch eine Reihe molekularkinetischer Größen
beeinflußt (z. B. mittlere freie Weglänge, Moleküldurchmesser, mittlere Molekülgeschwindigkeit), die daher u.
a. auch über Viskositätsmessungen bestimmbar sind.
Die klassische Gleichung zur Beschreibung der Temperaturabhängigkeit der Gasviskosität h
ist die SUTHERLAND-Gleichung:

1
2
BT
1 C /T
(5)
Die Wärmeleitfähigkeit l idealer Gase läßt sich näherungsweise aus der Gasviskosität h
berechnen:
 =  cv,spez
(6)
Prüfen Sie Gl. (6) durch eine Einheitenbetrachtung! (Die Einheit der
Wärmeleitfähigkeit ist W m-1 K-1.)
Das vorliegende RANKINE-Gasviskosimeter arbeitet nach folgendem Prinzip (vgl. Bild 1):
Aus einem Reservoir 2a sinkt ein Quecksilbertropfen 1 durch ein Fallrohr und drückt dabei
das Füllgas durch die feine Kapillare 3; die beiden Ventile 6a und 6b sind dabei geschlossen.
Gemessen wird die Laufzeit des Quecksilbertropfens
· entweder manuell mittels Stoppuhr zwischen den beiden Marken 5a und 5b
· oder mittels Lichtschrankenmessung an Anfang und Ende des Quecksilbertropfens.
Nach Passieren der Marke 5b wird das Viskosimeter um 180° gedreht und die Laufzeit in
umgekehrter Richtung gemessen. Die Temperatur wird mittels eines elektrischen
Thermometers durch den Schliff 4 des Temperiermantels gemessen.
2
4. Vorbereitung/Literatur
allgemein zu Transporteigenschaften:
H. K. Näser, D. A. Lempe, O. Regen: Physikalische Chemie für Techniker u. Ingenieure.
Dt. Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1990
zur Messung und Theorie der Gasviskosität:
D. P. Shoemaker, C. W. Garland, J. W. Nibler: Experiments in Physical Chemistry.
Mc Graw-Hill Book Comp., New York, 1989
5. Versuchsdurchführung
Zunächst ist der Kalibrierversuch bei 20 °C mit Luft auszuführen, danach ist die Viskosität
zweier vorgegebener Meßgase bei 20 °C zu bestimmen. Für ein Meßgas ist die Viskosität
bei 40 °C zu ermitteln.
Sie finden die Versuchsanordnung mit gefüllten Gasballons vor; in den Ballons (B1) und
(B2) befinden sich verschiedene Meßgase (vgl. Bild 2).
S2
H2
Vakuumpumpe
H3
H4
H5a Manometer
B1
H5b
B2
Gasballons
H1
S1
S3
Viskosimeter
Bild 2: Schema der Versuchsapparatur
Vergewissern Sie sich zu Beginn, daß sich der Quecksilbertropfen im unteren Reservoir
befindet, daß die Thermostattemperatur den Anfangswert von 20 °C besitzt und daß der
obere Hahn (H2) des Viskosimeters geschlossen ist.
!! Die Temperierzeit des Viskosimeters soll nach der Gasfüllung mindestens 10 min
betragen.
Für die Luftmessung ist der nachstehend beschriebene Meßablauf folgendermaßen zu
modifizieren:
- Ausführung der Punkte 1.) und 2.);
- Viskosimeter nach dem Evakuieren belüften;
- Hahn (H1) schließen;
- Hg-Tropfen zur Kapillarenspülung einmal durchlaufen lassen;
- nach Öffnen von Hahn (H1) wieder evakuieren;
- Viskosimeter belüften;
- Hahn (H1) schließen;
- Fortsetzung mit Punkt 8.)
3
Ablauf der Messung:
1. der Schliff (S3) der Schlauchverbindung wird mit dem unteren Schliff (S1) des
Viskosimeters verbunden;
2. der untere Hahn (H1) des Viskosimeters wird geöffnet; das Viskosimeter wird mittels
der Vakuumpumpe evakuiert; die Vakuumkontrolle erfolgt mittels Manometer;
3. Hahn (H4) wird von "Evakuieren" auf "Füllen" umgestellt und das Meßgas wird von
Vorratsballon (B1) bzw. (B2) mittels Hahn (H5a) bzw. Hahn (H5b) in das Viskosimeter
eingelassen;
4. nach etwa 10 s wird der obere Hahn (H2) des Viskosimeters geöffnet; etwa 30 s lang
wird das Viskosimeter mit dem Versuchsgas gespült;
5. zuerst wird der untere Hahn (H1), dann der obere Hahn (H2) des Viskosimeters
dicht geschlossen;
6. die Schlauchleitung wird an der Schliffverbindung S1/S3 vom Viskosimeter getrennt;
7. die Schritte 1.) bis 6.) sind zu wiederholen; das Viskosimeter ist nun mit Meßgas unter
Atmosphärendruck gefüllt;
8. das Viskosimeter wird wieder um 180° geschwenkt, so daß der Hg-Tropfen in das Fallrohr
sinkt;
9. die Laufzeit des Hg-Tropfens wird mittels Stoppuhr ermittelt;
!! Der Hg-Tropfen darf bei Messung nicht in mehrere Stücke geteilt sein !!
10. ist der Tropfen einige cm unter die untere Marke gesunken, wird das Viskosimeter
wieder um 180° gekippt;
11. die Schritte 9.) und 10.) sind zehnmal zu wiederholen, um eine statistische Versuchsauswertung zu ermöglichen;
Für ein vorgegebenes Gas ist die Temperaturabhängigkeit der Viskosität zu ermitteln. Dazu
ist die Thermostattemperatur auf 40 °C zu erhöhen; die Versuchsausführung entsprechend
1.) bis 11.) ist zu wiederholen. Temperierzeit beachten!
6. Versuchsauswertung
- Berechnen Sie für alle Meßreihen für die jeweils vorliegenden n Zeitmessungen den Mittelwert t , die Standardabweichung der Einzelmessung, die Standardabweichung des Mittelwerts und das Vertrauensintervall für P = 99% (Tabellenwert der Student-Verteilung für n
= 10 (f = 9): t(0,99, 9) = 3,25);
- Es ist die Apparatekonstante K = / t aus der Luftmessung zu bestimmen, wobei  für die
Meßtemperatur mittels der gegebenen Ausgleichsfunktion (s. Datenanhang) berechnet wird.
K wird nur für den 20 °C-Versuch bestimmt und näherungsweise als temperaturunabhängig
betrachtet.
- Für die Meßgase sind unter Verwendung der Mittelwerte von t und der Apparatekonstante
K die Viskositäten entsprechend  = K t zu berechnen.
- Aus den für zwei Temperaturen vorliegenden Viskositäten 1 und 2 sind die Konstanten
der SUTHERLAND-Gleichung (Gl. (5)) zu berechnen.
Hinweis zur Lösung:
Ausgehend von zwei bekannten Wertepaaren (1, T1) und (2, T2) gilt
4
1
1  T1  2 1  C / T2


