5A - 46. Unterrichtseinheit, am 26.3.´14 Bearbeiten der Buchseiten 74 – 85. ERNÄHRUNG Leben bedeutet Aktivität und Aktivität erfordert Energie. Wenn keine Energie nachgeliefert wird, hört das Leben auf. Eine der Voraussetzungen für Leben ist der ständige Fluss von Energie. Möglichkeiten der Energiegewinnung Auto trophe Organismen: Photoautotrophe Organismen: decken ihren Energiebedarf durch Aufnahme und Umwandlung von Lichtenergie Chemotrophe Organismen: nehmen energiereiche Verbindungen auf und setzen verwertbare chemische Energie in Reaktionen frei H e t e r o t r o p h e O r g a n i s m e n : nehmen energiereiche Verbindungen auf und setzen verwertbare chemische Energie in Reaktionen frei TROPHIESTUFEN grüne Pflanzen (Primärproduzenten Herbivoren (Konsumenten 1. Ordnung) Carnivoren 1 (Konsumenten 2. Ordnung Carnivoren 2 (Konsumenten 3. Ordnung) usw. Saprovoren (Destruenten) ernähren sich von abgestorbenen Organismen WOZU ENERGIE ? §§ Energie ist die Fähigkeit Arbeit zu leisten §§§ Die wesentlichsten biologischen Arbeiten sind: Chemische Arbeit. insbes. beim Aufbau eines Organismus Transportarbeit: aktiver Transport von Substanzen, Durchschreiten von Membranen - auch gegen ein Konzentrationsgefälle Mechanische Arbeit: Bewegung, Läutäußerungen, Chromosomenverlagerung aber auch: Elektrische Arbeit: Nerven, Rochen, Aale Wärmeproduktion: für optimale Reaktionsbedingungen im Körper Lichtenergie (Biolumineszenz) ENERGIEGEWINNUNG aus der Vergärung und bes. aus der Verbrennung der Nahrung die abbauenden Vorgänge: Zum Katabolismus gehören alle Vorgänge bei denen die relativ großen Moleküle in kleine umgewandelt werden, wobei die freiwerdende Energie für Lebensprozesse gewonnen wird. Zum Anabolismus gehören alle chemischen Vorgänge bei denen aus kleinen Molekülen große aufgebaut werden, damit ein Organismus wachsen, sich selbst reparieren und verdoppeln (reproduzieren) kann. METABOLISMUS (STOFFWECHSEL) wird gewöhnlich in KATABOLISMUS und ANABOLISMUS unterteilt. Maßeinheit für Energie 1 kcal = 4,184 kJ 1 kJ = 0,239 kcal 1000 kcal = 4,184 MJ Energiequellen für Heterotrophe: KH, Fette, Prot., Alkohol Brennwerte: Fette: 9 kcal/g oder 38 kJ Alkohol: 7 kcal/g oder 30 kJ Kohlenhydrate: 4 kcal/g oder 17 kJ Protein: 4 kcal/g oder 17 kJ Energiebedarf des Menschen Bedarf durch Grundumsatz und Leistungszuwachs bestimmt Grundumsatz: Energieverbrauch eines entspannt liegenden Menschen 12 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme bei konstanter Raumtemperatur von 20° Diese Energiemenge ist erforderlich für: Herztätigkeit, Atemtätigkeit, Gehirnfunktion etc. Höhe des Grundums. abhängig von: Geschlecht u. Lebensalter im Mittel bei 18 jährigen Männern: 7500 kJ (1800 kcal) 18 jährigen Frauen 6700 kJ ( 1600 kcal) Der bei körperlicher Betätigung gemessene Energieumsatz ist der Leistungsumsatz. Seine Höhe hängt von Art und Ausmaß der körperl. Arbeit ab bei leichter Arbeit eines 16 - 18 Jährigen werden pro Tag benötigt: 2400 ( 10 MJ) für w bzw. 3000 ( 12,5 MJ) für m bei schwerer Arbeit erhöht sich der Wert um ca. 1500 kcal (6,7 MJ) Nur im absoluten Hochleistungssport verbrauchen Athleten bis zu 21.000 kJ (5000 kcal) und mehr pro Tag. 1 Teilnehmer an der Jour de France können es an einem Tag sogar auf 42.000 kJ (10.000 kcal) bringen. Bei einer