Universität Mannheim, 6.7.2004 Sprachproduktion am Modell: Deutsche Lautsprache und Deutsche Gebärdensprache im Vergleich Daniela Happ & Helen Leuninger Arbeitsbereich „Kognitive Linguistik’“, Institut für Deutsche Sprache und Literatur II, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/Main Email: [email protected] [email protected] 1. Modalität Sprachen sind perfekte Systeme: Grammatische Repräsentationen können problemlos an den Schnittstellen gelesen werden (Chomsky, 2002) Gebärdensprachen Lautsprachen Modalität, Verarbeitung visuell-gestisch aural-oral Artikulatoren grobmotorisch manuell (Hände), nicht-manuell (Mund, Gesicht, Körper) feinmotorisch Vokaltrakt Dimension der Verarbeitung vertikal horizontal Serialität in Perzeption und Produktion Periphere zeitliche Auflösung gering hoch 25-30 ms 2 ms hoch gering 230 km/s 331 m/s Morphologischer Typ überwiegend simultan-fusional überwiegend seriell-konkatenativ Produktionscharakteristika viel Information in wenigen großen Einheiten wenig Information in vielen kleinen Einheiten Simultaneität in Perzeption und Produktion Geschwindigkeit der Übertragung Verarbeitungscharakteristika von Gebärden- und Lautsprachen SIMULTANEITÄT: SECHS AUF EINMAL „Zwei Lebewesen in feindseliger Absicht widerwillig langsam aufeinander zugehend“ „langsam, widerwillig, feindselig auf einander zugehend (Lebewesen)“ 6. Adverb (feindselig) 5. Adverb (widerwillig) 4. Aktionsart 3. Derivation 2. Klassifikation 1. Wurzel (Körperhaltung) (Mimik) (Bewegung) (2-Hd-Konfiguration) (Handform) Sechs Morpheme in einer einsilbigen Gebärde excl (feindselig) widerwillig langsam AUFEINANDER-ZU-GEHCL: Lebewesen GEHCL: Lebewesen GEH- (unterspezifiziert) Zeitstruktur Wort / Gebärde pro Sekunde Lautsprache Gebärdensprache 4,7 2,37 Satz (Proposition) pro Sekunde 1,47 1,27 (Boyes Braem, 1995) 2. Skizze DGS 2.1 Manuelle Strukturen 2.1.1 Phonologie Phonologische Merkmalsklassen Handform, Ausführungsstelle, Bewegung und Handorientierung. (1) und (2) unterscheiden sich allein in der Handorientierung, während (3) und (4) sich nur in der Handform unterscheiden. (1) SÜSS (2) ROT (redupliziert) Minimalpaare der DGS (3) STROM (4) HARMLOS In der DGS gibt es 32 Handformen und eine bestimmte Menge von Ausführungsstellen: u.a. am Kopf (1)-(4), am Hals (5) am Arm, am Oberkörper, an der Hand (6), am Finger und im neutralen Gebärdenraum (7). Hals Hand (5) ACH-SO (6) BEZAHLEN phonologische Merkmalsklasse Ausführungsstelle neutraler Gebärdenraum (7) TEUER Darüber hinaus verfügt die DGS über verschiedene Bewegungsmuster, z.B.: vom Körper weg (8), zum Körper hin (3), (4), (9), nach oben, nach unten (1), (2), (10), nach rechts, kreisförmig, vom Körper weg zum Körper hin (8) GEBEN (9) (SICH) LEIHEN phonologische Merkmalsklasse Bewegung nach unten (10) STUHL über fünf Grundhandstellungen: Handfläche nach oben (8), (10), nach unten (6), (11), nach innen, nach vorn, zum Gesicht (2), (5). Handfläche unten (11) MALER phonologische Merkmalsklasse Handorientierung Sprachspezifische Variation: CAMP (ASL). Handform in