2  T2  1  C / T1
1




 T 2
T2  1  2   1 
 2  T1 



C
3
2
T   
1  2   1 
 T1   2 
B  1
1  C / T1
T1
1
2
- Mit Hilfe von Gl. (6) ist für die Meßgase für 20 °C die Wärmeleitfähigkeit l abzuschätzen.
Molare cp-Werte für die Meßgase sowie die Molmassen sind dem Datenanhang zu entnehmen. Die molaren cv-Werte berechnen sich für ein ideales Gas nach
cv = cp - R .
Beachten Sie, daß in Gl. (6) die spezifische Wärmekapazität cv,spez/(J K-1 kg-1) eingeht!
7. Versuchsprotokoll
Als Versuchsprotokoll ist das ausgefüllte Versuchsformular abzugeben.
5
Anhang Stoffdaten
Viskosität  von trockener Luft
Ausgleichsfunktion: ln /(Pa s) = A ln (T) + B/T + C/T2 + D
mit
A = 0,63404
B = -45,638
C = 380,37
D = -0,5491
Gaskonstante
R = 8,3145 J K-1 mol-1
Molare Idealgas-Wärmekapazitäten cp und Molmassen M
Ausgleichsfunktion : cp/(J K-1 mol-1) = A + B T + C T2 + D T3
Helium
Argon
Stickstoff
Sauerstoff
Kohlendioxid
Wasserstoff
A
B
C
D
20,8
20,8
28,01
28,54
19,76
27,14
0
0
-1,357E-2
1,2611E-3
7,432E-2
9,274E-3
0
0
2,680E-5
1,011E-5
-5,609E-5
-1,381E-5
0
0
-1,168 E-8
-5,01 E-9
1,718 E-8
7,645 E-9
6
M/(g mol-1)
4,00
39,95
28,01
32,00
44,00
2,016
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