Ausnahmebelastung wie dem Radrennen ,,Race across America" liegt der Bedarf bei einer Tagesfahrzeit von 20 bis 22 Stunden sogar zwischen 59.000 und 67.000 kJ (14.000 - 16.000 kcal)! Dagegen benötigt ein Durchschnittssportler nur 14.700 bis 16.800 kJ (3.500 - 4.000 kcal). Das entspricht etwa dem Bedarf eines Bergarbeiters. Sportlerinnen kommen im Vergleich zu Männern generell mit etwas weniger Energie aus. Für Freizeitsportler gilt: Ihr Energiebedarf wird eher bestimmt durch den achtstündigen Arbeitstag und die Art der Fortbewegung während des Tages (Auto, zu Fuß oder Fahrrad) als durch die eine Stunde Tennisspielen oder 30 Minuten Laufen am Abend. Sie dürfen ihren zusätzlichen Energiebedarf auf keinen Fall überschätzen. Nur wer mehr als 2 Stunden pro Woche mit Ausdauer und Intensität trainiert, Muss seinen Energiebedarf anpassen. Eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist aber empfehlenswert. Energieverbrauch durch Sport Bewegungsart Fußball Gewichtheben Gymnastik Laufen Radfahren Reiten Schwimmen Skilaufen Tennis Tischtennis Energieverbrauch/Minute 54 kJ 13kcal 38 kJ 9 kcal 21 kJ 5 kcal 42 kJ 10 kcal 13 kJ 3 kcal 18 kJ 4 kcal 29 kJ 7 kcal 38 kJ 9 kcal 25 kJ 6 kcal 19 kJ 5 kcal *) Bei den Angaben ist zu berücksichtigen, dass der Energieverbrauch individuellen Schwankungen unterliegt, je nach Intensität und Kraftaufwand, mit der der Sport pro Zeiteinheit betrieben wird. Die wichtigsten Nährstoffe KOHLENHYDRATE sind die bevorzugten Energielieferanten. Sie sollten mengenmäßig den Hauptanteil der Nahrung ( 55-60% ) darstellen. Um Stoffwechselstörungen zu vermeiden, ist eine Mindestzufuhr von 100 g/Tag erforderlich. worin? Brot , Teigwaren, Kartoffel, Reis, Süßwaren Kohlenhydrate sollten möglichst in Form von Stärke aufgenommen werden. Dieses Polysaccharid wird im Körper langsam zu Glukose abgebaut und gelangt nach und nach in den Blutkreislauf. Die Glukose-Konzentration im Blut wird durch Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse reguliert. Zu rascher Anstieg der Glukose-Konzentration kann im Extremfall zur Überlastung der Bauchspeicheldrüse und schließlich zu Zuckerkrankheit führen. Übersicht über die Einteilung der Kohlenhydrate: dt. Bezeichnung Einfachzucker chem. Bezeichnung Monosaccharid weitere Unterteilungen a) nach Anzahl der Sauerstoffatome: Pentosen, Hexosen), u.a. b) nach chem. Gruppen: Aldosen u. Ketosen Zahl der verbundenen Zuckermoleküle 1 2 Zweifachzucker Disaccharid Beispiele besteht aus folgenden Monosacchariden Traubenzucker (Glukose, Dextrose), Fruchtzucker (Fruktose) Rohr- oder Rübenzucker (Saccharose) Glukose und Fruktose Glukose und Galaktose Mehrfachzucker Oligosaccharid Vielfachzucker Polysaccarid bis 100 bis mehrere 1000 Milchzucker (Laktose) 2 x Glukose Malzzucker (Maltose) Dextrin Stärke Glykogen Zellulose Glukose Glukose Glukose Glukose (beta) Stärke-reiche Produkte wie Getreide, Kartoffeln und einige Gemüse, sollten den Hauptanteil des Speisezettels ausmachen. Auch die Ballaststoffe zählen zu den Kohlenhydraten. Sie enthalten zwar keine für uns verwertbare Energie, fördern jedoch die Verdauung. . Vollkorn-produkte sind besonders wichtig, da sie am meisten Ballast-und Wirkstoffe zur Verfügung stellen. Aus ernährungsphysiolog. Sicht ist der Verzehr raffinierter Kohlenhydrate, die prakt. frei