DGS nicht zulässig GROSSER-BRUDER (Japanische Gebärdensprache): in DGS nicht zulässig Handform für CAMP (ASL) Handform für GROSSER-BRUDER (Japanische Gebärdensprache) Allein sechs Handformen kommen in allen Gebärdensprachen vor: Diese sechs Grundhandformen werden in einem natürlichen Gebärdenspracherwerb auch als erstes erworben (siehe hierzu auch Boyes Braem, 1995; Leuninger, 2000). DIE ZWEIHANDGEBÄRDEN Im Gegensatz zu Lautsprachen verfügen Gebärdensprachen über zwei Artikulatoren, die beiden Hände. Die beiden Artikulatoren können aber nicht beliebig kombiniert werden, sondern unterliegen phonotaktischen (kombinatorischen) Beschränkungen, nämlich der Regel der Symmetrie und der Regel der Dominanz. a) Regel der Symmetrie Wenn beide Hände sich gleichzeitig bewegen, haben sie dieselbe Handform (9). b) Regel der Dominanz Wenn beide Hände unterschiedliche Handformen aufweisen, ist die dominante Hand aktiv, die nichtdominante passiv (6). SILBEN Anders als in der deutschen Lautsprache besteht der native DGS-Wortschatz aus maximal zweisilbigen Wörtern. Das gilt sowohl für monomorphematische Gebärden als auch für Komposita. Eine Silbe (in DGS) ist eine Kombination aus den Silbenpositionen Hold und Movement. Der Hold wird als eine Kombination aus Handform und Handorientierung („Handkonfiguration“) an einer spezifischen Ausführungsstelle definiert. Die Silbenposition Movement beinhaltet die Bewegung einer Handkonfiguration von einem Hold weg ($=HM) oder auf einen Hold zu ($=MH) oder auch vom ersten zum zweiten Hold ($=HMH), bzw. nur eine Bewegung ($=M). VATER bspw. besteht aus der Silbe HMH. Diese ist die maximale Silbe in DGS (12) (12) VATER maximale Silbe der DGS Minimale Silben: nur M oder H (13/14) H-Silbe M-Silbe1 (13) DEUTSCH (14) FAHREN Sekundäre Bewegung: Pfadbewegungen der Hände und/oder Arme werden von der Silbenposition M dominiert, Bewegungen der Hand, wie Fingerwackeln, Abknicken der Finger oder des Handgelenks, „Winken“ aus dem Ellbogen heraus werden als handinterne Bewegungen klassifiziert und daher nicht als zusätzliche Silben berechnet. Sekundäre Bewegung kann im Silbengipfel, also in M, auftreten. Besteht die Silbe nur aus einem H, so kann auch diese Silbenposition mit einer sekundären Bewegung verknüpft sein. Die Übergangsbewegungen von einer Silbe zur nächsten (bei reduplizierten Silben) oder von einer Gebärde zur nächsten sind vorhersagbar, also phonetisch, und daher nicht Teil des lexikalischen Eintrags des entsprechenden Items. 2.1.2 Morphologie KOMPOSITION Kompositionen: phonologisch beschränkt, maximal zweisilbig Regel der Verkürzung: Hat das zusammengesetzte Gebärdenwort mehr als zwei Silben, so werden Silben oder Silbenbestandteile des ersten und/oder des zweiten Wortes getilgt. Regel der gleichgerichteten Bewegung: Innerhalb eines Kompositums findet kein Wechsel der Bewegungsrichtung statt. Regel der Antizipation: Ist der zweite Teil des Kompositums eine Zweihandgebärde, so wird die nichtdominante Hand bereits bei der Ausführung des ersten Teils des Kompositums antizipiert (vgl. Vorköper & Happ, i.Dr.). DERIVATION Gebundene Morpheme der Bewegung (Hinzufügung (16), Veränderung (18)) SCHLAFEN (15) – EINSCHLAFEN – VERSCHLAFEN (16) Negationen wie z.B. BRAUCHEN (17) – NICHT BRAUCHEN (18) (sog. -Bewegung) (15) SCHLAFEN (16) VERSCHLAFEN (17) BRAUCHEN (18) NICHT BRAUCHEN FLEXION Verben Verben: reiches Lokal-, Personal-, Klassifikations-, Aspekt- und Numeralparadigma. Verbalflexion wird durch Anordnung der jeweiligen Morpheme im Gebärdenraum ausgedrückt, d.h. Subjekte, Objekte und Orte werden im Gebärdenraum verortet und auf die einzelnen Raumpunkte wird verwiesen, sobald die jeweilige Referenz wieder aufgezeigt werden soll. „einfache Verben“ : ohne sichtbare Kongruenzmarkierung Transitive Verben mit belebtem Objekt können ein ungebundenes Kongruenzmorphem erhalten (PAM, personal agreement marker), (Rathmann,2001), um eine Kongruenz zwischen Verb und direktem Objekt herzustellen und dem direkten Objekt einen Raumpunkt zuzuweisen (19). (19) MANN1 [DETPOSS]1 FRAU2 [V LÜG] PAM2. Der/ein Mann belügt seine Frau. Raumkongruente Verben verlangen einen Raumpunkt (lokale Raumverben), stellen eine Verbindung zu einem Raumpunkt her bzw. verbinden zwei und mehrere Raumpunkte miteinander (direktionale Raumverben) (vgl. Vorköper & Happ, i.Dr.) (20) TISCHA PROFESSOR1 [DETPOSS]1 UNTERLAGENµ [LEGCL:µ]AUF-A. Der Professor legt seine Unterlagen auf den Tisch. (21) TISCHA REGALB FRAU BUCHµ A[STELLCL:µ]IN-B. Eine Frau stellt das Buch vom Tisch in das Regal. DGS: typologisch eine pro-drop- und Topik-drop-Sprache KLASSIFIKATION zwei Arten der Klassifikation a) adjektivische Klassifikation b) verbale Klassifikation a) „Size and shape-Specifier (SASS)“ :bestimmte Eigenschaften der durch die NP bezeichneten Referenten werden spezifiziert, wie etwa deren Form, Größe und Ausdehnung, ggf. auch deren Muster oder Dekor Handformen sind nicht beliebig, sondern lexikalisch genau spezifiziert. So werden beispielsweise „zweidimensionale“ Gegenstände wie z.B. ein Bilderrahmen oder ein Plakat , ebenso wie geometrische Formen in ihrer Ausdehnung dargestellten Handform ausgeführt, ebenso wie geometrische Formen in ihrer Ausdehnung, z.B. eine Wendeltreppe, mit der folgenden Handform spezifiziert SASS-Klassifikatoren zweidimensionale Gegenstände2 z.B. ein Blatt Papier lange und schmale Gegenstände z.B. ein Lineal lange, tiefe und schmale Gegenstände z.B. HEIZUNG b) verbale Klassifikation: - Subjektklassifikation (Class-Klassifikatoren): Verben, die einen Klassifikator annehmen können, werden nach inhärenten Eigenschaften des vorher eingeführten Subjekts flektiert. Die hierfür zur Verfügung stehenden Handformen sind nicht beliebig, sondern einzelsprachspezifisch grammatikalisiert. - Objektklassifikatoren (Handle-Klassifikatoren): das klassifizierende Verb kongruiert mit der Objekt-NP (THEMA-NP): Objektklassifikatoren lange, dünne Gegenstände z.B. MANN1 FRAU2 BLUMEµ 1[GEBCLµ]2. Ein Mann gibt einer Frau eine Blume. hohle, kegelförmige Gegenstände z.B. REGALA MÄDCHEN VASEµ [STELL-INCLµL]A. Ein Mädchen stellt eine Vase in ein Regal. massive, kegelförmige Gegenstände z.B. SPORTLER SPEERµ TRAGCLµ. Ein Sportler trägt einen Speer ASPEKT UND AKTIONSART Veränderung des phonologischen Merkmals Bewegung Adverbien, die ein Empfinden beschreiben, treten als nichtmanuelle Markierung gemeinsam mit der Verbgebärde auf. Dabei kann sich, je nach Adverb, auch die Art der Ausführung ändern, das Verb kann langsamer oder schneller ausgeführt werden. 