Einsatz von Antikörpern aus Hühnereiern bei Jungtieren zahlt sich aus Durchfallerkrankungen während der ersten Lebenswochen führen zu finanziellen Einbußen aufgrund von geringerer Leistung oder von Todesfällen. In Deutschland werden von insgesamt 15% Gesamtverlusten bei Kälbern 75% durch Durchfallerkrankungen verursacht. Auch bei Ferkeln sind ca. 50% der Gesamtverluste (16,3%, ZDS, 1998/99) auf Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes zurückzuführen (Stalljohann, 2006). Kälber und Ferkel werden ohne eigene Immunabwehr geboren, da, bedingt durch einen anderen Aufbau der Plazenta, nicht wie beim Menschen schon im Mutterleib eine Antikörperübertragung stattfinden kann. Sie sind daher auf eine Versorgung mit Antikörpern aus dem Kolostrum möglichst schnell nach der Geburt angewiesen. Diese „passive Immunisierung“ wirkt aber nur sehr kurzfristig, da sowohl die Antikörperkonzentration im Kolostrum als auch die Durchlässigkeit der Darmwand für Antikörper abnimmt. Das Jungtier muss dann seine eigene, aktive Immunität aufbauen. Da die passive Immunität jedoch schneller abnimmt als die aktive aufgebaut ist, kommt es zu zwei Immunitätslücken: Eine kurz nach der Geburt, solange das Kolostrum noch nicht wirkt und eine zweite nach ca. 4-6 Wochen, wenn die passive Immunität schon ziemlich abgebaut, die aktive aber noch nicht vollständig aufgebaut ist. Diese Immunitätslücken entstehen schon im Normalfall. Bei zu geringer Kolostrummenge, zu später Verabreichung (Geburtsschwierigkeiten, MMA-Komplex bei Sauen, Managementmängel) oder zu schlechter Qualität des Kolostrums (zu hohe Einsatzleistung bei Kühen, Zukaufstiere mit zu geringer Adaptationsphase) hat das Kalb bzw. Ferkel noch weit schlechtere Startbedingungen. Wenn die Jungtiere jetzt noch teilweise unvermeidbaren Stresssituationen ausgesetzt sind (Futterumstellung, Umstallen) finden Krankheitserreger wie Rota- und Coronaviren, E. coli, Cryptosporidien, Clostridien… die besten Bedingungen vor, um sich im Körper anzusiedeln. Lösung des Problems Um diese Lücken zu schließen, wird heute eine althergebrachte Methode in moderner Form wieder angewendet. Früher, als alle Tiere noch unter einem Dach gehalten wurden, kamen die Hühner mit allen auf dem Hof vorkommenden Keimen in Berührung (Mistkratzer) und bildeten dagegen Antikörper aus, ohne notwendigerweise daran zu erkranken. Die Antikörper wurden ins Ei abgegeben, die einzige Möglichkeit für das Huhn, dem Küken ein „Immunitäts-Starter-Paket“ mitzugeben, um mit den „Hofkeimen“ fertig zu werden. Diese Eier verfütterte man schon damals zur Stärkung an kranke oder kümmernde Tiere und es half! Auch die Eier, die wir im Supermarkt kaufen, enthalten Antikörper, das ist ganz natürlich! Allerdings kommen, bedingt durch moderne Haltungsbedingungen, die Legehennen nicht mehr mit den für Ferkel oder Kälber relevanten Durchfallerregern in Kontakt. Für den Zweck der Antikörperproduktion werden Hühner gezielt mit Durchfall verursachenden Keimen konfrontiert, die resultierenden Eier enthalten dann dagegen Antikörper, können zu Eipulver weiterverarbeitet und als Präventiv- oder Akut-Diätfuttermittel bei Jungtieren eingesetzt werden. Wie wirken Immunglobuline aus Hühnereiern? Immunglobuline aus Hühnereiern wirken im Darm. Sie erkennen die schädlichen Keime an ihrer Struktur, teilweise sogar nur an bestimmten Teilen der Struktur, bei E. coli z.B. sind es die Fimbrien (=Fortsätze, mit denen sich das Bakterium an die Darmwand anheften kann, um von dort aus seine zerstörerische Wirkung zu entfalten). Stellt der Antikörper eine komplette Übereinstimmung des krankmachenden Keimes (bzw. dessen Teil der Struktur) mit dem Keim (bzw. dessen Teil der Struktur) fest, gegen den er produziert wurde, bindet er sich an ihn und verhindert damit eine Anheftung an die Darmwand. Diese somit blockierte und damit unschädliche Form wird mit dem Kot ausgeschieden. Einfluss der Ei-Antikörper auf die Gesundheit Schon 1994 wurde an der LMU München ein Versuch mit Ferkeln durchgeführt, bei dem gezeigt wird, dass selbst Eipulver aus normalen Eiern einen gewissen positiven Einfluss bei Durchfallerkrankungen hat. Durch gezielte Impfung der Hühner mit Durchfall erregenden Keimen kann dieser Effekt