sind von Balllaststoffen und essentiellen Nährstoffen und mit denen in kleinen Volumina viel Energie zugeführt wird (hohe E.dichte), negativ einzustufen Kohlenhydratreiche Lebensmittel sind primär keine Dickmacher, wie häufig noch behauptet wird. Wichtig für die häufig übermäßige Zufuhr von Energie ist die ,,begleitende" Fettmenge: Nicht die Scheibe Brot ist kalorienreich, sondern eine dicke Auflage fetter Wurst, nicht die Kartoffel macht dick, sondern die Verarbeitung zu fettreichen Kroketten. FETTE (TRIGLYCERIDE) ...haben von allen Nährstoffen den höchsten Energiegehalt: mehr als doppelt so viele Kalorien je Gramm wie Kohlenhydrate oder Eiweiß. Es dient vorwiegend als Brennstoff, daneben als 2 Lösungsmittel für fettlösliche Vitamine für den Aufbau der Zellmembranen und als Aromaträger. Eine spezielle Gruppe der Fette, die mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sind essentielle, das heißt lebensnotwendige Nährstoffe, die zum Aufbau von Körperzellen, von Hormonen und anderen wichtigen Substanzen nötig sind. Die durchschnittliche Kost in Österreich ist zu fettreich. Auch Kinder nehmen off weit mehr als die empfohlenen 30-35 Prozent der Tagesenergiemenge in Form von Fett auf. Verantwortlich für die oft überhöhte Fettmenge sind neben dem sichtbaren Streichfett vor allem das versteckte Fett in Wurst (z.B. in Salami und Streichwürsten), Käse und fetten Milchprodukten sowie in Knabberartikeln, Pommes Frites und üppigen Torten. Ein zu hoher Fettkonsum im Kindesalter kann zu Übergewicht führen und, besonders in Familien mit entsprechender Veranlagung, das Risiko für spätere Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen. Ein sparsamer Verzehr von sichtbarem und verstecktem Fett ist somit sinnvoll und legt schon in frühen Jahren den Grundstein zu einer ausgewogenen Ernährung. Chemismus: Fette sind Verbindungen von einem Glycerinmolekül mit 3 Fettsäuremolekülen. Alle biolog. Eigenschaften der Fette sind von der Art der Fettsäuren abhängig Wir unterscheiden Gesättigte, ungesättigte (mit einer Doppelbindung) und mehrfach unges. FS (mehreren Doppelbindungen) Hartfette haben einen höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren, Weichfette und Öle sind reicher an ungesättigten Fettsäuren. Die mehrfach unges. FS mit der größten biolog. Bedeutung haben die erste Doppelbindung am 3. bzw. 6 >C-Atom. Sie werden als Omega-3 u Omega-6 FS bezeichnet Die in unserer Nahrung häufigste mehrfach unges. FS ist sie Linolsäure (18:2 -6) I.e. 18 C-Atome , 2 Doppelbindung, erste davon am 6. C-Atom) Sie gehört zu den essentiellen FS, d.h. diese können vom menschl. Organismus nicht aufgebaut werden PROTEINE Kohlenhydrate und Fette decken weitgehend den Energiebedarf und können im Körper gespeichert werden. Im Gegensatz dazu gibt es für Proteine keine Speichersysteme. Sie werden durch den Stoffwechsel abgebaut und müssen durch die Nahrung ersetzt werden. Chemismus: Proteine bestehen aus hunderten bis tausenden miteinander verketteten Aminosäuren. Der Gehalt an jenen 20 Aminosäuren, die die Bausteine der Proteine sind, schwankt in den Nahrungsproteinen sehr stark. die Zusammensetzung wird durch das „Aminosäurespektrum“ angegeben. Es ist bei tierischen Proteinen dem der menschlichen Proteine ähnlich. Tierische Proteine besitzen