2.1.3 Syntax Gebärdenwortordnung: V-End Matrixsätze (22) M-O1 WEIN FLASCHE [V KAUF], DANIELA2 1SCHENK2. M-O kauft eine Flasche Wein und schenkt sie Daniela. Konstituentensätze adv (23) HELEN1 [DETPOSS]1 KOLLEGE2 1SAG2: VORHIN [N STUDENT] DIE1-N DISKUTIER. Helen sagt zu ihrem Kollegen, dass die Studenten vorhin lebhaft diskutiert haben. FIGUR-GRUND NPs, die auf große, feste Gegenstände referieren, stehen vor NPs, die auf kleine, bewegliche Gegenstände referieren (24). (24) REGALA M-O1 BUCH HOL-AUSA, HELEN2 1[GEBCL]2. M-O holt ein Buch aus dem Regal und gibt es Helen. 3 Nicht manuelle Strukturen 3.1 Nicht-produktive Komponenten MUNDGESTIK Einzelne Gebärdenwörter und -phrasen werden von einer Mundgestik begleitet. Hierbei handelt es sich nicht um stumm artikulierte Wörter der Deutschen Lautsprache, sondern um eine lexikalisch spezifizierte Mimik des Mundes a) synchronisiert mit der Gebärde bzw. Phrase: vom Beginn bis zum Ende ihrer Ausführung (Brentari, 1998) b) Echo-phonologisch: erfordert die entsprechende Gebärde einen Handformwechsel, so folgt die Mundgestik der Hand, ist bspw. die Anfangshandform eine offene Hand und die Endhandform geschlossen, so ist der Mund bei der Anfangshandform geöffnet und bei der Endhandform geschlossen: geöffnete Anfangshandform, geschlossene Endhandform Im umgekehrten Fall (Anfangshandform geschlossen, Endhandform geöffnet) ist der Mund zuerst geschlossen, dann geöffnet: geschlossene Anfangshandform, geöffnete Endhandform LEXIKALISCHE MIMIK Bestimmte Gebärden, z.B. Adjektive wie TRAURIG, FROH, LANGWEILIG, INTERESSANT oder Verben wie HERAUSFORDERN, VERULKEN, BEGRÜSSEN, ABLEHNEN werden mit einer entsprechenden Mimik ausgeführt. Gebärde und Mimik sind gemeinsam im mentalen Lexikon gespeichert und werden dementsprechend gleichzeitig abgerufen. Werden diese Einträge mit einer abweichenden Mimik gebärdet, so werden sie bspw. als ironisch verstanden. 3.2 Produktive Mimik SYNTAKTISCHE MIMIK Satzarten werden mimisch unterschieden. Jeder Satztyp wird von einer eigenen syntaktischen Mimik begleitet. Diese kann sich, je nach Satztyp, über den gesamten Satz (Q-Frage (25), W-Frage (26)) oder nur über bestimmte Satzteile (TopicComment-Satz (27), Konditionalsatz (28)) ausdehnen. (25) q [N ARTIKEL]1 [DETART]1 INTERESSANT. Ist der Artikel interessant? (26) w WANN [PRONPERS]1-N GEBÄRDENSPRACHE [V LERN] [V WÜNSCH] WANN. Wann möchten Sie alle Gebärdensprache lernen? (27) t VOGEL, BAUMA SITZ-AUFA. Ein Vogel sitzt auf einem Baum. (i.S.von „Was den Vogel betrifft, er sitzt auf einem Baum.) (28) cond: ant cond:cons asp:t [DETART]1 [N GEBÄRDE]2 [DETDEM]2 [V VERSTEH], [PRONPERS]3 FROH. Wenn Sie