natürlich verstärkt werden. Die Tiere starteten am Tag 1 alle mit mehr oder weniger starkem Durchfall. Am Tag 4, nach Verabreichung des Eipulvers, hatten die Tiere, die Eipulver mit spezifischen Antikörpern erhalten hatten, keinen Durchfall mehr, bei der Gruppe mit Eipulver aus normalen Eiern hatten noch 9,1% starken Durchfall. Bei der Kontrollgruppe waren nur 27,3% der Tiere geheilt, 54,5% litten noch an mittelschweren, 18,2% sogar an schwerem Durchfall. Eine Reduzierung der Durchfallerkrankungen führt konsequenterweise auch zu einer Reduzierung der Behandlungskosten und der Mortalitätsraten. Ein mit Kälbern angestellter Feldversuch zeigt eine drastische Reduzierung der nötigen Behandlungen. In der Eipulver(Globigen®-) Gruppe benötigten 53% überhaupt keine Behandlung, bei der Kontrollgruppe waren es 27%, dagegen benötigten hier 51% der Tiere mehr als 4 Behandlungen, bei der Globigen®-Gruppe waren es nur 4% (Abb. 2). Bei einem Kälber-Versuch mit der LMU München (Özpinar et al, 1996) zeigten sich auch sehr gute Resultate bezüglich Durchfall und Mortalität. Schon bei einem Einsatz von 2 g Eipulver pro Tier wurde die Durchfallrate von 38,8% auf 14,3% reduziert, die Mortalität sank von 8,8% auf 0% (Abb. 3). Einfluss auf das Wachstum Der Einsatz von Immunglobulinen wirkt sich auch positiv auf die Wachstumsparameter aus. Tiere mit einem gestärkten Immunsystem können ihr Potential von Anfang an optimal ausnutzen, es werden keine „Kümmerer produziert“. Ein Versuch an der Fachhochschule Bingen (Dusel, 2006) zeigte bei Kälbern eine Erhöhung der täglichen Zunahmen um 22% (Versuchszeitraum 0-28 Tage) bzw. 14% (Tag 29-56) durch den Einsatz von Eipulver (Abb.4). Bei Ferkeln konnte in einem Versuch an der FH Osnabrück um durchschnittlich 23% (abschnittsweise ca. 28%) höhere tägliche Zunahmen und eine um durchschnittlich ca. 16% verbesserte Futterverwertung festgestellt werden Tabelle 1 zeigt außerdem eine Zusammenstellung von weltweit mit Ferkeln durchgeführten Versuchen. Dabei haben sich in den europäischen Ländern die täglichen Zunahmen um 1016% verbessert, in den asiatischen Ländern lagen die täglichen Zunahmen sogar um 19-42% höher. Tabelle 1: Verbesserung der Leistung durch Einsatz von Ei-Immunglobulinen Land Jahr Japan Deutschland Vietnam Vietnam Spanien Thailand Holland Deutschland 2004 2004 2004 2004 2006 2008 2008 2008 Tage nach Absetzen 14 21 14 14 21 42 27 15 Ø tägl. Zunahmen (g) Kontrolle Immunglob. 172,0 206,0 279,0 319,0 212,0 264,0 230,0 290,0 333,3 385,7 362,6 513,6 277,0 316,0 164,3 182,1 Verbesserung (%) 19,77 14,34 24,53 26,09 15,72 41,63 14,08 10,89 Ergebnisse aus Versuchen mit Globigen® Jump Start, EW Nutrition GmbH, Deutschland; Fazit Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Tiere durch die Fütterung von Immunglobulinen (Antikörpern) gute Startbedingungen durch ein gestärktes Immunsystem erhalten, damit von Anfang an weniger an Durchfall leiden und ihr Leistungspotential optimal ausschöpfen können. Gesündere Tiere führen zu geringerer Mortalität und niedrigeren Behandlungskosten, aber auch zu besserem Wachstum. Da durch das Verbot von Fütterungsantibiotika eine doch im Hinblick auf Wachstum sehr wirksame Zusatzstoffgruppe nicht mehr zur Verfügung steht, präsentieren sich Antikörper aus Hühnereiern als natürliche und effektive Alternative. Literatur Dusel, G.:Einfluss von Zusatzstoffen und Trocken-TMR in der Kälberaufzucht auf Pansenentwicklung und Leistungsparameter. BAT Tagung Weihenstephan, 2007 Horsch, F.: Immunprophylaxe bei Nutztieren; Gustav Fischer Verlag Jena (1990) Kellner, J., Erhard, M.H., Renner, M. u. Lösch, U.: Therapeutischer Einsatz von spezifischen Eiantikörpern bei Saugferkeldurchfall - ein Feldversuch. Tierärztliche Umschau 49, Nr.1 (1994), 31-34 Özpinar, H., Erhard, M.H., Aytug, N., Özpinar, A., Baclaci, C., Karamüptüoglu, S., Hofmann, A. u. Lösch, U.: Dose-dependent effects of specific egg-yolk antibodies on diarrhea of newborn calves. Preventive Veterinary Medicine 27; 67-73 (1996) Sieverding, E.: Handbuch gesunde Schweine; Kamlage Verlag (2000). Stalljohann, G.: Untersuchungen zu Fütterungsstrategien für eine erfolgreiche Aufzucht ökologisch gehaltener Ferkel. Inaugural-Dissertation, LMU München (2006)