somit eine hohe biologische Wertigkeit. Die biologische Wertigkeit eines Proteins gibt an, wieviel Gramm Körperprotein aus 100 g Nahrungsprotein aufgebaut werden können. Der Proteinanteil einer ausgeglichenen Ernährung sollte bei 10 - 15%, höchstens bei 20% liegen. Zu hohe Proteinzufuhr belastet den Stoffwechsel, nicht ausreichende Proteinzufuhr führt zur Störungen der körperlichen und geistigen Entwicklung. Bei Erwachsenen sollte der Anteil des tierischen Proteins am Nahrungsprotein etwas die Hälfte betragen, bei Kindern und Jugendlichen bis zu zwei Drittel. Empfehlungen: weder zu viel, noch zu wenig essen öfter essen, dafür aber pro Mahlzeit weniger abwechslungsreiche Mischkost ausreichend Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe (Ballaststoffe täglich mind. 30g ) mehr pflanzliche (Getreide, Kartoffel, Hülsenfrüchte) als tierische Eiweiße (Fleisch) höchstens 3 mal in der Woche Fleisch 1 mal in der Woche Fisch Sparsamer Konsum von Fetten täglich nicht mehr als 24 Gramm Streichfette pflanzliche Fette (Öle) sind den tierischen vorzuziehen, sie enthalten mehr ungesättigte, essentielle Fettsäuren Flüssigkeit: täglich mindestens 1,5 Liter Salz nur sehr sparsam verwenden 3 MASSEINHEIT ENERGIE BRENNWERTE 1 kcal = 4,184 kJ 1000 kcal = 4,184 MJ 1 kJ = 0,239 kcal Fette: Alkohol: Proteine: Protein: 9 kcal/g oder 38 kJ 7 kcal/g oder 30 kJ 4 kcal/g oder 17 kJ 4 kcal/g oder 17 kJ ENERGIEBEDARF DES MENSCHEN /TAG (ALTER 18 JAHRE) Grundumsatz Leistungsumsatz. leichte Arbeit weiblich 6700 kJ ( 1600 kcal) 10 MJ (2400 kcal) männlich 7500 kJ (1800 kcal) 12,5 MJ (3000 kcal) bei schwerer Arbeit + ca. 6,7 MJ (1500 kcal) ENERGIEVERBRAUCH DURCH SPORT Fußball Gewichtheben Gymnastik Laufen Radfahren 54 kJ 38 kJ 21 kJ 42 kJ 13 kJ 13kcal 9 kcal 5 kcal 10 kcal 3 kcal Reiten Schwimmen Skilaufen Tennis Tischtennis 18 kJ 29 kJ 38 kJ 25 kJ 19 kJ 4 kcal 7 kcal 9 kcal 6 kcal 5 kcal Begleitstoffe – Farbstoffe, Geschmacksstoffe, Geruchsstoffe Ballaststoffe – unverdaulich, jedoch wichtig für die Verdauung Wirkstoffe- Vitamine (wasser-, fettlöslich), Mineralstoffe, Salze, etc. Zusammenstellen eines optimalen Menüs … es darf auch gesund sein! Schulfilm – P.F. 4 Warum Sex? Exzerpt aus Falter.at oder oder doch Sex ist zur Vermehrung nicht unbedingt notwendig, wie ein Blick zurück in die Evolutionsgeschichte zeigt: Viele Organismen schaffen es, sich ohne den Austausch von Körperflüssigkeiten fortzupflanzen. Warum sich in der Natur die sexuelle Reproduktion durchsetzte, ist nach wie vor nicht restlos geklärt. Insbesondere die Existenz des männlichen Geschlechts gibt nach wie vor Rätsel auf. Am Anfang war kein Sex. Natürlich würde uns ohne Sex einiges abgehen: Hätte ihn die Natur nicht erfunden, so würden viele der schönsten Dinge des Lebens - einmal abgesehen vom Sex selbst - nicht existieren: Pflanzen würden nicht blühen, Vögel nicht singen, der Pfau würde kein Rad schlagen und Hirsche kein Geweih tragen. Männer würden keine Sportwagen fahren und Frauen keine Miniröcke tragen. Der enorme Aufwand, der in der Natur und beim Menschen für Sex betrieben wird, wirkt gemessen am scheinbar geringen Nutzen - paradox. Zudem würde ohne Sex und ohne zwei Geschlechter einiges einfacher werden: Es gäbe keine Nebenbuhler mehr und keinen Liebeskummer, kein sinnloses Protzen und