diese Gebärde verstanden haben, freue ich mich. KÖRPERHALTUNG Körper leicht nach hinten: Exklusion nicht produktiv excl excl MORGEN [PRONPERS]1-N DISCOA Körper leicht nach vorne: Inklusion incl FASZINIERT-SEIN incl MORGEN [PRONPERS]1-N DISCOA GEHZU-A GEHZU-A Morgen geht ihr in die Disco (mich ausgeschlossen). Morgen gehen wir in die Disco (mich eingeschlossen). ABLEHNEN produktiv Kombination manueller und nicht manueller Komponenten Körperhaltung: excl Kopfhaltung: leicht nach oben Mimik: verächtlich Mundmimik: [p] JEMANDEN-NICHT-FÜR-VOLLNEHMEN 4. Sprachproduktion im Modell 4.1 Kontextuelle Fehler 4.1.1 Phonologische Fehlleistungen ANTIZIPATIONEN Konsonanten/Handformen (29) Belamtenbeleidigung Beamtenbeleidigung (30) SEINE ELTERN (Antizipation der Y-Handform) Fehler SEINE ELTERN Vokale/Bewegungen (31) Meßstände Mißstände (32) REZEPT BUCH Fehler BUCH REZEPT PERSEVERATIONEN Konsonanten/Handorientierung (33) Ich hab‘ mir jetzt den Cosmopolitan getauft gekauft (34) w (Die Frau)1 LOCH WO pro1 SUCH LOCH Fehler WO SUCH Ausführungsort neg Kopfnicken (35) ACHSO, DAS MANN, FRAU „Ach so, das ist kein Mann, sondern eine Frau.“ MANN Fehler Beidhändigkeit (36) KOPF SALAT Fehler SALAT VERSCHMELZUNGEN (37) Setz Dich auf den Stulrich auf den Stuhl, Ulrich (38) Fachbereich für evangelische Kathologie für evangelische und katholische Theologie (39) HALBACHT ABEND „Halb acht am Abend“ Fehler ABEND HALB VERTAUSCHUNGEN (40) nun liebe Lina, schlammere sunft schlummere sanft (41) ich hätte gerne einen herrenlosen Ärmelpullover ärmellosen Herrenpullover (42) er hat ‘ne Frau als Holländerin er hat ‘ne Holländerin als Frau (43) 5 UHR MANN COMPUTER ZUSAMMENKEHR LAUB (44) UMZIEH+++, JETZT AUFSTELL+++ SASS+++ (und) AUSPACK+++ AUSPACK (und) AUFSTELL 4.2 Paradigmatische Fehler SEMANTISCHE SUBSTITUTIONEN: (45) Das ist der Hund von Sabine die Katze (46) (das) HOCHZEITSPAAR SITZa//STEHa SITZ STEH KONTAMINATIONEN (47) Zuchthauszitronen Zuchtzitronen/Gewächshauszitronen (48) PAAR//HOCHRAT-HEIRATSPAAR └─ Fehler (B)─┘ └─Fehler (A)─┘ Verteilung Versprechertyp N 184 214 48 56 156 31 3 188 1 11 43 9 % 19.5 22.7 5.1 5.9 16.5 3.3 0.3 20 0.1 1.2 4.5 1 N 139 157 38 31 113 8 5 68 50 11 12 % 21.7 24.5 5.9 4.8 17.7 1.3 0.8 10.6 7.8 1.7 1.9 Antizipation Perseveration Harmonie Substitution sem form sem+form Kontamination Verschmelzung Vertauschung Tilgung Hinzufügung Spreading 8 1.3 Summe 944 640 Summe in % 100 100 weiße Felder: DLS; graue Felder: DGS Betroffene Einheit Wort Phonem 42 16 95 114 56 44 113 102 3 35 44 25 23 6 121 106 16 4 8 3 3 4 1 38 62 2 1 49 1 1 8 5 19 4 9 6 1 6 8 327 322 286 264 34.6 50.3 30.3 41.3 Morphem 44 12 44 7 1 1 25 7 35 7 7 1 1 4 13 1 3 2 174 18.4 41 6.4 Phrase 1 1 Andere 3 2 4 1 150 3 2 1 151 5 15.9 0.8 6 6 0.3 0.9 Morphologie: gebundene/freie Morpheme/mehrere Artikulatoren SASS-KLASSIFIKATOR (49) SCHWIMM SASS:RAHMEN//SASS:BECKEN Schwimm“rahmen“//becken „Schwimmbecken“ LEXIKALISCHE MIMIK (50) Diskurs-Topiks: Junge; Schuh neg Mimik:überlegen Mimik:überlegen ZWEITER NICHT-DA. (ER) SUCH// ÜBERLEG: WO ZWEITER SCHUH Morphemfehler Fehlerkategorie DLS DGS N % N % Antizipation 44 25,3 12 29,3 Perseveration 44 25,3 7 17,1 Harmonie 1 0,5 1 2,4 Substitution 25 14,4 7 17,1 semantisch 35 20,1 7 17,1 Formal 7 4 1 2,4 Kontamination - - - - Verschmelzung - - 1 2,4 Vertauschung 4 2,3 3 7,3 Tilgung 13 7,5 2 4,9 Hinzufügung 1 0,5 - - Summe 174 100 41 100 Gesamtkorpus 944 18,4 640 6,4 Lemma-Lexikon (51) Da bin ich aus allen Socken gefallen da bin ich aus allen Wolken gefallen/da war ich von den Socken SEMANTISCHE SUBSTITUTIONEN (45) Das ist der Hund von Sabine die Katze (46) (das) HOCHZEITSPAAR SITZA//STEHA Lexem-Lexikon (47) Zuchthauszitronen Zuchtzitronen/Gewächshauszitronen (52) mein Schautzi mein Schatzi/mein Schnauzi (48) PAAR//HOCHRAT-HEIRATSPAAR 4.3 Kontextuelle Fehlleistungen Wortvertauschungen (vgl. (42/44)): fehlerhafte Zuordnungen von Formen zu Lemmata und zeigen sich daher in der Oberflächenstruktur; hier ist nur die Kategorienzugehörigkeit von Belang. Lexem-Lexikon Stranding-Irrtümer und phonologische Vertauschungen (40, 43) Verschmelzungen Fehler bei der morphophonologischen Ausbuchstabierung der syntaktischen Oberflächenstruktur Korrekturen EDITING (53) der hessische Jusmiti < Lachen> Justizminister t <Signer schaut nach oben> (54) BUB BETT VERSCHWUNDEN. SCHUH „Der Junge (er stellt fest), das Bett ist verschwunden Schuh. BUB BETT VERSCHWUNDEN mit Editing-Ausdruck 4.4 Plätze für Neustarts (55) Was haßt das denn, was heißt das denn? (56) zum Abschluß des sechstägigen Handy, Händel-Festivals (57) Die Brie, ä, Quä, äh, die Bremsen quietschen (58) der Tee schn, der Schnee taut (48) PAAR//HOCHRAT-HEIRATSPAAR (36) KOPF SALAT CONDUITE (59) VA(TER) TOCH(TER) BUB VA(TER) TOCH(TER) BUB (60) Das Brett, äh, das Tablett, äh, das Blech ist sowieso voll. (61) Sie haben sich an der Ente unschädlich getan, gemacht, gehalten schadlos gehalten Ein noch früher einsetzender Neustart ist in der folgenden Korrektur zu beobachten: (62) Y-Handform (geplant: ELTERN)// VATER MUTTER (63) METALL1.Silbe//GLAS2.Silbe CLrechteckig (64) chiplem chichi/plemplem Verteilung von Stellen für Neustarts in Lautsprachen (Daten aus Levelt, 1989) und DGS: Abbruchsort N DLS vor Wort im Wort nach Wort verzögert andere Korrekturen Verhältnis Korrektur/Slip 139 86 52 15 292 292/55 0 DGS 20 92 63 18 193 193/39 9 % DLS 47,60 29,45 17,81 5,14 100 53,09 DGS 10,36 47,67 32,64 9,33 100 48,37 50 40 30 DGS DLS 20 10 35 3030 30 2525 25 2020 20 1515 15 1010 10 55 5 00 0 vor dem Wort delayed 40 3535 delayed 45 4040 bef or e wor d 50 4545 bef or e wor d 5050 bef or e wor d 0 im Wort nach dem verzögert Wort andere Fazit Die menschliche Sprachproduktion durchläuft unabhängig von der Modalität der jeweiligen Sprache dieselben Stadien und hat Zugang zu denselben Komponenten. Modalitätsunterschiede zeigen sich immer dann, wenn formales Design und struktureller Gehalt sich dramatisch voneinander unterscheiden. Dies spiegelt sich in der Verteilung der Fehlleistungstypen wider Boyes Braem, P. (1995): Einführung in die Gebärdensprache und ihre Erforschung. Hamburg: Signum Brentari, D. (1998): A