keine dummen Lügen. Dass Leben ohne Sexualität auch bestehen kann, beweist ein Blick zurück in die Evolutionsgeschichte. Die ersten Lebewesen wie Bakterien und Blaualgen, die vor vier bis fünf Milliarden Jahren entstanden, vermehrten sich asexuell. Und sie machen es bis heute so. Die Vorteile sind unübersehbar: Ein einziger elterlicher Organismus kopiert seine Erbinformation, teilt sich und gibt seine Baupläne vollständig an den Nachwuchs weiter. Somit ist die gesamte Nachkommenschaft genetisch identisch. Die mühsame Suche und Wahl eines Partners wird überflüssig. Evolutionäre Weiterentwicklung ist freilich auch auf diese Weise möglich: Gelegentlich kommt es zu einer zufälligen Veränderung im Erbmaterial. Ist eine solche "Mutation" vorteilhaft, kann dieser Klon - durch erhöhte Kältetoleranz etwa - einen neuen Lebensraum besiedeln oder sich an andere Veränderungen anpassen. Die Bakterien fuhren mit ihrer Strategie jedenfalls äußerst gut, und so kam es, dass kaum ein Ort der Erde frei von ihnen blieb. Ein Grund dafür ist ihre kurze Generationsdauer: Manche dieser einfachen Organismen können sich alle zwanzig Minuten teilen. 99-prozentige Sexualisierung. Mittlerweile jedoch vermehren sich aber über 99 Prozent aller existierenden Tier- und Pflanzenarten sexuell, das heißt, sie kombinieren ihre DNA mit der eines Sexpartners ihrer Art und erzeugen dadurch genetisch neuartigen Nachwuchs. Warum aber kam es vor ein bis zwei Milliarden Jahren dazu, dass Bakterien begannen, ihre Körpersäfte bzw. ihre DNA über Zytoplasmabrücken auszutauschen? Warum also etablierte sich nach und nach die Rekombination von 5 Erbinformation zweier Organismen, also die sexuelle Fortpflanzung? So unbestritten der Erfolg der sexuellen Vermehrung evolutionsgeschichtlich auch sein mag, so uneinheitlich und umstritten sind die Begründungen der Biologie. Was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass in der Biologie die Bedeutung der sexuellen Selektion lange Zeit unterschätzt wurde. Vor allem deshalb, weil männliche Biologen des 19. Jahrhunderts nicht glauben konnten, dass weibliche Tiere sich ihre Sexualpartner aktiv auswählen, blieben evolutionstheoretische Erklärungen der Sexualität lange Zeit Mangelware. Und bis heute ist der Glaube weit verbreitet, dass die einzige Triebkraft der Evolution die natürliche Selektion im engeren Sinn - also das "Survival of the fittest" - sei. Konkurrenz der Theorien. Mittlerweile ist die Evolutionsbiologie längst zu einem zentralen Forschungsgebiet der Wissenschaften vom Leben avanciert. Und entsprechend gibt es heute mehr als zwanzig verschiedene und zum Teil widersprüchliche Theorien darüber, warum sich Sex in der Natur durchgesetzt hat - widersprüchlich auch deshalb, weil die experimentellen Daten bislang noch eher karg sind. Doch längst arbeiten die Evolutionsbiologen daran, ihre Theorien mithilfe der Molekularbiologie und komplizierten Computersimulationen zu überprüfen. Beobachtungen an lebenden Organismen sind die Ausnahme von der Regel, was in der Natur der Sache liegt: "Evolution in the making" ist ein extrem langwieriger Prozess; nur wenige Modellorganismen vermehren sich so rasch, dass ein Forscherleben ausreicht, um Einblicke in langfristige Evolutionsprozesse zu erhaschen. Ein solcher Organismus ist die