Prosodic Model of Sign Language Phonology. Cambridge, MA: MIT Press Brentari, D. (2002): Modality differences in sign language phonology and morphophonemics. In: Meier, R., Cormier, K. & Quinto-Pozos (eds.): Modality and structure in signed and spoken languages. Cambridge:Cambridge University Press, 27-34 Chomsky, N. (2002): An interview on minimalism. In: Belletti, A. & Rizzi, L. (eds.): Noam Chomsky. On nature and language. Cambridge: Cambridge University Press, 92-161 Hohenberger, A., Happ, D. & Leuninger, H. (2002): Modality-dependent aspects of sign language production: Evidence from slips of the hand and their repairs in German Sign Language. In: Meier, R., Cormier, K. & Quinto-Pozos (eds.): Modality and structure in signed and spoken languages. Cambridge: Cambridge University Press, 112-142 Leuninger, H. (2003): Sprachproduktion im Vergleich: Deutsche Lautsprache und Deutsche Gebärdensprache. In: Rickheit, G. (u.a. eds.): Psycholinguistik. Ein internationales Handbuch. Berlin: de Gruyter. 707-729 Leuninger, H., Happ, D., Hohenberger, A., Menges, E. & Waleschkowski, E. (2004): The impact of modality on language production: Evidence from slips of the tongue and the hand. In: Pechmann, T. & Habel, C. (eds.): Trends in linguistics. Berlin: Mouton, 219-278 Leuninger, H., Hohenberger, A., Menges, E. (2004): Zur Verarbeitung morphologischer Informationen in der Deutschen Gebärdensprache (DGS). In: Leuninger, H. (ed.): Gebärdensprachen: Struktur, Erwerb, Verwendung. Sonderheft Linguistische Berichte. Opladen: Westdeutscher Verlag Leuninger, H., Vorköper, M.-O. & Happ, D. (2004): Schriftspracherwerb und Deutsche Gebärdensprache. Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie 67, 31-68 Rathmann, Christian (2001), The optionality of agreement phrase: Evidence from signed languages. Paper presented at the Conference of the Texas Linguistic Society (TLS 2001), March 2001. Vorköper, M.-O. & Happ, D. (in prep.): Einführung in die Deutsche Gebärdensprache: Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Frankfurt/Main: Fachhochschulverlag Notation repräsentiert eine Gebärde WORT adv zeigt Ausdehnung und Art der Mimik an MANN1 numerische Indizes sind Stellvertreter von Raumpunkten für personenkongruente Verben TISCHA alphabetische Indizes sind Stellvertreter für Ortsmerkmale [[DETPOSS]1 Possessivpronomen BUCHµ [STELLCL:µ]IN-B herabgesetzte griechische Buchstaben zeigen Kongruenz zwischen Objekt und klassifiziertem Verb HOL-AUS mit Bindestrich verbundene Glossen repräsentieren eine Gebärde, für die in DLS zwei (oder mehr) Worte benötigt wird Q Ausdehnung einer Entscheidungsfrage (syntaktische Mimik: hochgezogene Augenbrauen) W Konstituentenfrage (syntaktische Mimik: zusammengezogene Augenbrauen) t Topikalisierung (syntaktische Mimik: hochgezogene Augenbrauen) asp:t abgeschlossener Aspekt, bei Wahrnehmungsverben mittels Kopfnicken realisiert FRAU kursive Glossen stehen für Vergebärdler +++ Reduplikation einer Gebärde, i.Allg. Pluralmarkierung SITZa//STEHa Vergebärdler mit Abbruch und Korrektur