Bäckerhefe, die die amerikanischen Forscher Clifford Zeyl und Graham Bell genauer auf ihr Sexual- bzw. Nicht-Sexualleben hin untersucht haben. Sie kamen zu dem Schluss, dass sich im Laufe der Zeit in den sich sexuell vermehrenden Populationen nur wenige schädliche Mutationen ansammeln, während die asexuellen immer mehr degenerieren. Den schädlichen Veränderungen ergeht es wie im Fegefeuer. Schlechte Mutationen würden ausgemerzt, bevor sie in einer Population die Überhand gewinnen. Sind Männer überflüssig? Der deutsche Zoologe Manfred Milinski ist einer jener Forscher, die mithilfe von komplizierten Computersimulationen der Evolution des Lebens bzw. der Sexualität auf die Spur kommen wollen. Auf die Frage, warum sich Tiere und Menschen sexuell fortpflanzen, weiß auch er keine Antwort, wie er unumwunden zugibt: "Im Besonderen können wir nicht erklären, weshalb es das männliche Geschlecht gibt. Theoretisch gäbe es kein Problem mit Weibchen, die sich asexuell, also durch Parthenogenese fortpflanzen", erklärt der Direktor des Max-Planck-Instituts für Limnologie. Zu diesem für ihn und seine Geschlechtsgenossen - zumindest theoretisch - existenzgefährdenden Befund kamen Evolutionsbiologen dadurch, dass sie Computersimulationen durchspielten, die von einer bestimmten Anzahl "genetisch" unterschiedlicher Individuen ausgehen, die sich unter bestimmten Umwelt- und Konkurrenzbedingungen vermehren sollten. Nach einigen virtuellen Generationen ließ sich beobachten, welche der ursprünglichen Individuen in der vorbestimmten Umgebung den größeren Erfolg - das heißt: mehr überlebensfähige Nachkommen - haben. 6 Das überraschende Ergebnis: Es waren die Asexuellen, die sich in den computergenerierten Stammesgeschichten durchsetzten. Im direkten Vergleich dauerte es kaum mehr als zehn Generationen, bis die auf Zweisamkeit bedachten Lebewesen von den sich mittels Jungfernzeugung vermehrenden Einzelgängern zahlenmäßig bei weitem übertroffen wurden. Und wenig später waren jene Individuen endgültig ausgestorben, die zur Fortpflanzung Paare bildeten. Sex als Anpassungsstrategie? Nun ist aber offensichtlich, dass die tatsächliche Evolution die virtuelle Lügen straft. Warum aber versagte dann das Computermodell? Es war schlicht zu wenig realitätsnahe, sprich: Man hatte bei der Computersimulation die sich verändernden Lebensbedingungen zu wenig berücksichtigt. Also wurden die virtuellen Umweltbedingungen, zum Beispiel das Klima, über mehrere Generationen langsam geändert. Und siehe da: Je schneller die Veränderungen, desto länger überlebte die Gruppe der sich sexuell Fortpflanzenden - um früher oder später indes doch irgendwann auszusterben und den Einzelgängern das Feld zu überlassen. Einzige Ausnahme: Bei drastischen Veränderungen von einer Generation auf die andere hatten die Asexuellen plötzlich keine Chance mehr. Doch wo finden sich ähnlich drastische Umbrüche außerhalb wohl definierter Computersimulationen? Wo herrscht in einer Generation Tropenklima und in der nächsten Polarwetter? Es ist natürlich nicht das Klima, das sich quasi von heute auf morgen verändert. Unglaublich vielseitig und rasant schnell wandelbar sind aber Viren und Bakterien - all die Erreger von Infektionskrankheiten. Der britische Biologe William Hamilton war es, dem bereits in den Sechzigerjahren dieser zündende Gedanke gekommen war: Gefragt ist also ein hochflexibles Immunsystem, das Fremdes - und also auch neues Fremdes - schnell als fremd erkennt und vernichtet, bevor es im Körper Schaden anrichten kann. Die Antwort auf sich ändernde Umweltbedingungen und flexible Parasiten heißt also Rekombination: die Durchmischung und zufällige Neukombination des Erbgutes zweier Individuen. Sex eben. Genetischer Rüstungswettlauf. Ein ganz ähnlicher Erklärungsansatz ist die so genannte Red-QueenHypothese, die in den Siebzigerjahren vom Evolutionsbiologen Leigh Van Valen formuliert wurde. Eltern mit jeweils einer "guten" Mutation bekommen "superfitte" Nachkommen, die beide Vorteile in sich vereinen. Der Erfolg eines Individuums hängt auch hier davon ab, wie gut es Krankheitserreger und Parasiten abwehren kann. Da die Strategien der Angreifer immer raffinierter werden, muss das Immunsystem ebenfalls flexibel sein. Zwischen Parasiten und ihren Wirten herrscht ein verbissener Rüstungswettlauf. Lebewesen, die durch genetische Neuerungen besser gegen Krankheitserreger gerüstet sind, haben daher höhere Überlebens- und Fortpflanzungschancen. Dadurch wird ein anfangs seltenes Abwehrmuster immer häufiger, und die Krankheitserreger finden wieder einen Weg, es zu überlisten. Die Hypothese über das genetische Wettrüsten einer Art und ihrer Angreifer hat ihren Namen von der Roten Königin aus "Alice im Wunderland": Im legendären Land der Roten Königin muss man laufen, um am gleichen Ort zu bleiben. Will man weiterkommen, muss man doppelt so schnell sein. Organismen, die 7 sich sowohl sexuell als auch asexuell fortpflanzen können - wie zum Beispiel die Blattläuse -, sind für die Klärung der Frage "Warum Sex?" naturgemäß von besonderem Interesse. Neuseeländische Süßwasserschnecken jedenfalls stützen die Annahmen der Parasitentheorie: In dicht besiedelten Seen vermehren sie sich sexuell und produzieren so immer neue Varianten des Immunsystems. Wenn sie hingegen in parasitenarmen Gewässern leben, verlassen sie sich auf asexuelle Reproduktion. Immungene zum "Erschnuppern". Ein anderer Beleg dafür, dass die Entwicklung der sexuellen Reproduktion etwas mit der Ausbildung eines hochflexiblen Immunsystems zu tun hat, lieferte die Entdeckung der MHC-Moleküle, benannt nach dem so genannten "major histocompatibility complex". Diese Moleküle werden von rund einem Dutzend Genen programmiert, und je bunter zusammengesetzt diese Genvarianten sind, desto breiter ist auch das Spektrum an Krankheitserregern, auf das reagiert werden kann. Wenn Weibchen also wüssten, welche Genvarianten sie selbst tragen, könnten sie bei ihrer Partnerwahl gezielt, evolutionsbiologisch erfolgversprechend vorgehen. Und scheinbar tun sie das auch immer schon wie automatisch. Erste Hinweise darauf lieferten US-amerikanische Forscher in Versuchen an Mäusen, bei denen sich zeigen ließ, dass man Immungene "riechen" kann. Mäuseweibchen "erkennen" an Duftstoffen die MHC-Gen-Varianten der Männchen, und irgendwie "wissen" sie offenbar auch, welche sie selbst tragen. Das erleichtert die - evolutionstheoretisch günstigste - Partnerwahl ungemein. Wie genau dieses Riechen, Erkennen und Wissen funktioniert, ist allerdings noch weitgehend unbekannt. Vererbung des Geschlechts … X-Y – Chromosom. 8